Pondìlí 26. listopadu 1923

Fürwahr, es ist eine Tatsache, daß die Besitzenden, die Steuerträger in dieser Republik dreimal gründlich ausgezogen werden. Von Anfang und vor allem ist es die Kriegsanleihe, die uns durch Zwang, durch Überredung und durch Verlockungen aufgehalst wurde und bis heute der Einlösung harrt. Wieviel Selbstmorde, wieviel Hunger, Elend und Verwünschungen sind aus der Nichteinlösung der Kriegsanleihe hervorgegangen? Und da gibt es hier noch Männer der Mehrheit, die sich höhnend an dem Unglück dieser Opfer freuen! Es muß konstatiert werden, daß Österreich, als es kein Geld mehr hatte, alles aus der Kriegsanleihe bezahlte, Kasernen, Barraken, Arsenale, Vorräte und Waffen herstellen ließ, die im Gebiete der Republik liegen und von ihr als Eigentum in Besitz genommen wurden, und somit hätte die Regierung schon die moralische Verpflichtung, die Kriegsanleihe einzulösen. Wir werden aber nicht ruhen, bis diese Forderung erfüllt ist. Es fehlt nur an gutem Willen, denn die Kriegsanleihe könnte eingelöst werden, wenn endlich einmal diese sinnlose Großtuerei des Staates aufhörte und vor allem anderen die Riesenausgaben für den ganz unnötigen Militarismus aufhören würden, wenn derselbe wenigstens auf die Hälfte heruntergesetzt würde. Unser gutes Geld, das in der Kriegsanleihe steckt, es ist Volksvermögen, und Volksvermögen schafft Wirtschaftsleben und Wirtschaftsleben sichert den Bestand des Staates. Wünschen Sie, meine Herren, daß es anders werde durch Ihre eigene Schuld, dann lassen Sie auch weiterhin die Kriegsanleihefrage ungelöst und Sie werden sich die Folgen selbst zuzuschreiben haben!

Zum anderenmale wird der Steuerträger und der Besitzende durch die Vermögensabgabe und insbesondere durch die Vermögenszuwachsabgabe ausgezogen, bis auf die nackte Haut. Wir werden dadurch aller Barmittel beraubt und viele und viele kommen in tiefe Schulden. Eine begreifliche Verzweiflung hat in unseren Kreisen Platz gegriffen. Aber niemand von den Regierungsherrschaften will das sehen und hören und es ist leere Phrasendrescherei, wenn der Herr Berichterstatter Dr. Srdínko zum Schluß die Republik apostrophierte und fragte: "Was fehlt dir, Republik, noch zu deinen Glück?" und sich selbst die Antwort gab: "Daß du noch mehr Liebe zu deinem Nächsten finden möchtest." Gott soll uns vor dieser Liebe bewahren! Ich muß dabei unwillkürlich an die Worte denken: "Ich liebe Dich, wenn Du mir alles, alles gibst." Durch die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe hört sich der gesunde Sinn und das Sparen in der Bevölkerung auf und es scheint, daß jene, die nichts tun und sich an das Wort halten: "Sie säen nicht, sie ernten nicht und doch ernährt sie der himmlische Vater" viel besser daran sind, als jene, die sparen und arbeiten. Wozu auch einen Besitz und wozu auch ein kleines Betriebsvermögen erwerben, wenn der Fiskus dann kommt und alles konfisziert? Wer die Vermögenszuwachsabgabe ausgedacht hat und sie in dem gegenwärtigen Umfang eintreiben will, gehört entweder in ein Narrenhaus, oder hinter Schloß und Riegel. Ist denn überhaupt ein Zuwachs bei unserem bäuerlichen Besitz entstanden? Wie schaut heute die Bewertunn von Grund und Boden aus? Ich kann Ihnen Beispiele nennen, daß kleine Wirtschaften mit 2 ha Grund vor Jahresfrist noch 70.000 Kronen wert gewesen sind, während Sie heute für dieselben kaum mehr 40.000 Kronen erhalten können. Ich will mich aber mit weiterem Ziffernmaterial nicht beschäftigen. Die Regierung sollte selbst darauf kommen, daß die Vermögenszuwachsabgabe bei der Novellierung dieses Gesetzes zur Gänze zu fallen hat, weil erstens die Zahlungspflichtigen nicht mehr zahlen können und weil zwei ens sie der Staat auch schließlich nicht mehr braucht. Sie bekommen ja großartige Ausl ndsa leihen, die Sie darüber hinwegbringen werden. Wir fordern also, daß uns die Bezahlung der Vermögensabgabe, und ich betone, nur der Abgabe, in mindestens 30 Halbjahrsraten bewilligt werde. Es ist eine Tatsache, daß unsere Kleinbauern, unsere Häusler und jene Handwerker, die Vermögensabgabe zahlen müssen, dieselbe nicht aufbringen können und in den Kassen keinerlei Darlehen bekommen können. Den Leuten wird nun die Vermögensabgabe bücherlich vorgemerkt, wodurch sie neuerliche Auslagen zu tragen haben.

