Ist in der inneren Politik in den letzten beiden
Monaten nichts geschehen, was es notwendig macht, über die
ganze innerpolitische Lage hier eine Debatte abzuführen?
Bereits als das Parlament das letztemal beisammen war, lag die
Vorlage über die Vernichtung der Gemeindeautonomie vor. Zu
dieser Vorlage ist jetzt die Regierungsvorlage über die Verwaltungsreform
gekommen, welche den Absolutismus der Burokratie in der ganzen
öffentlichen Verwaltung herstellen soll, eine Vorlage, die
das Ende aller Selbstverwaltung und damit auch das Ende des letzten
bescheidenen Restes von nationaler Selbstverwaltung bringen wird.
(Výkøiky komunistických poslancù.)
Durch die Bestimmungen, welche das alte
österreichische Prügelpatent ersetzen sollen, wird das
Polizeistrafrecht gegenüber dem alten Österreich so
ungeheuer verschlechtert, daß wir fast alle gezwungen sind,
dem alten Österreich für die Bezeichnung "Polizeistaat"
Abbitte zu leisten. (Sehr richtig!) Gegenüber dem
Polizeistaat, der hier aufgerichtet werden soll auf Grund dieses
Gesetzes über die Verwaltungsreform, war das alte Österreich
fast ein demokratischer Staat in seiner öffentlichen Verwaltung.
Diese ganze Verschärfung der Reaktion vollzieht sich auf
allen Gebieten unter der historisch bewährten Führung
der deutschen Bourgeoisie. Es ist kein Zufall, daß dieses
ganze reaktionäre Regime sich in der letzten Zeit am allerlebhaftesten,
am allerdeutlichsten in dem Ressort bemerkbar macht, dem ein deutscher
Minister, der deutsch-klerikale Minister Mayr-Harting vorsteht:
im Justizministerium, und es hat, solange das alte Österreich
und solange die Èechoslovakei existiert, noch keine
Zeit gegeben, wo der Staatsanwalt gegen die Presse in so infamer
Weise gewütet hat, wie unter dem Regime des altbewährten
tiroler Klerikalen Mayr-Harting. (Výkøiky
komunistických poslancù.) Dieser
Dienst, diese Mitarbeit der deutschen Bourgeoisie an diesem ganzen
reaktionären Regime ist aufgebaut auf der Grundlage der Befriedigung
des schäbigsten Profitinteresses der deutschen Agrarier und
Kapitalisten, ist aufgebaut auf der Grundlage der Einheitsfront
der Bourgeoisie zwecks schärferer Ausbeutung der arbeitenden
Klassen aller Nationen in diesem Staate, ist aufgebaut auf dem
Verrat der deutschen Bourgeoisie am Selbstbestimmungsrechte der
Völker in diesem Staate und damit auch am deutschen Volke
in diesem Staate, ist aufgebaut auf der schäbigsten Korruption
unter den Regierungsparteien. (Souhlas komunistických
poslancù.) Man kann direkt den Preis
bestimmen, wieviel Tonnen polnischer Einfuhrkohle jeder deutsche
Ministersessel kostet. Es ist ein vollständig ehrloses, politisches
Kompromiß, das die deutsche Bourgeoisie, das die
deutschen Agrarier und Klerikalen mit der èechischen Bourgeoisie
abgeschlossen haben.
Durch die Regierungsvorlage über die Verwaltungsreform
ist die ganze Verfassungs- und Verwaltungsfrage wie auch die ganze
nationale Frage in diesem Staate aufgerollt worden. Gerade im
Punkte der nationalen Frage, im Punkte des Selbstbestimmungsrechtes
sehen wir, wie die jetzige Regierungsmehrheit sogar davor nicht
zurückscheut, die in der Verfassung festgelegten Rechte auf
Selbstbestimmung mit Füssen zu treten, um das Selbstbestimmungsrecht
der Völker in diesem Staate vollständig zu vernichten.
