Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1920.

I. volební období.

1. zasedání.

Pùvodní znìní.

377.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Schollich und Genossen

an den Minister des Innern,

betreffend die Beschlagnahme der "Deutschen Post" in Troppau vom 30. Juni 1920. 

Die Troppauer Staatsanwaltschaft verfolgt mit einer besonderen Schärfe die deutsche Zeitung "Deutsche Post" und beschlagnahmt darin Artikel, die in vielen anderen deutschen Zeitungen vollständig unbeanständet bleiben. So verfiel die Ausgabe vom 30. Juni 1920 neuerdings der blinden chauvinistischen Gehässigkeit des Herrn Staatsanwaltes und zwar wegen zweier Artikel, die durch viele deutsche Blätter ohne Anstand gegangen waren. Aus dem Aufsatze "Volkstum und Klassenpolitik" wurde beschlagnahmt:

Erwägt man, ob die Verhältnisse im tschechischen Herrenstaate überhaupt der Erfüllung sozialistischer Ideale günstig sind, so drängt sich die Vorfrage auf: Was will der neugegründete Staat und die geeinte tschechische Demokratie, die ihn trägt und führt? Nichts anderes, als in unstillbarer Gier zunächst alle Spuren deutschen Wesens vertilgen, deutsche Schulen, den Böden, die Städte, die Volkswirtschaft unterjochen. Das ist der Sinn der 500 Gesetze, welche die abgetretene tschechische "Nationalversammlung" unter eifrigster Teilnahme und Führung der ausschlaggebenden tschechischen Sozialdemokratie sowie unter Fernhaltung der anderen Völker der Republik beschloß.

Es ist jetzt Pflicht der dreieinhalb Millionen Deutschen, die feindselige Tendenz des Staates zu brechen und sich die Bedin-, gungen einer freien Zukunft durch einen großen Volkskampf zu erzwingen, wozu ja gerade das letzte halbe Jahrhundert europäischer Geschichte lehrreiche Beispiele liefert. Eine Täuschung über die Lage der Dinge ist ausgeschlossen. Die Lösung der sozialen Aufgaben, die Industrialismus und Kapitalismus heranreifen ließen, steht auf der Tagesordnung der Gegenwart, und sicherlich wird unsere Gesamtnation, wie bisher im Aufbau einer neuen, gesunden Rechtsund Wirtschaftsordnung den anderen vorangehen. Sie scheint berufen, die Entwirrung der strittigen Gedanken, Hoffnungen und Probleme in dieser brennenden Sorge der Menschheit anzubahnen. Wie keine Arbeiterklasse der Welt hat die deutsche bis zur Verleugnung eigener Interessen für das Evangelium der Völkerbrüderlichkeit gerungen und gelitten. Diesem Glauben alle Ehre Aber die im Zuge befindliche Unterdrückung, Entrechtung und Zerreißung von Staaten und Nationen durch einen "Obersten Rat" von fünf Personen zu Paris ist ein so ungeheuerliches Ereignis der Zeitgeschichte, daß wir aus allen Träumen geschüttelt und in den Kampf um das ewige Recht unserer Brüder und Schwestern von allen Seiten hineingedrängt werden.

Lassen wir die Zahlen sprechen! Sie übertrumpfen die heftigste Leidenschaft. Der Friede von Versailles und St. Germain diktiert: 54 Millionen Deutsche dürfen fernerhin in drei "freien" Vaterländern, dem Deutschen Reiche, Österreich und der Schweiz ihr Leben behalten. Dagegen werden 7 1/2 Millionen vom geschlosùsenen deutschen Sprachgebiete in Mitteleuropa aufgeteilt und in foigenden Staaten der Fremdherrschaft ausgeliefert:

Dänemark

50.000

Belgien

115.000

Frankreich

1,500.000

Italien

270.000

Jugoslawien

110.000

Tschechoslowakei

3,500.000

Polen

2,000.000

Weiters erhalten Rumänien fast eene Million Deutsche, Jugoslawien etwa 400.000, Polen eine halbe Million Inseldeutsche, im cerkleinerten Ungarn verbleiben immer noch 200.000 Deutsche, die seit Jahrhunderten abseits der großen nationalen Heimat blühende Landstriche bewohnen und seinerzeit der Wildnis abgewonnen haben. In Großrußland und den baltischen Staaten harren über zwei Millionen Deutsche ihres ungewissen Schicksals.

