Středa 24. března 1926
Hohes Haus! Ich habe namens meiner Partei
eine Erklärung abzugeben:
Mit Genugtuung stellen wir den Sturz der Regierung
vehla fest. Ihr Name ist mit den reaktionärsten
Maßnamen: Schutzgesetz, Preßgesetznovelle, dem Raub
der Geschworenengerichte für politische Delikte, der Verfälschung
des Wahlrechtes, aufs innigste verknüpft. Sie hat durch Zerstörung
vieler Hunderte Schulklassen das Kulturleben der Minderheiten
arg verwüstet, durch ihre Abbau- und Bodenmaßnahmen
viele Zehntausende proletarischer Existenzen vernichtet. Sie hat
durch diese und andere finanzielle und wirtschaftliche Maßnahmen
die Lebenshaltung der Bevölkerung auf das tiefste erschüttert,
durch ihre nationale Politik, insbesondere aber durch die erlassenen
Sprachenverordnungen die nationalen Gegensätze der Bevölkerung
zur Gluthitze gesteigert, die Verhältnisse in diesem Lande
um viele Jahre in der Entwicklung zurückgeschleudert und
sich zuletzt durch Nichteinlösung feierlicher Versprechungen
das Stigma des Wortbruches selbst an die Stirne geprägt.
Es ist daher nur zu begreiflich, daß der Zusammenbruch dieser
Regierung und des von ihr mitgerissenen, ins Herz getroffenen
Koalitionssystems nur allseitige Befriedigung auslösen konnte.
Daß die Regierung an ihren eigenen Sünden gescheitert
ist und von eigener Hand gefällt wurde, muß als erfreuliches
Symptom gewertet werden. Allerdings soll in diesem Zusammenhang
die für den Niedergang der Demokratie dieses Staates und
für den Zusammenbruch des herrschenden Systems charakteristische
Erscheinung festgestellt werden, daß sich dieses System
bemüßigt gesehen hat, nunmehr auch noch die letzten
Schleier abzuwerfen und die Führung der Staatsgeschäfte
der Bürokratie zu überantworten. Die weitere Entwicklung
erheischt unser wachsames Auge. Es wird sich rasch zeigen, ob
sich nicht etwa der eingetretene Systemwechsel als bloßer
Personenwechsel erweist und ob nicht etwa nach wie vor jenes fluchwürdige
System erhalten bleibt, das so viel Unglück über das
Land und seine Bevölkerung gebracht hat. Es wird sehr bald
klar werden, ob die Einsetzung der neuen Regierung, die ebenso
wenig wie die vorangegangene eine parlamentarische und demokratische
ist, nicht etwa bloß den Zweck verfolgt, den Wegbereiter
für eine neue allnationale Koalitionsregierung zu bilden
und zu diesem Behufe durch Verabschiedung aller jener volksfeindlichen
Maßnahmen, die die großen Streitpunkte der Koalition
gebildet haben, dem Boden für eine Neuauflage des alten Regierungssystems
urbar zu machen. (Souhlas na levici.) Alle Anzeichen sprechen
für diese Absicht, die naturgemäß vor der ganzen
Bevölkerung enthüllt, in ihrer Nacktheit aufgezeigt
und auf das schärfste bekämpft werden müßte.
Da die neue Regierung sich als Vollstreckerin
der alten betrachtet, ihr Programm übernommen hat, das von
dieser begonnene Werk vollenden und in ihren Bahnen fortschreiten
will, gilt ihr naturgemäß in gleicher Weise unser entschiedenster
Kampf, für den wir durchaus gerüstet sind. Wir werden
ihn mit großer Leidenschaftlichkeit führen, wenn sie
versuchen würde, den von der alten Regierung inaugurierten
Zoll- und Steuerraubzug auf die Taschen der Bevölkerung,
die Verlängerung der Militärdienstzeit, die Erhöhung
der Geistlichen-Bezüge und die sonstigen Maßnahmen
in die Tat umzusetzen oder an die verfassungsmäßigen
Rechte der Bevölkerung zu greifen oder gar an dem Wahlrecht
zu rütteln. Selbstverständlich werden wir verlangen,
daß sie die Vorarbeiten zur Verwirklichung der Sozialversicherung
beschleunigt, daß Altersrentnergesetz in die Tat umsetzt
und alles notwendige zur sofortigen Einlösung des den öffentlichen
Angestellten gegebenen Wortes vorkehrt, das Bau- und Wohnungsgesetz
raschest verabschiedet und sofort die allerdringlichsten Maßnahmen
zur Linderung des Notstandes der arbeitenden Bevölkerung
trifft.
