Úterý 15. dubna 1924

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 263. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 15. dubna 1924 odpol.

1. Øeè posl. Böhra (viz str. 573 tìsnopisecké zprávy):

Verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Vorlage, die uns jetzt beschäftigt, ist in ihrer Form schon die zweite oder die dritte Vorlage. Sie unterscheidet sich von jener, die am 4. April dem Hause vorgelegt wurde, in - man muß es anerkennen - einigen wesentlichen Punkten, denn die Vorlage vom 4. ds. war derart beschaffen, daß sie den allergrößten und stürmischesten Widerspruch bei allen, die auf ein freiheitliches Preßgesetz halten, herausfordern mußte. Damit ist nicht gesagt, daß die jetzige Form nicht auch großem Wiederstand begegnet und noch sehr viele Mängel aufweist. Mir kommt es vor, als wenn wir am 13. April, als diese Änderungen im Subkomité vor sich gingen, etwas mit der Wetterprognose zu tun gehabt hätten. Die Wetterprognose am 13. und 14. April stand auf veränderlich. Und es traten wirklich manche Veränderungen ein. Nur meine ich, daß für diese Prognose der Herr Abgeor dnete Prokeš aus Ostrau maßgebend gewesen sein dürfte, zumindest in bezug auf einige sehr wichtige Punkte des ganz wesentlichen § 4.

Es schiene selbstverständlich, daß die Vorlage einer Novelle zum Preßgesetz eine ganz besonders mustergiltige, wohl durchdachte, sehr ausgefeilte sein müßte. Wie wir heute erfahren haben, gehören ja der Regierung acht frühere Journalisten und drei Herausgeber an, man kann also Fachkenntnisse und Erfahrung in ganz besonderem Maße bei ihr voraussetzen. Wenn ich mir eine Vorbemerkung gestatten soll, möchte ich sagen: Wenn auch die Preßgesetznovelle die allerbeste wäre, ganz durchgefeilt, wenn sie allen Empfindungen und Bedürfnissen einer demokratischen Zeit entsprechen würde, so würde ihr dennoch ein Makel anhaften, nämlich daß sie unzeitig kam. Sie paßte nicht für diesen Augenblick. Wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe, sagt ein Sprichwort, und so ist es auch nicht das Gleiche, ob man etwas gestern, heute oder morgen tut. Als diese Vorlage eingebracht wurde, mit 39 Paragraphen - ich sage nicht, daß ein Zusammenhang besteht - da hat ein Prager Blatt just gerade 39 Affären aufgezählt. Heute haben wir 42 Paragraphen in der Vorlage; ich bin nicht abergläubisch, weder in bezug darauf, noch abergläubisch in der Hinsicht, daß just am Palmsonntag, am 13., das Subkomité diese Vorlage ausgearbeitet hat. Obwohl wir nicht glauben, wesentliche Änderungen herbeiführen zu können, haben wir uns trotzdem erlaubt, eine Reihe von Änderungsvorschlägen einzubringen, die ich durchwegs für rein sachlich halte und die so gehalten sind, daß sie auch jeder von der Majorität ganz gut annehmen kann, selbst wenn er das Prinzip der Ausschaltung der Schwurgerichte aufrecht erhalten will. Es sind Vorschläge, die wirklich diskutabel sind, nicht bloß vom Standpunkte unserer Partei oder nach meiner persönlichen Überzeugung; wir haben nur jene Verbesserungen eingebracht, von denen wir glauben, daß sie in den nun einmal gesteckten Rahmen hineinpassen. Vorerst wäre wohl noch der Wunsch auszusprechen, daß wir einmal ein großzügiges, allgemeines Reformwerk bekämen und nicht Gelegenheitsgesetze, die gerade nur für den Augenblicksbedarf abgewogen und abgestimmt sind. Denn von diesen Augenblicksgesetzen, die nicht immer dem inneren Wesen des zukünftigen Bedarfes des Volkes und der Nationen Rechnung tragen, gilt das Wort: Vorgetan und nachbedacht, hat manchem schon groß Leid gebracht. Von anderer Seite wurde ja auch daran erinnert, daß keinerlei Regierung, keinerlei Majorität in einem politischen Grundbuch eingetragen ist; ein solches gibt es nicht, eine solche Sicherung besteht nicht.

