Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1921.

I. volební období.

2. zasedání.

Pùvodní znìní.

1530.

Interpellation

der Abgeordneten Kraus, Dr. Lehnert und Genossen

an den Justizminister

wegen Beschlagnahme der "Ostböhmischen Presse" in Trautenau.

In dieser Zeitung erschien der folgende Bericht, der die Mehlversorgung der Arbeiterschaft behandelt:

Die Mehlversorgung der Arbeiterschaft.

Wie wir seinerzeit berichteten, beschlossen die Industriellen des Trautenauer und Hohenelber Bezirkes für ihre Arbeiter und Angestellten als eiserne Reserve für die zuschublose Zeit je 24 Kilogramm und für deren unversorgte Angehörigen je 12 Kilogramm Mehl im Auslande einzukaufen. Eine Abordnung war in Prag, erreichte nach langem Hin und Her die Bewilligung des Ernährungsministeriums und der Kommission für Aussenhandel wurden die Einfuhrgesuche vorgelegt. Man wartete eine Woche. Da kam die Nachricht, das Büro der Kommission hätte die Zuschrift des Ernährungsministeriums verworfen und könne sie nicht finden. Da wurde in Trautenau eine Ab schrift der Erledigung an den Industriellenverband geschickt, legalisiert und eingeschickt. Man wartete die zweite Woche. Unterdessen sank unsere Valuta täglich, das Mehl wurde täglich teurer. Man urgierte. Ja, der Referent sei auf Urlaub gewesen und erst zurückgekommen. Nun werde es schneller gehen. Es verging die dritte Woche unter weiterem Sinken der Valuta. Endlich kommt die Verständigung: Die Einfuhrbewilligung wird erteilt, aber es muss die halbprozentige Gebühl erlegt werden. Der Staat verlangt also noch für eine Mehlbe-schaffung, zu der er gar nichts beitrug, die er nur verzögerte, eine hohe Gebühr! So verbilligt er die Produktion, trägt er dazu bei, unsere Industrie gegenüber der ausländischen konkurrenzfähig zu machen, so fördert er den Preisabbau. Es ist dies ein Gegenstück zur Brotkrone, die eingeführt wurde, um ausländisches Mehl zu bescharfen, die aber nur ein Flicken wurde, um eines der tausend Löcher im Staatshaushalt zu stopfen. Wenn die Staatsgetreideanstalt im Jahr 176 Millionen für Regie braucht, ist es kein Wunder, wenn die werktätige Bevölkerung teures Brot essen muss. Diese Staatsgetreideanstalt, die, wie jedem bekannt ist, eine reine Versorgungsanstalt für Hunderte von Verwandten unserer Prager Machthaber ist. Wie billig war dagegen die ganze Dynastie trotz ihrer noblen Passionen! Dabei hatte der brave Staatsbürger was fürs Gemüt, wenn so ein erlauchter Herr eine Austellung eröffnete oder mit müden Händen eine Frohnleichnamskerze trug. Seine Nachfolger sind viel weniger dekorativ trotz der höheren Kosten. — Nun gut, man hofte also, das Mehl werde wenigstens kommen, wenn es auch teuer sein werde. Aber es kommt noch viel besser!

Am 12. sprach in Prag eine Abordnung der Braunauer Industrie vor. Diese wollte gleichfalls unter den Trautenauer Bedingungen Mehl einführen. Zu ihrem grössten Erstaunen erfuhren nun die Herren, dass die Bewilligung des Ernährungsministeriums nicht erteilt werden könne. Über den Grund wirst auch Du, lieber Leser, etwas erstaunt sein! Die Arbeiterschaft erlaubt es nicht. Welche Arbeiterschaft? Die der zentralen Bezirke. Die Arbeiter der Randbezirke dürfen es nicht besser haben als die anderen. Der Vorstand des Departements 5 hintertreibt, also weitere Bewilligungen. Und die bereits erteilten werden wahrscheinlich zurückgezogen. — Niemand hätte es mehr begrüsst, als wir, wenn der Staat selbst, der sich sonst in alles einmengt, alles verstaatlichen will, jede Privatwirtschaft ausschalten will, sich um die Mehlversorgung gekümmert hätte. Er hat ja doch kostspielige Organe dazu, ist mit allen wichtigen Staaten der Welt eng befreundet. Warum sorgte er nicht für unsere Mägen? Er tat gar nichts. Unsere Kartoffeln liess man in Deutschbrod absichtlich erfrieren. Das Eisenbahnmini-sterium verbot die Benützung geschlossener Wagen, das Staatsgetreideamt verzögerte die Absendung. Daran hatte auch jemand ein Interesse: die Spiritus und Stärkefabriken. Mehr wollen wir nicht sagen. Nun kommt diese überraschende Wendung der Mehlangelegenheit. Die tschechische Arbeiterschaft wünscht, dass die deutsche Darüber herrscht kein Zweifel. Die tschechische Arbeiterschaft, die mit dem Mehl der deutschen Überschussbezirke gefüttert werden wird und ausserdem das tschechische Mehl zur Verfügung hat. Nun hat die deutsche Arbeiterschaft das Wort!

