Pùvodní znìní ad I./4926.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Wolfram Lehnert und Genossen

an den Eisenbahnminister

betreffend gesetzwidrige Massnahmen staatlicher Bahnämter zur Behinderung der industriellen Arbeit am 28. Oktober d. J.

Bekanntlich besteht keine gesetzliche Bestimmung darüber, ob am 28. Oktober in den industriellen Betrieben gearbeitet oder gefedert wenden soll. Soferne die einzelnen Unternehmungen nicht durch Kollektivverträge in dem einen der anderen Sinne gebunden sind, hat der Unternehmer, nötigenfalls im Einvernehmen mit dem Betriebsrate, frei von jedem behördlichen Zwange, darüber zu entscheiden, ob in seinem Betriebe der 28. Oktober als Arbeits- oder als Feiertag zu gelten halbe.

Protz dieser klaren Rechtslage ist am 28. d. M. bahnamtlich der Versuch gemacht worden, die alltäglich mit den Arbeiterfrühzügen nach Reichenberg fahrenden Arbeiter der dortigen Fabriken von der Fahrt abzuhalten, und diejenigen die sich nicht abhalten liessen, hiefür empfindlich zu strafen. Ohne vorherige öffentliche Verlautbarung wurde nämlich am frühen Morgen des 28. Oktober in den betreffenden Stationen den zur Fahrt nach Reichenberg erschienenen Arbeitern mitgeteilt, dass ihre Legitimationen, bezw. die zugehörigen Wochenkarten wegen des Staatsfeiertages heute keine Gültigkeit hätten, weshalb sie eine gewöhnliche Fahrkarte lösen oder, wenn sie dieses unterliessen, in Reichenberg so behandelt wenden müssten, als ob sie ohne gültige Fahrkarte betroffen worden wären.

Diese Drohungen wurden auch bei der Ankunft in Reichenberg durch das dortige Bahnamt in die Tat umgesetzt, indem den ohne normale Fahrkarte betroffenen Arbeitern unter Polizeiassistenz die Strafgebühr abgenommen oder behufs nachträglicher Einhebung derselben ihre Sicherstellung unter Abnahme der Ausweise durchgeführt wurde.

Durch diese unerhörte Provokation, die leicht zu schweren Ausbrüchen der durch sie hervorgerufenen Empörung hätte führen können, wurde es vielen Arbeitern unmöglich gemacht, rechtzeitig zur Arbeit anzutreten wodurch auch die Betriebe in empfindliche Mitleidenschaft gezogen wurden.

Dia Hauptsache aber ist, dass sich die bahnamtlichen Massnahmen als reine Willkürakte darstellen, die jeder gesetzlichen Grundlage entbehren. Denn die in den Arbeiterausweisen (Legitimationen) abgedruckten, für den Arbeiter allein massgebenden Bestimmungen besagen ausdrücklich, dass der Ausweis nur durch grobe Verunreinigung oder durch eigenmächtig vorgenommene Streichungen oder Eintragungen ungültig wird, und dass der Eigentümer nur dann wenn er mit dem Ausweise eine höhere als die III. Klasse oder einen Zug mit höheren Fahrpreisen (Schnellzug) benützt, als Reisender ohne Fahrkarte zu behandeln ist. Keine dieser Voraussetzungen war in dem vorliegenden Falle gegeben, womit die gesetzwidrige Willkürlichkeit der bahnamtlichen Massregelungen erwiesen ist.

Es scheint übrigens, dass dies auch vom Reichenberger Bahnamte nachträglich erkannt wurde, denn dieses gab auf Grund einer bei der Polizeidirektion in Reichenberg durch einen Parlamentarier erfolgten Intervention in der Mittagsstunde die bündige Zusicherung, dass die Legitimationen, bezw. Wochenkarten der Arbeiter für die nachmittägige Heimfahrt volle Geltung haben würden.

Diese Zusage wurde aber nicht eingehalten, und zwar wie verlautet, infolge eines von der Königgrätzer Eisenbahndirektion erflossenenen Gegenbefehles. Es spielten sich daher bei den nachmittags von Reichenberg abgehenden Arbeiterzügen dieselben peinlichen Szenen ab, wie bei der Ankunft der Frühzüge.

Den Gefertigten wurde auch mitgeteilt, dass im èechischen Sprachgebiete derartige mutwillige Schädigungen der Arbeiter und Arbeitgeber nicht vorgekommen seien. Dieser Umstand wäre freilich nur bezeichnend für die Willkür und Parteilichkeit, mit der die Bahnverwaltung vorgegangen ist, wäre aber belanglos bezüglich der Rechtswidrigkeit ihres Vorgehens, das dadurch, dass es auch anderwärts geübt worden wäre, keine Milderung erfahren könnte.

