Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 300. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 18. listopadu 1924.
1. Øeè posl. dr. Czecha (viz str. 270 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Vier Jahre hindurch hat sich der Klub der deutschen sozialdemokratischen Abgeor dneten mit geradezu übermenschlicher Geduld auf diesem unfruchtbaren Boden abgemüht in harter, nervenzerrüttender Arbeit. Es war eine schwere Zeit, die hinter uns liegt. Und wenn wir sie ertragen haben, so nur, weil wir immer und immer wieder die Hoffnung nährten, daß unsere unermüdliche Arbeit, unsere immer wiederholten Mahnrufe wenigstens bei den Besonneneren und Einsichtsvolleren unter Ihnen, meine Herren, das Gewissen wecken werden, daß Sie unseren unwiderleglichen Argumenten Rechnung tragen, daß Sie wenigstens die krassesten Ausschreitungen unterlassen, die härtesten Bedrückungen mildern werden. Aber Sie haben uns immer neue und immer schmerzlichere Enttäuschungen bereitet und gerade jetzt, da das Land unter den Folgen einer, durch Ihre Politik verschärften Wirtschaftskrise leidet, haben Sie alle Methoden der Bedrückung gesteigert. Tausende von deutschen Staatsbediensteten aller Kategorien wollen Sie brotlos machen, die Bodenreform wird zur gewaltsamen Nationalisierung großer Landstriche mißbraucht. Eine neue und einschneidendere Drosselung des deutschen Schulwesens ist im Zuge, die Knebelung der Preß- und Versammlungsfreiheit ist härter, denn je: immer mehr gerät der Staat, der unter sozialistischen und demokratischen Versprechungen gegründet wurde, in die Gewalt einer schrankenlos herrschenden Kapitalistenklasse, welche sich ihn ausschließlich zu ihrer Bereicherung, ausschließlich zur Unterdrückung der Arbeiterklasse dienstbar zu machen sucht. Immer unverhüllter kommt auch der nationalistische Machtgedanke, den Sie bisher zu leugnen bemüht waren, zum Ausdruck. Dazu kommen noch die parlamentarischen Methoden, welche sich in diesem Hause als notwendige Folgen einer widernatürlichen Koalition herausgebildet haben und ihren Gipfelpunkt in der Beratung dieses Budgets fanden, bei der die Selbstentmannung des Parlamentes (Souhlas na levici.) einen solchen Grad von Unerträglichkeit erreicht hat, daß wir es mit unseren Pflichten gegen die Bevölkerung nicht vereinbaren können, das Spiel, das hier getrieben wird, mitzumachen und Ihnen durch unsere aufopferungsvolle Mitarbeit die Fiktion zu ermöglichen, als ob es hier ein demokratisches Parlament gäbe, während in Wirklichkeit die Mehrheit dieses Hauses die ganze Staatsgewalt an einige wenige verantwortungslose Diktatoren und an die Bürokratie überläßt. In Wirklichkeit wird über die Lebensfragen des Staates in kleinen Konventikeln entschieden, werden umfangreiche Vorlagen wenige Tage vor der Beschlußfassung einfach ins Haus geworfen, wird die Immunität von Abgeordneten bedenkenlos preisgegeben, werden Interpellationen und sogar Sitzungsberichte zensuriert und mitunter Mittel angewendet, die man vergebens in einem wirklich demokratischen Parlament suchen würde.
