Pùvodní znìní ad V./5050.

Interpellation

der Abgeordneten Hoffmann, Schäfer, Schiller und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur

in Angelegenheit der Einstellung der deutschen Ausgabe der Mitteilungen des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur.

 

Das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur hat vom VII. Jahrgang (1925) an den Vìstník nurmehr in èechischer Sprache herausgegeben. ohne dass diese Verfügung mittels eines offiziellen Erlasses bekanntgegeben worden wäre. Die Bekanntgabe erfolgte durch eine einfache zu Beginn des 1. Heftes des Jahrganges 1925 veröffentlichte Mitteilung. Danach erfolgte die Einstellung der deutschen Ausgabe aus Gründen der Ersparung. Es lässt sich sehr leicht nachweisen, dass diese Begründung eine durchsichtige Ausrede ist.

Zur Abnahme der Mitteilungen verpflichtet waren sämtliche Schulämter und Schulleitungen mit Ausnahme derjenigen Gemeinden welche höchstens 4klassige Volksschulen besitzen. Das macht rund 3000 deutsche Volks- und Bürgerschulen aus und annähernd 700 deutsche Ortsschulräte. Dazu kommen über 70 deutsche Bezirksschulausschüsse, ferner annähernd 250 Schulleitungen der deutschen Mittel-, Fach- und Handelsschulen. Mit den nicht verpflichteten Abnehmern zusammen ist bestimmt eine Auflage von über 5000 Exemplaren erforderlich. Bei einer Jahresbezugsgebühr von 40 Kè trugen diese 5000 abgenommenen Exemplare der staatlichen Verlagsanstalt 200.000 Kè ein. Die Auflage des èechischen Vìstník betrug sicher 15.000 Exemplare, somit 600.000 Kè. Diese Einnahme von zusammen 800.000, Kè ermöglichte der staatlichen Verlagsanstalt gewiss eine aktive Geschäftsgebahrung. Es wäre jedenfalls für dieses Geschäftsunternehmen im Verneinungsfalle ausgeschlossen gewesen, die jährliche Bezugsgebühr auf 25 Kè herabzusetzen. Das bedeutet eine Verminderung der gesamten Einnahmen um 200.000 Kè. Die für den deutschen Auszug verlangten 15 Kè bringen der Verlagsanstalt im besten Falle 75.000 Kè ein. Wieso bei dieser Sachlage von Ersparungsgründen gesprochen werden kann, ist unergründlich. Viel eher lässt sich von einer Verbilligung der èechischen Ausgabe auf Kosten der Einstellung der deutschen Ausgabe sprechen, denn den deutschen Schulverwaltungen und Schulbehörden zwingt man, wenn sie überhaupt den Vìstník verstehen sollen, die Mitteilungen zu dem gleichen Preise wie früher auf. Ebensowenig kann von Ersparungsgründen in redaktioneller Hinsicht gesprochen werden, gleichgültig ob die Redaktion und Uebersetzung beim Ministerium oder bei der Verlagsanstalt liegt. Die bezügliche Personalkraft wird auf jeden Fall auch jetzt noch in Anspruch genommen und wäre aus der Verminderung der Bezugsgebühr reichlich bezahlt. Hiefür ist auch der Umstand beweiskräftig, dass das Ministerium, wenn schon die Verlagsanstalt für 15 Kè den grössten Teil des Inhaltes der Mitteilungen in deutscher Uebersetzung herauszugeben imstande ist, ebenfalls in der Lage sein müsste, ohne geldliche Einbusse, bezw. ohne erhöhte Auslagen, die Uebersetzung des ganzen Teiles erscheinen zu lassen. Die Einwendung, dass die Einstellung der deutschen Mitteilungen des Schulministeriums aus Gründen der Ersparung, das heisst um dem Staatshaushalte tatsächlich eine bestimmte Auslage zu ersparen, geschehen sei, ist somit nachweisbar eine blosse Ausrede.

Die Einstellung der Mitteilungen ist auch nicht aus Ersparungsgründen, sondern aus politischen und nationalen Gründen geschehen. Die heute vollständig zur Durchführung belangte Èechisierung des amtlichen Verkehres zwischen den oberen und mittleren Schulbehörden sollte nun auch auf die niedersten Schulbehörden und Schulleitungen ausgedehnt werden. Es ist dem Ministerium, das doch seinen Verlautbarungen in den Mitteilungen bindende Kraft und daher Beachtungspflicht zuschreibt, ganz gleichgültig, ob die deutschen Ortsschulräte und Schulleitungen die èechischen Verlautbarungen auch verstehen. Es war keine Gnade des Ministeriums gewesen, dass die Mitteilungen bisher auch in deutscher Sprache erschienen sind, sondern eine rechtlich begründete Verpflichtung.

Die Mitteilungen sind die Ersatzausgabe für die eingestellten ehemaligen Verordnungsblätter für das Volksschulwesen, welche unter Oesterreichs Zeiten in allen in Betracht kommenden Ländern in allen Landessprachen erschienen sind. Mit der Einstellung dieser hat das Ministerium sohin die Verpflichtung übernommen, die gesetzlichen Veröffentlichungen ebenfalls m beiden Sprachen herauszugeben. Weiters ist der deutschen Minderheit des Staates gemäss § 5 des Sprachengesetzes das Recht gewährleistet, dass sie die für sie errichteten kulturellen Institutionen in ihrer Sprache verwalte. Wenn aber die Verwaltung in der Sprache der Minderheit zu erfolgen hat, dann ist die vorgesetzte Schulbehörde auch verpflichtet, ihre Verlautbarungen den Schulleitungen und Ortsschulräten in deutscher Sprache bekanntzugeben.

