Ètvrtek 27. kvìtna 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 24. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 27. kvìtna 1926.

1. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 1278 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der gegen das Sudetendeutschtum seit dem Bestande dieses Staates geführte Vernichtungskampf ist in ein entscheidendes Stadium getreten. Unter brutaler Mißachtung sogar der wenigen in den Minderheitsschutzverträgen eingegangenen Verpflichtungen waren die èechischen Machthaber bemüht, auf sogenanntem gesetzlichen Wege unsere geschlossenen sudetendeutschen Heimatgebiete zu èechisieren. Zehntausende deutscher Staatsangestellter und Bediensteter wurden von ihren Posten vertrieben und durch sogenannte verläßliche èechische Patrioten ersetzt. Es ist heute nicht meine Absicht, all die Vergewaltigungen auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet aufzuzählen, sondern der Zweck meiner heutigen Ausführungen ist, darauf hinzuweisen, daß man von regierungswegen nunmehr daran geht, die Entnationalisierungspolitik dadurch zu fördern, daß man dem Sudetendeutschtum die Möglichkeit nehmen will, die kulturellen Zusammenhänge mit unserem großen Brudervolke jenseits der Grenzen zu hegen und zu pflegen. Den Auftakt gab ein vor wenigen Tagen zur Durchführung gelangtes Gerichtsverfahren. Die hiezu notwendigen Vorbereitungen wurden schon seit Jahren getroffen und ein viele Millionen verschlingendes Spitzelsystem in Deutschland und Deutschösterreich ausgehalten, welches die Aufgabe hatte, nach dem bekannten Hajšman-Rezept die jeweils als notwendig geachteten Unterlagen zu liefern. Hunderte solcher Spitzeln bemühen sich seit Jahr und Tag, das von den Auftraggebern gewünschte Material zusammenzutragen und zusammenzufälschen, wußten sie doch den derzeitigen hohen Kurs, den solche Mitteilungen im Èechenstaate heute haben, richtig einzuschätzen. Die Aufgabe, die zu lösen war, galt den Nachweis dafür zu liefern, daß die im Deutschen Reiche und Deutschösterreich bestehenden wissenschaftlichen und Heimatsorganisationen nicht die kulturellen Beziehungen mit den vom deutschen Volkskörper Mitteleuropas gewaltsam losgerissenen Volksteilen aufrechtzuerhalten und zu vertiefen haben, sondern in Wirklichkeit angeblich gegen den Bestand des èechischen Staates gerichtete Bestrebungen verfolgen. Der § 16 des berüchtigten Gesetzes zum Schutze der Republik in Wirklichkeit zum Schutze der Èechisierungsbestrebungen in diesen Landen - gibt in seiner Kautschukdehnbarkeit eine willkommene Handhabe hiezu. Der Sudetendeutsche Heimatbund in Wien und Berlin, das Wissenschaftliche Institut für Kultur und Geschichte an der Wiener Universität, der Deutsche Schutzbund in Berlin und das bekannte Auslandsinstitut in Stuttgart, sie alle wurden in der Anklageschrift als geheime, umstürzlerische, gegen die Existenz des Èechoslovakischen Staates gerichtete Organisationen bezeichnet. Es ist für die heutige Mentalität der èechischen Öffentlichkeit bezeichnend, daß ein èechischer Staatsanwalt es wagen darf, solche ungeheurliche und unwahre Behauptungen aufzustellen. Jeder Eingeweihte weiß vor allem, daß es sich hier nicht nur um keine geheimen Organisationen handelt, sondern um sowohl in Deutschland, als auch in Deutschösterreich öffentlich bewilligte Vereinigungen, an deren Spitze größtenteils führende Persönlichkeiten beider Staaten stehen. Welchen hohen kulturellen Wert diese mustergiltig ausgebauten Organisationen für das gesamte deutsche Kulturleben haben, kann nur der ermessen, welcher über das Tätigkeitsgebiet unterrichtet ist, bezw. an der Durchführung dieser Arbeiten selbst teilnimmt. Die in der obigen Behauptung ausgesprochene Verdächtigung dieser Organisationen ist so plumb und die damit verbundenen Absichten so durchsichtig, daß es sich hoffentlich die an der Spitze dieser Organisationen stehenden Männer wohl überlegen werden, auf diese Anpöbelung anders zu reagieren, als noch mit erhöhterem Nachdruck ihr besonderes Augenmerk den in diesem Staate si bedrohten deutschen kulturellen Gütern zuzuwenden.