Sogar die in der Verfassung festgelegte vollständige Autonomie
der Karpathoukraine, sogar diese nationale Autonomie wird durch
das Verwaltungsgesetz unter Verletzung der Verfassung ad absurdum
geführt. Indem die deutschen Minister und die deutschen Regierungsparteien
dieser Vorlage ihre Zustimmung geben, beweisen sie damit, daß
sie überhaupt gegen die Selbstbestimmung sind. Dafür,
daß diese Vorlage betreffend die Selbstbestimmung der Karpathoukraine
- die anderen Völker haben ja mit keinem Buchstaben der Verfassung
auch nur ein Minimum an Selbstbestimmung oder Selbstverwaltung
garantiert - die Bestimmungen über die Autonomie der Karpathoukraine
mit Füßen tritt, gehört das ganze Ministerium
auf die Anklagebank. (Potlesk komunistických
poslancù.)
Alle diese Fragen würden erfordern, daß
hier, in diesem Parlament, wenn es zusammentritt, eine politische
Debatte abgeführt würde. Alle diese Fragen würden
es erfordern, daß die Regierung vor das Haus treten und
hier eine Erklärung über die Gesamtpolitik abgeben würde.
Diese Regierung aber kann es nicht wagen, vor das Haus mit einer
offenen politischen Erklärung zu treten. Diese Regierung
kann es nicht wagen, die Ziele ihrer ganzen Politik offen der
Gesamtbevölkerung des Staates aufzuzeigen, weil sie aufgebaut
ist auf dem schmutzigsten Kompromiß, auf einem schäbigen
Klassenprofitinteresse, weil ihr ganzes politisches Ziel die Verwirklichung
des schändlichsten Ausbeutungssystemes in diesem Staate ist.
Deshalb muß diese Regierung das Licht der parlamentarischen
und politischen Öffentlichkeit scheuen und muß im geheimen
Kämmerlein mit den Vertretern des Großkapitales ihre
Pläne ausarbeiten. Diese Regierung ist zu feig (Výkøiky
komunistických poslancù.),
um vor das Parlament zu treten, genau so wie die Vertreter dieser
Politik, und das gilt besonders von den Vertretern der Deutschen,
heute schon zu feige sind, vor die Bevölkerung hinzutreten,
im deutschen Gebiete in öffentlichen Versammlungen Rechenschaft
zu legen, weil die Bevölkerung in diesen Gebieten diesen
Herren Ministern und anderen Agenten der kapitalistischen Reaktion
die Türe gewiesen hat.
Man legt sich die Frage vor: Ist in der internationalen
Politik nichts geschehen, was die Abführung einer Debatte
über die auswärtige Politik notwendig macht, einer Debatte
über die äußere Politik überhaupt? Alle Verhandlungen
über auswärtige Politik sind vollständig in den
Außenausschuß abgeschoben worden. Und doch sind heute
die Fragen der internationalen Politik, sind die Verschiebungen
der internationalen Politik von so gewaltiger Bedeutung, daß
es notwendig wäre, daß die Regierung nicht nur durch
Erklärungen des Außenministers im Außenausschuß,
sondern auch durch eine Erklärung der Gesamtregierung ihren
Standpunkt in der Außenpolitik dem Hause bekannt gebe. Denn
wir haben im Ausschuß zwar gesehen, daß der Minister
des Äußeren ein Exposé gehalten hat, daß
aber die Vertreter von den Regierungsparteien ihre Erklärungen
zu diesem Exposé mit einer Reihe von Vorbehalten abgegeben
haben, daß wir uns also nicht darauf verlassen können,
daß die Politik und die Erklärungen des Außenministers
in jedem Punkte vollständig die Politik der Regierung bedeuten.
In der Außenpolitik ist für uns vor allem wichtig die
Verschärfung des imperialistischen Regimes und die Steigerung
der imperialistischen Bestrebungen, die Verschärfung der
imperialistischen Gegensätze zwischen den einzelnen kapitalistischen
Staaten und die daraus folgenden sich steigernden Rüstungen.