Die Frage, in welchem Masse die rechtswidrigen amtlichen Verfügungen, die bei einer weniger ruhigen und besonnenen Arbeiterschaft gewiss zu schweren Ruhestörungen am Staatsfeiertage geführt hätten, vom staatspolitischen Stadtpunkte zu verurteilen sind, überlassen die Unterzeichneten der Regierung zu eingehender Erwägung. Sie beschränken sich darauf, den Herrn Eisenbahnminister an seine Pflicht gegen die vorgekommenen oben geschilderten Rechtsverletzungen einzuschreiten, zu erinnern, und richten an ihn im besonderen folgende Anfragen:

Ist der Herr Minister bereit, festzustellen, wen die Verantwortung für jene Rechtsverletzungen trifft, um gegen den Schuldtragenden mit der gebotenen Strenge vorzugehen?

Ist der Herr Minister bereit, vorzusorgen, dass der den betroffenen Arbeitern durch widerrechtliche Einhebung erhöhter Fahrgebühren und durch Schmälerung das Arbeitsverdienstes am 28. Oktober zugefügte materielle Schaden voll und ehestens vergütet werde?

Prag, am 30. Oktober 1924.

Dr. Lehnert, Ing. Kallina, Dr. Lodgman, Dr. Körmendy-Ékes, Matzner, Szentiványi, Füssy, Heller, Palkovich, Dr. Jabloniczky, Dr. Schollich, Dr. E. Feyerfeil, Böllmann, Kraus, Dr. Brunar, Windirsch, Dr. Keibl, Zierhut, Dr. Radda, J. Mayer, Dr. Lelley, Dr. Korláth.

Pùvodní znìní ad III./4926.

Interpellation

der Abgeordneten Zierhut, Dr. Hanreich und Genossen

an den Ministerpräsidenten

in Angelegenheit der Durchführung der Bodenreform in den deutschen Gebieten Mährens und Schlesiens.

Überall, wo die Bodenreform im deutschen Sprachgebiete durchgeführt wird, bietet das Vorgehen des staatlichen Bodenamtes berechtigten Grund zu schwerwiegenden Klagen. Trotzdem den verschiedenen Stellen des Bodenamtes die Existenz von lokalen deutschen Bodenbewerbern bekannt ist, die vereint in Ortsstellen der Fachorganisation Heimstätte ihre Ansprüche geltend machen, setzt sich das Bodenamt darüber einfach hinweg, eröffnet kein Zuteilungsverfahren; dafür aber geheime Verhandlungen mit den Grossgrundbesitzern, welche das Bodenamt durch Zugeständnisse Hinsichtlich des Preises und des Ausmasses des dem Grossgrundbesitzer verbleibenden Bodens dazu gefügig macht, die Höfe im Ganzen an vom Bodenamte als genehm bezeichnete Personen freihändig zu verkaufen und das Bodenamt daran diese Verkäufe genehmigt. Die denn Bodenamte angenehmen Personen sind ausschliesslich èechischer Nationalität - Es ist bitsher noch die ein Verkauf eines Hofes an einem Deutschen genehmigt worden! Bei Interventionen der deutschen Bodenbewerber, deren Vertreter oder deutscher Parlamentarier, werden die Intervenierenden mit nichts sagenden Vertröstungen auf die Zukunft abgespeist, oder es wird denselben beim Bodenamte gesagt, die Verhandlungen seien noch nicht abgeschlossen, oder Genaueres könne nur die Distrikts teile sagen, während die Distriktsstelle oder der Zuteilungskommissär jeden an das Bodenamt in Prag verweist: Dieses abgekartete Spiel mutet als hohn gegenüber dem deutschen Volk an und muss den Ruhigsten tief empören!

In jüngster Zeit wenden die Meierhöfe des Fürsten Liechtenstein in Lobenstein und Dickau, sowie die Meierhöfe der Herrschaft Vendome-Hohenzollern in Fulnek mit den Höfen Stadthof, Schlosshof, Waltersdorf und Schimmelsdorf einfach im Ganzen an Èechen verkauft; ohne dass die Hunderterte von deutschen Bodenbewerbern welche bis letzt von den Erträgnissen der Pachtstücke für Leben fristeten und welche durch diese Art von Bodenreform um ihren Lebensunterhalt gebracht werden, berücksichtigt werden. Dabei ist der Meierhof Lobenstein bei Jägerndorf als Restgut mit 248 ha landwirtschaftlichen Bodens ausgeschrieben worden, während gesetzlich die Höchstgrenze 150 ha ist. Ein besonders krasses Beispiel für das Vorgehen des Bodenamtes ist der durch das Bodenamt veranlasste und dann genehmigte freihändige Verkauf des Weisshunschen Meierhofes in Grossglockersdorf in Schlesien an den èechischen Baumeister Výhonek aus Peterswald und an die èechischen Bodenbewerber in Sponau, während die 48 deutschen Bodenbewerber in Grossglockersdorf selbst nichts erhalten konnten! Es Ist dies hier dieselbe Praxis des Bodenamtes, die auch schon an Südmähren (Mähr-Krommau und Pohrlitz) und in Böhmen (die Hielle & Dittrichschen Höfe und viele andere) die nationalen Zwecke der sogenannten Bodenreform klar aufdeckte!

Die Unterzeichneten stellen an den Herrn Ministerpräsidenten als Vorsitzenden des Ministerrates die Anfrage:

1. Billigt der Herr Ministerpräsident das Vorgehen des staatlichen Bodenamtes im deutschen Sprachgebiete, wonach die jetzigen Besitzer in geheimen Verhandlungen dazu gepresst werden. Ihre Höfe an Èechen zu verkaufen, weil nachweisbar das Bodenamt den Verkauf an Deutsche nicht genehmigt.