Der Versuch der èechischen Machthaber, diese kulturellen Einigkeitsbestrebungen dadurch zu hindern und zu unterbinden, daß man einfach schon den Verkehr Sudetendeutscher mit den oben genannten großen kulturellen Organisationen in Deutschland, und Deutschösterreich als hochverräterische Tathandlungen zu kennzeichnen sich bemüht, ist bezeichnend für die nunmehr herrschende èechische Demokratie und müßte selbst einem Metternich, wenn er noch lebte, Bewunderung abringen. Der Staatspräsident Masaryk hat in seinem Buche "Das neue Europa" zu den verschiedensten Fragen Stellung genommen und will ich in nachfolgendem wiederholt auf seine Ansichten zurückkommen. So sagte er u. a.: "Die Muttersprache ist mit dem Denken und Fühlen und dem ganzen geistigen und kulturellen Leben des Einzelnen und der Völker innig verwachsen, in dem Maße, in dem sich die einzelnen europäischen Völker an der Kulturarbeit beteiligen und je mehr sich diese Arbeit vervollkommnete, wurden diese Sprachen kulturell reicher und wertvoller und es entwickelt sich die kulturelle Gleichberechtigung der Sprachen, die der politischen und internationalen Gleichberechtigung der Nationen entspricht. Die modernen Kommunikationsmittel haben Teilen von Nationen, die von verschiedenen Staaten beherrscht werden, eine kulturelle Einheit zu bilden ermöglicht - die Nationalität ist zu einer bewußten Macht, die Sprache zu ihrem Exponenten und die Literatur im weitesten Sinne des Wortes zum Ausdrucke und zum wirksamsten Organe der Nationalität geworden. Darum wird heute die politische Unselbständigkeit von Nationen in den gemischten Staaten so stark und so allgemein empfunden und so schwer ertragen." Im nachfolgenden Satze ersetze ich nur das Wort "Rumäne" durch "Deutscher" und "Ungarn" durch "Èechoslovakei": "Welch eine Barbarei und welch ein Widersinn ist es, wenn der Deutsche in Deutschland frei, sein Nachbar und Bruder in der Èechoslovakei hingegen unterdrückt ist." Masaryk sagt dann weiter: "Dieses Mißverhältnis in der offiziellen Wertung der Nationalitäten des Staates entspringt der mittelalterlichen Wertung des durch die Kirche religiös geheiligten Staates, einer Wertung, welche der neuzeitliche Absolutismus übernommen hat. Daher erklärt sich das in ganz Europa rege Streben aller Nationen nach politischer Einigung und Befreiung, nach politischer Organisation Europas auf Grundlage der Nationalität." Er erklärt dann weiter, daß das neue anbrechende Zeitalter der Demokratie und des Sozialismus mit den alten militaristischen Staaten, die dem Nationalitätsprinzipe widerstreben und die den Staat über die Nationalität stellen, brechen und dem Selbstbestimmungsrechte der Nationen zum Siege verhelfen werde. Nun ist die Èechoslovakei ein von 6 Völkern bewohnter Völkerstaat, in dem das èechische Staatsvolk nicht ganz 50% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Nun erklärt Masaryk, und dies gewiß mit Recht, daß das Selbstbestimmungsrecht der Nationen allerdings nicht verwirklicht werden könne, solange der pharisäische Grundsatz Geltung haben wird, daß das Eingreifen eines Staates zu Gunsten einer unterdrückten Nationalität mit der Begründung zurückgewiesen werden könne, daß kein anderer Staat das Recht habe, sich in diese "inneren" Angelegenheiten eines Völkerstaates einzumischen. "Die Nation ist eine demokratische Organisation - jeder einzelne ist berufen, jeder kann sich zur Geltung bringen, der Staat ist eine aristokratische, Zwangsmittel anwendende, unterdrückende Organisation, demokratische Staaten sind erst im Entstehen begriffen." Diese Sätze, angewendet auf die Èechoslovakische Republik, beweisen, daß die Machthaber in diesem Staate gegen alle diese Grundsätze sich versündigt haben und in der Gegenwart mehr denn je bestrebt sind, den Überstaat, und zwar als èechischen Nationalstaat unter vollständiger Mißachtung der zwangsweise eingegliederten Volksteile auszubauen. Denn es ist eine nicht wegzuleugnende Tatsache, daß in den von Masaryk so bekämpften Machtstaaten nie und nimmer eine solche Unterdrückungspolitik betrieben wurde, wie in den neugegründeten Staaten, der Èechoslovakei, Polen, Rumänien und Jugoslavien. Den mitteleuropäischen Staaten unter Deutschlands Führung hatte man Herrsch- und Ausbeutungssucht und Militarismus vorgeworfen und heute muß man es erleben, daß der frühere italienische Ministerpräsident Nitti in einem "Irrungen und Wirrungen" betitelten Pfingstartikel in der Lage ist, nachzuweisen, daß die vorgenannten neugegründeten Staaten mit der Èechoslovakei an der Spitze eine Politik des Militarismus und der Unterdrückung betreiben, wie sie in früheren Zeiten nicht bekannt war. So weist er nach, daß die Èechoslovakei mit einer Bevölkerung von 13 1/2 Millionen Einwohnern 10.929 Offiziere, 3505 Militärbeamte und 110.371 Unteroffiziere und Mannschaften, abgesehen von Polizei- und Gendarmeriekorps unterhält.

Deutschland, das vor dem Kriege als die Verkörperung des europäischen Militarismus verschrieen war, zählte bei einer Bevölkerung von 68 Millionen 38.075 Offiziere, Ärzte und Verwaltungsbeamte inbegriffen. Heute nach der Niederwerfung des deutschen Militarismus zählen im Zeitalter der Abrüstung Polen, die Èechoslovakei und Rumänien zusammen bei einer Bevölkerung von 60 Millionen 51.774 Offiziere. Deutschland, Deutschösterreich, Ungarn und Bulgarien zählen in ihrer Gesamtheit jetzt 82 Millionen Einwohner und haben zusammen 9606 Offiziere. Das sind die ersten sichtbaren Auswirkungen des so gepriesenen demokratischen Zeitalters auf militaristischem Gebiete.

Wir sehen also, daß die neuen Verhältnisse in jeder Beziehung den früheren Zustand verschlechtert haben und besonders das Grenzlanddeutschtum ist den schärfsten Verfolgungen ausgesetzt. Um das Selbstbestimmungsrecht noch immer betrogen, suchen besonders die èechischen Machthaber uns 3 1/2 Millionen Sudetendeutsche zu entnationalisieren und, wie ich bereits einleitend nachgewiesen habe, ist man gerade jetzt bestrebt, auch unsere kulturellen Beziehungen zum großen deutschen Mutterlande vollständig zu unterdrücken. Der vom Staatspräsident Masaryk und anderen führenden Politikern mit Beziehung auf den Völkerstaat längst begrabene Begriff des Hochverrates wird aus der alten absolutistischen Rumpelkammer wieder hervorgeholt und die Aufnahme von Beziehungen zu kulturellen Organisationen im großdeutschen Vaterlande als Verbrechen des Hochverrates gebrandmarkt. Ja, nicht nur das, trotz der angeblichen Freiheit der Presse im demokratischen Staate verhindert die Zensur heute sogar die Nennung der Namen dieser großen deutschen Kultur-Organisationen, wie Deutscher Schutzbund, Sudetendeutscher Heimatbund, Wissenschaftliches Institut für Kultur und Geschichte der Sudetendeutschen an der Universität in Wien, Verein für das Deutschtum im Auslande und Deutsches Auslandsinstitut in Stuttgart. Die sudetendeutsche Presse darf über die alljährlich abgehaltenen großen Tagungen überhaupt nicht mehr berichten, mit einem Worte, das Zusammenwirken mit diesen großen Kulturverbänden soll den Sudetendeutschen einfach unmöglich gemacht werden. Durch die Unterbindung aller persönlichen Beziehungen will man eine vollständige Isolierung des Sudetendeutschtums herbeiführen. Ich glaube, mit allen Sudetendeutschen eines Sinnes zu sein, wenn ich von dieser Stelle aus erkläre, daß wir unter keinen Umständen gewillt sind, uns in der Zusammenarbeit mit den großen deutschen Bruderorganisationen trotz aller Gewaltmaßregeln hindern zu lassen, denn auf unserer Seite steht das Recht, welches Herder, dieser begeisterte Verkünder der Humanität, aus dem Humanitätsprinzip ableitet: "Die Nation, nicht der Staat