Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1921.
I. volební období.
2. zasedání.
Pùvodní znìní.
1327.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Alois Baeran und Genossen
an den Minister des Innern
betreffend die Beschlagnahme eines Leitartikels des Südmährerblattes und des Montagblattes.
Das Südmährerblatt und das Montagsblatt in Brünn haben in ihrer Nummer vom 8. Jänner 1921 folgenden Leitartikel gebracht:
Der Präsident und die Bürokratie.
Der Präsident dieses Staates war Universitätsprofessor. Als solcher mußte er sich einen gewissen Idealismus erhalten, der ihm den Heiligenschein der wenn auch nicht rechtlichen, so doch faktischen Majestät verschafft. Das tschechishe Volk liebt Prunk und Äußerlichkeit und ist trotz aller Republik und Demokratie monarchistisch geblieben. Der österreichische Kaiser war lange nicht mit soviel bunter Äußerlichkeit ausgestattet als der ungekrönte tschechische Präsident auf dem Hradschin. Und wenn auch die Kramáø-Leute ihn nicht mögen, Majestät ist die Präsidentschaft in ihren Augen doch. In keiner Monarchie und sei sie noch so absolutistisch, ist der Bürokratismus so stark wie in Prag. Seine Fehler haben diesem Staate bereits unheilvolle Wunden geschlagen und er ist es auch, der das Ansehen Masaryks in ein schiefes Licht bringt. Der Präsident erhob zum wiederholten Male bereits seine tadelnde Stimme wider die Korruption und Gesetzwidrigkeit. Korruption und Gesetzwidrigkeit sind aber selbst im zaristischen Rußland nicht so blühend gewesen wie bei uns. In Prag ist alles käuflich, Gesetz is bedrucktes Papier.
Im Sommer 1920 erschien auf dem bei läutig 25 km von Prag entfernten Schlosse L. ein staatliches Autound teilte dem
Gutsverwalter mit, daß in den nächsten Tagen der Präsident mit seinem Hofstaate Sommeraufenthalt daselbst nehmen werde. Der Besitzer des Schlosses weilte im Auslande und ohne ihn gehört zu haben, wurde das Schloß besetzt. Nach den schönen Wochen der Sommerresidenz erhielt der Schloßherr ein persönliches Dankschreiben des Präsidenten.
Es ist kein Zweifel, daß dieser Vorgang ein grober Verstoß der Bürokratie war. In einem normalen Rechtsstaate setzt man das Staatsoberhaupt nicht solchen Ungehörigkeiten aus. Noch ärger ist aber folgender Vorgang: Bekanntliche beschloß das Prager Revolutionsparlament, dem Präsidenten eine Million als Nationalgeschenk zu geben. Eines schönen Tages erschien auf dem Schlosse M., das ebenfalls nicht weit entfernt von Prag liegt, wieder einmal ein Staatsautomobil, die darinnen sitzenden Herren sprechen beim Gutsbesitzer vor und teilen ihm mit, daß man auf dem Hradschin beschlossen hätte, für diese Million das Schloß anzukaufen. Der Schloßherr wehrte sich und machte darauf aufmerksam, daß dies sein einziger Besitz sei. Wo sollte er denn hin? Die Kommission machte ihm energisch kund und zu wissen, daß er drei Meierhöfe habe, für den Präsidenten werde aber bloß das Schloß mit einem Meierhofe gekauft. Darauf der Graf: Ja aber, wo werde ich dann wohnen? Bauen kann man heute nicht. Paar Tage später fährt abends ein Auto vor. Zwei Herren entsteigen ihm, besichtigen das Schloß, der Hausherr wird nicht aufgesucht, als das Auto nach einer Stunde fortfährt, steht die Schuljugend im Dorfe, die Feuerwehr und was sonst noch da ist, auf der Straße undbeschreit das. geheimnisvolle Auto mit Slava-Rufen. Und wieder paar Tage später, da fährt wieder ein Staatsauto vor und die Herren von Prag teilen dem Grafen mit: Das Schloß muß gekauft werden. Bedenken Sie: Sie stehen vor der Vermögensabgabe und vor der Autteilung des Großgrundbesitzes. Wir werden. Ihnen nun folgendes sagen: Kommen Sie uns bei diesem Schloßkaufe entgegen und machen Sie. uns keine Schwierigkeiten, so werden wir beide Augen bei der Vermögensabgabe und bei der Aufteilung des Großgrundbesitzes zumachen.