Eine der Hauptaufgaben der Regierung erblicken
wir aber darin, daß sie sofort alles Gebotene zur Gesundung
des politischen Lebens unternimmt, daß sie insbesondere
den Zündstoff, der sich in der Ära der alten Regierung
zwischen den Nationen des Landes angesammelt hat, so rasch als
möglich wegräumt, daß sie die den Stein des Anstoßes
bildenden Sprachenverordnungen beseitigt und im Sinne der von
uns gestellten Ausgleichsanträge den Boden für eine
Auseinandersetzung und Verständigung der Völker und
für ihre ruhige Zusammenarbeit schafft.
Im übrigen ergibt sich aus dem kapitalistischen
Charakter der neuen Regierung unsere Stellung zu ihr von selbst.
Sie kann nicht anders als eine Kampfstelung sein, so wie wir sie
auch gegenüber allen früheren Regierungen dieses Staates
bezogen haben. (Souhlas na levici.)
Hohes Haus! Früher, als wir es uns vorgestellt
haben, ist die Regierung vehla in den Abgrund der
Vergessenheit und Vergangenheit gesunken. Die Sache kam ganz unerwartet,
eines Tages wurde die Öffentlichkeit mit der Nachricht überrascht,
daß eine Beamtenregierung sich an Stelle der Regierung vehla
etabliert habe. (Různé výkřiky
na levici.) Der Begriff der Beamtenregierung
stammt aus dem alten Österreich, er ist eigentlich durchaus
keine demokratische Einrichtung, denn eine Beamtenregierung ist
ja nur möglich, wenn hinter ihr noch eine höhere Gewalt
steht... (Hluk na levici.)
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Prosím o klid.
Posl. dr Keibl (pokračuje):...
eine höhere Gewalt, als die, die ein Parlament repräsentieren
kann, etwas, was im besten Falle nur in einer Monarchie möglich
war. Daß in einer Republik so etwas überhaupt möglich
sein kann, ist bezeichnend für die hiesigen Verhältnisse,
die man bestenfalls mit "Pseudodemokratie" bezeichnen
kann. Immerhin, die Regierung ist da und wir müssen zu ihr
Stellung nehmen. (Trvalý hluk na levici.)
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Prosím o klid.
Posl. dr Keibl (pokračuje):
Der Herr Černý
ist uns ja kein Unbekannter mehr. Wir kennen ihn aus früheren
Zeiten, wo er einmal Innenminister in einem Kabinett Bene
war und später selbst als Chef das Kabinett führte und
leitete. Und gerade unter seiner Regierung... (Výkřiky
posl. Mikulíčka.)
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Prosím pana posl. Mikulíčka
o klid. (Výkřiky posl. Mikulíčka.)
Posl. dr Keibl (pokračuje):...
sind Dinge geschehen, welche vielleicht eine parlamentarische
Regierung nicht hätte verantworten wollen. Ich kann feststellen,
daß an seinen Händen deutsches Blut klebt. Die seinerzeitig
en Vorgänge in Teplitz, Aussig, Eger und Graslitz sind unter
seiner Ägide geschehen, er hat nichts veranlaßt, um
die Schuldigen ausfindig zu machen. Die dann gefallenen Opfer
einer, möchte ich sagen, ganz unverschämten Polizeigewalt,
sind heute noch ungerächt.... (Hluk.)
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Prosím o klid.
Posl. dr Keibl (pokračuje):...
und keine Untersuchung hat je herausgebracht, wer eigentlich die
Schuldigen waren. Man hat sogar absichtlich die Sache so in die
Länge gezogen, daß jede gerichtliche Verfolgung unmöglich
geworden ist. Wir können es getrost behaupten: Immer wenn
eine Regierungskoalition nicht weiter kann und besonders dann,
wenn etwas geschehen soll, was eine politische Partei mit ihrer
Ehre nicht zu decken vermag, wird ein Beamtenministerium und bis
jetzt immer ein Ministerium Černý
hervorgeholt. Und so stellt das Ministerium Černý
für uns nichts anderes dar als eine Fortsetzung des Ministeriums
vehla,..... (Hluk. - Výkřiky
posl. Mikulíčka.)
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Pana posl. Mikulíčka
volám k pořádku.