Zusammengefaßt: Die Deutschen in Europa werden auf ihrem eigenen Mutterboden allein schon in zehn Staatsverbände zerrissen!

Wir können uns nicht denken, daß irgend ein Volk der Erde so unwürdige und unerträgliche Verhältnisse auch nur einen. Tag hinnehmen könnte. Und daraus holen wir Vertrauen, daß eine so unsittliche und gefährliche,"Ordnung" nimmermehr Bestand haben kann. Der Freiheitsgedanke der Völker spottet dieser verblendenten Weltverteilung die den Erdteil nie zur Ruhe kommen ließe. Was schließlich den kaum 7 Millionen Tschechen recht wäre, muß für 75 Millionen zusammenhängend wohnende Deutsche billig sein: "Ich mein Herr, du dein Herr."

So ist die nationale Freiheit und Einheit des Deutschtums eine unmittelbare Voraussetzung seiner Befähigung, den Bau der sozialen Berechtigung aufzurichten. Der wirtschaftliche Klassenkampf mag dem deutschen Arbeiter in dieser Zeit der Not und Aushungerung im Siegerstaat handgreiflich naheliegen und dle Versuchung einer "nur wirtschaftlichen sozialistischen Politik im Bunde aller Nationalitäteh" verlockend sein. Ministerpräsident Genosse Tusar allein bietet jedoch bestimmt keine Gewähr, daß der välkerbunte, von Bajonetten gestützte Freistaat mit tschechischer Verfassung selbst im bescheidensten Umfange für einen wirtschaftlichen Aufstieg des deutschen arbeitenden Volkes in Betracht kommen könnte. Dieses verwegen dreinschauende Staatsgebilde mit seinen Heerscharen von Soldaten, Beamten und sonstigen Kostgängern seines Haushaltes dürfte schwerlich eine Insel der Seligen im ruinierten Europa werden. Wiederaufbau, Arbeit, Weltwirtschaft und Verkehr bleiben an feste politische und gesellschaftliche Zusrände gebunden, die das entschwundene Selbst vertrauen den Völkern und jedem einzelnen zurückgeben. Je früher der Wahnsinn jenes "Friedens", auf den Masaryk, Benesch, Tusar usw., ihr Werk einstellen, in das Nichts versinkt, desto rascher öffnen sich die Wege, auf denen die organisierte Arbeiterklasse nach ihrem wirtschaftlichen und kulturellen Zielen streben kann.

Die verschämte Erwartung, beziehungsweise heiße Sehnsucht, daß die tschechischen regierenden Genossen sich auf die proletarische Kampfgemeinschaft besinnen werden, unterschätzt die Verlogenheit des tschechischen Nationalismus und ist wohl eitel zu nennen. Nach Ursprung, Lebenszweck und innerer Struktur ist die Tschechoslowakei für alles andere eher geeignet, als einem lebensfäh igen sozialistischen Gemeinwesen die Grundlagen zu bieten. Und die herrschende tschechische Nation? Die Summe ihrer wirtschaftlichen, technischindustriellen und handelspolitischen Fähigkeiten ist, fraglos so bescheiden, daß unsere hochstehende deutsche Arbeiterschaft unter solcher Führung auf der Reise in die Zukunft blaue Wunder erleben müßte.

In dem geschichtlichen Befreiungskampfe der Sudetendeutschen liegt Zuversicht, Kraft und Erfolg in dem einigen Willen des ganzen Volkes. Hat jeder Abschnitt unserer jahrtausendlangen inneren Entwicklung Gegensätze geboren und wieder überwunden, so wird auch die soziale Umwertung in unserem Vaterlande nicht ausbleiben. Klassenbrüderlichkeit, internationale Harmonie und Treue sind Begriffe, welche in diese tschechische Republik absolut nicht hineinpassen. Wir wollen kein Unrecht für andere, aber auch dem zerrissenen deutschen Volke müssen wir durch Arbeit und, wie es Not tut, durch entschlossenen Kampf vor allem zu Recht verhelfen.

Ebenso verfiel der Artikel "Die Wahrheit über Iglau" vollständig dem Rotstifte des Staatsanwaltes. Er lautet:

Die Wahrheit über Iglau.

Vollkommene Verfälschung der Tatsachen durch die amtlichen Berichte. Die Toten und Schwerverwundeten Opfer der Kämpfe zwischen Slowaken und Legionären.

Auf dem Umwege über Znaim gelangen nunmehr ausführliche und verläßliche Nachrichten über das Blutbad in Iglau zu unserer Kenntnis, die zwar manches bereits Bekannte enthalten, aber dennoch wertvolle Aufschlüsse über den Stand der Dinge geben. Daß die Wahrheit über die Iglauer Blutnacht so langsam durchzudringen vermochte, ist auf einen beispiellosen Terrorismus zurückzuführen, durch welchen versucht werden sollte, die Aufklärung zu hintertreiben. Verläßliche, an Ort und Stelle von vertrauenswürdigen Personen empfangene Informationen ergeben daß die amtlichen Berichte ebenso wie die Meldungen der tschechischen Presse wissentlich die Tatsachen verfälschen. Vor allem ist in diesen Berichten ganz und gar verschwiegen, daß die Totenverluste und die schweren Verwundungen nicht den Deutschen zur Last fallen, die nirgends von eincr Waffe Gebrauch machten und sich überhaupt keine Gewalttätigkeiten zu Schukden kommen ließen, sondern durch Kämpfe zwischen den tschechischen Legionären und slowakischem Militär hervorgerufen wurden. Schon in den Tagen vor der kritischen Nacht kam es verschiedentlich zu Reibungen zwischen tschechischem und slowakischem Militär, insbesonders gelegentlich der Veranstaltung des historischen Berghäuerzuges, als die slowakischen Soldaten den religiösen Zeichen ihre Verehrung darbrachten und deswegen von tschechischen Legionären verspottet wurden. Auch am Dienstag fanden kleinere Zusammenstösse statt. Als nun am Mittwoch die tschechischen Legionäre darüber berieten, auf welche Art und Weise die deutsche Sonnwendfeier gestört werden könnte, erklärten die Slowaken, daß sie so etwas nicht mitmachen.

Diese Vorgeschichte ist zur Erklärung der nachfolgenden Ereignisse äußerst wichtig, weshalb man mit allen Mitteln zu verhindern sucht, darüber etwas in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.

Mittwoch abends kam nun nach Beendigung der außerhalb der Stadt veranstalteten Sonnwendfeier der Zug der Teilnehmer, deren Zahl auf 8000-9000 Personen geschätzt wird, von der Wienerstraße her völkische Lieder singend gegen den Hauptplatz marschiert, wo schon große Gruppen von Legionären zum Teil mit Gewehren, durchwegs aber mit Dolchen bewaffnet, warteten. Als die erste Gruppe des Zuges am Platz ankam, wurde ihr zugerufen, daß es verboten sei, in der tschechischen Republik deutsch zu singen. Im gleichen Moment wurde von einem Legionär aus knieender Lage ein Schuß abgegeben, der ein Mädchen im Oberschenkel und noch einige dahinter marschierende Personen traf. Zur selben Zeit stürzte sich ein Soldat mit aufgepflanztem Bajonett auf die zweite Gruppe und stach blindwütend in die Menge. Er verwundete einen Obergymnasiasten schwer, einige andere Personen leicht. Zugleich drangen Gruppen von Soldaten von allen Seiten auf den Zug ein und hieben mit den Kolben auf die Festteilnehmer los, die fluchtartig in die Seitengassen auseinanderströmten. Die Soldaten schossen den Fliehenden nach, wobei eine Festteilnehmerin verwundet wurde und ein Soldat einen Bauchschuß erhielt. Nach wenigen Augenblicken wurden aus einer Kaserne zwei Maschinengewehre herbeigebracht und aus ihnen Salven abgegeben. Der Platz wurde regelrecht abgestreut. Durch Zeugenaussagen ist festgestellt, daß in den Gurten verstreut auch scharfe Patronen eingelegt waren. Der Zusammenstoß am Hauptplatze war infolge des raschen Auseinanderlaufens der Menge rasch vorüber, die Soldaten verfolgten die Fliehenden noch durch die Gassen bis in die Häuser. Bald war in der Stadt im allgemeinen Ruhe. Mehr als eine Stunde später, ungefähr um halb 12 Uhr, wurden plötzlich neuerlich scharfe Schüsse am Hauptplatze gehört. Eine Abteilung tschechischer Soldaten eilte gut beeaffnet gegen die große Kaserne, wo die Slowaken einquartiert sind. Zu gleicher Zeit eilte zweite Abteilung in Schwarmlinie über den Josefsplatz durch die Kreuzgasse, ebenfalls gegen die große Kaserne, gegen welche ein lebhaftes Feuer eröffnet wurde. Der Haß der tschechischen Soldaten richtete sich gegen die Slowaken, denen es eigentlich zu danken ist, daß das Blutbad unter den Deutschen nicht größer geworden war.

Das Gefecht zwischen den Tschechen und Slowaken dauerte längere Zeit an, es ist jedoch wenig über den Verlauf zu erfahren, da die Zivilbewohner sich wohlweislich fernhielten, die Slowaken jetzt streng kaserniert sind und von tschechischer Seite nichts darüber mitgeteilt wird. Tatsache ist, daß die beiden Opfer, die vor der Filiale der Živnostenská banka und vor der Post lagen, aus diesem, nicht aber aus dem Kampf mit den Deutschen stammen. Die Rettungswagen, welche die Verwundeten aus den ersten Zusammenstössen schon aus dem Rathause abtransportiert hatten, bei welcher Gelegenheit übrigens die Wagen mehrfach überfallen wurden, traten nach Mitternacht neuerlich in Aktion und hatten bis in die ersten Morgenstunden zu tun.

Am nächsten Morgen fand eine ad hoc einberufene tschechische Versammlung am Hauptplatz statt, in welcher in gemeinster Weise gegen die Deutschen gehetzt wurde, insbesonders der obmann der "Národní rada" Dr. Èervený und der Leiter der Mähr-schlesischen Bank Zápotocký, hielten Brandreden aufreizendsten Inhaltes; Dr. Èervený forderte direkt die Zuhörer zur Rache (aby jsi pomstili) auf. Der Erfolgzeigte sich auch in einer sofort anschließenden Deutschenhetze, bei welcher alle auf der Gasse angetroffenen Deutschen in unflätigster Art beschimpft und vielfach auch tätlich angegriffen wurden.

Wenn sich einzelne deutsche Personen auf der Straße zeigen, werden sie von tschechischen Wegelagerern umringt und mißhandelt, welche ihre Heldentaten mit den Ausrufen: "Die Deutschen werden zusammengefangen!" begleitet. Es genügt oft der Hinweis, "das ist auch ein Deutscher", um den Bezeichneten zu verprügeln. Zur Aufstachelung der tschechischen Bevölkerung wurde überdies ein Bild des Alt-Bürgermeisters Inderka an der belebtesten Strassenecke (Spitalgasse-Hauptplatz) mit einem Nagel durch den Kopf befestigt und darunter geschrieben: "Lump, Räuber, Mörder des tschechischen Volkes Iglaus". Ueberall wurden. - jedoch ohne Erfolg - Hausdurchsuchungen veranstaltet, außerdem auch eine ganze Reihe angesehener Deutscher verhaftet, wobei sie - gefesselt - auf dem Wege zum Rathaus den Angriffen der verrohten tschechischen Menge, unter der sich besonders Frauen befanden, preisgegeben waren. Im Rathaus hatte inzwischen Dr. Èervený eine diktatorische Herrschaft eingerichtet. Die Polizei und sämtliche deutsche Beamten der Stadt wurden ihres Dienstes enthoben. Der Telephon- und Telegraphenverkehr wurde den Deutschen mit der ausdrücklichen Bemerkung gesperrt: "Zuerst werden wir unsere Berichte abschicken". Unter den verhafteten Deutschen seien erwähnt: Gemeinderat Nessel, der schwer mißhandelt wurde, Altbürgermeister Inderka und sein Sohn, Fabrikant Beno Sedlak, Kafetier Simader, die beiden Brüder Rippl, Lehrer Meixner, der Obmann des D. H.-V. Rossa, der beurlaubte tschechoslowakische Leutnant Procháska, ein Deutscher, Herr Prihoda jun., Herr Stutz und Stadtpfarrcr Professor Honsig, der gleichfalls arg mißhandelt wurde. Im Ganzen wurden ungefähr 60 Personen verhaftet. Acht Personen wurden abends in die Frohnfeste eingeliefert. Am selben Morgen stellten die tschechischen Arbeiterorganisationen in den einzelnen Fabriken das Verlangen nach sofortiger Entlassung aller deutschen Arbeiter. In der Tabakfabrik sagte der Direktor die Entlassung der Hälfte der deutschen Bediensteten zu. Bei der Verwaltung der Gemeinde steht dem Dr. Èervený ein Ausschuß aller tschechischen Parteien zur Seite, dem von deutscher Seite nur ein Sozialdemokrat namens Aschmann angehört. Der Sicherheitsdienst in der Stadt wird von tschechischen Militär mit Schußwaffe und von Sokoln versehen. In der Stadt herrscht überall noch groäe Erregung. Es wurde eine Art Belagerungszustand verhängt, die Häuser müssen um 9 Uhr geschlossen sein, in den Gast- und Kaffeehäusern dürfen keine alkoholischen Getränke ausgeschänkt werden, Versammlungen auf der Straße und in geschlossenen Räumen sind verboten. Trotzdem sammeln sich aber auf dem Hauptplatz ständig Gruppen tschechischer Passanten an, die ganz ungestraft beleidigende und verhetzende Aeußerungen über die Deutschen machen. Die Deutschen fühlen sich vollkommen rechtlos, sie sind allen Anfeindungen schutzlos preisgegeben. Die Gesamtzahl aler Verwundeten dürfte 70 betragen, darunter 12 schwere.

Jeder objektiv denkende Mensch, der nicht wie der Herr Staatsanwalt von brennendem Ehrgeiz beseelt ist, wird bei ruhiger Durchsicht der beiden Artikel zugeben müssen, daß der Inhalt in gar keiner Weise das Vorgehen des Staatsanwaltes rechtfertigt. In einem angeblich demokratichen Staatswesen sollte das Recht der freien Meinungsäußerung auch einem tschechoslowakischen Staatsanwalte heilig sein, wenn nicht seine Handlungsweise nur ein Akt roher Gewalt und blinder Gehässigkeit ist, darauf berechnet, durch solche Schikanen jedes freie Wort zu unterdrücken und das betreffende Blatt durch den schweren wirtschaftlichen Schaden einer Beschlagnahme mundtot zu machen.

In dieser Erwägung stellen die Gefertigten die Anfrage an die Regierung:

1. Bestehen für den Staatsanwalt in Troppau besondere Bestimmungen für die Beschlagnahme deutscher Zeitungen oder stellt dessen Vorgangsweise nur einen unverantwortlichen Übergriff dar?

2. Wann gedenken der Herr Minister diesem Staatsanwalt seine ungerechtfertigte, das Blatt schwer schädigende Tätigkeit einzustellen und ihn für den angerichteten Schaden verantwortlich zu machen?

3. Wie gedenken der Herr Minister die "Deutsche Post" für die mehrfachen Unkosten schadlos zu halten?

Prag, am 6. Juli 1920.

Dr. Schollich,

Dr. Lodgman, Dr. Baeran, Dr. Brunar, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Kraus, Kaiser, Kostka, Dr. W. Feierfeil, Dr. Lehnert, Dr. Radda, Böllmann, Zierhut, Schälzky Budig, Ing. Kallina, Dr. Luschka, Matzner, Böhr, Bobek, Køepek, Dr. Hanreich.

 

 

Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1920.

I. volební období.

1. zasedání.

377.