Aber, meine Herren, wir sind nicht gewillt, Ihnen noch dabei behilflich zu sein, daß diese Tatsachen hinter einem For elspiel von Scheinberatungen und mechanischen Abstimmungen versteckt werden (Sehr wahr!), für dass Ihre Drahtzieher schon vorher ein auf Tag und Stunde abgezirkeltes Programm ausgearbeitet haben. So haben Sie es erst kürzlich wieder bei der Beratung der finanzpolitischen Vorlagen getrieben, die für unser ganzes Wirtschaftsleben von der ungeheuerlichsten Bedeutung sind. Sie wurden der Sammlung der Gesetze einverleibt, noch ehe der Öffentlichkeit so recht zum Bewußtsein gekommen war, daß sie zur Verhandlung stehen und welche Fülle von Problemen dadurch ufgeworfen wurde. Und den gleichen, mit einer parlamentarischen Bezeichnung nicht mehr zu charakterisierenden Vorgang wollen Sie jetzt wiederum einschlagen bei der Ausübung eines der allerwichtigsten Rechte des Parlamentes, das geradezu die historische Wurzel des Parlamentarismus ist, bei der Bewilligung des Staatsvoranschlages. Das wichtigste Kontrollrecht der Volksvertretung wollen Sie zu einer bloßen Formalität machen, die niemand ernst nehmen kann und für die die Öffentlichkeit kein Interesse aufbringt und nach Ihren Wünschen auch nicht aufbringen soll. Wo gibt es ein Parlament in der Welt, in dem das Staatsbudget bis auf die letzte Einzelbestimmung, bis auf die letzte Ziffer in geheimen Konventikeln zusammengestellt wird? (Souhlas na levici.) Wo gibt es ein Parlament in der Welt, das über den Staatshaushalt nur durch eine beschränkte Zeit reden, aber an ihm nicht die kleinste Kleinigkeit ändern, nicht das mindeste reformieren darf? Wo gibt es ein Parlament, das darauf verzichten würde, bei der Entscheidung über die Staatswirtschaft alle Probleme dieses Staates in ihrem vollen Umfange und ihrer ganzen Tiefe aufzurollen? Wo gibt es endlich in einem demokratischen Staate ein Parlament, in dem eine ziffernmäßig starke, an gewissenhaften und sachkundigen Arbeitern reiche Opposition von jeder Mitberatung, ja von jeder Information ausgeschlossen wird? (Souhlas na levici.) Nirgends in der Weit würde man dergleichen wagen! Hier aber kennt man nur das Geheimnis und das Diktat und verlangt von uns, daß wir dem Absolutismus die konstitutionelle Staffage stellen sollen. (Sehr gut!) Sie haben freilich ein schlechtes Gewissen dabei, was Ihre Nervosität und Ihre Besorgnis vor einer Obstruktion, Ihre Verdächtigungen und Beschimpfungen der Opposition wegen dieser angeblich geplanten Obstruktion nur allzudeutlich beweist. (Výkøiky na levici.) Aber, meine Herren, Sie haben am allerwenigsten das Recht, über eine Obstruktion moralisch entrüstet zu sein, (Sehr gut!), nicht nur, weil Sie im alten Österreich von der Obstruktion geradezu politisch gelebt haben (Sehr richtig! Potlesk na levici.), sondern weil Sie ja selbst auch in diesem Hause bedenkenlos aus parteipolitischen Rücksichten zur Waffe der Obstruktion greifen. So haben wir doch erst vor einigen Monaten erlebt, daß in diesem Hause, wo alle narlamentarischen Begriffe verzerrt sind, nicht die Minderheit, sondern die Koalitionsparteien Obstruktion trieben, auf der einen Seite die Partei des Herrn Minister präsidenten, welche die Linderung einer schweren Wirtschaftskrise durch den Abschluß von Handelsverträgen unmöglich macht, auf der anderen Seite die nationalsozialistiche Fraktion, welche wegen Nichtzuweisung eines belanglosen Referates die Parlamentsmaschinerie stillegt (Hört! Hört!), und dann wieder die Nationaldemokraten, die den Abschluß des russisch-èechischen Handelsvertrages seit Jahr und Tag vereiteln. Da ist es freilich, meine Herren, niemand von Ihnen eingefallen, Ihre Koalitionspartner der Staatsfeindlichkeit und der Verantwortungslosigkeit zu zeihen. Uns aber, meine Herren, versuchen Sie schon wegen der leisesten Oppositionsregung als Staatsverräter zu brandmarken und Sie können es nicht verwinden, wenn wir hier einen Akt setzen, der vor der gesammten Öffentlichkeit, vor den durch Ihre Methoden abgestumpften Bevölkerung des Inandes, aber auch vor dem Ausland, offenkundig machen soll, wie hier regiert wird.