2. Billigt der Herr Ministerpräsident die Praxis des Bodenamtes, im deutschen Sprachgebiete möglichst viele Restgüter zu schaffen und dieselben nur an Èechen zu vergeben, dagegen die örtlichen deutschen Bodenbewerber möglichst auszuschalten, und

3. falls der Herr Ministerpräsident das sub 1 und 2 angeführte Vorgehen des Bodenamtes nicht billigen sollte, welche Massnahmen er zur Verhinderung dieser, jeder Gleichberechtigung der Nationen am Staate hohnsprechenden Praxis der Organe des Bodenamtes zu treffen gedenkt.

Prag, am 5. November 1924.

Zierhut, Dr. Hanreich, Ing. Jung, J. Mayer, Böllmann, Bobek, Patzel, Simm, Wenzel, Windirsch, Heller, Knirsch, Böhr, Dr. Spina, Stenzl, Dr. Petersilka, Dr. Radda, Dr. Lodgman, Matzner, Dr. Brunar, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Schollich, Ing. Kallina, Dr. Keibl, Kraus, Dr. Lehnert.

Pùvodní znìní ad IV./4926.

Interpellation

der Abgeordneten Bierhut, Dr. Hanreich und Genossen

an den Ministerpräsidenten

in Angelegenheit der langjährigen Kleinpächter und Bodenbewerber der Gemeinden Neudörfl und Lautsch des Meierhofes Werdenberg dir Herrschaft Potocki in Schlesien.

Die in der Heimstätte, dem Vereine der deutschen Bodenbewerber in der Èechoslovakischen Republik, organisierten langjährigen Kleinpächter und Bodenbewerber von Neudörfl und Lautsch erfahren erst jetzt, dass der gesamte Meierhof Werdenberg im Ausmasse von 134 ha mit Zustimmung des Bodenamtes verkauft werden soll. Die Bewilligung des Verkauf s des ganzen Meierhofes Werdenberg einschliesslich der Kleinpachtgrundstücke spricht jeder Bodenreform Hohn!

36 Kleinpächter haben 71 ha dieses Besitzes nun durch über 30 Jahre in Pacht! Der grössere Teil von diesen Kleinpächtern besitzt ausser dieser Pachtung keinen Eigengrund. Seinerzeit wurden diese armen Pächter durch das Bezirksgericht in Odrau und durch den Vertreter der Herrschaft Potocki, Forstmeister Hanakir bewogen, auf den Kauf des gepachteten Bodens zu verzichten und die Pacht nur auf weitere 6 Jahre zu verlängern. Besonders der Vertreter der Herrschaft Potocki drohte mit allen möglichen Schikanen, wenn die Pächter auf seine Vorschläge nicht eingehen sollten. Nachdem den Pächtern aber versichert wurde, dass die Pachtung nur etwas Vorübergehendes vorstelle und ihnen der gepachtete Grund beim Aufteilungsverfahren ins Eigentum übergehen werden wird, so haben sie schliesslich der Not gehorchend, nachgegeben. Die letzte Zusicherung wurde den dortigen Pächtern auch durch den Bodenkommissär in Troppau vor Zeugen gegeben.

Trotz alle dem soll nun aber de facto die Bewilligung zum Verkaufe dieses Hofes im Ganzen erfolgt sein. Die Gefertigten sind überzeugt, dass diese Bewilligung nur infolge einer falschen Information von Seiten des Bodenkommissärs in Troppau erteilt werden konnte, da dieser auch gegenüber den vorsprechenden Pächtern die Behauptung aufstellte, dass diese alle Industriearbeiter wären, welche Behauptung derselbe wahrscheinlich auch gegenüber dem Staatsbodenamte in Prag aufgestellt haben dürfte. Dem gegenüber können wir aber feststellen, dass die Pächter und Bodenbewerber aus den Gemeinden Neudörfl und Lautsch alle auf die Erträgnisse des gepachteten Bodens angewiesen sind und um ihre Existenz kommen, wenn sie den gepachteten Boden verlieren sollten. In der ganzen Umgebung gibt es für diese Personen keine Arbeitsgelegenheit und 36 Familien mit ihren vielen Kindern kommen an den Bettelstab.

Über Anraten des Leiters der Distriktsstelle in Olmütz, Herrn Oberrat Verner, wurde von den Pächtern und Bodenbewerbern dieser Gemeinden an das Staatsbodenamt ein Memorandum eingebracht, welches aber bis heute ohne jede Antwort geblieben ist. Durch ein solches Vorgehen das Bodenamtes gegenüber langjährigen Kleinpächtern, welche durch eine sogenannte Bodenreform um ihre Existenz gebracht werden sollen, ersieht man klar, dass dieses nur den Schatz des Grossgrundbesitzes im Auge hat, den kleinen Landwirt aber zu Grunde gehen lässt!