Interpelace

poslance Dra Schollicha a soudruhù

na ministra vnitra

o zabavení èasopisu "Deutsche Post" v Opavì ze dne 30. èervna 1920. 

Opavské státní zastupitelství pronásleduje s obzvláštní pøísností nìmecké noviny "Deutsche Post" a zabavuje v nich èlánky, které v mnoha jiných nìmeckých novinách projdou bez závady. Tak znova propadlo slepé šovinistické nenávisti pana státního zástupce vydání ze dne 30. èervna 1920, a to pro dva èlánky, které prošly mnoha nìmeckými listy bez závady. Ze èlánku "Volkstum und Klassenpolitik" bylo zabaveno:

Erwägt man, ob die Verhältnisse im tschechischen Herrenstaate überhaupt der Erfüllung sozialistischer Ideale günstig sind, so drängt sich die Vorfrage auf: Was will der neugegründete Staat und die geeinte tschechische Demokratie, die ihn trägt und führt? Nichts anderes, als in unstillbarer Gier zunächst alle Spuren deutschen Wesens vertilgen, deutsche Schulen, den Böden, die Städte, die Volkswirtschaft unterjochen. Das ist der Sinn der 500 Gesetze, welche die abgetretene tschechische "Nationalversammlung" unter eifrigster Teilnahme und Führung der ausschlaggebenden tschechischen Sozialdemokratie sowie unter Fernhaltung der anderen Völker der Republik beschloß.

Es ist jetzt Pflicht der dreieinhalb Millionen Deutschen, die feindselige Tendenz des Staates zu brechen und sich die Bedin-, gungen einer freien Zukunft durch einen großen Volkskampf zu erzwingen, wozu ja gerade das letzte halbe Jahrhundert europäischer Geschichte lehrreiche Beispiele liefert. Eine Täuschung über die Lage der Dinge ist ausgeschlossen. Die Lösung der sozialen Aufgaben, die Industrialismus und Kapitalismus heranreifen ließen, steht auf der Tagesordnung der Gegenwart, und sicherlich wird unsere Gesamtnation, wie bisher im Aufbau einer neuen, gesunden Rechtsund Wirtschaftsordnung den anderen vorangehen. Sie scheint berufen, die Entwirrung der strittigen Gedanken, Hoffnungen und Probleme in dieser brennenden Sorge der Menschheit anzubahnen. Wie keine Arbeiterklasse der Welt hat die deutsche bis zur Verleugnung eigener Interessen für das Evangelium der Völkerbrüderlichkeit gerungen und gelitten. Diesem Glauben alle Ehre Aber die im Zuge befindliche Unterdrückung, Entrechtung und Zerreißung von Staaten und Nationen durch einen "Obersten Rat" von fünf Personen zu Paris ist ein so ungeheuerliches Ereignis der Zeitgeschichte, daß wir aus allen Träumen geschüttelt und in den Kampf um das ewige Recht unserer Brüder und Schwestern von allen Seiten hineingedrängt werden.

Lassen wir die Zahlen sprechen! Sie übertrumpfen die heftigste Leidenschaft. Der Friede von Versailles und St. Germain diktiert: 54 Millionen Deutsche dürfen fernerhin in drei "freien" Vaterländern, dem Deutschen Reiche, Österreich und der Schweiz ihr Leben behalten. Dagegen werden 7 1/2 Millionen vom geschlosùsenen deutschen Sprachgebiete in Mitteleuropa aufgeteilt und in foigenden Staaten der Fremdherrschaft ausgeliefert:

Dänemark

50.000

Belgien

115.000

Frankreich

1,500.000

Italien

270.000

Jugoslawien

110.000

Tschechoslowakei

3,500.000

Polen

2,000.000

Weiters erhalten Rumänien fast eene Million Deutsche, Jugoslawien etwa 400.000, Polen eine halbe Million Inseldeutsche, im cerkleinerten Ungarn verbleiben immer noch 200.000 Deutsche, die seit Jahrhunderten abseits der großen nationalen Heimat blühende Landstriche bewohnen und seinerzeit der Wildnis abgewonnen haben. In Großrußland und den baltischen Staaten harren über zwei Millionen Deutsche ihres ungewissen Schicksals.

Zusammengefaßt: Die Deutschen in Europa werden auf ihrem eigenen Mutterboden allein schon in zehn Staatsverbände zerrissen!

Wir können uns nicht denken, daß irgend ein Volk der Erde so unwürdige und unerträgliche Verhältnisse auch nur einen. Tag hinnehmen könnte. Und daraus holen wir Vertrauen, daß eine so unsittliche und gefährliche,"Ordnung" nimmermehr Bestand haben kann. Der Freiheitsgedanke der Völker spottet dieser verblendenten Weltverteilung die den Erdteil nie zur Ruhe kommen ließe. Was schließlich den kaum 7 Millionen Tschechen recht wäre, muß für 75 Millionen zusammenhängend wohnende Deutsche billig sein: "Ich mein Herr, du dein Herr."

So ist die nationale Freiheit und Einheit des Deutschtums eine unmittelbare Voraussetzung seiner Befähigung, den Bau der sozialen Berechtigung aufzurichten. Der wirtschaftliche Klassenkampf mag dem deutschen Arbeiter in dieser Zeit der Not und Aushungerung im Siegerstaat handgreiflich naheliegen und dle Versuchung einer "nur wirtschaftlichen sozialistischen Politik im Bunde aller Nationalitäteh" verlockend sein. Ministerpräsident Genosse Tusar allein bietet jedoch bestimmt keine Gewähr, daß der välkerbunte, von Bajonetten gestützte Freistaat mit tschechischer Verfassung selbst im bescheidensten Umfange für einen wirtschaftlichen Aufstieg des deutschen arbeitenden Volkes in Betracht kommen könnte. Dieses verwegen dreinschauende Staatsgebilde mit seinen Heerscharen von Soldaten, Beamten und sonstigen Kostgängern seines Haushaltes dürfte schwerlich eine Insel der Seligen im ruinierten Europa werden. Wiederaufbau, Arbeit, Weltwirtschaft und Verkehr bleiben an feste politische und gesellschaftliche Zusrände gebunden, die das entschwundene Selbst vertrauen den Völkern und jedem einzelnen zurückgeben. Je früher der Wahnsinn jenes "Friedens", auf den Masaryk, Benesch, Tusar usw., ihr Werk einstellen, in das Nichts versinkt, desto rascher öffnen sich die Wege, auf denen die organisierte Arbeiterklasse nach ihrem wirtschaftlichen und kulturellen Zielen streben kann.

Die verschämte Erwartung, beziehungsweise heiße Sehnsucht, daß die tschechischen regierenden Genossen sich auf die proletarische Kampfgemeinschaft besinnen werden, unterschätzt die Verlogenheit des tschechischen Nationalismus und ist wohl eitel zu nennen. Nach Ursprung, Lebenszweck und innerer Struktur ist die Tschechoslowakei für alles andere eher geeignet, als einem lebensfäh igen sozialistischen Gemeinwesen die Grundlagen zu bieten. Und die herrschende tschechische Nation? Die Summe ihrer wirtschaftlichen, technischindustriellen und handelspolitischen Fähigkeiten ist, fraglos so bescheiden, daß unsere hochstehende deutsche Arbeiterschaft unter solcher Führung auf der Reise in die Zukunft blaue Wunder erleben müßte.

In dem geschichtlichen Befreiungskampfe der Sudetendeutschen liegt Zuversicht, Kraft und Erfolg in dem einigen Willen des ganzen Volkes. Hat jeder Abschnitt unserer jahrtausendlangen inneren Entwicklung Gegensätze geboren und wieder überwunden, so wird auch die soziale Umwertung in unserem Vaterlande nicht ausbleiben. Klassenbrüderlichkeit, internationale Harmonie und Treue sind Begriffe, welche in diese tschechische Republik absolut nicht hineinpassen. Wir wollen kein Unrecht für andere, aber auch dem zerrissenen deutschen Volke müssen wir durch Arbeit und, wie es Not tut, durch entschlossenen Kampf vor allem zu Recht verhelfen.