Die Ortsschulräte und Schulen (Schulleitungen der Volks- und Bürgerschulen) sind keine Behörden oder Organe der Republik (also staatliche Behörden oder Organe), welche den Bestimmungen des Sprachengesetzes unterliegen, so sie können höchstens als Organe und Anstalten der autonomen Verbände angesehen werden, allenfalls als öffentliche Organe im Sinne des § 8 des Sprachengesetzes, deren Wirksamkeit sich auf kleinere Sprengel als einen Gerichtsbezirk erstreckt, deren Sprachen im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen erst durch eine Verordnung der staatlichen Vollzugsgewalt geregelt werden wird. Es war somit unrichtig, vor Erscheinen dieser Verordnung via facti einen Zustand zu schaffen, der nicht nur keine rechtliche Grundlage hat, sondern geradezu den Bestimmungen des Sprachengesetzes widerspricht.

Die Gefertigten protestieren daher mit aller Entschiedenheit gegen die neue gewaltsame Erweiterung des Geltungsbereiches der èechischen Amtssprache und fragen den Herrn Minister:

1. Wie rechtfertigt er diese im Rahmen seines Ressorts verfügte Aenderung des gegenwärtigen Zustandes der Verlautbarung der Mitteilungen, ohne die Regelung durch die staatliche Vollzugsgewalt abzuwarten?

2. Ist er bereit, die Einstellung der deutschen Ausgabe des Verordnungsblattes zu widerrufen, und in Anbetracht dessen, dass Ersparungen durch diese Massnahmen nicht erzielt werden können, anzuordnen, dass die Mitteilungen seines Ministeriums als von diesem autorisierte Ausgabe weiterhin in deutscher Sprache zu dem gleichen Preise wie die èechische Ausgabe erscheint?

Prag, am 11. Feber 1925.

Hoffmann, Schäfer, Schiller,

Grünzner, R. Fischer, Blatny, Roscher, Kaufmann, Wittich, Häusler, Jokl, Hackenberg, Taub, Schweichhart, Pohl, Kirpal, Uhl, Palme, Lelbl, Schuster, Heeger, Dr. Czech, Dietl.

 

 

Pùvodní znìní ad VI./5050.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Rudolf Lodgman und Genossen

an den Post- und Telegraphenminister

in Angelegenheit der Entfernung der staatlichen Postkästen in Teplitz-Schönau.

 

In einer der verkehrsreichsten Strassen, der Langengasse und auf dem Markplatze, wurden die Postkästen entfernt. Die Entfernung ist angeblich auf eine Verfügung eines Postkommissärs der Prager Postdirektion zurückzuführen, weil die Postkästen von unbekannten Tätern beschädigt worden sind. Wir fragen den Herrn Minister, ob ihm dieser Vorfall bekannt ist, ob er mit dem Vorgehen der Postdirektion übereinstimmt und ob er geneigt ist, die Wiederanbringung der Postkästen zu verfügen?

Prag, den 12. Feber 1925.

Dr. Lodgman.

Dr. Brunar, Dr. E. Feyerfeil, Matzner, Dr. Keibl, Patzel, Böhr, J. Mayer, Schubert, Wenzel, Simm, Dr. W. Feierfeil, Bobek, Ing. Jung, Knirsch, Dr. Schollich, Dr. Radda, Dr. Lehnert, Ing. Kallina, Kraus, Dr. Medinger.

 

 

 

Pùvodní znìní ad VII./5050.

Interpellation

des Abgeordneten Windirsch und Genossen

an den Minister für soziale Fürsorge

betreffend das Vorgehen der Bezirkskrankenkasse in St. Joachimstal gegen die Landwirtschaft.

 

Landwirte im Bezirke St. Joachimstal, deren Arbeitskräfte bei der Bezirkskrankenkasse in St. Joachimstal versicherungspflichtig sind, hatten schon des öftern Veranlassung, sich über das Vorgehen dieser Bezirkskrankenkasse zu beklagen. Es musste deswegen schon wiederholt die Deutsche Sektion des Landeskulturrates für Böhmen ersucht werden, in strittigen Fragen, die häufig einem unbilligen Verlangen der Bezirkskrankenkasse in St. Joachimstal entsprangen, zwischen der Landwirtschaft und der Bezirkskrankenkasse zu entscheiden. Dass diese Bezirkskrankenkasse die auf die Krankenversicherung abzielenden gesetzlichen Bestimmungen nicht kennen will und in ausgesprochen parteiischer und verletzender Weise gegen Landwirte vorgeht, beweist unter anderem folgendes Schreiben, welches die Bezirkskrankenkasse in St. Joachimstal mit dem Datum vom 23. Jänner 1925, Zahl 568/24, an den Landwirt Wenzel Müller in Möritschau gerichtet hat. Dasselbe lautet:

Durch Ihre Zuschrift vom 15. d. bestätigen Sie, dass der Arbeiter: Friedrich Hieke, den Sie bei der gefertigten Kasse mit 15. September 1924 zur Anmeldung brachten, bereits am 13. September 1924 bei Ihnen in Arbeit getreten ist.

Durch diese Falschmeldung haben Sie neben der Beitragsentziehung der Kasse einen Verpflegsaufwand von 504 Kè verursacht.

Nach § 32 Kr. Vers. Ges. sind Sie verpflichtet, die umgangenen Versicherungsbeträge nachzuzahlen und der Kasse für den dadurch erwachsenen Aufwand Ersatz zu leisten. Sie werden deshalb aufgefordert, die umgangenen Versicherungsbeträge 4 Kè 06 h, sowie die durch die unrichtige Meldung der Kassa erwachsenen Kosten per 504 Kè, zusammen 508 Kè 06 h innerhalb 8 Tagen unter Benützung zuliegenden Posterlagscheines einzuzahlen, um weiteren Unannehmlichkeiten vorzubeugen.

Nachdem auf Grund des geltenden Krankenversicherungsgesetzes eine dreitägige Anmeldepflicht festgesetzt ist, deswegen ergibt schon der Wortlaut des abgeführten Schreibens selbst, dass der in Betracht kommende Landwirt hinsichtlich der Anmeldepflicht dem Gesetze entsprochen hat. Es ist unzulässig und parteiisch, wenn eine Bezirkskrankenkasse ihrer Aufgabe zuwider nicht objektiv gegen die Angehörigen eines einzelnen Standes, in diesem Falle gegen die Landwirtschaft vorgeht und deswegen wird der Herr Minister für soziale Fürsorge gefragt:

1. Ist er bereit die Bezirkskrankenkasse in St. Joachimstal, die seinem Aufsichstrechte untersteht, deswegen zur Verantwortung zu ziehen, weil diese Krankenkasse in Zuschriften Parteien beleidigende und die Ehre verletzende Ausdrücke gebraucht hat?