Ich werde eine rein sachliche Kritik üben, und zwar, wie ich schon sagte, in dem Rahmen, den man aus rein praktischen Gründen, wie ich glaube, einhalten soll. Ich gebe zu, ich unterschreibe voll und ganz, daß Preßfreiheit nicht gleichbedeutend sein darf mit Preßfrechheit. Die Ehre der Mitmenschen und die öffentlichen Güter müssen gewiß geehrt werden und es muß Schranken geben, und wo es Gewissenlose gibt, müssen sie in die Schranken, die durch das Recht nun einmal gezogen sind, gewiesen werden.

Der Hauptpunkt, gegen den sich unsere Beschwerden richten und den diese Preßgesetznovelle als ihren wesentlichen Zug aufweist, ist vor allem die Abschaffung der Geschworenengerichte. Wir geben zu, und ich habe dies aus dem Munde von Rednern von rechts und links gehört, auch im Subkomité und im verfassungsrechtlichen Ausschusse, daß Fehlurteile weder bei den Geschworenengerichten, noch bei den Berufsrichtern ausgeschlossen sind. Es ist nicht ganz verzeihlich, daß wir bis in die Osterwoche hineingetrieben werden mit der Behandlung so kritischer Vorlagen, wo man doch einen friedlicheren Feiertagston wünschen würde, aber gerade in der Karwoche hat man eine historische Erinnerung daran, daß das Volksgericht in Jerusalem ein Fehlurteil abgab, indem die haranguierte und von dern Herodianern aufgehetzte Menge schrie: "Den Barabas gebt mir frei, den Lumpen, den Mörder, den Gauner! " Andererseits hat aber gleichzeitig ein Berufsrichter gefehlt, wenn ich so sagen soll, der Oberlandesgerichtsrat in Jerusalem, der berühmte römische, sagen wir, Doktor Pilatus. Er war feig, hat sich vor dem Volksurteil zurückgezogen, er hat sich nicht als nackensteif erwiesen, er war feig auch gegenüber der Krone in Rom und hat sich vor Angebereien in Rom gefürchtet. So haben beide Richter Fehlurteile gefällt. Die Hauptsache wird bei beiden sein, daß bei ihnen Wissen und Gewissen vorkommen muß, mögen sie dieser oder jener Kategorie angehören, und daß man vor allem trachten muß, daß Wissen und Gewissen miteinander harmonieren.

Eine zweite Hauptbeschwerde ist, daß diese Novelle, trotzdem ihr - ich mochte sagen die Giftzähne gegenüber der ursprünglichen Vorlage ausgebrochen sind, Versuchungen zur Preisgabe des Redaktionsgeheimnisses enthält. Das ist etwas, was gegen die journalistische Standesehre verstößt. Aber nicht bloß das, denn dem öffentlichen Interesse ist gewiß auch sehr viel daran gelegen, daß, wenn von hundert Fällen, deren Aufdeckung wirklich eine öffentliche Notwendigkeit ist und im Interesse der öffentlichen Gesundung liegt, neunundneunzig wirklich begründet sind und bloß bei einem ein gerichtsordnungsmäßiger Nachweiß nicht erbracht werden kann, die Aufdeckung aller Fälle nicht deswegen unterbleibt. Die Öffentlichkeit hätte mit der Aufdeckung von 99 wirklich berechtigten Angelegenheiten ganz gewiß nur gewonnen. Wenn nun aber das Redaktionsgeheimnis gefährdet ist, wenn der Informator, wenn der eigentliche Urheber genannt werden soll, müssen wir uns doch vor Augen halten, wie es praktisch aussieht. Es gibt Informatoren, die ängtlich und nervös sind, die Rücksicht nehmen auf Bekannte, Verwandte, Angestellte usw., die Benachteiligung bei Lieferungen oder Ausstellungen fürchten usw., nicht nur im öffentlichen Leben, sondern auch in Privatbelangen, und dies trägt dazu bei, daß die Informationen dann einfach ausbleiben, und den Schaden trägt die Öffentlichkeit. Und wenn weiters das Publikum nicht die Überzeugung hat, daß die Presse, die das öffentliche Sprachrohr ist, nicht das ungescheut und offenaufdecken kann, was wirklich fehlerhaft ist, dann entstehen Gerüchte, und da gilt der alte Spruch: Fama crescit eundo". Gerüchte machen die Sachen noch schlimmer. Man sieht dann Fehlerhaftes und Unehrenhaftes auch dort, wo wirklich ehrenhafte Motive vorliegen, wo nichts von Betrug auch nur zu wittern ist, und ein solches Anwachsen von Gerüchten wirkt schädlicher, als die offene ehrliche Aufdeckung der wirklichen Zustände, ohne daß man mit Scheuklappen, mit allen Vorsichtsmaßregeln und Bemäntelungen vorgehen müßte.

Dann ist auch der Umstand hervorzuheben, daß die Strafen entschieden zu hat sind. Es sind drakonische Strafen vorgesehen. Darum ist einerseits der Umstand zu begrüßen - und das hat der Herr Berichterstatter Dr. Medvecký ausdrücklich hervorgehoben - daß die bedingte Verurteilung nicht ausgeschlossen ist. Wir haben uns erlaubt, einen Antrag zu stellen, daß ausdrücklich bei jenen Journalisten, deren Vergangenheit kein Vergehen oder Verbrechen aufweist, nur die bedingte Verurteilung erfolgen darf. Wenn er zu sechs Monaten oder zu 10.000 Kronen verurteilt wird, ruiniert dies nicht nur seine Freude am journalistischen Beruf, das tangiert auch den Lebensnerv des ganzen Buchdruckereigewerbes, das wahrlich nicht auf Rosen gebettet ist. Wir brauchen freie Zeitungen, wir brauchen geldlich unabhängige Zeitungen. Wo aber solche Strafen winken und wo die Erwerbsmöglichkeiten sinken, da greift man mitunter, die Versuchung liegt wenigstens nahe, nach Geldern, von denen es nicht heißen kann, daß Geld nicht riecht, pecunia non olet. Wenn solche Gerüchte sich vergrößern, wird oft geradezu aus einer Mücke ein Elefant und es wird das Gegenteil von dem erreicht, was ein berühmter Schweizer Rechtslehrer als Hauptzweck des ganzen Strafgesetzes hinstellt, daß es eine erzieherische Wirkung haben soll. Unter den Strafen ist ferner etwas, was ich einfach nicht begreifen kann, daß nämlich Zeitungen, Redakteure und Verleger eine Berichtigung seitens der Behörden umsonst bringen müssen, wenn die Nachricht, die irrig war, von ebenderselben Behörde ausgegangen ist. Das finde ich nicht begreiflich. Ich sehe darin keine Moral. Man darf doch seitens der öffentliche Faktoren die Presse nicht einfacah als eine den Staat, die Beamtenschaft, die Ämter benachteiligende Institution ansehen. Jede Presse, mag sie der Regierung freundlich oder minder freundlich gegenüberstehen, bringt unzählige Nachrichten umsonst, die dem Staat, dem Ärar auch in pekuniärer Hinsicht äußerst ersprießlich sind. Denken Sie an alle die Nachrichten über das Eisenbahnwesen, über Tarife, Fahrpläne, über die Post und alles, was damit zus ammenhängt, über die Hunderterlei öffentlichen Ankündigungen, die alle dem öffentlichen Interesse dienen. Und da wäre es wahrlich keine übertriebene Forderung, wenn in dem Falle, wo die Behörde selbst der irreführende Faktor ist, sie den ganz gewöhnlichen Inseratentarif für die Berichtigung, die sie für ihre eigene Sache veranlaßt, bezahlen müßte.

An das Schwurgericht ist nur eine, ich möchte sagen, blasse Erinnerung durch die Bestimmung geblieben, daß drei Berufsrichtern noch zwei Laienrich tern, zwei Schöffen oder, wie sie in der èechischen Sprache nach einem alten èechischen Wort genannt werden, Kmeten, beigefügt werden. Dazu haben wir einen Antrag eingebracht, der ganz gewiß dem Schwurgerichtswesen durchaus nicht Rechnung trägt, das gebe ich zu; der Antrag ist nicht eine Abfertigung unserer Meinung mit den Schwurgerichten, nein, sondern es trägt sogar noch dem Berufsrichtersystem Rechnung, das nun einmal als ein noli me tangere aufgestellt ist. Wir haben die Forderung gestellt: drei Berufsrichter und drei Laienrichter, und zwar so, daß der eine Laienrichter, wie es auch in der Vorlage heißt, vom Beklagten, der zweite vom Kläger ausgewählt werden kann, während der dritte von dem Richterkollegium, von der staatlichen Behörde, von der Gerichtsinstanz ausgewählt werden soll. Was hat das für einen Vorteil? Drei zu drei, aber keineswegs so, daß drei Stimmen gegen drei Stimmen da wären; denn weil einen der Beklagte auswählt, so steht, wenn zum Beispiel das Berufsrich terkollegium mit seiner juristischen Anschauung auf Seite des Beklagten steht, dieser als vierter Abstimmender aus dem Laienstande auf der Seite des Dreirichterkollegiums; andererseits wenn die drei Berufsrichter in ihrer juristischen Überzeugung dahin neigen, daß der Kläger im Recht ist, so steht dann wiederum der zweite Laienschöffe auf Seite des Gerichtes, weil er ja vom Kläger ausgewählt ist. Damit wäre wenigstens ein praktischer Anklang an das Schwurgericht geschaffen. Das ist ein Antrag, den, wie ich glaube, ganz im Rahmen der Prinzipien der Majorität die Herren anzunehmen in der Lage wären, wenn der gute Wille vorhanden ist.

Im Ausschuß, das wird jeder anerkennen, haben wir unverdrossen sachliche Arbeit geleistet, keinerlei Obstruktionsanträge eingebracht, keine Anträge, die über den Rahmen hinausgingen oder die sich nicht in den Grenzen des Erreichbaren bewegt hätten. Wenn das Ziel der Vorlage das ist, daß die gesamte Presse auf ein höheres Niveau gestellt werden soll, so muß man, wie ich meine, gründlicher vorgehen. Nicht durch Pflästerchen, welche das häßliche Hervortreten innerer Krankheiten nach Außen unsichtbar machen sollen, sondern man soll das Übel im Grunde heilen, innerlich die Kur vornehmen. Und da meine ich, daß man auch die Ursachen der Übel und Beschwerden und aller Affären zu beseitigen trachten sollte, indem man den Beschwerden Rechnung trägt, mögen sie heißen, wie sie wollen und daß eine innere Reform vor sich gehen müßte, die Geltendmachung, Vertiefung, Förderung dessen heißt, was Gewissen genannt wird. Darum Abstellung der Ursachen der Beschwerden, die namentlich wir Deutsche und speziell wir von der deutschen christlichsozialen Volkspartei aus vielerlei politischen, nationalen, wirtschaftlichen und kulturellen Gründen vorzubringen uns genötigt erachten!

Das sind meine Bemerkungen, meine Kritik zu der Vorlage, die auch in dem jetzigen Stadium der Verbesserung durchaus noch nicht jenen Wünschen Rechnung trägt, die wir an ein Preßgesetz zu stellen berechtigt sind. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Patzela (viz str. 575 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die hohe "Pìtka" und die ihr beigoordneten Minister und Parteien bereiten der öffentlichen Meinung in diesem Staate ein recht übles Ostergeschenk. Man könnte, um mit den Worten eines in journalistischen Kreisen in den letzten Tagen viel zitierten Ausspruchens zu reden, von der Charwoche der Preßfreiheit in der Èechoslovakischen Republik sprechen. Die Bevölkerung dieses Staates und die wirtschaftlichen Schichten dieser Bevölkerung haben nach den verschiedensten Erklärungen, die aus Minister- und Parteiführermund erschollen, etwas anderes von dem Staat erwartet. Man vermutete, daß das Werk der Sozialversicherung schleunigst gefördert werden wird. Statt dessen merkt man, daß in die Verhandlungen immer neue Diskussionsmöglichkeiten geworfen werden, um dieses Werk hinauszuschieben. Die Frage der èechoslovakischen Reparationsverpflichtungen hätte wohl erfordert, daß man sich mit dem großen Problem einer einschneidenden Änderung unserer Wirtschaftsverhältnisse, mit dem großen Problem der Steuerreform befasse, dessen Anschneidung auch für das heurige Frühjahr in Aussicht genommen worden war; die Frage der Kriegsanleihe ist von der obersten Stelle im Staate und seinen Herren Ministern wiederholt als der Lösung nahe bevorstehend angekündigt worden. Den Beamten und den Altpensionisten hat man wiederholt tröstliche Versprechungen gemacht. Winter- und Frühjahrstagung gehen vorüber und die Versprechungen sind unerfüllt geblieben. Ein armseliges einjähriges Mieterschutzprovisorium ist ungefähr das einzige Aktivum in der Bilanz der "Pìtka", dafür aber kommt man mit einem Gesetz, daß sich Preßgesetz nennt und vom dem selbst die èechischen Journalisten sagen, daß es kein "tiskový zákon", sondern ein "útiskový zákon", kein Pressgesetz, sondern ein Bedrückungsgesetz ist. Nun kommt der Motivenbericht des verfassungsrechtlichen Ausschusses und behauptet - und will, daß wir nicht darüber ironisch lachen - daß dieses Gesetz kein Gelegenheitsgesetz sei. Er will uns glauben machen, daß diese Vorlage in ihrer jetzigen Form den Abschluß einer jahrzehntenlangen Entwicklung bedeute. Er sagt uns noch dabei, wenn Straferhöhungen eingetreten sind, dann seien es ja nur Verminderungen gegenüber der Strafgesetzen, die aus dem alten ungarischen harten Recht in der Slovakei und in Karpathorußland noch gelten. Wenn das alte ungarische Recht die slovakischen Redakteure in der Slovakei und in Karpathorußland härter anfaßte, deswegen müssen auch in westlicheren, etwas weniger nach Osten gelegenen Teile dieses Staates die Journalisten härter angefaßt werden, als zuvor?

Kollege Hnídek hat uns heute Vormittag eine Rede gehalten, in der er uns schildern wollte, daß das neue Gesetz sogar eine große volkserzieherische Bedeutung habe; er hat dabei allerdings die bittere Bemerkung nicht unterdrücken können, bei seiner eigenen Nation seien die Angriffe auf die persönliche Ehre viel gehässiger und schärfer, als bei den anderen Nationen im Staate. Wir enthalten uns in einer internen èechischnationalen Angelegenheit jeder Kritik, die gehässig und boshaft gedeutet werden könnte. Wir mneinen aber, dann sollen die Herren das nationalee Erziehungswerk bei ihrer Nation vollführen, sollen sich eingestehen, daß ihre Nation für die eigene Staatlichkeit noch nicht reif ist, nicht aber die freie Meinungsäußerung der übrigen Nationen im Staate zu unterdrücken sich anschicken.

Das Werk soll die Forsetzung einer jahrzehntelangen Entwicklung sein. Ja, es ist wahr; seit Jahrzehnten gibt es in den Ländern, die heute die Nachfolgestaaten des alten Österreich genannt werden, eine Bewegung, einen Kampf für die Reform des Preßgesetzes. Wir erinnern uns dunkel an die sagenhafte Märe, daß auch in diesem Staate vor einigen Jahren eine umfangreiche Preßgesetznovelle vorlag, gegen die allerdings in den davon betroffenen Kreisen der Journalisten, Beutschen wie Èechen, lebhafte Bedenken laut wurden. Während dieser drei Jahre wäre reichlich Zeit gewesen, im Einvernehmen mit den journalistischen Sachverständigen und mit den Juristen ein brauchbares Preßgesetz zu schaffen, das wirklich als eine Pressgesetznovelle gedeutet, werden könnte. Jetzt aber kommt man nicht mit einer Modernisierung, sondern greift bloß die Zuständigkeit in Pressesachen heraus. Ich muß sagen, das erscheint uns als der Charakter des unverminderten Polizei- und Gewaltgeistes dieses Staates. Wir haben ein Gesetz, das sich mit der Presse befaßt. Wir hören nichts davon, daß man das Preßgesetz novellieren will, daß man die Kolportagefreiheit geben will. Unberührt bleiben die alten Bestimmungen über das Beschlagnahmeverfahren, und diese werden in einer Art gehandhabt, wofür ich dem hohen Hause ein paar Beispiele zur Kenntnis bringen will. Neu eingefügt ist höchstens ein Delikt, ein crimen laesae majestatis der hohen "Pìtka" in diesem hohen Hause. Die Korruption soll nicht erschlagen werden. Mundtot soll der gemacht werden, der die Korruption bekämpft.

Die Vorlage, mit der wir uns beschäftigen, soll das Schlußergebnis sein, wie es prahlend im Ausschußbericht heißt, das Schlußergebnis einer jahrzehntelangen Entwicklung. Wenn ich so denke, wie der alte Friedrich II, der Preußenkönig, mit seinem Korporalstock von den Gazetten sprach, die nicht genieret werden dürfen, so muß ich sagen, bis zu dieser Vorlage ist kein Aufstieg zu sehen, sondern eine reformatio in peius, ein Abstieg. Wenn man bedenkt, was in dem verschrienem Polizeistaat Deutschland der "Simplizissimus" oder die "Jugend" über Wilhelm und seine Staatsverwaltung ungehemmt schreiben konnten, da muß man die Art, wie hier die Presse angefaßt wird und durch dieses Gesetz neu angefaßt werden soll, ungeheuerlich finden. Dabei handelte es sich dort um einen Polizeistaat, und diese Dinge hier in diesem Staate sollen wir, ohne zu erröten und höhnisch aufzulachen, als Demokratie hinstellen. Dazu muß man entweder irrsinnig sein oder im Verdachte stehen, ein Nutznießer der Korruption in diesem Staate zu sein. (Souhlas na levici.)

Aber, meine Herren, nützen wird es Ihnen nicht viel. Sie werden hier die freie Meinungsäußerung unterdrücken, aber im Ausland wird man sagen, die Èechoslovakische Republik habe ein Gesetz geschaffen, mit dem sie die Diskussion über die Korruption unterdrücken will. Es brauchen ja nicht wir es zu besorgen, nicht wir, die oppositionellen Parteien, brauchen ins Ausland zu gehen, um über die Verhältnisse in diesem Staate zu berichten. Die Herren scheinen zu übersehen, daß hier in dem Staate Diplomaten und andere Berichterstatter ausländischer Staaten leben, die die Dinge nicht mit der èechoslovakischen Brille sehen, sondern mit ihren natürlichen Augen. Ob die nach den Erscheinungen, die sie ja da vor sich gehen sehen, und nach der Art der Behandlung der Presse hierzulande das Loblied der demokratischen Republik singen werden, ist eine andere Frage.

Der Herr Berichterstatter und Kollege Hnídek haben darauf verwiesen, daß man schon früher einmal im alten Österreich über ein Preßgesetz verhandelt hat, zum letztenmal im Jahre 1914. Damals hat man das Preßgesetzproblem wiederholt aufgegriffen. Die Verhandlungen kamen nicht zu Ende. Ich kann den Herren verraten, warum. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.) Die Verhandlungen des Reichsrates mußten immer wieder abgebrochen werden - es ist das eine ganz interessante historische Remminiszenz - weil die Obstruktion der Herren aus dem èechischen bürgerlichen Lager die Parlamentsarbeiten immer wieder zur zwangsweisen Unterbrechung brachte. Auch der Entwurf des Presseausschusses - damals im reaktionären Österreich gab es einen eigenen Presseauschuß - kam nicht zur entgültigen Verabschiedung aus dem einfachen Grunde weil damals die Vorgänge im März und April 1914 das Parlament wieder zur vorübergehenden Untätigkeit zwangen, solange bis der Weltkrieg herankam.

Nur ein Wort möchte ich erwähnen über die Methode der Verhandlungen, die damals zum Unterschied von heute angewendet wurde. Damals wurde monatelang, jahrelang beraten; vielleicht war das ein Überfluß, aber jedenfalls ist eine gründliche Verhandlung besser als diese Art der Durchpeitschung, und weil ein paar Namen die Verhältnisse besser illustrieren, will ich Ihnen erzählen, wie der letzte Entwurf damals verhandelt wurde. Der Entwurf kam ins österreichische Parlament, als zwei deutsche Abgeordnete, ein Deutschradikaler und mein toter Freund Seidl sahen, daß die Regierung in dieser Sache schlief; sie warfen einen Gesetzenwurf ins Haus, der zum Teil nach älteren Vorlagen und Ausschußberichten verarbeitet war. Es wurde im Ausschuß äußerst eingehend verhandelt. Der Vorsitzende des Ausschusses - so schlecht wurden die Slaven in Österreich behandelt - war der Südslave Ivèeviè. Der Berichterstatter des Ausschusses, der die ganzen Verhandlungen führte, war der nunmehr tote Führer der deutschen Sozialdemokraten Dr. Viktor Adler, der die Verhandlungen tüchtig und gewissenhaft leitete und der nur deswegen die Berichterstattung im Hause nicht übernahm, weil er das bei seiner grundsätzlich oppositionellen Parteieinstellung nicht tun wollte. Es wurde Berichterstatter für das Haus ein èechischer Abgeordneter, der Ihnen aus der Revolutionszeit wohlbekannte Dürich. Es ist interessant, so ein wenig in der Vergangenheit zu blättern und nachzusehen, was man damals in dem Polizeistaat Österreich sagte und was man heute sagt. Der erste Regierungsentwurf aus dem Jahre 1902 sagt in seinem Motivenbericht: "Als leitender Grundsatz hat dabei jene Auffassung zu gelten, welche in den Staatsgrundgesetzen niedergelegt ist. Eine Gefahr kann darin nicht erblickt werden - nämlich in der Kontrolle der Öffentlichkeit durch die Presse - weil einerseits eine öffentlich geführte Diskussion eine natürliche Entladung der Meinungen und Absichten darstellt, die weniger Unheil stiftet, wie jede geheime Anstauung oder Unterdrückung von Gesinnungen und Bestrebungen, welche an ihre Berechtigung glauben, andererseits aber in der sich stets vermehrenden allgemeinen Bildung und der sich daraus ergebenden Selbständigkeit der eigenen Überzeugung eine wirkungsvolle Abwehr auch gegen Exzesse von Zeitungen gegeben ist." In dem weiteren Bericht, den dann der Ausschuß im Jahre 1914 über seine Arbeiten vorlegte, war allerdings auch von der Skandalpresse die Rede, gegenüber der eine Korrektur notwendig ist. Aber man war sich doch klar, daß man nicht übers Ziel schießen darf. Da heißt es: "Die lebhaftesten Angriffe waren zweifellos gegen das objektive Verfahren und insonderheit gegen die Handhabung desselben gerichtet. Obwohl das Gesetz vom Jahre 1862 das objektive Verfahren nur dann zugelassen hatte, wenn die Subjektivverfolgung nicht möglich war, so erhielt doch die betreffende Gesetzesstelle im Laufe der Zeit eine solche Deutung, nach der es völlig im Belieben des Staatsanwaltes lag, ob er das objektive oder das subjektive Verfahren einleiten wolle. Gegen den Geist und gegen die Absicht des Gesetzes artete die Handhabung des objektiven Verfahrens so aus, daß wenn die Verfasser von inkriminierten Artikeln die subjektive Verfolgung selbst verlangten, die Staatsanwaltschaft darauf nicht einging." Nun kommt noch eine andere Sache. Dann sagt der Ausschußbericht weiter, und das sagt selbst der èechische Abgeordnete Dürich, der gewiß ein guter Revolutionär war: "Wenn der Regierungsentwurf bei diesen beiden Materien den freiheitlichen Bestrebungen Rechnung getragen hat, so hat er doch wieder eine große Gefahr für die Presse durch die angestrebte Kompetenz für die Preßehrenbeleidigungen heraufbeschworen. Zu den schwerwiegendsten Bestimmungen des Gesetzentwurfes gehört die in demselben geregelte Kompetenzfrage in Ehrenbeleidigungssachen. Dem Schwurgericht sollen nach dem Gesetzentwurf alle Preßehrenbeleidigungssachen entzogen werden. Schon die Art und Weise, wie in dieser Richtung im Entwurf vorgegangen wurde, hat die lebhaftesten Bedenken hervorgerufen. Wenn nun auch nicht verschwiegen werden soll, daß gegen die Aufrechterhaltung der schwurgerichtlichen Kompetenz in Preßehrenbeleidigungssachen vielfach Bedenken laut geworden sind, schwere Mißgriffe die Jury in Verruf gebracht haben und zweifellos nicht mehr jene Begeisterung für die Schwurgerichte im allgemeinen vorhanden ist, welche bei ihrer Erichtung vorhanden war, so muß es doch immerhin als ein sehr bedenkliches Beginnen angesehen werden, ehrenbeleidigende Angriffe gegen öffentlicge Funktionäre dem Schwurgericht gänzlich zu entziehen und sie nur an Fachrichter zu verweisen. Mag auch den Geschworenen manchmal die Fähigkeit mangeln, den einzelnen Fall richtig aufzufassen, zu prüfen, unparteiisch und nur der Sache gemäß zu beurteilen, so muß hiebei doch auch die Zweckmäßigkeit einer freien Kritik der öffentlichen Zustände durch die Presse als Grundlage für die Kompetenzfrage genommen werden." Weiter heißt ein Satz: "Der Ausschuß war aber auch der Ansicht, daß es nicht angehe, Ehrenbeleidigungen, welche gegen öffentliche Funktionäre gerichtet sind, dem Schwurgericht zu entziehen, weil hiedurch die häufig auch berechtigte Kritik der Presse empfindlich leiden könnte. Jedes freie Wort, jeder Angriff könnte, auch bei irrtümlichen Voraussetzungen, dann beim Bezirksgericht verfolgt werden." Was besonders charakteristisch ist - ich kann mich hier nicht mit allem befassen - war, daß man damals sich noch eines anderen Grundsatzes bewußt war. Die Beschlußfassung über diesen Entwurf wurde von dem èechischen Berichterstatter an eine Zweidrittelmehrheit gebunden, weil man der Meinung war, daß, da die Schwurgerichte einmal in das öffentliche Leben eingeführt worden sind, hier eine Verfassungsänderung vorliege, die nur mit einer Zweidrittelmehrheit geschehen kann. Aber das war in einer Zeit, wo die Herren der èechischen Nation noch nicht ihren eigenen Staat hatten, wo sie vielleicht noch an eine Freiheitlichkeit glauben konnten, an die sie heute nicht mehr glauben. Ich meine, diese Errinnerungen sind ganz wertvoll und notwendig. Man sagt uns, die gute Presse wird nicht getroffen werden, sondern nur die Skandalpresse. Meine Herren! Die Presseverhältnisse in der Èechoslovakischen Republik sind keineswegs erfreulich, nicht bloß deswegen, weil es eine Skandalpresse gibt, sondern weil bei uns, aber viel mehr noch bei der èechischen Nation, viele Provinzblätter, die von den Parteien gegründet sind, weniger in sachlichen Auseinandersetzungen, als in persönlichen Angriffen sich Genüge tun und es auch den Parteien nicht leicht wird, ein Übermaß hintan zuhalten, wobei wir bemerken, daß es Pflicht eines jeden Führers der Politik ist, dafür zu sorgen, daß in der Öffentlichkeit persönliche Momente beiseite geschoben und sachliche Beweggründe hervorgehoben werden.

Aber, meine Herren, die Preßverhältnisse sind auch sonst nicht erfreulich. Wir haben hier eine Konfiskationspraxis, die nicht zum Himmel schreit, sondern zum Himmel stinkt, eine geradezu unheimliche Konfiskationspraxis. Ganze Seiten des Amtsblattes bringen nichts, wie Beschlagnahmen. Dazu kommen noch Sachen, wie mit dem Ascher Redakteur Tins, den das erste Gericht, weil er einen beschlagnahmten Artikel in Unkenntnis der Beschlagnahme veröffentlicht hatte, freisprach: der Oberste Gerichtshof aber, der sich bei rechtlich denkenden Menschen dadurch kein gutes Bild eingelegt hat, hob den Freispruch auf und verurteilte den Redakteur, indem er erklärte, daß alle Beschlagnahmeerkenntnisse - vielleicht alle, die seit zweihundert Jahren erflossen sind - der Redakteur kennen müsse, während der oberste Gerichtshof selbst nicht wußte, daß im Parlament der betreffende Artikel bereits durch einen Abgeordneten immunisiert worden und also der Beschlagnahme entzogen war. Der oberste Gerichtshof verlangt von dem Journalisten etwas, was viele Richter nicht wissen. Und da sollen wir bei dieser Praxis einem solchen Gesetz mit Vertrauen entgegensehen, indem man uns sagt, daß man nur die Skandalpresse zwingen will und nicht die ehrliche politische Presse?

Wir haben auch über die ungleiche Behandlung der Presse zu klagen. Wenn der Herr Justizminister einmal sich einen Tag frei nehmen würde, und, frei von allen amtlichen Geschäften, die konfiszierten oppositionellen Zeitungen lesen würde - die kommunistische Presse liest er ja in Prag, aber unsere deutsche Presse aus der Provinz - und er würde es vergleichen mit dem, was uns die Organe der èechischen Nation, der Regierungsparteien, antun, ohne daß sich jemand darum kümmert, müßte er sagen, daß von Gerechtigkeit und einer gleichen Behandlung keine Rede ist.


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