Ebenso verfiel der Artikel "Die Wahrheit über Iglau" vollständig dem Rotstifte des Staatsanwaltes. Er lautet:

Die Wahrheit über Iglau.

Vollkommene Verfälschung der Tatsachen durch die amtlichen Berichte. Die Toten und Schwerverwundeten Opfer der Kämpfe zwischen Slowaken und Legionären.

Auf dem Umwege über Znaim gelangen nunmehr ausführliche und verläßliche Nachrichten über das Blutbad in Iglau zu unserer Kenntnis, die zwar manches bereits Bekannte enthalten, aber dennoch wertvolle Aufschlüsse über den Stand der Dinge geben. Daß die Wahrheit über die Iglauer Blutnacht so langsam durchzudringen vermochte, ist auf einen beispiellosen Terrorismus zurückzuführen, durch welchen versucht werden sollte, die Aufklärung zu hintertreiben. Verläßliche, an Ort und Stelle von vertrauenswürdigen Personen empfangene Informationen ergeben daß die amtlichen Berichte ebenso wie die Meldungen der tschechischen Presse wissentlich die Tatsachen verfälschen. Vor allem ist in diesen Berichten ganz und gar verschwiegen, daß die Totenverluste und die schweren Verwundungen nicht den Deutschen zur Last fallen, die nirgends von eincr Waffe Gebrauch machten und sich überhaupt keine Gewalttätigkeiten zu Schukden kommen ließen, sondern durch Kämpfe zwischen den tschechischen Legionären und slowakischem Militär hervorgerufen wurden. Schon in den Tagen vor der kritischen Nacht kam es verschiedentlich zu Reibungen zwischen tschechischem und slowakischem Militär, insbesonders gelegentlich der Veranstaltung des historischen Bcrghäuerzuges, als die slowakischen Soldaten den religiösen Zeichen ihre Verehrung darbrachten und deswegen von tschechischen Legionären verspottet wurden. Auch am Dienstag fanden kleinere Zusammenstösse statt. Als nun am Mittwoch die tschechischen Legionäre darüber berieten, auf welche Art und Weise die deutsche Sonnwendfeier gestört werden könnte, erklärten die Slowaken, daß sie so etwas nicht mitmachen.

Diese Vorgeschichte ist zur Erklärung der nachfolgenden Ereignisse äußerst wichtig, weshalb man mit allen Mitteln zu verhindern sucht, darüber etwas in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.

Mittwoch abends kam nun nach Beendigung der außerhalb der Stadt veranstalteten Sonnwendfeier der Zug der Teilnehmer, deren Zahl auf 8000-9000 Personen geschätzt wird, von der Wienerstraße her völkische Lieder singend gegen den Hauptplatz marschiert, wo schon große Gruppen von Legionären zum Teil mit Gewehren, durchwegs aber mit Dolchen bewaffnet, warteten. Als die erste Gruppe des Zuges am Platz ankam, wurde ihr zugerufen, daß es verboten sei, in der tschechischen Republik deutsch zu singen. Im gleichen Moment wurde von einem Legionär aus knieender Lage ein Schuß abgegeben, der ein Mädchen im Oberschenkel und noch einige dahinter marschierende Personen traf. Zur selben Zeit stürzte sich ein Soldat mit aufgepflanztem Bajonett auf die zweite Gruppe und stach blindwütend in die Menge. Er verwundete einen Obergymnasiasten schwer, einige andere Personen leicht. Zugleich drangen Gruppen von Soldaten von allen. Seiten auf den Zug ein und hieben mit den Kolben auf die Festteilnehmer los, die fluchtartig in die Seitengassen auseinanderströmten. Die Soldaten schossen den Fliehenden nach, wobei eine Festteilnehmerin verwundet wurde und ein Soldat einen Bauchschuß erhielt. Nach wenigen Augenblicken wurden aus einer Kaserne zwei Maschinengewehre herbeigebracht und aus ihnen Salven abgegeben. Der Platz wurde regelrecht abgestreut. Durch Zeugenaussagen ist festgestellt, daß in den Gurten verstreut auch scharfe Patronen eingelegt waren. Der Zusammenstoß am Hauptplatze war infolge des raschen


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