2. Ist er weiter bereit, die erwähnte Bezirkskrankenkasse dahin zu belehren, dass sie als ein allen Parteien gleichmässig verpflichtetes Institut sich auch gegenüber der Landwirtschaft objektiv zu verhalten hat?

3. Ist er schliesslich gewillt, darauf Einfluss zu nehmen, dass an Stelle jener Beamten, welche im Dienste dieses Krankenversicherungsinstitutes ihre Dienstesobliegenheiten aus Unfähigkeit und aus Gehässigkeit nicht einwandfrei zu erfüllen vermögen, geeignete Beamte kommen?

Prag, am 11. Feber 1925.

Windirsch,

Simm, Böhr, Budig, Sauer, Køepek. Schubert, Zierhut, Böllmann, Wenzel, Dr. Spina, J. Fischer, Dr. Hanreich. Scharnagl, Dr. Petersilka, Bobek, J. Mayer, Heller, Stenzl. Dr. Lelley, Szentiványi, Dr. Korláth, Dr. Körmendy-Ékes, Füssy, Dr. Jabloniczky, Palkovich.

 

 

Pùvodní znìní ad VIII./5050.

Interpellation

der Abgeordneten Taub, Pohl, Schiller und Genossen

an den Finanzminister

wegen der rücksichtslosen Eintreibung von Steuerrückständen.

 

Die Steuerbehörden sind mit den Vorschreibungen so stark im Rückstande, dass jetzt noch Bemessungen für das Jahr 1919 vorgenommen werden. Dadurch sind insbesondere die Arbeiter schwer betroffen, die in den Inflationsjahren ein ziffernmässig höheres Einkommen bezogen haben und nun Steuervorschreibungen erhalten, die aus ihrem derzeitigen Einkommen unmöglich beglichen werden können.

Durch das Gesetz vom 8. Oktober 1924, Zl. 235 Slg. d. G. u. V. wurde die Abschreibung solcher Steuerrückstände möglich gemacht. Das Gesetz erreicht jedoch seinen Zweck nicht, wie es tatsächlich der Fall ist, wenn die Steuerrückstände in so kurzen Fristen exekutiv eingetrieben werden, dass dem Steuerpflichtigen nicht die Möglichkeit bleibt, das Gesuch um Abschreibung einzubringen, zumal viele und gerade die allerärmsten und berücksichtigenswertesten Steuerschuldner nicht die notwendige Gesetzeskenntnis besitzen. Es ist daher notwendig, die Steuerzahler entsprechend über die ihnen zustehenden Rechte aufzuklären, sei es durch eine entsprechende Kundmachung in den Steuerämtern oder geeignete Belehrungen, die gleichzeitig mit der Vorschreibung herausgegeben werden.

Wir fragen daher den Herrn Minister:

1. Ist er bereit, die unterstellten Behörden anzuweisen, dass sie bei der Einhebung von Steuerrückständen darauf achten, dass dem Schuldner die Möglichkeit gewahrt bleibt, um die Erleichterungen nach dem Gesetze 235/24 Slg. d. G. u. V. anzusuchen?

2. Ist er weiter bereit zu veranlassen, dass die Steuerpflichtigen über die Erleichterungen nach dem angeführten Gesetze angemessen belehrt werden?

Prag, den 12. Feber 1925.

Taub, Pohl. Schiller,

Dr. Czech, Uhl, R. Fischer, Roscher, Dietl, Leibl, Schweichhart, Hackenberg, Palme, Kaufmann, Kirpal, Häusler, Schuster, Dr. Haas. Grünzner, Heeger, Beutel, Hoffmann, Jokl.

 

 

Pùvodní znìní ad lX./5050.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen

an den Minister des Innern und an den Minister für nationale Verteidigung

in Angelegenheit der seinerzeitigen Beschlagnahme von Waffen durch das èechische Militär in Neutitschein.

 

Bei der Besetzung der Stadt Neutitschein in den Umsturztagen durch das èechische Militär wurde durch dieses ein Magazin, in dem die politische Bezirksverwaltung Neutitschein die Waffen der Zivilbevölkerung zu Beginn des Krieges deponiert hatte, erbrochen und vollständig ausgeraubt. Da alle Versuche, für den erlittenen Verlust eine Entschädigung zu erhalten, vergeblich waren, richtete ich im Feber 1922 eine Anfrage an die Regierung, worin ich um Wiedergutmachung des Schadens ersuchte. Ich stützte mich dabei auf die Antwort der beiden Minister auf eine Interpellation des Abgeordneten Dr. Rudolf Lodgman (Druck 2399, Antwort 3322/XXXV). In welcher ausdrücklich die Verpflichtung des Staates zum Schadenersatz für verlorene Waffen, die seinerzeit von der Bevölkerung abgegeben oder ihnen abgenommen worden waren, zugegeben und erklärt wird, dass die Regierung den tatsächlichen Schaden nach Ermittlung zu ersetzen bereit sei. Auf meine Anfrage antworteten die beiden Herren Minister wiederum dahingehend, dass die Regierung bereit ist, den Eigentümern einen Schadenersatz nach den allgemein geltenden Vorschriften in jenen Fällen zu gewähren, in denen ihre Verpflichtung zum Schadenersatz sichergestellt wird.