Wieder ist ein Versuch - der von unserer Seite gewiß nicht
ernst genommen wurde, aber es ist bezeichnend - eine Konferenz
über eine Abrüstung zu beantragen, in den letzten Tagen
vollständig ins Wasser gefallen. Hinter diesem Versagen aller
Versuche, über Abrüstung in einem internationalen Maßstabe
zu sprechen, verbergen sich die ungeheuren militärischen
Rüstungen. Welch schlechtes Gewissen die heutigen imperialistischen
Räuberregierungen und ihre Handlanger in den kleinen Staaten
inbezug auf die militärischen Rüstungen haben,
das geht aus einer Verordnung hervor, die in den letzten Tagen
von der Regierung der Èechoslovakischen Republik herausgegeben
wurde, in welcher Verordnung nicht nur, wie das früher im
alten Österreich üblich war, verboten wird, im
Falle von Mobilisierung und militärischen Vorkehrungen in
den Zeitungen darüber Berichte zu bringen, sondern in welcher
auch verboten wird, in den Zeitungen über den Stand der militärischen
Rüstungen und über die Wirkung von Kampfmitteln zu schreiben.
Was bedeutet das? Die Regierung weiß, daß, wenn die
Bevölkerung in voller Offenheit und im vollen Umfange erfahren
würde, was der heutige Stand der Vorbereitungen des Gaskrieges
bedeutet, sich der Bevölkerung eine so ungeheure Erregung
bemächtigen würde, daß die Bewegung gegen diese
Kriegsrüstungen einen viel größeren Umfang annehmen
müßte. Die Regierung weiß aber auch, daß
hinter den Kulissen der militaristischen Regierungen, hinter den
Kulissen des Rüstungskapitals und der Rüstungsbetriebe
eifrig an der Ausgestaltung und Verschlimmerung der Waffe des
Gaskrieges gearbeitet wird. Damit die Bevölkerung darüber
nichts erfährt und irregeführt wird, ist die Verordnung
herausgegeben worden, durch welche erreicht werden soll, daß
der Bevölkerung nicht einmal Mitteilung über die Gefährlichkeit
und über den Stand der heutigen Kampfmittel im Gaskriege
gemacht wird.
In der Außenpolitik ist wichtig die freundschaftliche Annäherung
der èechoslovakischen Außenpolitik an Deutschland
und Ungarn in demselben Augenblick, da das reaktionäre Regime
in Deutschland und Ungarn seinen Gipfelpunkt erreicht hat. Die
freundschaftliche Annäherung an
den wiedererwachenden, erstarkenden deutschen Imperialismus, die
Annäherung der deutschen Bourgeoisie und des deutschen Imperialismus
an die èechische Bourgeoisie und ihren Staat vonseiten
der deutschen Bourgeoisie steht in den Augen keines
einzigen Kenners der deutschen Politik im Widerspruch zu dem Regime
der Unterdrückung des deutschen Minderheit in diesem Staate.
Dieser Widerspruch ist eine agitatorische Phrase diese Politik
paßt vortrefflich zusammen. War doch das Bündnis des
deutschen Imperialismus und der deutschösterreichischen Bourgeoisie
mit dem magyarischen Regime, das bekanntlich im Weltkriege seine
höchste Stufe erreichte, aufgebaut auf der vollständigen
Entrechtung von mehr als einer halben Million Deutscher in Ungarn,
einer Entrechtung, die weit schlimmer war, als die Entrechtung
der nationalen Minderheiten heute in der Èechoslovakei.
Die èechoslovakische Bourgeoisie ihrerseits ahmt dieses
Beispiel nach, denn weder das Schicksal der heute in Ungarn noch
verbliebenen Slovaken noch das Schicksal
der Lausitzer Serben oder der anderen nationalen Minderheiten
in Deutschland hat die èechoslovakische Bourgeoisie irgendwie
von der Annäherung an den deutschen Imperialismus und an
das reaktionäre Regime in Ungarn abwenden lassen. Es handelt
sich hier nicht, wie das in den Phrasen von Außenminister
immer dargestellt wird, um das Bestreben, in guten Beziehungen
zu den betreffenden Staaten zu bleiben, sondern es handelt sich
um eine Annäherung, die auf dem Bestreben aufgebaut ist,
die Einheitsfront der imperialistischen Mächte in Europa
und ihrer Handlanger gegen Sowjetrußland zustande zu bringen.