Denn was sich hier in diesem Hause tut, ist nur ein kleiner Ausschnitt. Das Unrecht, das Sie hier an der Opposition begehen, ist nur das parlamentarische Spiegelbild des viel größeren Unrechtes, der viel schmerzlicheren Unterdrückung, die Sie der ganzen Bevölkerung, vor allem aber der Arbeiterklasse und den nationalen Minderheiten widerfahren lassen. Und die Methoden, die Sie hier in diesem Hause anwenden, sind in ihrer Brutalität nur eine getreue Kopie der Methoden, unter welchen Millionen von Menschen zu leiden haben, die nicht der Machtklasse der herrschenden Nation angehören. Sie verschließen sich hartnäckig vor der Tatsache, daß eine gewaltige Bewegung durch die Weltgeht nach Vervollkommnung, nach Ausgestaltung der Demokratie, die den Staatsbürger Anteil nehmen, ihn mitbestimmen läßt an der gesammten Verwaltung des Staates in allen Instanzen. So ist das Mitbestimmungsrecht aller Staatsbürger, die Autonomie, geradezu das Lebenselement der wahren Demokratie. Aber aus Furcht davor, daß diese Autonomie eine nationale sein, daß sie den nationalen Minderheiten in diesem Staate ein wenig Bewegungsfreiheit schaffen könnte, haben Sie sogar die küm erlichen Ansätze der Selbstverwaltung, die sich im alten Österreich entwickelt haben, vernchtet (Souhlas na levici.) und der Bürokra tie eine Allmacht zugeschanzt, auf die zum Schluß Sie selbst jeden Einfluß verloren haben. Solche Vorstellungen haben Sie von einer Verwaltungsreform. An die Stelle der demokratischen Wahl haben Sie überall die Ernennung, an die Stelle der selbstverwaltenden Korporationen überall die Obrigkeit gesetzt. Nach sechsjährigem Bestande des Staates gibt es noch Gebiete, die in der Nationalversammlung nicht vertreten sind, und wenn dann Wahlen nicht mehr zu umgehen sind - wir haben es in Karpathorußland gesehen - dann wird zur Korrektur des Wahlglücks der ganze Apparat der Wahlbeeinflussung in Bewegung gesetzt. Sie haben alle Requisiten der Polizeigewalt aus dem alten Österreich übernommen, Sie haben, statt diese reaktionären Gesetze zu beseitigen, neue Instrumente der Unterdrückung geschaffen und wenden sie rücksichtslos an. Sie haben die Schwurgerichte in politischen Strafsachen faktisch ausgeschaltet. Sie haben die Vereins- und Versammlungsfreiheit der bürokratischen Willkür überantwortet und jede Regung des politischen Lebens unter Polizeiaufsicht gestellt. Wir haben die empörende Tatsache erleben müssen, daß Militär gegen streikende Arbeiter ausrückt (Výkøiky na levici.) und Sie verhehlen kaum die Absicht, unbequeme Oppositionsparteien einfach aufzulösen. Kann man von Freiheit der Presse in diesem Lande überhaupt noch reden, in welchem innerhalb der letzten 10 Monate 14 86 Konfiskationen zu verzeichnen sind? (Výkøiky na levici.)
So sieht in der Èechoslovakei die politische Freiheit aus. Messen wir sie nicht etwa an dem Ideal der wahren Demokratie, sondern nur an den Grundsätzen jener Demokratie, die Sie selbst proklamiert haben! Sie sagen: "Demokratie ist Diskussion." Aber Sie diskutieren längst nicht mehr vor der Öffentlichkeit, Sie haben die Diskussion eingeschränkt, zunächst auf die Koalition, Sie haben sie dann weiter reduziert auf den Zwanziger- und den Zehnerausschuß und jezt sind Sie soweit, daß Sie nur mehr in Kreise von 5 Herren diskutieren. Sie sagen: "Demokratie ist Verantwortung."Aber wem fühlen Sie sich, wem Ihre Minister verantwortlich? Wem legen Sie Alle Rechenschaftab, wem stehen Sie Alle auch zur Rede? Während im Ausland Ihre Staatsmänner von Frieden und Abrüstung reden, ist Ihr Land bis an die Zähne bewaffnet. Im Zeichen des Budgetabbaues erhöhen Sie die Ausgabe für die Anschaffung von Geschützen und die èechoslovakische Republik hat mehr Offiziere als das dreimal so volkreiche Italien, welches wahrlich nicht ein Musterstaat der Entmilitarisierung ist. An der Löhnung und Verpflegung der Soldaten freilich wird gespart. Auch in Ihrer angeblich demokratisch aufgebauten Armee gibt es Soldatenmißhandlungen und Soldatenselbstmorde. Und wie sieht es in jenen Zweigen der Staatsverwaltung aus, die den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bevölkerung dienen sollen?
Ein großes soziales Reformwerk wollten Sie schaffen, eine Quelle der Klassengegensätze beseitigen durch die Bodenreform. Aber was ist in den Händen des kontrollosen Bodenamtes, in den Händen einer kontrollosen Bürokratie aus der Bodenreform geworden? Nicht an die landarmen Kleinbauern und Landproletarier verteilen Sie den beschlagnahmten Boden, sondern schanzen ihn mit Umgehung des gesetzlichen Zuteilungsverfahrens den Gutsbesitzern und Kapitalisten zu. Statt die Klassengegensätze, wie Sie behaupten, zu beseitigen, schaffen Sie einen neuen Landadel und an diesen Transaktionen machen die Agrarbanken Wucherprofite, während Hunderte von Gutsangestellten und Arbeitern aufs Pflaster fliegen und Tausende von Kleinbauern mit enttäuschten Hoffnungen im alten Elend zurückbleiben. Während die Verfassungsurkunde gewaltsame Nationalisierung verbietet, ist Ihnen die Bodenreform nichts anderes, als ein nationalistisches Machtinstrument. Und damit sie als solches ungestört funktionieren kann, lassen Sie gegen das von Ihnen selbst geschaffene Gesetz den Verwaltungsausschuß des Bodenamtes in seiner alten Zusammensetzung als bloßen Ausschuß der Koalitionsparteien schrankenlos herrschen. Wir sind sehr weit davon entfernt, für die Interessen der deutschen Latifundienbesitzer einzutreten. Aber warum darf sich denn Herr Prášek der Beschlagnahme seiner Güter entziehen? Wir verlangen, daß die Kleinlandwirte Boden erhalten; aber warum werden die deutschen Kleinbauern systematisch davon ausgeschlossen?
Der Bodenausschuß wird womöglich noch übertroffen durch den Bankausschuß, der nicht einmal ein Ausschuß der Koalitionspa rteien, sondern einfach eine Expositur der Živnostenská Banka ist. Nicht wir, ein Koalitionsnsblatt, das "Èeské Slovo", hat das festgestellt. (Výkøiky na levici.) Die Politik des Bankamtes ist auch ganz danach. Eben erst haben wir es gehört und Sie haben es halb und halb eingestanden, daß acht Milliarden Kassenscheine im Umlauf sind, die nicht ausgewiesen werden. (Hört! Hört!) während anderseits der Kredit verteuert wird.
Wie ist, fragen wir weiter, Ihre Steuerpolitik beschaffen? Die Reform der direkten Steuern, welche Sie ankündigen, ein Gestzesw erk von ungeheuerer Tragweite, entziehen Sie in gewohnter Weise der öffentlichen Erörterung. An die mindestensebenso wichtige Reform der indirekten Steuern scheinen Sie gar nicht zu denken. Die Verkehrsste uer, die Kohlensteuer - um nur die drückendsten zu nennen - verteuern nach wie vor unsere Produktion. Die Umsatzsteuer sollte nach Ihren eigenen Versicherungen nur eine vorübergehende Belastung sein, aber jetzt wollen Sie nicht einmal mehr von einer Herabsetzung et was wissen.
Und all das inmitten einer furchtbaren Teuerung. Was haben Sie gegen die Teuerung getan? Sie haben einen undurch dachten Entwurf vorgelegt, der durch seine bloße Einbringung Angstkäufe und eine weitere Teuerung des Mehls bewirkt hat. (Souhlas an levici.) Sie drohen mit dem Schreckgespenst der Agrarzölle und unterstützen so alle Machenschaften der Spekulation.
Sie rühmen sich Ihrer Sozialpolitik. Es ist wahr; Sie haben eine Sozialversicherung beschlossen, deren Wert wir trotz aller Mängel nicht verkleinern wollen. Aber Sie sabotieren deren Verwirklichung durch Verknüpfung mit der Selbständigenversicherung, die Sie im Ernst gar nicht wollen. Seit Jahren liegt der Entwurf über die Arbeitsvermittlung im Hause, Sie verhindern seine Erledigung. Sie haben Arbeiter- und Konsumentenkammern versprochen, wo sind sie gebliebe? Den Tausenden Arbeitslosen kürzen Sie das bischen Unterstützung, immer neue Kategorien schließen Sie von deren Genuß aus, und während Sie sonst nie von der Mitbestimmung der Betroffenen etwas wissen wollen, wollen Sie mitten in der Wirtschaftskrise die Last der Arbeitslosenunterstützung auf die Gewerkschaften überwälzen, die sie natürlich nicht werden tragen können. Alle Koalitionsparteien haben den bedauernswerten Kriegsinvaliden ihre Unterstützung versprochen, sie haben an ihren Demonstrationen und zahllosen Versammlungen mit teilgenommen, und das Ergebnis war die Herabsetzung der Einkommensgrenze. Die Wohnungsnot lastet drückend auf dem Proletariat, aber Sie lockern den Mieterschutz, setzen die Staatsgarantie herab, welche allein eine Bautätigkeit in der gegenwärtigen Zeit ermöglichen könnte. Die Vergebung der Staatslieferungen ist durch ein Gesetz geregelt, das den primitivsten Anforderungen an ein geordnetes Lieferungswesen kaum entspricht. Die Anwendung dieses Gesetzes wird ausschließlich von nationalistischen Beweggründen geleitet und verschärft die Arbeitslosigkeit unter den nichtèechischen Arbeitern. Der krasse Fall von Brüx ist noch in frischer Erinnerung, Anstatt den Mutter- und Kinderschutz ausgestalten, drosseln Sie mit jedem Jahre die Aufwendungen für diesen wichtigen Fürsorgezweig.
Und wie der Staat als Arbeitgeber schaltet, davon legen die immer und immer erneuten Klagen der Staatsangestellten und Pensionisten Zeugnis ab. Selbst jetzt, wo Sie sich der Erfüllung der wiederholten feierlichen Versprechungen nicht mehr gut entziehen können, wollen Sie, die Sie für Munitionsund Explosivstoffe zwei Millionen ausgeben, Zehntausende von Staatsangestellten und Pensionisten mit einem ebensolchen Betrage abspeisen und ihn durch eine neuerliche Belastung des Konsums aufbringen. Sie haben der Regierung die willkürliche Versetzbarkeit der Staatsangestellten bewilligt, Sie verweigern den Gendarmen das Koalitionsrecht, Sie haben bedenkenlos die Unversetzbarkeit der Richter durchbrochen und halten so die Staatsbeamten, die öffentlichem Bedienstetenn, die Richter unter ständigen Druck. Sie quälen Hunderte und Tausende von Staatsangestellten durch überflüssige Sprachprüfungen, verdrängen sie aus den Wohnungen, versetzen sie in fremdsprachige Gebiete, wo ihnen der Dienst und das Leben zur Qual werden und ihre Kinder der Schule entbehren. (Výkøiky na levici.)
Und ebenso wie mit den mater ellen Gütern gehen Sie mit den Kulturgütern der Bevölkerung um. Gerade wo es für die breiten Massen am unerträglichsten ist, gerade an der Volksschule haben Sie ganz besonders gesündigt. Schule auf Schule haben Sie gesperrt - just jetzt -, Klasse auf Klasse haben Sie aufgelassen - just in diesem Augenblick -; Jahr um Jahr schränken Sie die Bildungsmöglichkeiten des Volkes rücksichtslose ein, Tausende von Kindern zwingen sie kilometerweit in die Schule zu laufen und sehen ruhig zu, wie Ihre Bürokratie durch gesetzwidrigen Druck auf die Eltern deutsche Kinder in Schulen mit ihnen fremder Unterrichtssprache zwingt. Und immer noch ist Ihr Chauvinismus nicht befriedigt, immer noch kündigen Sie an, daß das, was Sie Gerechtigkeit nennen, noch nicht vollendet ist. Und all das haben Sie getan, ohne sich mit den davon Betroffenen, ohne sich mit den Massen, ohne sich mit der Bevölkerung, die darunter leidet, auch nur auseinanderzusetzen, geschweige denn, wie es das Wesen der Demokratie fordern würde, mit ihnen zu verhandeln. All Ihre Staatstätigkeit erschöpft sich im Diktat, und statt die Regierung in Übereinstimmung mit den Regierten zu setzen, haben Sie, meine Herren, ein Herrschaftssystem errichtet, das auf dem gesamten Proletariat dieses Landes mit drückender Schwere lastet, die nationalen Minderheiten aber dem doppelten Druck der politischen und sozialen Reaktion und der nationalen Fremdherrschaft unterwirft. Sie haben, indem Sie dem Phantom des Nationalstaates nachjagen, den gemischtsprachigen Staat mit der èechoslovakischen Nation identifiziert, ja, Sie haben den Staat auf die Koalition und die Koalition auf die "Pìtka" reduziert. (Souhlas na levici.) Dem ist es zuzuschreiben, daß alles Vertrauen zur staatlichen Verwaltung geschwunden ist, eine tiefe Erbitterung die weitesten Kreise der Bevölkerung erfaßt hat, auch jene Kreise, die in Ihren eigenen Lager stehen. Denn alle Ihre prahlerischen Kundgebungen über die Festigkeit Ihres Systems können niemanden darüber täuschen, daß es im Innersten zerrüttet ist und daß die periodischen Krisen nur der Ausdruck dafür sind, daß Sie selbst auf Ihrem Wege nicht weiter können. In den Staatsapparat aber, den Sie aufgerichtet haben, ist eine Korruption eingedrungen, deren Umfang der Nichteingeweitte nur ahnen kann.
Mit brennendem Schmerz und immer tieferer Enttäuschung müssen wir mitansehen, daß auch sozialistische Parteien in die unglückselige Staatspolitik verstrickt sind, welche durch einen recht bezeichnenden Zwischenfall aus jüngster Zeit geradezu drastisch charakterisiert ist. Als nämlich die nationaldemokratischen Abgeordneten im Budgetausschuß offen verlangten, daß vor den sozialen und wirtschaftlichen Erwägungen das nationale Moment entscheidend zu sein habe, da rief ihnen Herr Minister Hodža, der als gemäßigter Vertreter Ihres Systems gilt, leidenschaftlich zu: "Sie können sich in nationaler Beziehung auf den Minister Hodža verlassen!" Wir verstehen die inhaltsschwere Bedeutung eines solchen Ausspruches und sehen das neue Unrecht voraus, das dieser Ankündigung folgen wird.
Nun, meine Herren, es läge sehr nahe, der Gewalt die Gewalt entgegenzusetzen. (Souhlas na levici.) Der moralischen Rechtfertigung würden wir wahrlich nicht entbehren, wenn wir den Versuch unternähmen, die rechtzeitige Verabschiedung des Staatsvoranschlages zu verhindern.
Aber Sie hätten dann nur einen billigen Vorwand, den Staatsangestellten und Pensionisten auch noch den Bettel zu verweigern, den Sie ihnen hinzuwerfen sich endlich entschließen mußten. Darum wählen wir einen anderen Weg. Wir lassen Sie bei der Beratung und Abstimmung über das Budget, wie wir dies bereits im Ausschuß getan haben, allein, um so aufzuzeigen, daß Sie nicht parlamentarisch und auch nicht demokratisch regieren. (Souhlas na levici.) Auch andere Teile der Opposition werden unserem Beispiele folgen und wir werden Sie zwingen, unter sich zu bleiben, allein die in der Geschäftsordnung vorgeschriebenen Formalitäten zu erfüllen und so mit aller Deutlichkeit zu beweisen, daß sie unter Ihren Händen zu inhaltslosen Formalitäten geworden sind. Wir haben es schon im Budgetausschuß gesehen, daß Sie in Abwesenheit der Oppositionsparteien nichts anderes vermögen, als Ihre kleinliche Gehässigkeit, gegeneinander auszuspielen (Výkøiky na levici.), anstatt sich mit den großen Problemen des Finanzwesens, anstatt sich mit den großen Problemen der gesamten Staatsverwaltung zu beschäftigen. Die Abstimmungsmaschine, die wir in diesem Hause zurücklassen, wenn wir weggegangen sind, wird niemand draußen als Volksvertretung betrachten können. (Potlesk na levici.) Es ist ein Aufschrei, der in die Welt hinausdringen wird, und seien Sie überzeugt, daß er Widerhall finden wird. Die arbeitenden Massen draußen werden uns verstehen, Sie werden unsere Forderung nach einer Änderung der parlamentarischen Methoden zu der ihrigen machen, weil sie wissen, daß diese Änderung eine unerläßliche Voraussetzung ist für die Änderung der Regierungsmethoden in diesem Staate überhaupt. Und wenn diese Forderung getragen ist von dem Willen der breiten Massen, wenn dieser Wille die Massen anfeuert und belebt, dann werden Sie sich - davon sind wir fest überzeugt - der Wucht unserer Argumente und der Gerechtigkeit unserer Forderungen auf die Dauer nicht entziehen können. Denn über alle Enttäuschungen, die wir bisher erlitten haben, erhebt uns das Bewußsein, daß die geschichtliche Entwicklung stärker ist als das künstliche, unnatürliche Herrschaftssystem, das Sie hier aufgerichtet haben (Potlesk na levici.), denn wir wissen, daß die Krisen, von denen dieses System immer und immer wieder erschüttert wird, ihren letzten Grund in den Klassengegensätzen haben, die unter dem Schein einer nationalen Zusammenarbeit immer schwerer zu verbergen sein werden. Und wir zweifeln nicht daran, daß auch in jenem Teil des Proletariats, der heute noch im Banne des allnationalen Koalitionsgedankens steht, das Klassenbewußsein erwachen wird und daß der Drang zur Vereinigung aller proletarischen Kräfte über die nationalen Grenzen hinaus wachsen und ein System stürzen wird, das unter dem Trugbild der nationalen Arbeitsgemeinschaft doch schließlich nur ein System der Unterdrückung ist. Und darum machen uns auch die Machtmittel dieses Herrschaftssystems nicht bange, darum lässt uns auch die Begrenztheit der Machtmittel, die uns heute zur Verfügung stehen, nicht mutlos. Was wir heute tun, ist nur ein Versuch, das System des Absolutismus durch Bloßstellung vor der Öffentlichkeit unmöglich zu machen. Wir können schon heute sagen, daß dieser Versuch gelungen ist, Ihr System bloßzustellen und vor aller Welt in seiner Nacktheit aufzuzeigen. Darauf kam es uns heute vor allem an und das glauben wir durchaus erreicht zu haben. (Souhlas a potlesk na levici.)
2. Øeè posl. Køepka (viz str. 279 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Zum fünften Male seit der Wahl des ersten èechoslovakischen Parlamentes wiederholt sich in diesen Tagen das Schauspiel der sogenannten parlamentarischen Beratung des Voranschlages. Der Verlauf war bisher immer der gleiche. Ein Schauspiel, dessen Drähte in der "Pìtka" zusammenliefen und bei dem der Opposition die Rolle der belebenden Statisten zugewiesen war. Die wichtigste Funktion des Parlamentes, die Kontrolle der Verwaltung, ist in diesem Hause längst wertlos gemacht worden, die unvermeidlichen von uns längst vorhergesagten Folgen eines solchen politisch verfehlten und wirtschaftlich ungesunden Systems konnten nicht ausbleiben. Sie treten immer deutlicher und in erschreckender Weise in der Gestalt einer bedrohlichen Krise der Staatsfinanzen und der Volkswirtschaft in die Erscheinung. Die erwerbenden Stände drohen einem unerträglichen Steuerdruck zu erliegen. Die Angestellten des Staates, die durch eine verkehrte Ersparungspolitik einer unwürdigen Notlage preisgegeben sind, scheinen zum äußersten entschlossen. Es ist zu befürchten, daß die Staatsverwaltung, deren Wirken ohnehin allseits zu berechtigten Klagen und Beschwerden Anlaß gibt, in unrettbare Verwirrung gerät. Die Befriedigung des Anleihebedürfnisses des Staates begegnet immer größeren Schwierigkeiten. Den inneren Markt hat sich der Staat selbst durch seine Politik der Beraubung des weitaus größten Teiles der Kriegsanleihebesitzer versperrt. Und auch im Auslande gelang es der Finanzwirtschaft dieses mit so reichen natürlichen Hilfsquellen ausgestatteten Staates nicht, das erforderliche Vertrauen zu gewinnen. Unter diesen Umständen wächst die Not, die Not von Landwirtschaft, die Not von Industrie und Handel und es droht der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu versagen. Dadurch werden die Grundlagen jeder gesunden Geld- und Volkswirtschaft untergraben. Eine ihrer erantwortung bewußte Regierung und Regierungsmehrheit müßte bei einer solchen Lage umso mehr alles daransetzen, die Opposition zur sachlichen Mitarbeit heranzuziehen. Statt dessen hat die Regierung ihre wiederholten Versprechungen, den Volksvertretern Gelegenheit zu einer eingehenden Erörterung, zu einer sachlichen Behandlung des Staatsvoranschlages zu geben, nicht nur nicht ei gehalten, sondern im Gegenteil diesen Staatsvoranschlag in diesem Jahr noch später eingebracht als gewöhnlich und sie hat durch den Berichterstatter von vornherein aussprechen lassen, daß jede, auch die kleinste Änderung ausgeschlossen ist. Das ist unerhört! Diese Mißachtung des Parlamentarismus, diese Mißachtung der Opposition im besonderen ist nur die Krönung eines Systems, das in Verkennung des Mehrheitsprinzips die Minderheit innerhalb und außerhalb des Parlaments lediglich als Objekt der Politik betrachtet. In der Durchführung dieses Systems wetteifern Gesetzgebung und Verwaltung auf allen Gebieten, um die Minderheit zugunsten der Mehrheit zu entrechten. Die deutschen Beamten, die deutschen Angestellten werden unter fadenscheinigen Vorwänden oder auch mit offener Brutalität ihres Arbeitsplatzes beraubt. Das èechische Schulbedürfnis wird durch ungerechtfertigte Schließung deutscher Schulen befriedigt. Der dem deutschen Anwärter vorenthaltene deutsche Boden wird Èechisierungszwecken überantwortet. Deutschen Landwirten wird der Heimatsboden genommen. Und das schlägt unserer Geduld den Boden aus! Ein Verbrechen am sozialen Geist der Bodenreform ist es, wenn Grund und Boden, der zur Aufteilung an Häusler und Kleinlandwirte bestimmt ist, an Kapitalisten, an Schieber, an Aktiengesellschaften gegeben wird und dadurch neue Latifundienbesitze geschaffen werden. Für ein Heer von Abenteurern wird ein unerhörter Schacher mit Grund und Boden betrieben, ein bedeutender Teil des Nationalvermögens den Händen des unverantwortlichen Staatsbodenamtes anvertraut, wird an Unwürdige verschenkt oder zu Spottpreisen verschleudert. An diese Günstlingswirtschaft, an diese himmelschreiende Korruption wollen wir nicht einmal anstreifen! Dieses System der Verschwendung von Staatsvermögen hat es fertiggebracht, daß dieses ohne Schulden übernommene Staatswesen, trotz unerhörter Übersteuerung seiner Bürger heute eine Schuldenlast zu tragen hat, die eine Gefahr für alle bedeutet! Die deutsche Bevölkerung aber wird in ihren berechtigten Empfindungen, in ihren heiligsten Gefühlen täglich schwer verletzt. Ist dies die Art, für die schwierigsten Probleme des Staates eine Lösung zu finden? Ist dies der Weg, Millionen von Staatsbürgern für die Mitarbeit im Staate zu gewinnen? Rechtfertigt ein solcher Zustand die in der Auslandspropaganda der Regierung immer wiederkehrende Versicherung, daß es die Minderheit sei, die die Mitarbeit im Staate verweigere? Auf diese Frage haben vielleicht gerade die Ereignisse der letzten Monate deutliche Antwort gegeben. Wenn unsere Politik in dieser Zeit keinen anderen Erfolg gehabt hätte, als den, diese Heuchelei der Regierenden zu brandmarken und vor der Öffentlichlheit des Innund Auslandes klar zu beweisen, auf welcher Seite die mangelnde Bereitschaft liegt, so ist sie schon allein deshalb als eine Entwicklungsstufe der innerpolitischen Lage geerechtfertigt. Diese wertvolle Aufklärungsarbeit für das In- und Ausland hat übrigens der gegenwärtige, leitende Staatsmann durch den billigen Zynismus seiner Rede im Budgetausschuß selbst gefördert. Was dieses System der jetzigen Koalition für den Staat und seine Interessen bedeutet, das möge in erster Linie das èechische Volk prüfen und würdigen, das in seiner überwiegenden Zahl schon längst nicht mehr hinter der Regierungsmehrheit steht und nur durch die Unterlassung von Neuwahlen verhindert wird, seinen wahren Willen zum Ausdruck zu bringen. Sicher ist, daß einmal gerade das èechische Volk in besonderer Schärfe mit jenen Staatsmännern abrechnen wird, die das kostbare Geschenk eines selbständigen Staates, das eine günstige internationale Konjunktur der èechischen Nation in den Schoß geworfen hat, gleich Verschwendern und ungetreuen Verwaltern vergeudet haben.