Nach dieser klaren Antwort hätte man erwarten müssen, dass die Geschädigten alsbald für den erlittenen Schaden, der ihnen durch die Beschlagnahme ihrer Waffen seitens des èechischen Militärs bei der Besetzung der Stadt Neutitschein November 1918 verursacht worden war, dem Werte der Waffen und somit dem Verluste entsprechend entschädigt werden würden. In dieser sicheren Hoffnung aber wurden sie durch eine Zuschrift der politischen Bezirksverwaltung Neutitschein Anfang Dezember 1924 bitter enttäuscht. welche lautete:

Ihrem Ansuchen um Rückgabe Ihrer eigenen laut Kundmachung des Statthalters in Mähren vom 1. August 1914, Zl. 415/N L. G. Bl. Nr. 43 bei der Bezirkshauptmannschaft in Neutitschein abgegebenen Waffen, kann nicht willfahrt werden, weil diese Waffen im November 1918 abhanden gekommen sind.

Ein Schadenersatz kommt nicht in Betracht, weil der Staat für Schäden, welche durch Verschulden seiner Organe bei der Ausübung der öffentlichen Gewalt verursacht wurden, nicht haftbar ist, insoferne das Gesetz das nicht ausdrücklich vorschreibt.

Nachdem überdies ein Verschulden der politischen Bezirksverwaltung in Neutitschein in diesem Falle nicht vorliegt, und ein besonderes Gesetz den Staat zum Ersatze des verursachten Schadens nicht für verpflichtet erklärt, so gebührt Ihnen aus diesem Titel kein Anspruch auf Schadenersatz (Siehe Entscheidung des Obersten Gerichtes Zl. R. v. I. 577/23/I.).

Gegen diesen Bescheid kann der Rekurs bei der politischen Bezirksverwaltung in Neutitschein an die politische Landesverwaltung in Brünn binnen 14 Tagen eingebracht werden.

Der Rat der politischen Verwaltung:

Sèava, m. p.

Die Verweigerung des Schadenersatzes begründet somit die politische Bezirksverwaltung damit, dass der Staat für Schäden, welch durch Verschulden seiner Organe bei der Ausübung der öffentlichen Gewalt verursacht wurden, nicht haftbar ist, insoferne das Gesetz dies nicht ausdrücklich vorschriebt. Ein Verschulden der politischen Bezirksverwaltung liege nicht vor und ein besonderes Gesetz des Staates zum Ersatz des verursachten Schadens bestehe nicht. Dazu ist zu bemerken, dass der § 957 des A. B. G. B. bestimmt: Wenn jemand eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt, so entsteht ein Verwahrungsvertrag. § 958 sagt: Durch den Verfahrungsvertrag erwirbt der Uebernehmer weder Eigentum-, noch Besitz-, noch Gebrauchsrecht. Er ist blosser Inhaber mit der Pflicht, die ihm anvertrauten Sachen vor Schaden zu sichern. Die Hauptpflicht des Verwahrers nach § 961 ist, die ihm anvertrauten Sachen sorgfältig zu bewahren und nach Ablauf der entsprechenden Zeit in eben diesem Zustand, in dem er sie übernommen hat und mit allem Zuwachse zurückzugeben. Nach § 964 haftet der Verwahrer dem Hinterleger für den aus der Unterlassung der pflichtgemässen Obsorge verursachten Schaden.

Aus diesen Bestimmungen geht klar hervor, dass nicht nur das Rechtsempfinden, sondern auch die bestehenden Gesetze die Pflicht des Verwahrers aussprechen, dass er die hinterlegten Sachen ordnungsgemäss dem Hinterleger zurückzugeben habe. Diese Pflicht ist umso ausdrücklicher festzustellen als es sich hier nicht um eine Privatangelegenheit handelt, sondern mehr um einen Auftrag einer öffentlichen Behörde, dem entsprochen werden musste.

Somit haftet laut den ausgestellten Uebernahmsscheinen die politische Bezirksverwaltung Neutitschein als Depositar und ist demgemäss auch für alle Schäden, die aus diesem zwangsweisen Depot entstehen, beziehungsweise entstanden sind, haftbar und das schon nach den zivilen Grundsätzen lt. § 964 A. B. G. B., welche auch noch durch die zwangsweise Deponierung verschärft werden. Dass die Waffen im November 1918 abhanden gekommen sind, kann wohl keineswegs dem Deponenten zur Last gelegt werden, sondern ist, in diesem Geschehen wohl eine Unterlassung der pflichtgemässen Obsorge seitens des Depositars zu erblicken.

Die Fassung, dass der Staat für Schäden, welche durch Verschulden seiner Organe bei der Ausübung der öffentlichen Gewalt verursacht wurden, nicht haftbar ist, stellt wohl überhaupt ein Novum auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes dar. Die Uebergabe von Urkunden an die Staatsämter z. B. an Gerichte u. s. w. würde dadurch direkt unmöglich gemacht, weil jederman befürchten müsste, dass er durch einen event. Verlust um sämtliche Ansprüche, ja oft um sein ganzes Vermögen gebracht werden könnte. Diese Rechtsanschauung der politischen Bezirksverwaltung in Neutitschein ist also durchaus nicht geeignet, das Vertrauen in die öffentlichen Aemter zu fördern und müsste daher schon aus diesem Grunde aufgehoben werden.

Die Ansicht, dass eine Unterlassung der pflichtgemässen Obsorge vorliegt, verschärft sich besonders dadurch, als das Gebiet der politischen Bezirksverwaltung Neutitschein keineswegs zum Kriegsgebiete gehörte und die Beamtenschaft bei der politischen Behörde in Neutitschein ununterbrochen tätig war, sodass namentlich auch durch den staatlichen Umsturz keine Unterbrechung dieser Tätigkeit stattgefunden hat. Daher ist das Abhandenkommen der Waffen auch nur dadurch zu erklären, dass es entweder an der nötigen Obsorge für dieses Depot bei den verantwortlichen Stellen mangelte, oder aber die Waffen direkt in den Umsturztagen freigegeben wurden. Dass schliesslich die politische Bezirksverwaltung selbst auf dem Standpunkte steht, dass für diese Waffen ein Schadenersatz geleistet werden müsse, geht wohl am besten daraus hervor, dass sie die verschiedenen geschädigten Parteien bei ihrer Einvernahme immer auch um die Bekanntgabe ihrer Schadenersatzansprüche befragte.

Die Gefertigten fragen daher den Minister des Innern und den Minister für nationale Verteidigung:

1. Ist Ihnen dieser Erlass der politischen Bezirksverwaltung Neutitschein bekannt und wie erklärt sich der Widerspruch zu ihrer eigenen in meiner seinerzeitigen Anfrage ausgesprochenen Ansicht?

2. Sind Sie bereit, diesen Erlass der politischen Bezirksverwaltung Neutitschein als unrichtig und ungesetzlich aufzuheben, die Schadenersatzpflicht des Staates anzuerkennen und den Schaden endlich nach 6 Jahren gutzumachen?

Prag, am 7. Jänner 1925.

Dr. Schollich,

Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Ing. Kallina, Zierhut, Heller, Palkovich, Füssy, Szentiványi, J. Mayer, Dr. Körmendy-Ékes, Dr. Jabloniczky, Dr. Korláth, Böllmann, Dr. Spina, J. Fischer, Schubert, Kraus, Dr. Lelley, Windirsch, Dr. Keibl, Dr. Radda, Dr. Lehnert, Matzner, Dr. E. Feyerfeil.

 

 

 

 

Pùvodní znìní ad X./5050.

Interpellation

des Abgeordneten Windirsch und Genossen

an den Minister für Post- und Telegrafenwesen

betreffend die Androhung der Aufhebung von Postämtern.

 

Im Laufe der letzten Monat bekamen verschiedene Gemeinden im deutschen Teile Böhmens von der Post- und Telegraphendirektion in Prag Zuschriften, in denen die Versetzung der bisherigen Postmeister und die Besetzung der freigewordenen Stellen mit neuen Beamten angekündigt wurde. Mit dieser Ankündigung ist meistens das Ersuchen verbunden, den neuen Postamtsleitern passende, bezw. angemessene Wohnungen zu beschaffen. An das Ersuchen wird jedoch die Drohung geknüpft, dass im Falle bis zu einem bestimmten Zeitpunkte die Wohnungen nicht beschafft werden können, die Postdirektion die Verlegung, bezw. die Aufhebung der Postämter in Betracht ziehen wird. Solche Schreiben gingen unter anderem zu der Gemeinde Ketten, politischer Bezirk Reichenberg, mit dem Datum vom 25. November 1924, Zahl 247657 und der Gemeinde Wiesental a. N., politischer Bezirk Gablonz a. N., mit dem Datum vom 30. Jänner 1925, Zahl 14446-II.

Nachdem nicht bekannt ist, dass auch im èechischen Teile Böhmens gelegene Gemeinden derartige Zuschriften erhalten haben, ist anzunehmen, dass nur aus nationaler Gehässigkeit gegen die von der deutschen Bevölkerung besiedelten Gebiete von untergeordneten Organen der Post- und Telegraphendirektion in Prag derartige an Dreistigkeit grenzende Zuschriften ausgesendet werden.

Zunächst ist der Begriff einer passenden, bezw. angemessenen Wohnung sehr denkbar. Im Zusammenhange damit muss gewiss auch der Postdirektion in Prag bekannt sein, dass unter der Wirkung des noch in Geltung befindlichen Mieterschutzgesetzes es nicht leicht ist, Wohnungen zu beschaffen und auch im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der Baubewegung ist bisher dafür gesorgt worden, dass möglichst wenig Geldmittel aus öffentlichen Fonden den Gemeinden der deutschen Gebiete für Wohnungsbauten zur Verfügung gestellt wurden. Deswegen ist in den deutschen Bezirken Nordostböhmens, die infolge ihres Industriereichtums auch dicht bevölkert sind, die Wohnungsnot besonders gross.

Es ist selbstverständlich, dass eine jede Gemeinde bemüht ist, den Wünschen der Postdirektion entgegenzukommen, aber durch Stellung von Fristen und durch Drohungen zu erreichen, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkte Wohnungen beschafft sein müssen, ist angesichts der bestehenden aus den Verhältnissen sich ergebenden Behinderungen nicht nur ungerecht, sondern auch widersinnig.

Im übrigen muss darauf verwiesen werden, dass jene Orte, um die es sich hier handelt, eine gewisse Bedeutung haben.

Ketten wird von 1400 Einwohnern bevölkert und besitzt über 70 industrielle, gewerbliche und kaufmännische Betriebe, unter denen sich 2 Spinnereien mit 110.000 Spindeln, eine Maschinenfabrik, eine Holzbiegerei und eine Holzwollreisserei befinden. Die Rentabilität des dortigen Postamtes war bisher vollauf gewährleistet, nachdem das Postamt in Ketten im Durchschnitt pro Jahr 25.000 Einheiten und einen jährlichen Geldverkehr von 10 Millionen Kronen aufzuweisen hatte.

Wiesental a./N. besitzt 3185 Einwohner und hat im Jahre 1924 zu verzeichnen 9496 Stück rekommandierte Briefe, 18275 Pakete, 1748 Telegramme, 3597 Postanweisungen und 12624 Scheckeinlagen. Eingelangt sind 9040 rekommandierte Briefe, 5176 Postpakete, 2378 Telegramme, 2551 Postanweisungen usw. Für die Bedeutung dieses Postamtes sprechen aber noch deutlicher die Einnahmen, die dem Postärar im Jahre 1924 zugeflossen sind. Sie betrugen an Franko und Porto 230.291 Kè, für verkaufte Wertzeichen 194.525 Kè, Telephon-Einnahmen 6217 Kè, Telegraphen-Einnahmen 54.177 Kè, Zoll- und sonstige Einnahmen 642.374 Kè. Der gesamte Geldumsatz im Jahre 1924 betrug 131/2 Millionen Kronen.

Aus diesen Angaben ist ersichtlich, dass es sich um Postämter landet, an deren Erhaltung die Postdirektion schon von vornherein ein Interesse haben muss, wenn dabei übrigens berücksichtigt wird, dass auch die seit Beginn des Jahres 1925 eingesetzte Tendenz der Kommerzialisierung der Postverwaltung dabei vollständig auf ihre Rechnung kommt. Wenn schon die Rentabilität der Postämter vollauf gesichert ist, darf nicht übersehen werden, dass auch zu den Aufwendungen des Staates die deutsche Bevölkerung in Form von Steuern und Gebühren einen sehr grossen Anteil beiträgt und dass diese Beitragsleistungen besonders in dem wirtschaftlich hochentwickelten deutschen Gebiete des nordöstlichen Böhmens recht ansehnliche sind.

Wichtig ist ferner der Hinweis, dass auch die Staatsverwaltung selbst ein Interesse daran haben muss, die postalische Entwicklung nicht zu behindern, sondern zu fördern, weil der Staat selbst die Bevölkerung im Wege des Postverkehres zu verschiedenen im Interesse des Staates gelegenen Massnahmen heranzieht. Es sei im Zusammenhänge damit nur darauf verwiesen, dass heute die Bevölkerung die Steuern durch die Postämter zu überweisen hat. Nimmt die Staatsverwaltung die Postanstalten, dann ist es natürlich, dass die Regelmässigkeit der Steuereinzahlungen vollständig unterbunden wird. Die Postämter vermitteln aber auch den von Seite der Staatsverwaltung geforderten Berichterstatterdienst in statistischen Angelegenheiten und die Seuchenmeldungen für Menschen, Tiere und Pflanzen. Auch für die Bestreitung des Sicherhetsdienstes ist der Postverkehr von Bedeutung. Wenn nun unter solche Umständen die Postverwaltung mit Drohungen kommt, auch gut rentierende Postämter aufzuheben, dann ist sie nicht ihrer Aufgabe bewusst und es ist ihr fremd geblieben, welche Position sie unter den heutigen staatlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen einzunehmen hat. Der Herr Postminister wird deswegen gefragt:

1. Ist ihm das oben geschilderte Vorgehen der Post- und Telegraphendirektion in Prag bekannt?

2. Wenn ihm dieses Vorgehen bekannt sein sollte, ist er damit einverstanden?

3. Wenn er, was mit Recht erwartet werden muss, das Vorgehen der Post- und Telegraphendirektion nicht gut heisst, was gedenkt er im Interesse der seiner Obhut anvertrauten und in ihrem Bestande bedrohten Postämter zu tun?

4. Ist er bereit, zu verhindern, dass in Zukunft durch Willkürakte untergeordneter Organe die in deutschen Gemeinden bestehenden Postämter gefährdet werden und so die Bevölkerung unnützerweise erregt wird?

Prag, am 10. Feber 1925.

Windirsch,

Sauer, Dr. Spina, Scharnagl, Køepek, Heller, Zierhut, Böhr, J. Mayer, J. Fischer. Patzel, Stenzl, Ing. Jung, Schubert, Dr. Hanreich, Dr. Petersilka, Simm, Wenzel, Budig, Knirsch, Bobek, Böllmann.

 

 

 

Pùvodní znìní ad XI./5050.

Interpellation

des Abg. Windirsch und Genossen

an den Minister für Post- und Telegrafenwesen

betreffend das Postamt in Rückersdorf, Bezirk Friedland i./B.

 

In letzter Zeit häufen sich die Fälle, dass die Bevölkerung begründeten Anlass zu Klagen über die Gebarung der Postämter erhält. Zum grössen Teile trägt an dieser Tatsache der Umstand Schuld, dass die Postverwaltung an Stelle der bewährten und eingearbeiteten Beamtenschaft neue Kräfte setzt, die infolge ihrer Jugend oft nicht das notwendige Verantwortungsgefühl den ihnen übertragenen Aufgaben entgegenbringen und die auch m sprachlicher Beziehung den Bedürfnissen im Verkehr mit der rein deutschen Bevölkerung nicht zu entsprechen vermögen. So berichtete die Reichenberger Zeitung am 1. Feber 1925, dass in Buchau ein junger Mann im Alter von 22 Jahren mit der Leitung des Postamtes betraut wurde, der trotz seiner Jugend bereits 9 Dienstjahre nachzuweisen vermag, auf welche er infolge seiner früheren Eigenschaft als Legionär Anspruch haben soll.

Ähnlich verhält es sich mit dem derzeitigen Leiter des Postamtes in Rückersdorf, Bezirk Friedland i. B. Dort befand sich früher als Postmeister ein deutscher Beamte, der klaglos allen seinen Dienstesobliegenheiten entsprochen hatte. Der Zug der neuen Zeit im Èechoslovakischen Staate, der niemals von Zweckmässigkeitsgründen geleitet wird, brachte es mit sich, dass kürzlich das Postamt in Rückersdorf einen jungen, der èechischen Nation angehörigen neuen Postmeister bekam. Während dem der alte deutsche Postmeister allem sein Amt versah, musste der neue èechische Postmeister, welcher die deutsche Sprache nur mangelhaft beherrscht, zur Hilfeleistung einen Assistenten bekommen, wodurch unnötigerweise die Ausgaben der Postverwaltung erhöht werden. Ausserdem lässt auch die Führung des Postamtes zu wünschen übrig, denn Parteien. die vor Monaten bei dem Postamte in Rückersdorf Emzahlungen für das Steueramt im Friedland i. B. leisteten, werden von dem Steueramte gemahnt, Steuereinzahlungen zu leisten. Als Beleg hierfür wird folgendes vom 16. Jänner 1925 datiertes Schreiben des Herrn Josef Ressel in Rückersdorf Nr. 102, angeführt, das dieser an das Postamt in Rückersdorf gerichtet hat:

Ich habe am 14. März 1924 beim Postamte in Rückersdorf 500 Kè und am 1.-20. Oktober 1924 beim selben Postamte 1000 Kè mittels Erlagschein an das Steueramt in Friedland i. B. eingezahlt.

Am 14. Jänner 1925 wurde mir am Steueramte in Friedland i. B. erklärt, dass diese beiden Beträge noch nicht eingelangt sind.

Ich lege beide Empfangsscheine über die Einzahlungen vor, ersuche um eine Bestätigung hierüber und erstatte von dem Nichteinlangen dieser beiden Beträge die Anzeige.

Ich behalte mir alle Ersatzansprüche, die mir aus diesem Vorgange erwachsen, vor.

Anlass zu ähnlichen Beschwerden haben auch noch folgende in Rückersdorf wohnhafte Parteien: Heinrich Ressel, Josef Purm, Julius Scholz, Fritz Scholz ferner Reinhold Jäkel in Schönwald.

Es ist selbstverständlich, dass unter solchen Verhältnissen die gegenwärtige Leitung des Postamtes m Rückersdorf in der Bevölkerung schärfste Kritik erfährt und dass sich dieselbe auch auf de Führung der gesamten staatlichen Postverwaltung überträgt, die auch für die Anstellung ungeeigneter Kräfte im Postdienste verantwortlich ist.

Die Kritik überträgt sich aber auch auf die gesamte Staatsverwaltung, die zugibt, dass einzelne Verwaltungszweige gänzlich der Schlamperei anheimfallen. Es liegt keineswegs im Interesse des Staates, wenn die früher bestandene einwandfreie Führung der einzelnen Verwaltungszweige immer mehr nachlässt und wenn das besonders bei einem Verwaltungszweige zutrifft, der wie die Post tagtäglich mit der Bevölkerung in Berührung tritt. Aus diesen Gründen wird der Herr Postminister gefragt:

1. Ist er bereit, die auf das Postamt Rückersdorf bezughabenden angeführten Fälle untersuchen zu lassen und aufzuklären?

2. Ist er weiter bereit, dafür zu sorgen, dass an Stelle des jetzigen Postmeisters in Rückersdorf ein Beamte kommt, der in sprachlicher Beziehung den Bedürfnissen vollständig entspricht und der für sein Amt auch die notwendige dienstliche Eignung besitzt?

3 Ist er weiter bereit, zu verfügen, dass überhaupt bei der Besetzung von leitenden Stellen der Postämter nicht nationale, sondern Zweckmässigkeitsgründe beachtet werden.

Prag, am 11. Feber 1925.

Windirsch,

Heller, Dr. Spina, Böhr, Dr. Hanreich, J. Mayer, Böllmann, Stenzl, Køepek, Zierhut, Sauer, Simm, J. Fischer, Dr. Petersilka, Wenzel, Schubert, Patzel, Ing. Jung, Knirsch, Scharnagl, Bobek, Budig.

 

 

 

Pùvodní znìní ad XII./5050.

Interpellation

des Abgeordneten Heller und Genossen

an den Minister des Innern

betreffend Massenschädigung der Land Bevölkerung in verschiedenen Gerichtsbezirken durch Zivilgeometer Weiser, Leitmeritz.

 

Die Durchführung der Gesetze über die Sicherstellung des Grundes für Kleinpächter vom 27. Mai 1919, Slg. d. G. u. V. Nr. 318 und das Gesetz vom 14. April 1920, Slg. d. G. u. V. Nr. 285 erschloss unter anderen auch den Zivilgeometern ein reiches Betätigungsfeld, tausende von ha Grund waren zu vermessen und zahlreiche Pläne und Skizzen anzufertigen. Viele Fachleute waren hiezu berufen aber kaum einer erkannte die geschäftliche Tragweite in solchem Ausmasse wie der Herr Zivilgeometer Weiser mit dem Sitz in Leitmeritz.

Er verstand es, den Augenblick zu benützen, und es kam seinem weitverzweigten Netz von Niederlassungen in den verschiedensten Bezirksstätten wie Niemes, Reichenberg, Schluckenau, Böhm. Kamnitz, Eger, sehr zustatten. Sein Haupttätigkeitsgebiet war aber in den Bezirken Leitmeritz, Auscha, Lobositz und Bensen.

Wie hoffnungsfroh waren hunderte von Kleinpächtern, als Geometer Weiser für sie die Vermessungen und die Anfertigung der erforderlichen Pläne und Skizzen vornahm, aber wie gross war die Enttäuschung, als seine Rechnungen auf den Tisch flatterten, als später viele Pläne und Skizzen von den Behörden als und richtig zurückgewiesen wurden und als sogar Nachmessungen durch den staatlichen Evidenzgeometer sich als notwendig herausstellten. Herr Geometer Weiser war aber mit den recht umfangreichen und zeitraubenden Kleinpächtervermessungen und Anfertigung der hiezu erforderlichen Pläne und Skizzen allein nicht zufrieden.

Er trat auch als Ratgeber für viele Gemeinden im Leitmeritzer und Auschaer Bezirke auf und viele schlichte Gemeindevorsteher liessen sich irreleiten und glaubten ihm, dass es möglich sei, rasch die Gemeindegrenzen zu ändern auf Kosten der Nachbargemeinden. Während es sich kaum wird nachweisen lassen, auf welche Art und Weise Herr Weiser die zahlreichen Kleinpächter aus den verschiedensten Bezirken als Kundschaft sich sichern konnte, ist es bezüglich der Gemeindegrenzenänderung verschiedener Gemeinden möglich, weil Herr Geometer Weiser ein Rundschreiben an die Gemeindeämter im Leitmeritzer und Auschaer Bezirke richtete.

In dem Falle der Gemeinde Munker Bezirk Auscha trat Herr Geometer Weiser sogar als Verkünder einer Entscheidung der Behörde auf, in dem er mit Schreiben vom 7. August 1920, dem Gemeindeamt Munker die behördliche genehmigte Änderung der Gemeindegrenzen bekanntgibt, obwohl festgestellt wurde, dass eine solche nie erfolgte.

Dieses Vorgehen des Herrn Geometer Weiser hatte nun seit Jahr und Tag zahlreiche Beschwerden zur Folge:

1. Veranlassung von Gemeinden zum Ansuchen um Grenzänderungen in offenbar unrichtiger Weise, gleichzeitige nicht sachgemässe Durchführung der hiezu erforderlichen Arbeiten und übermässige Preisforderung für dieselben,

2 ungebührlich hohe Preisforderungen für Kleinpächtervermessungen,

3. unrichtige Durchführung von Kleinpächtervermessungen,

4. unberechtigtes Beharren auf Nachzahlungen für Neuarbeiten die infolge unrichtiger Durchführung der übernommenen Arbeiten verursacht waren.