Daß das Parlament mit all diesen Fragen
sich nicht beschäftigt, in einer Zeit, wo alle diese Fragen
immer brennender werden, und daß es sich in dieser Zeit
mit der Abwicklung einer formalen Tagesordnung beschäftigt,
das ist wiederum ein Beweis des vollständigen Bankerottes
des Parlamentarismus. Die heutige Sitzung, die hier abgehalten
wird, und die Sitzung, die vielleicht morgen sein wird, sind eine
Ergänzung zu der Entlarvung der Bedeutungslosigkeit und der
Karrikatur dieses ganzen parlamentarischen Regimes, die ja vor
einigen Wochen im Gerichtssaale in Prag, im Abgeordnetenprozeß
schon vorgenommen wurde. (Potlesk komunistických
poslancù.) Diese Haltung des Parlamentes,
diese absolute Bedeutungslosigkeit, das absolute Versagen des
Parlamentes in allen diesen Fragen ist nur ein Beweis dafür,
daß in diesem Parlament und mögen wir noch so viel
protestieren, mögen wir noch so viel Anklagen erheben, diese
Fragen nicht entschieden werden, daß es notwendig ist, die
Massen draußen, außerhalb des Parlamentes, zum Kampfe
zu mobilisieren, sie in geschlossener Front gegen dieses ganze
Regime in den Kampf zu führen. Der Kampf, in welchen die
Massen des arbeitenden Volkes in geschlossener Einheitsfront geführt
werden müssen, muß sich richten gegen die Herrschaft
des Finanzkapitals, gegen die Stabilisierung von Hunger und Elend,
die den Inhalt der Wirtschaftspolitik dieses Staates unter Führung
des Bankkapitals ausmacht, gegen die kapitalistische Macht, und
Gewaltpolitik, gegen Handlangerdienste für imperialistische
Macht- und Gewaltpolitik, gegen die Kriegstreibereien des Imperialismus,
vor allem aber gegen das Kriegstreiben gegen Sowjetrußland
und China, gegen Kriegsrüstungen, gegen Militarismus, gegen
die Vorbereitungen des neuen Gaskrieges. Der Kampf muß geführt
werden gegen die Diktatur der Kapitalisten in diesem Staate, die
ausgeübt wird vermittels des Absolutismus der Bürokratie
und eines unbeschränkten Polizeiregimes. Das Ziel dieses
Kampfes muß sein nicht nur der Sturz dieser Regierung, sondern
auch des Sturz dieses ganzen Systems der kapitalistischen Ausbeutung,
der politischen und nationalen Unterdrückung und der schmutzigen
Korruption in diesem Staate. Unser Kampf muß geführt
werden für das Selbstbestimmungsrecht der Völker, und
ohne Verwirklichung dieses Selbstbestimmungsrechtes ist alles,
was über die Annäherung und den Frieden unter den Nationen
gesagt wird, eine leere Phrase. So lange nicht das Selbstbestimmungsrecht
vorhanden i st, ist die Annäherung der Völker nicht
möglich. Unser Kampf muß geführt werden auf Grund
des Selbstbestimmungsrechtes für den Frieden unter den arbeitenden
Völkern aller Länder und Nationen, für die volle
nationale- und territoriale Selbstverwaltung in diesem Staate.
Unser Kampf muß geführt werden für die Sozialisierung
der Banken, für die Sozialisierung der Bergbaue und Schwerindustrien,
um dem Finanzkapital jene Positionen zu nehmen, von denen aus
es den ganzen Staat ökonomisch beherrscht. Unser Kampf muß
geführt werden für eine Regierung der Arbeiter und Bauern
in diesem Staate, unser Kampf muß geführt werden für
die Verwirklichung der Union der sozialistischen Republiken Europas.
(Potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Wir unterstützen alle Schritte,
die unternommen werden, um die Handelsbeziehungen zu anderen Staaten
zu verbessern, weil dadurch Arbeitsmöglichkeiten geschaffen
und den Krisen und ihrer Wiederkehr entgegengearbeitet wird. Bedauern
müssen wir, daß im Laufe der Jahre seit Errichtung
dieses Staates in der Handelspolitik ein verkehrter und falscher
Weg eingehalten wurde. Eigensinnig hat man an dieser falschen
Einstellung der Handelspolitik festgehalten. Über
die Nachbarstaaten hinweg, die doch zunächst für den
Warenverkehr der Èechoslovakei in Betracht kommen, hat
man freundschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen gesucht
und ausgebaut und ganz übersehen, daß zur bloßen
Erhaltung der èechoslovakischen Industrie
- ich sage nicht einmal zur Förderung von Industrie und Gewerbe
- zunächst notwendig gewesen wäre, die durch die Zerreißung
des großen mitteleuropäischen Wirtschaftsgebietes entstandenen
Schwierigkeiten zu überwinden und die verloren gegangenen
Absatzgebiete zurückzugewinnen. Möglichkeiten dazu haben
bestanden. Aber aus ganz falschen Anschauungen heraus hat man
die Nachbarstaaten, insbesondere Österreich und Deutschland,
lange Zeit in einer Weise behandelt, die höchst ungünstig
auf den Warenverkehr mit diesen Staaten zurückwirken
mußte. Wie falsch diese Politik gewesen ist, ersehen wir
aus der Statistik des Außenhandels. Jeder neue monatliche
Ausweis zeigt uns deutlich, daß für die Èechoslovakei
wirtschaftlich vor allem von Bedeutung sind die
Staaten Deutschland, Österreich und Ungarn und daß
erst in sehr weiter Entfernung davon in Frage kommen jene Staaten,
zu denen mit besonderer Vorliebe Beziehungen gesucht werden, Rumänien,
dann Frankreich und Jugoslavien. Wir haben gerade in diesen Tagen
einen Besuch der jugoslavischen Abgeordneten, die Erwiderung eines
Besuches èechoslovakischer Abgeordneter in Belgrad vor
einigen Monaten. Wirtschaftlich haben solche Besuche, solche gegenseitige
Beweihräucherungen wahrhaft keinerlei Wert.
Betrachten wir uns einmal die Ziffern, die
wir zu beachten haben. Da sehen wir, daß nach dem Jännerausweis
an der Ausfuhr beteiligt ist Deutschland mit 42.48
%, Ungarn mit 9% und Österreich mit 15.01%.
Die drei anderen Staaten, mit denen in den letzten Jahren viel
mehr geliebäugelt worden ist als es politisch notwendig gewesen
wäre, weisen eine Beteiligung an der Ausfuhr auf, die bei
Frankreich 1.24
%, bei Rumänien 4.90
% und bei Jugoslavien 4.87
% beträgt. Frankreich ist, wie Sie sehen, für unseren
Handel eigentlich gar nicht stark in Frage gekommen. Ausgeführt
hat die Èechoslovakei nach Frankreich Arbeitskräfte,
für die hier im Lande selbst keine Lebensmöglichkeit
geschaffen werden konnte, für die im Lande infolge der falschen
und verkehrten Handelspolitik die Lebensmöglichkeiten
fehlten.
Bei den Einfuhrziffern sehen wir dasselbe Verhältnis.
Da ist nach dem Jännerausweis beteiligt Österreich mit
6.13,
Ungarn mit 5.17
Deutschland mit 22.22
%. Die andern drei Staaten, die ich vorhin genannt habe, nämlich
Frankreich, Rumänien und Jugoslavien, sind beteiligt mit
4.25,
3.02
und 5.12%.