Die Gefertigten stellen deshalb an den Herrn Ministerpräsidenten Aals Vorsitzenden des Ministerrates folgende Anfragen:

1. Ist der Herr Ministerpräsident geneigt, dem Bodenamte aufzutragen, die Bewilligung zum Verkaufe des Meierhofes Werdenberg sofort zu widerrufen?

2. Ist der Herr Ministerpräsident geneigt, das Bodenamt zu veranlassen dass sofort die berechtigten Ansprüche der langjährigen Kleinpächter in den Gemeingen Neudörfl und Lautsch befriedigt werden und diesen der gepachtete Boden ins Eigentum übertragen wird?

Prag, am 11. November 1924.

Zierhut, Dr. Hanreich, Windirsch, J. Fischer, Heller, Schubert, Böllmann, Böhr, Dr. Petersilka, Dr. Lodgman, Kraus, Dr. Lehnert, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Radda, Patzel, Wenzel, Knirsch, Ing. Jung, Dr. Spina, Simm, Dr. Schollich, Matzner, Dr. Keibl, Dr. Brunar.

Pùvodní znìní ad V./4926.

Interpellation

des Abgeordneten Vinzenz Kraus und Genossen

an den Minister für Post- und Telegraphenwesen

wegen Besetzung von Postmeisterstellen in rein deutschen Gemeinden, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, der Zurückweisung von Briefen die eine deutsche Ortsbezeichnung tragen, sowie der Vorkommnisse bei der Sprachenprüfung durch Dr. Stuhlik.

Das Postamt in Krombach, Bez. Deutsch-Gabel, welcher Ort mit Ausnahme einiger Finanzbeamten eine rein deutsche Bevölkerung aufweist wurde in der letzten Zeit durch einen èechischen Postbeamten als Leiter dieses Amtes besetzt, welcher der deutschen Sprache gar nicht mächtig ist und sämtliche Telegramme an die deutsche Bevölkerung in èechischer Sprache hinausgibt. Ein solcher Vorgang wieder spricht nicht bloss allein dem Gesetz über den Sprachengebrauch bei den autonomen Behörden vom 20. Feber 1920, sondern bedeutet ausserdem eine unerträgliche Belastung der deutschen Bevölkerung, welche sich die èechischen Telegramme übersetzen lassen muss. Dadurch aber, dass die èechischen Finanzangestellten ständige Besucher des Amtsraumes des Postamtes in Krombach sind, kann von einer Wahrung des Amtsgeheimnisses keine Rede sein.

Auf dem vorstehenden Briefumschlage, welcher der Interpellation als Beweis der Richtigkeit der Interpellation beiliegt, geht hervor, dass ein von der Firma W. Weber in Schluckenau an die Mährisch-Schlesische Eisenindustrie-Gesellschaft in Oderfurt in Mähren, gerichtetes Schreiben deswegen nicht zugestellt und dem Absender zurückgestellt wurde, weil die Bezeichnung Oderfurt nicht zulässig ist.

Nach bisher unwidersprochenen Zeitungsnachrichten fand am Hauptpostamte in Teplitz eine Sprachenprüfung statt, welche von den in der deutschen Oeffentlichkeit rühmlichst benannten Dr. Stuhlik geleitet wurde, welcher als Prüfer folgende Fragen stellte:

Warum hat Deutschland den Krieg begonnen? Warum hat es ihn verloren? Warum hat Belgien seine Neutralität aufgegeben? Organisation der Brotkartenwirtschaft im Kriege, Biografie Žižkas.

Solche Fragen, an deutsche Beamte gestellt, müssen das nationale Gefühl derselben verletzen und machen ausserdem den deutschen Angestellten die Ablegung der Sprachenprüfung sehr schwer, abgesehen davon, dass für die Postbeamten die Beantwortung dieser Fragen und die Kenntnis der Brotkartenwirtschaft und der Biographie Žižkas nicht notwendig ist, um ihren Dienst klaglos zu versehen.

Die Unterfertigten stellen daher an den Herrn Minister für Post- und Telegraphenwesen die Anfrage:

1. Sind dem Herrn Minister diese unhaltbaren Zustände bei der Besetzung von Postmeisterstellen und der Missbrauch bei der Abfertigung von Telegrammen durch den Pos meisten in Krombach bekannt und was gedenkt derselbe zu tun, um das Amtsgeheimnis bei diesem Postamte zu wahren?

2. Ist der Herr Minister bereit, Veranlassung zu treffen, dass mit deutschen Ortsnamen versehene Briefe klaglos den Adressaten zugestellt werden und was gedenkt der trenn Minister weiter zu tun, damit derartige geschilderte Uebergriffe bei den Sprachenprüfungen, die die Deutschen verletzen müssen, nicht mehr vorkommen?

Prag am 11. November 1924.

Kraus, Dr. Radda, Dr. Keibl, Bobek, Schälzky, Mark, Schubert, Knirsch, Windirsch, Ing. Jung, Patzel, Dr. Medinger, Dr. Schollich, Dr. Brunar, Dr. Lodgman, Ing. Kallina, Dr. Lehnen, Matzner, Dr. E. Feyerfeil, Böhr, Simm, J. Mayer, Wenzel.