Das ist wohl eine starke Entgleisung der Bürokratie. Nie und nimmer durfte ein Staatsbeamter so sprechen, noch viel weniger aber ein Hofbeamter vom Hradschin. Eine solche Handlungsweise müßte auch Masaryk auf das schärfste verurteilen, wenn er Kenntnis von ihr hätte. Und unglaublich klingt auch folgende leider wahre Geschichte:
Die Familie des Grafen L. St. in Prag hätte seit 15 Jahren einen Koch im Hause, der, als Leuchte der Kochkunst weithin bekannt, schön so eine Art von Möbelstück des Hauses geworden war. Dieser Koch nun erscheint vor kurzem spät abends beim Grafen und teilt ihm mit, er müsse mit dem morgigen Tage aus dem Dienste treten. Die Familie war darob nicht wenig bestürz, der Graf meint, ein so plötzliches Austreten gehe doch wider Gesetz und Recht, aber der Koch sagt dar auf: Herr Graf, ich hatte bei Ihnen monatlich 500 K samt Verköstigung und Bekleidung und ich war 15 Jahre glücklich in. Ihrem Hause. Gestern wurde ich auf den Hradschin gerufen und dort teilten mir die Herren mit, ich. müsse den Posten beim Präsidenten annehmen. Ich bekomme 17.550 K jährlich Gehalt, erhalte ein Staatsauto zur Benutzung und zugleich erhielt ich ein Dekret als Staatsbeamter der 7. Rangsklasse. Über die Bedenken des sofortigen Dienstantrittes ohne Kündigung bei Ihnen, Herr Graf, könne ich mich hinwegsetzen, da ich beim Präsidenten den Dienst antrete.
Derlei Hirschauerstückchen kompromitieren. Leichtfertigkeit kann man das nicht mehr nennen, das ist Dummheit, unfähiger Bürokraten, welche durch Übereifer glänzen wollen. Viel böses Blut machte es schon, daß der Sohn Masaryks im diplomatischen Dienste unterkam. Seine Baumwolleinkäufe in Südamerika werden speziell in industriellen Kreisen m tausend Variationen glossiert. Wozu dies alles? Noblesse oblige, Adel verpflichtet, Stellung jedoch noch mehr. Die Beamten am Hradschin mußten alles daran setzen, um den Mann, der vom Königsstuhle verkündet: Die Korruption muß bekämpft werden weit sie die Gesellschaft vergiftet, vor jedem Fehler, und sei es auch bloß ein Schein von Fehler, zu bewahren. So wars beim Kaiser und so muß es auch bei dem sein, der ungekrönt ein König ist. in dem herrlichen Königschlosse von Prag. Wer dies nicht tut, verdient gezüchtigt zu werden.
In diesem Falle wurde alles, was den Herrn Präsidenten Masaryk betrifft, konfisziert. Abgesehen davon, daß in diesem Leitartikel nicht ein Wort der Beleidigung des Präsidenten steht, muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß die von der Bürokratie verschuldeten Fälle den Tatsachen entsprechen, deren Unterdrükkung und Verleugnung wiederum mit den Grundsätzen eines Freiheitsstaates nicht in Einklang zu bringen ist.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Minister des Innern die Anfrage, ob es ihm bekannt ist, warum dieser Artikel konfisziert wurde und was er zu tun gedenkt, um den Staatsanwalt darauf aufmerksam zu machen, daß er das Gesetz objektiv zu handhaben hat.
Prag, am 18. Jänner 1921.
Dr. Baeran,
Dr. Keibl, Dr. W. Feierfeil, Ing. Kallina, Dr. Hanreich, Kaiser, Køepek, Dr. Lodgman, Dr. Radda, Dr. Schollich, Böhr, Dr. E. Feyerfeil, Matzner, Schälzky, Röttel, Bobek, J. Fischer, Budig, Dr. Petersilka, Patzel, Simm.
Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1921.
I. volební období.
2. zasedání.
Pøeklad.
1327.
Interpelace
poslance Dra Baerana a druhù
ministrovi vnitra
o zabavení úvodníku v "Südmährerblatt" a "Montagsblatt".
Südmährerblatt a Montagsblatt v Brnì pøinesly v èísle ze dne 8. ledna 1921 tento úvodník:
(Viz pùvodní znìní interpelace.)
V tomto pøípadì bylo zabaveno vše, co se týká pana presidenta Masaryka. Nehledì k tomu, že v tomto úvodníku není slova urážky presidenta, musíme upozorniti na to, že pøípady, zavinìné byrokracií, odpovídají skuteènostem, avšak jejich potlaèování a zapírání nelze uvésti v soulad se zásadami svobodného státu.
Podepsaní táží se proto pana ministra vnitra, zda ví, proè byl tento èlánek zabaven a co zamýšlí uèiniti, aby upozornil státního zástupce na to, že má zákona užívati objektivnì.
V Praze dne 18. ledna 1921.
Dr. Baeran,
Dr. Keibl, Dr. W. Feierfeil, inž. Kallina, Dr. Hanreich, Kaiser, Køepek, Dr. Lodgman, Dr. Radda, Dr. Schollich, Böhr, Dr. E. Feyerfeil, Matzner, Schälzky, Röttel, Bobek, J. Fischer, Budig, Dr. Petersilka, Patzel, Simm.