Was sagen diese Ziffern? Sie sagen, daß vor allem anderen
es notwendig wäre, zu entsprechend günstigen Handelsverträgen
mit den ersten drei Staaten zu gelangen, die an unserer Ein- und
Ausfuhr nahezu zur Hälfte beteiligt sind. Seit einiger
Zeit wird sehr viel davon gesprochen, daß durch die Zollgesetze
im Sommer die Èechoslovakei erst instand gesetzt worden
wäre, bei den Handelsvertragsverhandlungen so richtig aufzutreten
und vorzugehen. Hingegen haben sich in den
letzten Monaten bei den Vertragsverhandlungen die Schwierigkeiten
gesteigert. Es gibt mit Österreich Schwierigkeiten, es sind
Stockungen bei den Verhandlungen mit Deutschland eingetreten.
Das gleiche ist bei Ungarn der Fall. Nach all dem, was sich seit
dem Sommer ereignet hat, ist festzustellen, daß durch die
Zollgesetze, durch die Zollpolitik vom Sommer eher eine Erschwerung
bei der Abschließung von Handelsverträgen mit den wichtigsten
Staaten Europas, mit denen wir den Warenaustausch besonders
pflegen sollen, eingetreten ist. Man hat den Arbeitern und den
kleinen Leuten die Zollpolitik damit schmackhaft zu machen gesucht,
daß die Èechoslovakei feste Zölle auf die agrarischen
Erzeugnisse nicht entbehren könne, sie brauche sie als Aequivalent
bei den Verhandlungen über die neuen Handelsverträge.
Im Grunde genommen war der Anlaß zur neuen Zollpolitik,
die im Sommer durchgeführt worden war, kein anderer als der,
auf Kosten der breiten Massen hohe Preise für die agrarischen
Erzeugnisse zu erzielen und sich dadurch die Profite zu erhöhen.
Auf diesem Wege ist es nun bis jetzt weiter
gegangen. Die erste Handlung der neuen Regierungskoalition hat
der Bevölkerung zunehmende Verelendung gebracht, sie wird
von Hunderttausenden verurteilt, die vordem an die feierlichen
Versicherungen der deutschbürgerlichen Parteien bei dem letzten
Wahlkampfe geglaubt haben. Die Taten, die darauf gefolgt sind,
und die Taten, die bevorstehen richten sich gegen den Grundsatz
der Demokratie und gegen die Rechte der Bevölkerung. Die
Zusammenhänge der Handelspolitik mit der Innenpolitik veranlassen
uns schon jetzt, eine Erklärung abzugeben zu dem Anschlage
auf die Selbstverwaltung, der planmäßig in aller Stille
und im geheimen vorbereitet worden ist und der nun zur Ausführung
kommen soll.
Ich habe im Auftrag meines Klubs zu erklären:
Es sind nun gerade 4 Monate verstrichen, seitdem der Herr Ministerpräsident
in seiner Antrittsrede die Einsetzung der èechischdeutschen
Bürgerregierung als bedeutsame Etappe der èechoslovakischen
Politik verzeichnete und ihren Amtsantritt als historischen Augenblick
feierte. War diese Bezeichnung schon kühn angesichts des
kaum vollbrachten Zollraubes, der Kongrua- und der Zuckersteuererhöhung,
so wurde diese feierliche Erklärung zur wahren Verhöhnung,
als die Regierung eine Steuerreform vorlegte, die in ihrem Ergebnisse
nichts anderes bedeutet, als die Bereicherung der herrschenden
Klassen und die schwerste Belastung der arbeitenden Menschen,
als daß die Regierung und die Mehrheitsparteien Attentat
auf Attentat gegen die sozial-politischen Errungenschaften richteten,
gegen den Achtstundentag, die Sozialversicherung, gegen die Arbeitslosen,
die Kriegsverletzten und den Mieterschutz. Und nun legt uns die
neue Mehrheit als Krönung des Ganzen ihren Plan der Verwaltungsorganisation
vor, der mit den letzten Resten der Demokratie aufräumt.
Die Polizeivorschriften, welche charakteristischerweise an der
Spitze der neuen Verwaltungsordnung stehen, machen nicht nur das
vermoderte Prügelpatent wieder lebendig, sondern sie beschwören
sogar das Gespenst der vormärzlichen Reaktion herauf. Vergessen
ist der erste und oberste Grundsatz der Verfassung, daß
alle Macht vom Volke ausgeht, alle Macht wird vielmehr in die
Hände der Bürokratie gelegt und das gesamte öffentliche
Leben unter Polizeiaufsicht gestellt. Von Selbstverwaltung kann,
wenn die heute eingebrachte Vorlage Gesetzt wird, im Ernst nicht
mehr die Rede sein.
Gegen einen solchen Plan bei der ersten Gelegenheit
auf das leidenschaftlichste zu protestieren, halten wir für
unsere Pflicht. Nicht minder aber halten wir es für notwendig,
die Verantwortlichkeit jener deutschen Parteien festzustellen,
die unter der Parole der nationalen Selbstverwaltung noch in den
Wahlkampf gezogen sind, die sich des Selbstbestimmungsrechtes
der Nationen als eines Aushängeschildes für ihre Agitation
bedient haben, solange sie den Kampf gegen das herrschende System
zu führen vorgaben und die nun bei der ersten Gelegenheit,
wo sie mitzuentscheiden haben, Selbstbestimmungsrecht und Selbstverwaltung
mit Füßen treten. Sie geben nicht nur die beiden deutschen
Gaue preis, die eine rein èechische Nationalversammlung
zu errichten Willens war, sie stimmen auch zu, daß just
jenes Land, in dem die deutsche Bevölkerung relativ am stärksten
vertreten ist, vor der Landkarte verschwindet.
Hat die Gauverfassung die Demokratie eingeschränkt aus Nationalismus,
so geben die Deutschbürgerlichen alle nationalen Interessen
preis aus Haß gegen die Demokratie. Mag die èechische
Bürokratie allmächtig sein, denken
sie, wenn sie uns nur hilft, die deutsche Arbeiterklasse im Zaun
zu halten!
Die Arbeiterklasse muß sich diesem reaktionären
Plan entgegenwerfen. Im Interesse der Volksmassen aller Nationen
fordern wir gegenüber dem bürokratischen Herrschaftssystem,
welches der Machtapparat der Bourgeoisie ist, die volle und uneingeschränkte
demokratische Selbstverwaltung auf allen Stufen und in allen Zweigen
der öffentlichen Verwaltung. Wir wissen, daß die konsequente
und rücksichtslose Durchführung der Verwaltungsautonomie
auch die nationale Autonomie in sich schließt und glauben
daher, die wahren nationalen Interessen der deutschen Arbeiterklasse
nicht anders verfechten zu können, als wenn wir die Klasseninteressen
des internationalen Proletariates vertreten.
Dem Raubzug der herrschenden Klassen stellen
wir die Abwehr des Proletariates gegenüber, der Verständigung
der Bourgeoisie über die gemeinsame Unterdrückung des
Proletariates die Verständigung der Völker über
ihr friedliches Zusammenleben. Mögen die Regierungsparteien
ihr reaktionelles Werk vollenden, sie führen damit nur umso
schneller den Tag herbei, an dem die betrogenen Volksmassen über
sie das Urteil sprechen werden!
Und dazu gestatten Sie mir noch einige Worte.
Wir haben noch bei Zusammentritt des neugewählten Parlamentes
von dieser Stelle aus Erklärungen jener Parteien gehört,
die heute in der Regierung sitzen. Der jetzige Minister für
öffentliche Arbeiten Prof. Dr. Spina hat damals in
seiner staatsrechtlichen Erklärung ausdrücklich betont,
daß das Streben und das Ziel seiner Partei die Erringung
der Selbstbestimmung der Völker und der Selbstverwaltung
der Deutschen in diesem Staate sei. Ähnliche Erklärungen
haben wir von anderen Vertretern deutscher Parteien gehört.
Ich will bei dieser Gelegenheit an eine Rede erinnern, die ein
Jahr zuvor zu Pfingsten bei einer großen Feier in Leitmeritz
von dem damaligen Abgeordneten Køepek, dem
Führer der Landbündler, gehalten wurde. Es war eine
Rede gegen die Unterdrückungspolitik des èechoslovakischen
Staates gegenüber den Minderheitsvölkern. Er sprach
damals von der Verletzung der Gefühle der deutschen Landwirte,
die Køepek darin erblickte, daß
man die Kaiser-Josef-Denkmäler beseitigt habe. Er sagte:
"Wenn Menschen schweigen müssen, werden Steine reden."
Er wollte damit aussprechen, die leeren Steine werden eine Anklage
bilden gegen das System dieses Staates, gegen die Unterdrückung
der Minderheiten in diesem Staatte. Diese Reden sind noch nicht
vergessen, ihr Echo ist noch nicht verklungen, und schon gehören
die deutschen Landbündler, die Christlichsozialen und die
Gewerbeparteiler zu einer Regierung, die in der Entrechtung der
breiten Volksschichten noch viel weiter gehen will, als
man bisher zu gehen gewagt hat. Muß es nicht in jenem Teil
der èechischen Bevölkerung, der sich noch demokratische
Empfindungen bewahrt hat, der demokratisches Denken besitzt, muß
sich dort nicht der Gedanke durchsetzen,
daß der Rückschritt in diesem Staate, die Knebelung
der breiten Massen des Volkes, die Erdrosselung der Selbstverwaltung
nur möglich dadurch gemacht worden ist, daß sich als
Werkzeuge zu den èechischen Mehrheitsparteien deutschbürgerliche
Parteien gesellt haben? (Potlesk nìm. soc. demokratických
poslancù.)
Hohes Haus, wie einstmals im alten Österreich die Minderheitsvölker,
die Südslaven, Italiener, Èechen usw. für die
Schandpolitik der Habsburger immer und immer und mit Recht die
deutschbürgerlichen Parteien verantwortlich machen konnten,
ebenso wird in diesem Staat, in welchem sich die Deutschen anfangs
zur Demokratie bekannt haben, auch der demokratisch denkende Teil
der èechischen Bevölkerung sagen: Wenn ein Henkeramt
zu übernehmen ist an demokratischen Rechten,
da stellen zur rechten Zeit sich deutschbürgerliche Parteien
zur Verfügung. (Souhlas na levici.) Was erreichen
sie damit? Nach allem, was wir bisher aus dem Munde der deutschen
Minister über die Koalitionspolitik gehört haben, nichts.
Sie werden doch nicht behaupten wollen, daß die Zuwendung
von Kohleneinfuhrscheinen ein nationales Zugeständnis wäre!
Es wird doch niemand unter ihnen geben, der sich einbildet, der
Bevölkerung einreden zu können, in der Schaffung einer
èechoslovakischen Landwehr, einer
èechoslovakischen Ersatzreserve liege eine entsprechende
Entschädigung dafür, daß die deutschen Aktivisten
in der Regierung der Verlängerung der Dienstzeit zustimmen,
dem zustimmen, daß nicht das Gesetz in Kraft bleibt, das
die erste Revolutionsnationalversammlung beschlossen
hat, daß die Dienstzeit mit 14 Monaten endet, sondern daß
auch weiterhin die Söhne der Arbeiter, Beamten und Gewerbetreibenden
18 Monate beim Militärdienst zurückgehalten werden.
Und wie soll diese Landwehr ausschauen? Es heißt in den
kurzen Meldungen darüber, daß sie gedacht ist, die
Überzähligen zunächst militärisch ordentlich
ausbilden zu können Man will die Soldatenspielerei durch
Schaffung der Landwehr und der Ersatzreserve ausbauen. Den Angehörigen
der Landwirtschaft und des Gewerbes soll auf diesem Wege die Dienstzeit
verkürzt werden.