Pùvodní znìní ad VI./4926.

Interpellation

des Abgeordneten Windirsch und Genossen

an den Minister für Volksverpflegung

betreffend den Verkauf von mit Margarine verfälschter Butter in den Bezirken Reichenberg und Gablonz.

Eine seit Monaten bekannte Tatsache ist, dass von der in das Reichenberger und Gablonzer Gebiet eingeführten Margarine, deren Menge wöchentlich ungefähr 40.000 kg Margarine beträgt, mindestens der vierte Teil an Personen verkauft wird, die mit Butter Handel treiben. Es ist ein offenes Geheimnis, dass erstandene Margarine oft bis zu 50 und noch mehr Prozenten der bei den Landwirten aufgekauften Butter zugemischt und dann als reine Butter in den Konsumorten der erwähnten Bezirke veräussert wird. Dieses unlautere Geschäft ist sehr gewinnbringend, wenn bedacht wird, dass für 1 kg Margarine 12 bis 16 Kronen bezahlt werden, während der Preis der Butter per 1 kg mindestens 32 Kronen beträgt. Ein Waggon Margarine mit einem Waggon Butter gemischt, bringen so den Verfälschern wöchentlich bis 200.000 Kronen Gewinn, ein Betrag, der allein in den Bezirken Reichenberg und Gablonz im Jahre mehrere Millionen Kronen erreicht. Durch derartige Manipulationen wird die konsumierende Bevölkerung schwer geschädigt und das Ansehen der Butter erzeugenden Landwirte herabgesetzt.

Abhilfe kann gegen diese Butterfälschungen nur die schärfere Handhabung der margarinegesetzlichen Bestimmungen und deren zeitgemässe Abänderung schaffen. Besonders muss verlangt werden, dass Butterhändler nicht gleichzeitig Handel mit Margarine betreiben dürfen.

Mit Rücksicht auf vorstehende Ausführungen wird gefragt:

1. Sind dem Minister für Volksverpflegung die geschilderten Verhältnisse bekannt?

2. Wenn ja, warum hat der Minister nicht energisch genug darauf eingewirkt, dass die schon heute bestehenden Bestimmungen über den Margarinehandel Anwendung finden?

3. Ist die Minister für Volksverpflegung bereit, ehestens für eine zeitgemässe Ausgestaltung des Margarinegesetzes zu sorgen?

Prag, am 11. November 1924.

Windirsch, J. Fischer, Dr. Spina, Zierhut, Schubert, Dr. W. Feierfeil, Simm, Ing. Jung, Kraus, Patzel, Wenzel, Knirsch, Dr. Kafka, Dr. Brunar, Scharnagl, Böhr, Dr. Luschka, Dr. Lehnen, Heller, Dr. Schollich, Stenzl, Dr. Radda, Böllmann.

Pùvodní znìní ad VII./492b.

Interpellation

der Abgeordneten H. Jokl, R. Heeger, Dr. V. Haas und Genossen

an den Eisenbahnminister

betreffend die Hausgabe eines Erlasses an die Verwaltungen der städtischen Strassenbahnen auf Verhinderung der Arbeitsruhe am 1. Mai.

Die Verwaltungen der städtischen elektrischen Strassenbahnen haben ihren Arbeitern und Angestellten nachfolgenden Erlass des Eisenbahnministeriums zur Entsprechung vorgelegt:

Eisenbahnministerium der

Èechoslovakischen Republik.

Zahl: 57.767-VI /5.

Betriebbeschränkung

am 1. Mai 1924.

Allen elektrischen Strassenbahnen.

Am 1. Mai l. J. wurde auf einem grossen Teil der elektrischen Strassenbahnen der Betrieb entweder ganz eingestellt oder teilweise beschränkt, wodurch etwa 500.000 Personen die Benützung des billigen und eingelebten Verkehrmitels unmöglich gemacht wurde und die Verwaltung dieser Bahnen wurde um ca 500.000 K geschädigt.

Abgesehen von der Beschädigung der Volkswirtschaft, welche hiemit entsteht und vom Schaden des Publikums, widerspricht diese Einstellung des Betriebes auch Aden Konzessionsbedingungen.

Laut den Konzessionsbedingungen sind die Konzessionäre verpflichtet, um den ununterbrochenen Betrieb zu sorgen und widerspricht daher den Konzessionsbedingungen, wenn die Bahnverwaltung beschliesst, dass an einem bestimmten Tage der Betrieb eingestellt werden soll, oder wenn sie duldet, dass des Betrieb ob schon ganz oder nur teilweise eingestellt werde.

Das Eisenbahnministerium könnte zwar gegen die Direktion und die Mitglieder der Unternehmungen die Bestimmung des § 85 der Eisenbahnbetriebsordnung benützen, hofft aber, dass sie sieh schon im Interesse eines glatten Verkaufes der Manifestation an diesem Nationalfeiertage bemühen werden, dass der Betrieb voll erhalten beide, vielleicht mit der einzigen Ausnahme einer kurzen Unterbrechung während der Manifestationszeit.

Für das Eisenbahnministerium:

Unterschrift unleserl.