Umstehender Bericht wurde von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt.

Nachdem in diesem Bericht lediglich wahrheitsgetreue Tatsachen konstatiert wurden, ohne irgendwie die Verhältnisse des Staates und dessen Verwaltung einer Kritik zu unterziehen und sich diese Beschlagnahme gegen alle gesetzlichen Bestimmungen richtet, stellen die Gefertigten an den Herrn Justizminister die Anfrage:

Ist dem Herrn Minister die willkürliche Beschlagnahme dieses Berichtes der Ostböhmischen Presse bekannt? Nachdem dieser keine strafbare Handlung darstellt, stellen wir weiter die Anfrage, ob der Herr Minister bereit ist, die Aufhebung dieser Beschlagnahme zu verfügen und die Staatsanwaltsschaft in Jitschin zu veranlassen, in Zukunft solche willkürliche Beschlagnahmen zu vermeiden.

Prag, den 12. November 1920.

Kraus, Dr. Lehnert,

Dr. Hanreich, J. Mayer, Dr. Schollich, Heller, Dr. Keibl, Dr. Medinger, Dr. E. Feyerfeil, Pittinger, Dr. Kafka, Schubert, Zierhut, Böllmann, Kostka, Schälzky, Matzner, Ing. Kallina, Dr. Lodgman, Röttel, Dr. Brunar, J. Fischer.

Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1921.

I. volební období.

2. zasedání.

Pøeklad.

1530.

Interpelace

poslancù Krause, dra Lehnerta a druhù

ministrovi spravedlnosti

o zabavení "Ostböhmische Presse" v Trutnovì.

V tomto èasopisu vyšla dole uvedená zpráva o zásobování dìlnictva moukou:

Die Mehlversorgung der Arbeiterschaft.

Wie wir seinerzeit berichteten, beschlossen die Industriellen des Trautenauer und Hohenelber Bezirkes für ihre Arbeiter und Angestellten als eiserne Reserve für die zuschublose Zeit je 24 Kilogramm und für deren unversorgte Angehörigen je 12 Kilogramm Mehl im Auslande einzukaufen. Eine Abordnung war in Prag, erreichte nach langem Hin und Her die Bewilligung des Ernährungsministeriums und der Kommission für Aussenhandel wurden die Einfuhrgesuche vorgelegt. Man wartete eine Woche. Da kam die Nachricht, das Büro der Kommission hätte die Zuschrift des Ernährungsministeriums verworfen und könne sie nicht finden. Da wurde in Trautenau eine Ab schrift der Erledigung an den Industriellenverband geschickt, legalisiert und eingeschickt. Man wartete die zweite Woche. Unterdessen sank unsere Valuta täglich, das Mehl wurde täglich teurer. Man urgierte. Ja, der Referent sei auf Urlaub gewesen und erst zurückgekommen. Nun werde es schneller gehen. Es verging die dritte Woche unter weiterem Sinken der Valuta. Endlich kommt die Verständigung: Die Einfuhrbewilligung wird erteilt, aber es muss die halbprozentige Gebühl erlegt werden. Der Staat verlangt also noch für eine Mehlbe-schaffung, zu der er gar nichts beitrug, die er nur verzögerte, eine hohe Gebühr! So verbilligt er die Produktion, trägt er dazu bei, unsere Industrie gegenüber der ausländischen konkurrenzfähig zu machen, so fördert er den Preisabbau. Es ist dies ein Gegenstück zur Brotkrone, die eingeführt wurde, um ausländisches Mehl zu bescharfen, die aber nur ein Flicken wurde, um eines der tausend Löcher im Staatshaushalt zu stopfen. Wenn die Staatsgetreideanstalt im Jahr 176 Millionen für Regie braucht, ist es kein Wunder, wenn die werktätige Bevölkerung teures Brot essen muss. Diese Staatsgetreideanstalt, die, wie jedem bekannt ist, eine reine Versorgungsanstalt für Hunderte von Verwandten unserer Prager Machthaber ist. Wie billig war dagegen die ganze Dynastie trotz ihrer noblen Passionen! Dabei hatte der brave Staatsbürger was fürs Gemüt, wenn so ein erlauchter Herr eine Austellung eröffnete oder mit müden Händen eine Frohnleichnamskerze trug. Seine Nachfolger sind viel weniger dekorativ trotz der höheren Kosten. — Nun gut, man hofte also, das Mehl werde wenigstens kommen, wenn es auch teuer sein werde. Aber es kommt noch viel besser!