ist das natürliche Organ der Menschheit." Auch wir Sudetendeutschen werden uns das heiligste Naturrecht der Selbstbestimmung nicht verkümmern lassen. Und in diesem Kampfe stehen wir nicht allein. Hunderttausende Sudetendeutscher in Deutschösterreich und Deutschland haben sich zum Sudetendeutschen Heimatbunde zusammengeschlossen, um die deutsche Öffentlichkeit, um das Weltgewissen aufzurütteln. Er predigt seinen Mitgliedern die Liebe zur Heimat und ist bestrebt, der ganzen internationalen Kulturwelt vor Augen zu halten, welch furchtbares Unrecht an den Sudetendeutschen begangen wurde.

Pøedseda (zvoní): Prosím pana øeèníka, aby se držel vìci a mluvil k dennímu poøadu.

Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Der Heimatbund versucht es, durch seine aufklärende Tätigkeit in der Auslandspresse und an den maßgebenden Stellen der Weltpolitik das Rechtsbewußtsein der Völker wachzurütteln und den Einstellungen der zielbewußten, mit ungeheuren èechischen Geldmitteln arbeitenden Auslandspropaganda das Argument einwandfrei wissenschaftlich begründeter Tatsachen entgegenzusetzen. Der Sudetendeutsche Heimatbund wie alle die anderen großen kulturellen Organisationen sind keine Geheimorganisationen. Frei und offen treten sie für den kulturellen Zusammenhang aller Deutschen ein, wie die letzten zu Pfingsten durchgeführten großen Tagungen des Schutzbundes in Glatz, des Heimatbundes Berlin in Hirschberg und des deutschösterreichischen und bayrischen Heimatbundes in Passau bewiesen haben. Ich bin mir dessen bewußt daß sie in diesem Kampfe um Recht und Gerechtigkeit nicht erlahmen werden und danken wir ihnen von dieser Stelle für ihr wackeres Eintreten für die heilige Sache des gesamten Grenzlanddeutschtums. Wir Sudetendeutschen wissen nunmehr, daß wir in dem Kampfe um Recht und Freiheit nicht allein stehen. Die Verfolgungen, denen wir ausgesetzt sind, werden uns nur noch mehr zusammen schweißen. Der wahre Frieden wird in Europa erst dann einkehren, bis allen Völkern, soweit sie im geschlossenen Sprachengebiet wohnen, das Recht auf freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes gewährleistet sein wird. Dies ist unser Streben, unser Ziel. (Potlesk na levici.)

Opravy.

V Tìsnopisecké zprávì o 19. schùzi posl. snìmovny ze dne 6. kvìtna 1926 má na str. 1093, sloupec 1, øádek 15 shora, místo "kolínském" státi "konickém".

V Tìsnopisecké zprávì o 20. schùzi posl. snìmovny ze dne 7. kvìtna 1926 má na str. 1200, sloupec 1, øádek 26 shora, býti doplnìno "(souèasnì pøikázán též výboru ústavnì právnímu)" a øádek 12 zdola má zníti: štátnych a župných úradníkov a zamestnancov a miest. - Na téže stránce sloupec 2, øádek 23 shora, místo §u 26 má správnì státi §u 23.

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