Mit diesem angeblich vorm Eisenbahnministerium stammenden Erlasse sollen die Unternehmungen gezwungen werden, den Arbeitern die bisher durch Arbeitsruhe gewürdigte Maifeier zu nehmen. Dieser Erlass steht in solchen Widerspruch mit dem Geiste des Gesetzes, welches die Maifeier anordnet, dass die Gefertigten fragen:

Hat der Eisenbahnminister tatsächlich den hier zitierten Erlass herausgegeben?

Wenn dies der Fall ist, womit begründet der Herr Minister diesen Erlass?

Prag, den 11. November 1924.

Jokl, Heeger, Dr. Haas, Kaufmann, Dietl, Hausmann, Palme, Schäfer, Leibl, Dr. Holitscher, Schweichhart, Hackenberg, Grünzner, Pohl, Häusler, Koscher, Schiller, Taub, R. Fischer, Hoffmann, Uhl, Dr. Czech, Blatny.

Pùvodní znìní ad VIII./492b.

Interpellation

des Abgeordneten Stenzl und Genossen

an den Minister für Post- und Telegraphenwesen

in Angelegenheit der Verletzung des Briefgeheimnisses beim Postamte in Prachatitz.

Für den 14. September 1924 wurde von der Ortsgruppe der deutschen Gewerbepartei in Prachatitz im Einverständnis und mit Bewilligung der pol. Bezirksverwaltung in Prachatitz eine Protestversammlung gegen die wirtschaftliche und politische Entrechtung des den sehen Gewerbe und Handelsstandes im sogenannten Kandelsgasthause in Prachatitz anberaumt. Die Verhandlung mit der polit. Bezirksverwaltung in Prachatitz bezüglich der Bewilligung dieser Versammlung fand am Samstag den 13. September 1924 um 11 Uhr vormittags statt und nach der erfolgten Erteilung der Bewilligung gab Gausekretär Herr Hans Sumerauer um 11 Uhr 45 Minuten dem Postamte in Prachatitz an die Parteiortsgruppen in Kuschwarda, Aussergefield, Kaltenbach und Böhm. Röhren je ein Telegramm mit dein Wortlaute:

Erscheinet zahlreich am 14. um 11 Uhr vormittags im Kandelsgasthause Prachatitz zur Beförderung, welche Telegramme von dem diensthabenden Postbeamten Vokon übernommen wurde. Kurz nach i Uhr mittags wurde nun Gausekretär Sumerauer zur pol. Bezirksverwaltung gerufen und dort vom Statthaltereirate Pišl nach dem Zwecke der abgesandten Telegramme befragt.

Bekanntlich sind die Postämter, bez. deren Beamte verpflichtet das Briefgeheimnis zu wahrer, was dies falls durch den amtierenden Postbeamten Vokon verletzt sein dürfte, da es doch sonst kaum möglich gewesen wäre, dass die polit. Bezirksverwaltung in Prachatitz vom Inhalte der erwähnten Telegramme, die der Kürze der Zeit wegen an Stelle von anderen Einladungen abgesandt wurden, Kenntnis erlangen könnte.

Wir stellen daher an den Herrn Minister die Anfrage:

1. Ob er bereit ist, diesen Fall zu untersuchen, zumal eine Uebertretung der Bestimmungen über die Wahrung des Briefgeheimnisses durch den amtierenren Postbeamten vorliegt.

2. Ob weiters der Herr Minister bereit ist, geeignete Massnahmen zu treffen, dass künftighin derartige Fälle, die das Ansehen der staatlichen Aemter diskreditieren, nicht mehr vorkommen?

Prag, am 19. November 1924.

Stenzl, Kaiser, Zierhut, Bobek, Dr. Kafka, Mark, Dr. Radda, Böhr, Dr. Lodgman, Dr. Keibl, Schubert, Dr. Petersilka, Dr. E. Feyerfeil, Heller, Böllmann, Kostka, Dr. Lehnert, Dr. Brunar, Ing. Jung, Simm, Knirsch, Wenzel, Patzel, J. Fischer.

Pùvodní znìní ad IX./4926.

Interpellation

des Abgeordneten Stenzl und Genossen

an den Minister des Innern

wegen des Verbotes der Verteilung bereits genehmigter Flugzettel durch das staatliche Polizeikommissariat in Karlsbad.