Posl. dr Keibl (pokračuje):.....
nur mit schärferen, brutaleren Mitteln. Wir konnten zum Ministerium
vehla kein Vertrauen haben und haben dies in der
letzten Debatte ausführlich begründet. Wir haben all
diesen Dingen heute nichts mehr hinzuzufügen und meine geehrten
Herren Vorredner haben in trefflicher Weise bereits dieses Ministeriums
Černý
charakterisiert. (Stálý hluk na levici. -
Výkřiky posl. Muny.)
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Volám pana posl. Munu
k pořádku. (Stálý
hluk na levici. - Výkřiky
posl. Mikulíčka.) Volám
pana posl. Mikulíčka po druhé
k pořádku.
Posl. dr Keibl (pokračuje):
Es ist zweifellos ein Ministerium der Reaktion,
ein Ministerium der Gewalt. Ich brauche all das nicht wieder anzuführen,
was meine Vorredner gesagt haben, ich habe mich nur deswegen zum
Worte gemeldet, damit, wenn vielleicht in der nächsten Zukunft
sich hier im Hause ein ganz merkwürdiger Kristallisationsprozeß
politischer Art vollzieht, es nicht den Anschein hat, daß
die von mir vertretene Partei hieran auch irgendwie beteiligt
ist. Mag die Zukunft bringen was immer, wir stehen nach wie vor
diesem Staat und allen seinen Regierungen ablehnend gegenüber
und werden weiterkämpfen für unseres Volkes Freiheit
und Recht, möge der Ministerpräsident dieses Staates
heißen vehla, Černý
oder wie immer. (Souhlas na levici.)
Hohes Haus! Einer der Herren Vorredner, und
zwar ein Mitglied der Regierungsmehrheit... (Výkřiky
na levici.)
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Prosím o klid.
Posl. Knirsch (pokračuje):...
hat das Verhalten der Opposition in der heutigen Sitzung als einen
Schwindel und als eine Komödie bezeichnet. Er hat die Ablehnung
seiner Partei, über die Regierungserklärung die Debatte
zu eröffnen, damit begründet, daß ja das Programm
dieser Regierung das Gleiche sei, wie das Programm der abgetretenen
Regierung und weil wir angeblich über das Programm der abgetretenen
Regierung erst in den letzten Tagen genügend Gelegenheit
hatten zu disputieren, erscheint es den Herren überflüssig,
heute ihrerseits auch nur ein Wort zu sagen. Meine Herren, wenn
von einem Schwindel und von einer Komödie gesprochen werden
kann, so finden diese Worte einzig und allein Anwendung auf das
Verhalten der hisherigen Regierungsmehrheit, die auch die Stütze
der jetzigen Regierung ist. (Souhlas na levici.) Denn wie
anders soll man es bezeichnen, wenn sich eine parlamentarische
Mehrheit, die bisher die Regierung stellte, der Verantwortung
entzieht wegen innerer Unstimmigkeiten, die nicht sachlicher,
sondern parteipolitischer Natur sind, wenn sich die freigewählten
Parlamentarier eines angeblich demokratisch regierten Staates
der Regierungsverantwortung begeben, und diese einer Beamtenregierung
übertragen, der sie treue Gefolgschaft leisten.
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Prosím pana řečníka,
aby mluvil k věci.
Posl. Knirsch (pokračuje):
Ich spreche, Herr Präsident, genau
so zur Sache, wie die bisherigen Redner und ich glaube, es wird
wohl, wenn es Mitgliedern der Regierungsparteien von dieser Stelle
aus zur Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten zu sprechen
erlaubt ist...
Místopředseda in. Dostálek
(zvoní): Prosím pana řečníka
opět, aby mluvil k věci.
Posl. Knirsch (pokračuje):
Wird es oppositionellen Rednern gestatten
sein, sich auch ein Wort zur Regierungserklärung zu erlauben.
Das Verhalten der Herren von diesen Bänken hier (ukazuje
na pravici a střed sněmovny) das
ist Schwindel und Komödie, die wir deutschen Nationalsozialisten
vollkommen durchschauen. Unsere Erklärung zur Regierung ist
sehr kurz und sehr einfach: Der Herr Ministerpräsident hat
darauf verwiesen, daß das Programm dieser Regierung eine
Fortsetzung oder Durchführung des Programmes der bisherigen
Regierung ist oder sein wird, das beinhaltet unsere Stellung auch
zur neuen Regierung, sie kann nur dieselbe sein wie die zur alten:
schärfstes Mißtrauen, schärfster Kampf. (Souhlas
na levici.)