5. Vornahme und Berechnung von Arbeite ohne Auftrag.

Wir begnügen uns aus der Fülle des Beweismaterials zu den Beschwerdepunkt 1-5 nur folgende amtliche Tatsachen an zuführen, welche die Tätigkeit und das Können dieses behördlich autorisierten Zivilgeometers grell aufscheinen lassen:

1. Einige Pläne des Zivilgeometers Weiser wurden vom Bezirksgericht in Böhm. Leipa zurückgestellt, weil das Auftragen der gemessenen Teilungen teils wegen Unvollständigkeit der Messung, teils wegen Undeutlichkeit der Coten nicht möglich war.

2. Zivilgeometer Weiser hat über die Teilung der Pfarrfelder in Bleiswedel, Bezirk Auscha den Plan G. Z. 2825/1921 der Grundsteuerevidenzhaltung vorgelegt. Bei der amtlichen Nachmessung der Längen wurden Differenzen von 20 m, 88 m, 9.6 m, 6.2 m, 5.6 m, 3.8 m, 17.2 m, vorgefunden.

3. Vom Bezirksgerichte in Tetschen wurden die Pläne über Kleinpachtgrundstücke der Gemeinde Binsdorf vom Zivilgeometer Weiser wegen vollständiger Unbrauchbarkeit zurückgestellt.

Die amtlich festgestellten Mängel sind folgende:

a) die Anbindung erfolgte statt an feste Punkte von Besitzgrenzen an Kulturgrenzen innerhalb desselben Besitzes, die sich natürlich sehr leicht im Laufe von Jahr zu Jahr durch Aufackerung u. dergl. um viele Meter verschieben kann;

b) jedes Kontrollmass fehlt:

c) kein Punkt der neuen Parzellen lässt sich durch direkte Masse konstruieren. Die Konstruktion ist höchstens durchschnittweise möglich, was jedoch unbedingt verboten ist. Anstelle von Messungslinien oder Polygonzügen reiht Geometer Weiser von vollkommen unsicherem Punkt ausgehend Dreieck an Dreieck;

d) die Aufstellung von Parzellen von 4, 5, 6, 8 und 10 m2 sind beim Zivilgeometer Weiser allgemein, obwohl sich derartig kleine Parzellen auf der Mappe nicht darstellen lassen und ausserdem die Aufstellung derartig kleiner Parzellen den bestehenden Vorschriften widerspricht;

e) der vom Zivilgeometer Weiser gelieferte Plan war zum Einzeichnen in die Mappe vollständig ungeeignet:

f) in der Gemeinde Karlstal Bezirk Bensen wurde bei einer amtlichen Nachmessung bei einer Länge von nur 40 m ein Fehler von 2 m 40 cm festgestellt.

Es handelt sich nicht um einen Fehler in der Längenmessung, sondern um eine absichtliche falsche Längenangabe, um die Mappe zum Stimmen zu bringen. An der genannten Stelle hat eine Verschiebung des Weges stattgefunden, das gemessene Mass stimmt auf der Mappe nicht, deshalb wurde das Mass auf der Mappe einfach mit dem Zirkel eingegriffen und als gemessenes Mass in den Plan eingetragen

Ach ein Laie könnte dies als Fälschung einer Urkunde bezeichnen:

g) von der Evidenzhahltung des Grunsteuerkatasters in Dauba wurden ebenfalls eine grössere Anzahl von Situationsplänen des Zivilgeometers Weiser zurückgestellt.

Da viele Gerichte noch mit der Aufarbeitung der Kleinpachtgrundstücke Übertragungen beschäftigt sind, können auch von vielen Evidenzhaltugen die Grundsteuerkataster bei denen Pläne und Vermessungen des Herrn Zivilgeometer Weiser zur Beurteilung vorliegen, ein abschliessendes Urteil über den Umfang der unqualifizierten Arbeiten des Zivilgeometer Weiser dermalen noch nicht geben.

Während für qualifizierte Arbeiten der gleichen Art andere Zivilgeometer für 1 ha Vermessung nur 300-350 Kè berechneten, hat Zivilgeometer Weiser für nachweisbar nicht qualifizierte Arbeit 200-1000 Kè für l ha Vermessung berechnet und ausserdem noch nachweisbar Nachforderungen gestellt, für durch sein Verschulden zurückgestellte Pläne und Skizzen und unrichtige Vermessungen.

Reich ist zweifelsohne die Ernte des Zivilgeometers Weiser aus dieser geschilderten Tätigkeit. Aber die zahlreich Geschädigten schreien nach Ahndung. Zivilgeometer Weiser scheint mit der Denkart und der Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften der Landwirte gerechnet zu haben. Kaum einer der Geschädigten hat rechtzeitig Widerspruch gegen die geforderten Preise erhoben. Fast alle haben Bezahlung geleistet, selbst für die unberechtigten Nachforderungen; inzwischen ist auch vielfach Verjährung eingetreten. Aber ein moralisches Recht kann nicht verjähren und das ist zweifelsohne auf Seite der zahlreich geschädigten Landwirte.

Die Gefertigten fragen auf Grund dieser Tatsachen den Herrn Minister des Innern

1. ob ihm die unzalässige Geschäftsgebarung des Zivilgeometers Weiser bekannt ist?

2 ob er geneigt ist, im Sinne der §§ 17 und 18 und 19 der Verordnung des Staatsministeriums vom 11 Dezember 1860 Z. 36.413 einzuschreiten und den geschädigten Landwirten Genugtuung zu bieten?

Prag, am 11. Feber 1925.

Heller,

Zierhut, Sauer, Dr. Hanreich, Dr. Spina, Stenzl, J. Fischer, Böllmann, J. Mayer, Schubert, Windirsch, Køepek, Schälzky, Dr. Schollich, Dr. W. Feierfeil, Dr. Lehnert, Ing. Kallina, Matzner, Kraus, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Brunar.

 

 

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