Die Bezirksleitung der deutschen Gewerbepartei in Karlsbad hielt am Montag den 29. September 1924 um 8 Uhr abends im Kurhause zu Karlsbad eine Protestversammlung gegen die wirtschaftliche und politische Not des deutschen Handels und Gewerbestandes ab. Diese Protestversammlung wurde zeitgerecht und vorschriftsmässig beim Polizeikommissariate in Karlsbad angemeldet, an das auch unter gleichzeitiger Vorlage eines Flugzettels das Ersuchen gestellt wurde, dieselben zur Verteilung bringen zu dürfen. Vom Regierungsrate Siegl, der den vorgelegten Flugzettel sofort zensurierte, wurde der Satz: Die gegenwärtig im Staate betriebene gewerbefeindliche Politik untergräbt systematisch unsere Existenzen, drosselt eine zeitgemässe Entwicklung unserer Stände und mordet dadurch unser Familienleben, unter Hinweis auf § 156 des bürgerlichen Gesetzbuches, weiters der Satz: Zum Kampfe gegen die wirtschaftliche Unterdrückung, gegen die würgenden Steuerlasten, gegen die zunehmende Entrechnung unserer Stände in gewerblich sozialen Fragen unter Hinweis auf § 300 des bürgen Gesetzbuches und schliesslich der Satz: Er richtet sich gegen die ungesetzliche und ungerechtfertigte Dispenserteilung von der Erbringung des Befähigungsnachweises der ordnungsmässigen Erlernung des Schuhmacherhandwerkes des Inhabers der Schuhwarenfabrik Baa in Zlín, wodurch neuerdings tausende Existenzen der Schuhmacher auf dem Spiele stehen unter Hinweis auf § 14 des Schutzgesetzes beschlagnahmt, trotzdem dieser Flugzettel, der die vorgenannten Stellen enthält, vor der Indrucklegung von der polit. Bezirksverwaltung in Mähr. Trübau zensuriert wurde. Trotzdem wurde die Bewilligung zur Verteilung der Flugzettel nicht erteilt, falls aber dennoch eine solche erfolgt wäre, das Verbot der Protestversammlung in Aussicht gestellt und schliesslich auch bedeutet, dass Herr Wenzel Gareis, der als Bezirksparteiobmann alle Verarbeiten für die Versammlung durchführte, eine strafgerichtliche Verfolgung zu gewärtigen hätte wobei ihm eine Strafe von ca 18 Monaten angedeutet wurde.

Wir richten deshalb an den Herrn Minister folgenden. Anfragen:

1. Auf Grund welcher Verfügung steht dem Herrn Regierungsrat Siegl des Karlsbader Polizeikommissariates das Recht zu ein bereits vor der Indrucklegung behördlich zensuriertes Flugblatt nochmals zu zensurieren und dabei bestimmte Abschnitte desselben für beschlagnahmt zu erklären?

2. Ist der Herr Minister bereit, diesen Fall zu untersuchen und das staatliche Polizeikommissariat in Karlsbad entsprechend belehren zu lassen?

Prag, am 19. November 1924.

Stenzl, Kaiser, Bobek, Zierhut, Dr. Radda, Böllmann, Böhr, Dr. Lodgman, Mark, Dr. Keibl, Schubert, Heller, Ing. Jung, Simm, Wenzel, Patzel, Knirsch, Dr. Petersilka, Dr. Brunar, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Lehnert.

Pùvodní znìní ad X./4926.

Interpellation

der Abgeordneten Schweichhart, Schäfer, Schiller und Genossen

an den Minister für soziale Fürsorge

wegen Einschränkung der Freizügigkeit der Glasarbeiter durch behördliche Massnahmen.

Zu den wichtigsten Exportindustrieen der Èechoslovakischen Republik gehört die Glasindustrie, darunter als Spezialgruppe die Hohlglasindustrie des Haida-Steinschönauer Gebietes, deren veredelte Produkte bis zu 95% im Ausland seit altersher abgesetzt wenden. Ein Handelsminister hat die Glasindustrie nicht ohne Unrecht als das Gold der Republik bezeichnet, da sie nicht unwesentlich dazu beiträgt, die Handelsbilanz aktiv zu gestalten.

Wenn man aber annehmen wollte, dass die Regierung dieser für den Staat so wertvollen Industrie eine besondere Förderung angedeihen liesse, um sie im Wettkampf mit den ausländischen Glasindustrieen jederzeit konkurrenzfähig zu erhalten, würde man sich einer Täuschung hingeben. Die heimische Glasindustrie klagt über viel zu hohe Gestehungskosten infolge der grossen Steuern sowie Frachtspesen, wodurch sich das Rohmaterial empfindlich verteuert. Die Unternehmer sind infolgedessen bemüht, die Löhne der Arbeiter zu drücken, um auf deren Kosten die Produkte möglichst billig abgeben zu können. Selbst im jetzigen Momente, wo eine wachsende Teuerung die Lebenshaltung empfindlich beeinträchtigt, weigern sich die organisierten Glasindustriellen im Verein mit den übrigen Unternehmerorganisationen, die durchaus gerechtfertigte Erhöhung der Löhne zu bewilligen. Ihr prinzipieller Standpunkt geht dahin, dass die Last der Teuerung lediglich die Arbeiterschaft zu tragen habe, gleichviel, ob dadurch das Elend der proletarischen Familien ins Ungemessene gesteigert wird oder nicht. Der Arbeiter soll nach dem Villen der Scharfmacher weder menschlich leben, noch ein gleichberechtigtes Glied in der Produktion sein, er soll vielmehr ein willensloses Werkzeug des Kapitalisten bilden.