Am 12. sprach in Prag eine Abordnung der Braunauer Industrie vor. Diese wollte gleichfalls unter den Trautenauer Bedingungen Mehl einführen. Zu ihrem grössten Erstaunen erfuhren nun die Herren, dass die Bewilligung des Ernährungsministeriums nicht erteilt werden könne. Über den Grund wirst auch Du, lieber Leser, etwas erstaunt sein! Die Arbeiterschaft erlaubt es nicht. Welche Arbeiterschaft? Die der zentralen Bezirke. Die Arbeiter der Randbezirke dürfen es nicht besser haben als die anderen. Der Vorstand des Departements 5 hintertreibt, also weitere Bewilligungen. Und die bereits erteilten werden wahrscheinlich zurückgezogen. — Niemand hätte es mehr begrüsst, als wir, wenn der Staat selbst, der sich sonst in alles einmengt, alles verstaatlichen will, jede Privatwirtschaft ausschalten will, sich um die Mehlversorgung gekümmert hätte. Er hat ja doch kostspielige Organe dazu, ist mit allen wichtigen Staaten der Welt eng befreundet. Warum sorgte er nicht für unsere Mägen? Er tat gar nichts. Unsere Kartoffeln liess man in Deutschbrod absichtlich erfrieren. Das Eisenbahnmini-sterium verbot die Benützung geschlossener Wagen, das Staatsgetreideamt verzögerte die Absendung. Daran hatte auch jemand ein Interesse: die Spiritus und Stärkefabriken. Mehr wollen wir nicht sagen. Nun kommt diese überraschende Wendung der Mehlangelegenheit. Die tschechische Arbeiterschaft wünscht, dass die deutsche Darüber herrscht kein Zweifel. Die tschechische Arbeiterschaft, die mit dem Mehl der deutschen Überschussbezirke gefüttert werden wird und ausserdem das tschechische Mehl zur Verfügung hat. Nun hat die deutsche Arbeiterschaft das Wort!

Tuto zprávu státní zastupitelství zabavilo.

Ježto v této zprávì byly konstatovány jen pravdivé skuteènosti, aniž se pomìry státu a jeho správy nìjak posuzovaly, a ježto toto zabavení jest proti všem zákonným ustanovením, táží se podepsaní pána ministra spravedlnosti:

Ví pan ministr o samovolném zabavení této zprávy v Ostböhmische Presse? Ježto zpráva tato neobsahuje trestného èinu, tážeme se dále, zda pan ministr jest ochoten naøíditi, aby toto zabavení se zrušilo, a zaøíditi, aby státní zastupitelství v Jièínì vyvarovalo se pøíštì takovému samovolnému zabavování?

V Praze dne 12. listopadu 1920.

Kraus, Dr. Lehnert,

Dr. Hanreich, J. Mayer, Dr. Schollich, Heller, Dr. Keibl, Dr. Medinger, Dr. E. Feyerfeil, Pittinger, Dr. Kafka, Schubert, Zierhut, Böllmann, Kostka, Schälzky, Matzner, inž. Kallina, Dr. Lodgman, Röttel, Dr. Brunar, J. Fischer.

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP