Poslanecká sněmovna N. S. R. Č. 1921.

I. volební období.

3. zasedání.

Původní znění.

2081.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen

an den Justizminister

betreffend die Beschlagnahme der ťNeutitscheiner Völkszeitung vom 5. November 1920.

Die Folge 127 der "Deutschen Volkszeitung" in Neutitschein vom 5. November 1920 wurde wegen des Abdruckes folgenden Liedes beschlagnahmt:

Staatspreislied.

Von Dr. Hugo Neusser.

Mir ward ein hohes Glück zuteil, ich kanns noch gar nicht fassen

Und, muss dem Jubel einmal Luft in seinen Versen lassen.

Und fragt, ihr mich, warum ich denn so voller Freude bebe,

So fraget mich zunächst einmal in welchem Staat ich lebe.

Ich leb in einem neuen Staat, der Perle aller Staaten,

In einem wahren Musterstaat von echten Demokraten.

Ich leb in einem Siegerstaat, der alle Welt begriegte

Und der, was doch das Schwerste ist, zuletzt sich selbst besiegte,

Ich leb in einem freien Staat, wo Freiheit die Parole,

Wo frei das Wort, das Lied, die Bahn, das Mehl und selbst die Kohle.

Ich leb in einem Staate, wo verschied'ne Völker wohnen,

Die einen ganz mit Fug und Recht — das sind die Autochthonen.

Die ändern schlichten sich nur ein dereinst mit Trug und Listen

Wir Deutschen leider auch dabei, — das sind die Kolonisten.

Bei diesen war es Fug und Recht, sie ein fach 'rauszuschmeissen,

Doch hat das Autochthonenvolk willkommen. sie geheissen,

Ja hat, trotzdem sie gern bereit, bescheiden auszutreten,

Um ihr Verbleiben sie sogar mit sanftem Zwang — gebeten

Und ihnen, weit entfernt, dass es sie irgend wie verletze,

Die Gleichberechtigung verliehen (so steht's in dem Gesetze).

Undhaben sie das gleiche Recht etwa noch nicht gefunden,

So haben sie nur schlecht gesucht (man kennt die faulen Kunden).

Kurzum ich leb in einem Staat, wo's Freude ist zu leben,

Zumal er es sogar gewagt, den Adel aufzuheben.

Denn seither geht's mit einem Mal dem Volk um vieles besser,

Trotz allem was der Schollich spricht und täglich schreibt der Jesser.

Wir haben keine Teppen mehr — man merkt's in der Verwaltung,

So in bezug auf Schnelligkeit als auf die freie . Haltung,

Auf strenge Unparteilichkeit und vornehmes Gebaren

(Dem Adel war es angeboren, wir lernten's mit den Jahren).

Die hohen Aemter sind besetzt mit lauter Koryphäen,

Sie sprühen Geist den ganzen Tag fast bis zum Schlafengehen.

Und die, die an der Spitze steh'n — fast lauter neue Männer —

Sie sind auf jeglichem Gebiet die allerersten Kenner.

Zwar klangvoll sind die Namen nicht, doch hat's nichts zu bedeuten,

Die Herrn sind doch zum Leiten da und nicht etwa zum Läuten.

Doch nicht nur grosse Männer sind im neuen Staat entstanden,

Auch neue Ämter sind bereits in grosser Zahl vorhanden.

Da haben wir das Bodenamt und etliche Zentralen,

Sie sind vorzüglich, freilich muss man sie auch gut bezahlen.

Das Bodenamt verteilt den Grund und Boden an Soldaten.

Und Gutsbesitzer werden jetzt auch Sozialdemokraten.

Dann haben wir das Wucheramt, das alle Preisetreiber

Drakonisch straft, wie sich's gebührt (besonders Butterweiber).

Auch neue Schulen gibt es viel, natürlich autochthone,

Die andern nähren Hochverrat, kein Grund, dass man sie schone.

Gesetze haben wir, an Zahl und Weisheit unvergleichlich,

(Sie kosten freilich viel Papier, doch das Papier ist reichlich).

An Weisheit sind sie schwer, weshalb sie langsam sich bewegen

Das ist — den Kritikern zum Trotz sag ich's — ein wahrer Segen.

Denn wenn sie im Gesetzesblatt erschienen sind im Laden,

So sind sie meist schon ausser Kraft und können nicht mehr schaden.

Wir lesen, sie in voller Ruh, wenn wir am Sofa liegen,

Als nicht mehr aktuell, nur zu ästhetischen Vergnügen.

So ists mit unsern Fristen auch, denn wenn mann angstgeschwängert

Vermeint, man habe sie versäumt, so sind sie schon verlängert,

Mein Staat ist reich; vor allem hat er Milliarden Schulden,

Natürlich zahlt er alle bar, man muss sich nur gedulden.

Er hat sie auch nur kontrahiert, damit man dran erkenne,

Dass er ein wahrer Grossstaat ist, der endlos pumpen könne.

Mein Staat ist reich an Militär; zum Schutze seiner Ehre

Hält er, sowie zu Sicherheit Legionen Legionäre.

Sie sind. im Ganzen Staate sehr beliebt und wohlgelitten

Dieweil sie für das Vaterland so heldenhaft gestritten.

Sie kämpfen tapfer mit dem Feind, jetzt üben sie sich wieder

Zu einem künft'gen Kampfe ein die schönsten Heldenlieder.

Mein Staatist reich an mancherlei, was die Natur uns bietet,

Doch wird, damit uns nichts entgeht, die Ausfuhr streng verhütet.

Mein Staat, er ist ein Bauernstaat, der Boden bietet willig

Getreide schier in Übermass (drum ist es auch so billig).