Ganz deutlich beobachtet man diese Tendenz in dem seit einigen Wochen geführten Streik der Glasarbeiter des Haida-Steinschönauer Gebietes zu Gunsten einer Lohnerhöhung. Die strikte Ablehnung der leider allzusehr begründeten Lohnerhöhung bedeutet in diesem Falle den Durchbruch des gesetzlich verankerten Achtstundentages, da die Arbeiter gezwungen werden sollen, länger zu arbeiten, um ihr kärgliches Auskommen zu finden. Da sich um die Einhaltung des Achtstundentages in der Heimarbeit dieselben behördlichen Organe absolut nicht kümmern, die den Glasindustriellen ohne Not Gendarmerie zum persönlichen Schutz beistellen, besteht die Gefahr, dass die Errungenschaft einer geregelten Arbeitszeit in der Haida-Steinschönauer Glasindustrie durch die Schuld der halsstarrigen Unternehmer verloren geht.

Da mehr als jede andere Industrie gerade die Heida-Steinchönauer Glasindustrie von der Tüchtigkeit der Arbeiterschaft abhängt, trägt die Verelendung derselben nach dem Willen der Unternehmer - nicht zur Hebung deren Leistungsfähigkeit bei. Dazu kommt, dass die Unternehmer infolge der grossen Verbreitung der Heimarbeit in der besagten Industrie vielfach bloss den Zwischenhändler darstellen, dessen Risiko klein ist, weil er es versteht, alle Lasten der Konjunkturschwankungen auf die Arbeiter abzuwälzen. Ein erhöhter Schutz, der Arbeiter wäre hier ganz besonders am Platze. Es geschieht aber das Gegenteil. Die den Arbeitern auferlegten Steuern sind z. B. nicht gering. Geradezu verhängnisvoll wirkt aber die einem Verbote gleichkommende behördliche Erschwernis der Auswanderung der Glasarbeiter in das Ausland. Die politischen Bezirksverwaltungen haben von Prag aus die Weisung ernannten, den Glasarbeitern, welche doch nur infolge schlechter Löhne, Arbeitslosigkeit etc. auswandern wollen, die Ausstellung der Pässe zu verweigern. Der Endeffekt dieser Massregel ist, dass die Glasarbeiter der Willkür der Unternehmer völlig ausgeliefert sind. Diese behördliche Massnahme trägt sicherlich dazu bei, die Abneigung der Glasindustriellen gegen Lohnerhöhungen zu stützen, da den hungernden Glasarbeitern die Flucht ins Ausland mit Hilfe der Behörden unmöglich gemacht wird.

Solange die Hohlglasindustrie im Haida-Steinschönauer Gebiet besteht, war sie aufgebaut auf dem freien Wettbewerb, den sie mit Erfolg bestand. Unter dem österreichischen Regime ist es niemanden eingefallen, die Freizügigkeit der Glasarbeiter einzuschränken. Nach denn österreichischen Gesetze vom 21. Dezember 1867 Nr. 142 war die Freiheit der Auswanderung nur durch die Wehrpflicht beschränkt. Im Gegensatz hiezu ist das èechoslovakische Gesetz vom 15. Feber 1922, Nr. 71 und die Durchführungsverordnung von 8. Juni 1922, Nr. 170 über die Auswanderung mit bisher nicht dagewesenen Einschränkungen der Auswanderungsfreiheit versehen. Anlässlich des Streikes im erwähnten Glasindustrie-Rayon hätten hunderte Glasarbeiter im Auslande lohnendere Stellung finden können, doch wurde die Auswanderung aus dem heimischen Elendsgebiet durch das generelle Verbot der Ausstellung von Pässen an die Glasarbeiter in Vorhinein vereitelt.

Die Beschränkung resp. das Verbot der Auswanderung von Glasarbeitern ist angeblich ein Mittel, die Verschleppung der heimischen Glasindustrie ins Ausland zu vereiteln. Da man die Auswanderung von Unternehmungen bezw. die Errichtung von Geschäftsfilialen im Auslande nicht verhindert, obgleich dies einer Verschleppung der Industrie gleichkommt und nachdem die bestehenden Fachschulen den Ausländern zugänglich sind, welche die Erfahrungen unserer Industrie für sich verwenden, ist die behördliche Passsperre für die Glasarbeiter eine durchaus einseitige antisoziale Massnahme. Solange die Regierung; weder den Willen, noch die Fähigkeit besitzt, jenen Faktoren, welche das Gold der Republik in erster Linie erzeugen - den Glasarbeitern - eine gesicherte Existenz zu bieten, sie vor unmenschlicher Ausbeutung zu bewahren, bedeutet die Passperre für die Glasarbeiter deren Auslieferung an ein kurzsichtiges, profitlüsternes Unternehmertum.

In Anbetracht dieser Umstände fragen die Gefertigten den Herrn Minister für soziale Fürsorge:

1. Sind ihm die geschilderten arbeiterfeindlichen Massnahmen bekannt und

2. wenn ja was gedenkt er zu tun, um im Interesse der Glasarbeiter deren Freizügigkeit in vollem Masse wiederherzustellen?

Prag den 11. November 1924.

Schweichhart, Schäfer, Schiller, Dr. Czech, Heeger, Jokl, Kaufmann, Rascher, Hoffmann, Dietl, Taub, Hackenberg, Pohl, Leibl, Blatny, Hausmann, R. Fischer, Häusler, Grünzner, Uhl, Palme, Dr. Holitscher.


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