Støeda 8. èervence 1925
Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 353. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 8. èervence 1925 odpol.
1. Øeè posl. Uhla (viz str. 415 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Seit Wochen und Monaten wird die Regierungskoalition von inneren Krisen durchschüttelt und durchrüttelt. Alle Bemühungen, zu einer geregelten parlamentarischen Tätigkeit zu kommen, sind umsonst. Regierung und Koalition haben sich mit einem bewunderngswürdigen Fatalismus hineingefunden. Die Dinge, die sie nicht meistern können, werden eben von ihnen mit Fatalismus übergangen. Dieser Fatalismus, mit dem hierzulande das Staatsschiff gelenkt wird, erinnert sehr stark an das ehemalige berühmte "Fortwursteln" der österreichischen Regierungen. Gerade dieses System wurde früher von den Herren, die den heutigen Koalitionsparteien angehören, mit sehr scharfen Worten kritisiert. Wir sehen, wohin wir kommen. Wir finden, daß sich die Regierung, die Macher der Koalitionsparteien, wohl bemühen, das Schiff flott zu machen, die parlamentarische Arbeit in Gang zu bringen, wir sehen aber von Tag zu Tag, daß diese Bemühungen trotz alledem umsonst sind. Dieses System, das hier eingerissen ist, für das die Koalition verantwortlich ist, bringt Stillstand in die Entwicklung des Staates, es bedeutet Rückschritt, es bringt uns die Reaktion, es erregt Mißtrauen und Hoffnungslosigkeit hinsichtlich einer Besserung in den weitesten Kreisen des Volkes. Wohl bemühen sich die Soldschreiber der Regierung, alles im günstigsten Licht darzustellen. Wir haben es lesen können, daß die gegenwärtige Regierung als eine besonders mit staatsmännischer Kunst ausgestattete hingestellt wird, der jetzige Leiter der Regierung wird als ein wahrer Ausbund an staatsmännischem Geschick und Fähigkeiten gepriesen. In Wirklichkeit hat das Regieren in diesem Staat mit Staatskunst gar nichts zu tun. Was wir sehen, was wir täglich immer und immer wieder aufs neue konstatieren können, die Handlungen, die die Regierung setzt, sind nichts anderes als Roßtäuscherkunststücke, die von einem pfiffigen Bauern auf die Politik übertragen werden. Die Regierung hat kein Programm, sie hat kein Ziel, sie hat keinen politischen Blick, sie denkt nicht an die Zukunft. Wenn sie das machte, müßte sie bestrebt sein, die Völker dieses Staates zu versöhnen, die Völker zur Mitverantwortung, zur Mitarbeit heranzuziehen. Die Regierung lebt aber von heute auf morgen. Das Parlament ist krank, es wird ihm wie einem schwerkranken Patienten eine strenge Diät verordnet, es darf sich durchaus nicht überarbeiten. Die Bissen werden ihm sehr klein zugeschnitten. Die bösen Wirkungen dieses Systems sind natürlich nicht nur auf das Parlament beschränkt, sie zeigen sich in der unliebsamsten Weise in allen Zweigen der staatlichen Verwaltung und wirken auch weit darüber hinaus. Kaum haben wir gehört, daß in der inneren Politik wieder Sonnenschein herrscht, so wird dieser Sonnenschein schon wieder getrübt durch neue Wolken, die am politischen Horizont aufziehen. Die Nuntiusaffäre ist jetzt lebendig und sie wird die Koalition wieder innerlich erschüttern. Es wird wieder Zeit und Mühe kosten, diesen Gegensatz zu überbrücken. Es ist dies die Folge der Halbheiten und Kompromisse, mit denen die Koalition seit Jahren laviert. Was ist den eigentlich geschehen? Das Staatsoberhaupt und der Ministerpräsident beteiligen sich an der Feier des Hustages. Hus pielt gewiß in der Geschichte der èechischen Nation keine geringe, er spielt gewiß eine hervorragende Rolle. Er vertrat aber das revolutionäre, das fortschrittliche Prinzip; das ist und kann den Klerikalen nicht recht sein, deshalb die geradezu erstaunliche Geste der Klerikalen. Die Aufheiterung, von der in der inneren Politik gesprochen wurde, ist wieder vorüber, am politischen Horizont ziehen neue Wolken auf. Es ist die Schuld der Koalition, daß sie diese Frage nicht von Grund auf regelt, daß sie nur immer wieder mit Halbheiten und Kompromissen sich selbst neues Leben einzuhauchen und damit auf die Dauer zu regieren versucht. Das wird natürlich mit der Zeit doch nicht möglich sein, es wird sich auch an der Koalition das Schicksal erfüllen.
Wir haben uns heute mit dem Staatsrechnungsabschluß für das Jahr 1922 zu beschäftigen. Den besten Aufschluß über den Geist, der die Finanzpolitik eines Staates beherrscht, bietet die Art, wie man die Steuern eintreibt und von wo man sie holt. Die Belastung der Einwohner der verschiedenen Staaten durch Steuern zeigt uns, wie weit wir hier auf diesem Gebiete gekommen sind, daß gerade die Bevölkerung der Èechoslovakei außerordentlich belastet ist. Wir marschieren heute in dieser Beziehung an der Spitze der europäischen Staaten. Wichtig und charakteristisch für die Steuerpolitik ist die Verteilung der Steuern. Wir haben gesehen, daß die direkten Steuern 1920 832,208.000 Kronen betrugen. Sie sind 1924 auf die Summe von 1.759,000.000 Kronen gestiegen. Wie schaut dagegen die Höhe der indirekten Steuern aus? Bringen uns die direkten Steuern im Jahre 1924 1.759,000.000 Kronen, so bringen uns die indirekten Steuern volle 6.747,000.000 Kronen. Wir sehen also, daß von den Einnahmen des Staates durch Steuern 22·2% aus den direkten, 77·8% aus den indirekten Steuern kommen. Das bedeutet natürlich eine ungebührliche und ungeheuerliche Belastung des kleinen Mannes und insbesondere der arbeitenden Bevölkerung. Man darf sich doch nur die Wirkungen vorstellen, die gewisse Steuern üben. Die Personaleinkommensteuer, die Warenumsatzsteuer, die Zuckersteuer, die Getränkesteuer, die Branntweinsteuer, die Fleischsteuer, die Kohlensteuer, die Zölle - alle diese Steuern belasten über Gebühr den kleinen Mann, die arbeitende Bevölkerung, die minderbemittelten Volksschichten.
Der vorliegende Rechnungsabschluß bietet uns wieder mannigfachen Einblick in die Staatsverwaltung. Wenn wir das Kapitel "Innenministerium" überschauen, finden wir bei den außerordentlichen Ausgaben eine Überschreitung von 1,013.000 Kronen. Diese Überschreitung ist durch die neuerworbenen Räume, die für das Innenministerium eingerichtet wurden, hervorgerufen. Eine ganz besondere Überschreitung finden wir bei den außerordentlichen Ausgaben. Für diese Posten sind 71 Millionen präliminiert, verausgabt sind volle 92 Millionen, so daß wir es hier mit einer Überschreitung von 21 Millionen zu tun haben. Wenn wir nun untersuchen, worauf diese Überschreitung zurückzuführen ist, finden wir, daß sie durch die Beförderung ausgewiesener Ausländer und ferner durch die Belastung für die Gemeindewahlen in der Slovakei hervorgerufen wurde. 21 Millionen für die Ausweisung von Ausländern und für die Gemeindewahlen in der Slovakei, das sagt denn doch wirklich genug. Es zeigt aber auch, daß wir auf gewissen Gebieten außerordentlich leistungsfähig sind. Wir finden beim Posten "Sicherheitswache" eine Überschreitung von vollen 9 Millionen; bei der Gendarmerie eine Überschreitung der außerordentlichen Ausgaben um volle 38 Millionen. Bei den ordentlichen Ausgaben allerdings kommen wir auf eine Ersparung, und die beträgt 15 Millionen. Wie kam diese Ersparung zustande? Der Bericht gibt uns Aufschluß. Sie kam zustande auf Kosten der Mannschaft, durch Herabsetzung des Pauschales für Beheizung, Vergütung für das Aufsichtspersonal und durch die Herabsetzung des Verbrauch es für die Bekleidung.
Beim Ministerratspräsidium finden wir eine Überschreitung bei der Druckereiabteilung um volle 542.000 Kronen. Wie wird diese Überschreitung begründt? Durch Gewährung erforderlicher Subventionen. Was steckt dahinter? Was bedeutet das "Gewährung erforderlicher Subventionen"? Es heißt weiters: "und durch einen größeren Aufwand für den innerpolitischen Informationsdienst", dann weiter: "für Gewährung von Entschädigungen für außerordentliche Leistungen". Es wäre interessant zu wissen, worin dieseaußerordentlichen Leistungen eigentlich bestehen. Vielleicht ist es die schmutzige Konkurrenz, die die von der Regierung ausgehaltenen Blätter gegen die der oppositionellen politischen Parteien treiben. Vielleicht liegen diese außerordentlichen Leistungen darin, daß man die Saazer Blätter, die "Prager Presse" Leuten, die schon aus Reinlichkeitsgründen diese Blätter ablehnen, wochen- und monatelang ohne Entgelt ins Haus schickt.
Wir haben einen Fond, den sogenannten Reptilienfond. Die Verwendung dieses Fondes ist ein sehr dunkles Kapitel. Es wäre erwünscht, angezeigt und interessant, wenn wir einmal auch Aufschluß über die Verwendung dieses Fondes erhielten. Wir wissen aber, daß wir das nicht erleben werden. Wir können uns überhaupt viel leisten. Unter dem Kapitel "Außenministerium" finden wir, daß wir im Jahre 1922 volle 15 Millionen zur Unterstützung èechischer Kolonisten in Rußland aufgewendet haben. Wir finden weiter, daß ein Betrag von 49,704.000 Kronen zur Unterstützung russischer Flüchtlinge in der Èechoslovakei verwendet wurden. Dieses Geld wurde ausschließlich für fremde Staatsangehörige ausgegeben. Wir sind durchaus nicht dagegen, daß der Stat Bedürftige unterstützt, im Gegenteil, wir sind dafür und wir unterstützen selbst solche Bestrebungen, aber in diesem Falle ist die Sache denn doch sehr auffällig, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, daß diese große Summe, die zur Unterstützung der russischen Flüchtlinge in der Èechoslovakei verwendet wird, doch zum guten Teil der Konterrevolution zu Nutzen gereicht und wir müssen schon sagen: hier ist man nobel, hier ist man entgegenkommend; den eigenen Staatsbürgern gegenüber jedoch knöpft man die Taschen zu, da ist man nicht so freigebig. Ich erinnere nur an unsere Arbeitslosen, an unsere Pensionisten. Es ist auch bezeichnend, daß dieser Betrag von 49 Millionen gar nicht präliminiert, daß dem Parlament davon keine Mitteilung gemacht wurde. Man greift ganz einfach in den Säckel und wirft die Millionen hinaus. Unsere Konsulate sollen die Interessen des Staates im Auslande wahrnehmen, sie haben die Pflicht, auch das Interesse unserer Staatsbürger im Auslande zu schützen. Wir sehen, daß in den letzten Jahren eine große Abwanderung hauptsächlich von Arbeitern aus der Èechoslovakei vor sich geht. Es wäre angezeigt, daß sich unsere Auslandsvertretungen, unsere Konsulate, auch um die èechoslovakischen Arbeiter im Ausland kümmern, daß sie sich darum kümmern, was die Leute dort verdienen, wie sie existieren und wie die Arbeitsverträge aussehen. Unser Außenministerium kostet ja den Staat eine große Geldsumme, aber wenn unsere Bürger im Ausland etwas vom Ministerium wollen, wenn sie zum Konsulat gehen, so sehen wir, daß von den Staatsbürgern im Ausland separate Gebühren für alle möglichen Zwecke eingehoben werden. Ich will nur ein bezeichnendes Detail anführen: Es sind viele Menschen von uns nach Frankreich ausgewandert. Diese Staatsbürger in Frankreich - im Elsaß - die stellungspflichtig sind, wurden zur Stellung nach Paris gerufen. Sie mußten die teuere Fahrt von Elsaß-Lothringen nach Paris bezahlen und auch noch den assentierenden Arzt bezahlen. Unsere Vertretung in Paris hat sich nicht gescheut, den armen Stellungspflichtigen auch noch 6 Frcs. für die Kosten des Arztes abzuknöpfen.
Im Budget des Jahres 1922 waren für die Pensionisten 232 Millionen an Versorgungsgenüssen präliminiert. Wir erfahren aus dem Rechnungsabschluß, daß davon 137 Millionen verbraucht wurden, es ist also eine Ersparnis von vollen 94 Millionen oder 40% der präliminierten Summe gemacht worden. Bei den Militärpensionen finden wir eine Ersparnis von 5 Millionen, in Karpathorußland finden wir sogar an Zivil- und Militärpensionen eine Ersparnis von vollen 80%. Es ist dies zu verwundern, denn wir wissen, daß unsere Pensionisten in den tristesten und schlechtesten Verhältnissen leben. Das Elend unserer Pensionisten ist sprichwörtlich. Sie haben sich bemüht, eine Erhöhung ihrer Pensionen durchzusetzen, ihre Lage zu verbessern, und alle Regierungsparteien, der Ministerpräsident sowie die Gesamtregierung haben auch zu helfen versprochen. Hier sehen wir aber, daß nicht einmal der präliminierte Betrag zur Auszahlung gelangt ist. Wir finden auch bis heute noch keine entsprechende Regelung der Forderungen und Wünsche der Pensionisten. Wir finden ferner im Rechnungsabschluß eine Ersparnis bei den ordentlichen Ausgaben für die Universitäten von vollen 11 Millionen, bei den wissenschaftlichen und fachlichen Bedarfsartikeln von vollen 3,800.000 Kronen, bei den Handelsschulen von 3,485.000 Kronen. Wie werden uns nun diese Ersparnisse begründet? Im Rechnungsabschluß heißt es einfach: "Infolge Mangels an Lehrkräften wurden einige systemisierte Stellen nicht besetzt." Von Mangel an Lehrkräften zu reden, berührt denn doch etwas sonderbar. Ich glaube, man mutet uns mit solchen Begründungen, die im Grunde genommen nur Ausreden sind, doch sehr viel zu. Die Volksschule, das wichtigste Bildungsinstrument, das für die breiten Volksmassen vorhanden ist, wird ebenfalls entsprechend schlecht bedacht. Der Rechnungsabschluß weist hier eine Ersparnis von 21,371.000 Kè aus. Diese Ersparnis bei den Volksschulen ist eine sehr auffallende; und womit wird sie begründet? Es heißt: "Besonders bei den Ausgaben für die Slovakei haben sich Ersparnisse ergeben, weil diese Ausgaben sehr hoch angenommen wurden." Es hat sich herausgestellt, daß bei der Präliminierung die Ausgaben höher angenommen worden sind, als sie in der Tat waren. Und weiters begründet man die Ersparnisse damit, daß ein Teil von Lehrstellen aus Mangel an Lehrkräften nicht besetzt werden konnte. Es ist möglich, daß man alle Lehrstellen in der Slovakei zu besetzen nicht imstande ist, wenn man dort èechische Lehrer hinunterschickt. Wir bezweifeln aber, daß man die Lehrstellen in der Slovakei nicht besetzen könnte mit einheimischen slovakischen Lehrkräften. Hier ist sicher etwas nicht in Ordnung.
Für die Minderheitsschulen sind im Jahre 1922 an ordentlichen Ausgaben 29 Millionen präliminiert worden. Verausgabt wurden 24 Millionen, so daß hier ebenfalls eine Ersparnis von weit über 4 Millionen erzielt wurde. Bei den außerordentlichen Ausgabenn für die Minderheitsschulen finden wir ebenfalls eine Ersparnis von 2 Millionen. Und wie wird dies begründet? Dadurch, daß man sagt, die Belastungen konnten zur Zeit der Zusammenstellung des Budgets nicht abgeschätzt werden.
Die Vermehrung und Ausbreitung der Schulen ist in den einzelnen Ländern nicht gleichmäßig gestiegen. In Mähren und Schlesien sind sogar mehr Minderheitsschulen errichtet worden, als in Wirklichkeit geplant war. Wir fragen, ob wohl auch die deutschen, slovakischen, polnischen und ungarischen Minderheiten bei der Errichtung der Minderheitsschulen berücksichtigt worden sind. Wir glauben, daß nicht. Denn wir sehen, daß in der Praxis ein ganz anderer Geist in der Schulverwaltung am Werke ist. Wir finden, daß man die Schulen, hauptsächlich die der Deutschen in einer Art und Weise einschränkt, aufhebt und sperrt, die direkt beschämend ist. Gegen das deutsche Schulwesen überhaupt wird ein wahrer Vernichtungskampf geführt. Mehr als 3000 Klassen sind bis heute aufgelöst, und auch sonst leidet unser Schulwesen. Wir haben immer von Seiten der èechischen Wortführer gehört, daß im alten Österreich ein Kampf gegen die èechischen Schulen geführt wurde. Wir wollen durchaus nicht bestreiten, daß gewisse Kreise und gewisse politische Parteien bestrebt waren, die Entwicklung des èechischen Schulwesens zu hindern. Wir müssen aber konstatieren, daß das, was heute gegen die deutschen Schulen geübt wird, im alten Österreich nicht geschehen ist. Wo war es in Österreich der Fall, daß man hochorganisierte Schulen in minderorganisierte umwandelte? Wo war es dort möglich, daß man eine fünf- oder vierklassige Volksschule in eine drei- oder zweiklassige umwandelte? Das hat sich jetzt eingebürgert, es war der Regierung der èechischen Koalition vorbehalten, diesen Vorgang in die Praxis einzuführen.
Auch beim Ministerium für nationale Verteidigung finden wir einige ganz interessante Dinge. Für außerordentliche Aufwände wurden präliminiert 201 Millionen Kronen. Der tatsächliche Aufwand beträgt aber 269 Millionen, so daß hier eine Überschreitung von 68 Millionen zu konstatieren ist. Unserer Ansicht nach kann es sich hier nur entweder um eine sehr mangelhafte Präliminierung, oder um willkürliche Ausgabe von Beträgen handeln, die nicht bewilligt waren. Interessant ist die Post: "Versorgung mit Naturalien". Im Voranschlag 1922 finden wir für die Versorgung mit Naturalien volle 50 Millionen Kronen eingesetzt. Was ist von den 50 Millionen verbraucht worden? Volle 416 Tausend Kronen, so daß hier das Ministerium eine Ersparnis von 49 1/2 Millionen gemacht hat. Das muß natürlich Verwunderung erregen und man möchte annehmen, eine Verwaltung, die solche Ersparnisse macht, sei das Muster einer Verwaltung. In Wirklichkeit schaut aber die Sache wesentlich anders aus. Das Ministerium sagt, wegen Mangels an geeigneten Lagerräumen und mit Rücksicht auf die noch bedeutenden Reste aus den Mobilisierungsvorräten vom Jahre 1921 ist der Ankauf von Naturalien nur in beschränktem Ausmaße erfolgt. Dieser Vorgang ist aber symptomatisch. Es müssen im Jahre 1921 ungeheure Vorräte angekauft worden sein, wenn man davon auch im Jahre 1922 leben kann.
Aus diesem Kapitel ist noch eine "erfreuliche" Sache zu berichten. Für die Anschaffung von Medaillen waren 650.000 Kronen eingesetzt, aber nur 15.000 Kronen wurden ausgegeben. Warum? Weil "der Bedarf an Medaillen durch die Vorräte, die im vorherigen Jahre angeschafft worden sind, gedeckt war". Das Ministerium hat also mit diesem sehr "wichtigen" Gegenstand sich wirklich stark eindecken müssen.
Die Höhe der Staatsschuld weiß kein Mensch; es wird niemand geben, der imstande ist, sie genau anzugeben, was auch im Rechnungsabschluß zum Ausdruck kommt. Es heißt dort: "Es ist nicht zur Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber Italien gekommen. Wir schulden Italien die Kosten für Ausrüstung und Erhaltung des èechischen Militärs, das in Italien gekämpft hat." Warum ist es nicht zur Erfüllung der Verpflichtungen gekommen? Weil die genaue Höhe derselben nicht bekannt ist. Sieben Jahre nach Beendigung des Krieges sind die Legionäre aus Italien zurück und bis heute ist noch nicht festgestellt worden, wie hoch die Kosten der Erhaltung und der Ausrüstung in Italien waren.
Der Rechnungsabschluß für das Jahr 1922 zeigt deutlich, daß ein entsprechender Ausbau des obersten Kontrollamtes notwendig wäre, damit es in der staatlichen Verwaltung besser wird. Das Oberste Kontrollamt wäre mit größerer Vollmacht auszustatten, es wäre den Ministerien gleichzustellen und es hätte nicht nur die Kontrolle über die gesamte Staatswirtschaft, nicht nur die Überprüfung der finanziellen Gebarung durchzuführen, sondern auch das Recht der Überprüfung haben, ob die Gesetze durchgeführt und eingehalten werden.
Für alles, was sich hier ereignet, ist die Koalition und ihre Regierung verantwortlich. Wir finden immer mehr, daß sie sich auch schuldbewußt fühlt. Beweis ist der Gedanke und der Plan der Wahlreform; man will das demokratische Wahlrecht verfälschen. Aber Regierung und Koalition werden trotz allem ihrem Schicksale nicht entgehen. Es sind schon ganz andere Leute, von viel größerem Format vom Volkswillen weggespült worden, als die Herrschenden in diesem Staate. Das Schicksal wird sich auch hier erfüllen. Wir sagen: lösen Sie das Haus auf, lassen Sie den Willen des Volkes entscheiden, wenn Sie sich dazu getrauen, ohne zuvor den Wahlrechtsraub sanktioniert zu haben. Je früher desto besser, je früher Neuwahlen, desto schneller wird die Gesundung der politischen Verhältnisse in diesem Staate eintreten. In Ihrem eigenen Volke steigt die Unzufriedenheit mit diesen Methoden immer mehr. Sie wird immer größer, und eine Regierung, die ein Hindernis für die innere Gesundung, für das gedeihliche Zusammenwirken der Völker in diesem Staate ist, eine solche Regierung hat keine Daseinsberechtigung, sie soll abtreten. Machen Sie Neuwahlen und zwar sofort, wenn Sie sich getrauen. (Souhlas a potlesk na levici.)
2. Øeè posl. Johna (viz str. 421 tìsnopisecké zprávy):
Wenn wir die handelspolitischen Beziehungen der letzten Zeit betrachten, können wir sagen, daß gegenüber dem früheren Zustand eine bedeutende Besserung zu verzeichnen ist. Man sieht, daß fast alle Staaten Europas den Versuch unternehmen, die handelspolitischen Beziehungen zu den anderen Ländern in Handelsverträgen festzulegen, um ein geordnetes System der Wirtschaft herbeizuführen. Diese Wandlung kann man umso mehr begrüßen, als durch die früheren Zustände die gesamte Volkswirtschaft bedeutend geschädigt worden ist. In der Zeit der Absperrung, gleichgültig ob durch Verbote oder Zölle, haben wir bei schwerster Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrisen und enormer Teuerung erleben müssen, daß ein geringer Teil von Menschen diese Zeit ausgenützt hat, das Volk auszuwuchern, um ungeheure Gewinne für sich zu schaffen. Diese Zustände durch gute Handelsverträge zu ändern, ist jedenfalls im Interesse der Arbeiterschaft gelegen. Deshalb begrüßen wir es, daß die Arbeiterschaft ebenfalls sich daran beteiligen kann, bessere Verhältnisse zu schaffen. Wollen wir dies aber, dann ist es notwendig, und müssen neuerlich die Forderung erheben, daß die Arbeiterklasse auch bei Abschluß der Handelsverträge gehört werde. Es ist notwendig, daß die großen Gewerkschaftszentralen und Gewerkschaftsverbände gehört werden, damit bei den Verträgen die Arbeiterinteressen mit berücksichtigt werden können. Bei uns ist man bisher wohl mit den Industriellen in Verbindung getreten, ja man ist von Seiten der Regierung sogar soweit gegangen, daß man Vertreter in die Versammlungen der Industriellen entsandte, um dieselben über den Gang der Verhandlungen und über jede Phase zu unterrichten. Der Arbeiterschaft gegenüber hat man das jedoch nicht getan. Die Arbeiterschaft aber hat wohl dasselbe Recht, welches den Industriellen, besonders ihren Handelskammern eingeräumt wird. Die Handelskammern besitzen durch ihre Zentrale heute ein Monopol auf das alleinige Mitsprechen bei Abfassung der Handelsverträge. In anderen Ländern, vor allem in Deutschland, versucht man es, wenn Verträge mit dem Ausland abgeschlossen werden sollen, eine allgemeine Diskussion abzuführen, man versucht auch die Vertreter der Arbeitersch aft heranzuziehen. Ein solcher Zustand muß auch in diesem Staate platzgreifen.
Sie werden keine schlechten Erfahrungen damit machen, es wird so manches, was zum Schaden des arbeitenden Volkes gewesen ist, vielleicht ausgemerzt und ausgeschaltet werden. Denn es kam vor, daß wohl die Unternehmerinteressen bei uns gehört wurden, nicht aber die Interessen der Arbeiterschaft. An den Zöllen haben wir das beste Beispiel. Wir sehen wohl, daß in einzelnen anderen Staaten das Bestreben nach Einführung von Schutzzöllen sehr in den Vordergrund rückt, aber auch hier finden sich selbst Industrielle, die offen bekennen, daß ein Schutzzoll nicht immer zum Nutzen der Industrie gereicht. Bei uns aber macht man es ganz besonders einfach. Man fragt nicht einmal das Parlament, man führt Schutzzölle durch Verordnung ein und fragt nicht nach den Interessen der Arbeiterschaft. Ein solcher Zustand muß in Zukunft aufhören.
Einer der wichtigsten Handelsverträge ist schon zum Abschluß gekommen, ich meine jenen mit Österreich. Dieser Vertrag ist für unsere Volkswirtschaft von größtem Interesse gewesen und wird es auch in Hinkunft bleiben, denn Österreich steht an der ersten Stelle der Abnehmer unserer Produkte. Nach Österreich kommt Deutschland. Aber nicht nur von Österreich und Deutschland, mit denen wir volkswirtschaftlich so eng verknüpft sind, wollen wir sprechen, wir wollen es heute auch als unsere Aufgabe bezeichnen, auch die Handelsbeziehungen mit anderen Ländern zu regeln. Nach dem Kriege hatten wir mit einigen anderen Staaten nur Meistbegünstigungsverträge und wir finden heute, wie weit ein solches Abkommen führt. Aus der Presse ersehen wir, wie heute sich Deutschland schon darauf bezieht, daß man Österreich Begünstigungen geben will, wie sie schon androhen, daß dadurch die Abnahme deutscher Produkte gefährdet sei und daß es nicht ausgeschlossen sei, daß das zu Differenzen führen kann. Das Wesen der Tarifverträge liegt darin, daß den anderen Staaten für jene Warengattungen, an denen sie ein besonderes Exportinteresse haben, eine Begünstigung eingeräumt wird. Und wenn wir nun irgendeinem Staate, z. B. Österreich die Begünstigung einräumen, seine Waren zu uns einzuführen, können wir auch von ihm verlangen, uns eine Begünstigung für jene Waren einzuräumen, an deren Absatz wir ein Interesse haben. Das wäre im ganzen und großen zu den Handelsverträgen zu sagen.
Wir stehen jedoch auf einem anderen Standpunkt, und zwar auf dem, daß wir im allgemeinen überhaupt Gegner von Zöllen sind. Es mag sein, daß vielleicht irgendeine Industrie bedroht ist und zu ihrem Schutze ab und zu ein Zoll eingeführt werden soll - das kann aber nur vorübergehend sein und auch nur dann, wenn die ganze Volkswirtschaft in diesem Zweige bedroht ist. Sonst aber soll es Aufgabe unserer Faktoren sein, auch in diesem Staate bei Verhandlungen mit anderen Ländern dahin zu wirken, daß Zölle überhaupt nach Tunlichkeit vermieden werden. Denn es hat sich gezeigt, daß die Einführung von Zöllen und besonders von hohen Zöllen nicht im Interesse unserer Volkswirtschaft gelegen ist. Wir haben sehen müssen, daß die Produkte des Inlandes bedeutend verteuert werden, denn die Einführung eines Schutzzolles bedeutet nichts anderes, als die Verteuerung der Produkte, die im Inlande abgesetzt werden. Es kommen Vertreter der Industrie und vielleicht auch anderer Richtungen, die sagen, daß die Schutzzölle notwendig sind, daß wir uns schützen müssen, weil auch in den anderen Staaten Schutzzölle bestehen. Wenn man sich darauf beruft, daß auch in anderen Staaten Zölle sind und wenn man durch Verträge gleiche Zölle festlegt, so ist dies gleichbedeutend damit, wie wenn es überhaupt keine Zölle geben würde. Es bleibt nur das eine übrig, daß dadurch die Bevölkerung aller dieser in Betracht kommenden Staaten ausgeraubt wird, und diesen Raubzug auf die Taschen der Bevölkerung wollen wir verhindern. Es soll bei zukünftigen Verhandlungen, die mit anderen Staaten getroffen werden, unsere Aufgabe sein, freundschaftliche Beziehungen herzustellen und dahin zu wirken, unsere Industrie- und Agrarprodukte so billig als möglich an den Mann abzugeben. Aus diesem Grunde ersuche ich Sie, auf unser Verlangen, das wir schon durch unsere Redner im Ausschusse gestellt haben, Rücksicht zu nehmen und bei solchen Verhandlungen auch die Vertreter der Gewerkschaften anzuhören. (Souhlas na levici.)