Mein Staat ist reich an Holz, fürwahr man sieht es förmlich wachsen

Doch schenken wir nur wenig her an Bayern und an Sachsen.

Das meiste bleibt im Lande, wo wir's trefflich brauchen können

Zum Bau von neuen Häusern und ein wenig zum Verbrennen.

Allein des Holzes schönster Zweck, — man muss uns drum beneiden —

Besteht in unserm Staat darin, Denkmäler zu verkleiden.

Und wenn Du Häuschen siehst von Holz, glaubt nicht, sie sei'n für Leute,

Die ein Bedürfnis fühlen, nein, es sind das Kunstgebäude.

Es ist die Kunst in unserm Staat so herrlich und so eigen,

Dass sie zu hoch steht, sie etwa dem ganzen Volk zu zeigen.

Ja, eifrig ist man hier bemüht, die Denkmäler zu schützten,

Man weiss ja doch, dass sie verhüllt dem Volk am meisten nützen.

Mein Staat ist auch an Gummi reich, und für die deutschen Rüppel

Bedarf man ja auch alle Zeit, recht tücht'ge Gummiknüppel.

Kurzum er ist an allem reich, was irgend gut und recht ist

Dagegen ist er bettelarm an allem was da schlecht ist.

Gewalt und Zwang ist unbekannt, es lebt nach seinem Willen

Ein jeder, wenn nicht öffentlich, so wenigstens im Stillen.

Die Ehrlichkeit in meinem Staat ist wirklich ohne Gleichen

Und nie und nirgends ist mit Geld hier etwas zu erreichen.

Auch hat ja jeder Geld genug, mehr kann er gar nicht brauchen,

Mit bestem Willen kann man nicht den kleinsten Teil verrauchen.

und wer zu seinem Glücke gar mit Kriegs anleih beschwert ist,

Der kriegt jetzt Staatsanleih' dafür, die zehnmal so viel wert ist.

Drum wer von Corruption mir spricht, der phantasiert im Fieber

Selbst Schieber gibts im Lande nicht, nur höchstens Kegelschieber.

Drum, leb ich froh in meinem Staat und bin darin so selig.

Bekanntlich selbst ans höchste Glück gewöhnt man sich allmählich.

Doch hier ists anders, denn ich muß es frank und frei gestehen,

Daß täglich neue Segnungen das Glücks gefühl erhöhen.

Und böte man Miliarden mir, den Sinn mir zu berauschen,

Nie würd' ich meinen lieben Staat mit einem andern tauschen.

Wie ein Gebäude scheint mir oft der Musterstaat der neue,

Auf festen Pfeilern aufgebaut, sie heißen Recht und Treue.

Kein Zweifel: er wird ewig stehn, doch käm er je ins Wanken,

(Ich zitt're wie das Espenlaub bei diesem Angstgedanken)

Und ging er gar in Fransen, dann erhöb' ich laute Klage

Es wär' mein sich'rer Untergang, gezahlt wär'n meine Tage.

Dann würd' mit meiner Kriegsanleih zum Wappentier ich wandern

Und hing auf einen Schwanz sie auf und mich dann an den andern.

Und was man mit nie zugestand solang ich weilt am Leben,

Die Anerkennung wird man mir nach meinem Tode geben.

Und sagen wird man dann von mir als einem armen Toten,

"S'ist eigentlich doch schad um ihn, den treuen Patrioten."

Da dieses Lied durch andere Zeitungen vollständig, unbeanständet ging, auch in seinem Inhalte nichts vorhanden ist, was die Maßnahme der Beschlagnahme rechtfertigen würde, liegt hier ein besonderer Übereifer des Neutitscheiner Staatsanwaltes vor.

Die Gefertigten fragen daher:

1. Sind Herr Minister geneigt, Maßnahmen zu treffen, daß diese kindische Konfiskationspraxis endlich einmal aufhört?

2. Sind sie geneigt, dem Neutitscheiner Staatsanwalt eine mildere Praxis zu empfehlen?

Prag, am 19. November 1920.

Dr. Schollich,

Pittinger, Dr. Keibl, Dr. Brunar, Kraus, Zierhut, Bobek, Böhr, Scharnagl, Heller, Dr. Spina, Patzel, Schubert, Simm, Křepek, Dr. Lodgman, Schälzky, Mark, Wenzel, Röttel, Böllmann.

Poslanecká sněmovna N. S. R. Č. 1921.

I. volební období.

3. zasedání.

Překlad.

2081.

Interpelace

poslance Dr. A. Schollicha a druhů

ministrovi spravedlnosti

o zabavení časopisu "Neutitscheiner Volkszeitung" ze dne 5. listopadu 1920

Číslo 127 časopisu "Deutsche Volkszeitung" v Novém Jičíně ze dne 5. listopadu 1920 bylo zabaveno, protože v něm byla otisknuta tato píseň:

Viz: "Původní znění".

Protože tato píseň prošla jinými časopisy docela bez závady a v jejím obsahu není ničeho, co by mohlo ospravedlniti zabavení, jde tu o přehnanou horlivost novojičínského státního zástupce.

Podepsaní se proto táží:

1. Jste pane ministře ochoten učiniti opatření, aby toto dětinské provádění konfiskací konečně přestalo?

2. Jste ochoten doporučiti státnímu zástupci v Novém Jičíně, aby prováděl censuru mírněji?

V Praze dne 19. listopadu 1920.

Dr. Schollich,

Pittinger, Dr. Keibl, Dr. Brunar, Kraus, Zierhut, Bobek, Böhr, Scharnagl, Heller, Dr. Spina, Patzel, Schubert, Simm, Křepek, Dr. Lodgman, Schälzky, Mark, Wenzel, Röttel, Böllmann.

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