Das dritte und wohl schlimmste Leid, weil es für den Steuerträger ständig ist, sind die unerträglichen und drückenden Steuern, die wir nicht mehr leisten können. Wir brauchen niemand mehr aufzufordern, wie uns oft in die Schuhe geschoben wird, keine Steuern zu bezahlen, die Leute draußen können sie einfach nicht mehr bezahlen. Unsere Steuern sind ganz einfach nicht mehr erträglich. Wir zahlen heute vierzehnmal mehr, als in Österreich, und dabei geht es uns viel schlechter als früher, besonders jetzt, wo die bäuerliche Bevölkerung durch die Steuereintreibung aufs Tiefste erbittert wird, weil man die Beträge jetzt nach 3 Jahren mittels Posterlagscheines auf einmal einfor dert. Wohl wird gesaggt: Unkenntnis der Gesetze schützt nicht, die Leute hätten hingehen sollen und fragen, wie es mit ihrer Erwerbs-, Grundsteuer u. s. w. aussieht. Wenn aber ein solcher Mann zur Steueradministration gekommen ist, wurde ihm oft zur Antwort: Richten Sie sich nach den früheren Vorschreibungen! Die stammten aber alle noch aus den österreichischen Zeiten, die wieder nicht gelten konnten, und so sind die Leute direkt in Verwirrnis geraten. Nun erhält in meinem Heimatsstädtchen ein einfacher Handwerker, der ohne Gehilfen und nur mit einem Lehrling arbeitet, der ein einziges Grundstück besitzt, auf dem er sich 1 oder 2 Ziegen halten kann, einen Zahlungsauftrag, binnen 14 Tagen 1.600 Kronen an rückständigen und provisorischen Steuern für das Jahr 1923 aufzubringen. Dies ist eine Unmöglichkeit, und doch wird es gefordert, und man geht sogar zur Pfändung über und zur Exekution an dem einzigen Stück Vieh. Niemand hat dabei Gelegenheit, diese Vorschreibungen auf dem Posterlagscheine zu prüfen und in vielen Fällen erweisen sich die Vorschreibunge als irrtümlich. Warum hat die Steueradministration nicht schon längst den Auftrag bekommen, die Beträge einzumahnen und Vorschreibungen herauszugeben? Wie kann ich mir von einem ganz kleinen Betrieb eine Erwerbsteuer von 180 Kronen vorschreiben lassen, ohne daß ich Gelegenheit gehabt habe, Einspruch zu erheben und der Behörde klar zu machen, daß ich ein solches Einkommen überhaupt nicht besitze, wofür mir 180 Kronen vorgeschrieben werden. Da heißt es einfach: Wenn Du reden willst, halts Maul und zahle! So schaut es bei uns draußen aus. Dazu kommen noch die Exekutionen binnen 14 Tagen. Die Leute werden direkt kopflos. Wie ist der arme Teufel in der Lage, Tausende aufzubringen? Nun muß er sich eben bücherliche Vormerkungen gefallen lassen. Ja, in einem Falle wurden einem Kaufmann, der sein Vermögen in Wien liegen hat, es aber nicht herbekommen kann, trotzdem von der hiesigen Steueradministration Steuern vorgeschrieben und derselbe aufgefordert, binnen 14 Tagen 83.000 Kronen an rückständigen Steuern aufzubringen, während sein ganzes Vermögen, das er besitzt, kaum noch einige Hunderte wert ist. Alle Vorstellungen und persönlichen Interventionen hier in Prag nützen nichts. Man zuckte die Achseln und sagte: Wir müssen das Vermögen so nehmen, wie es früher bewertet war, wir können für diese Verhältnisse nichts. Da müssen Sie eben ein anderes Gesetz schaffen.

Am schlimmsten ist es in den Steuerbezirken, die im Gebirge liegen, wie z. B. in den Bezirken Neudek, Luditz, Buchau, Königswart. Dort gehen die Steuerbehörden rücksichtslos mit Pfändungen vor. Sie haben kein Herz für unsere kleinen Leute. Ich weiß einen Fall, wo eine Kriegswitwe den betreffenden Steuerbeamten erklärte, sie sei nicht in der Lage zu zahlen, sie müßte betteln gehen, um das Geld aufbringen zu können. Da gab man ihr zur Antwort: "Gehen Sie eben betteln!" Dann darf man sich nicht wundern, wenn dieses Elend unter den Leuten tiefen Haß und Verachtung gegenüber dem Gesetz und der Behörde erzeugt. Wir sind direkt in den Steuerrobott des Staates geraten. Es ginge, wenn man wollte. Dieser Staat mit seinen reichen Mitteln brauchte nur seine ganz unnötigen Auslagen zu reduzieren, dann könnte man sein Auslangen finden. Was uns die Repräsentation kostet und die französische Militärmission, dafür könnte man viele kleinen Steuerträger befreien. Aber nein, nach Außen hin muß groß getan werden und im Innern können die Leute verhungern. Kann das so weitergehen? Und dazu dieses Schmarotzertum, diese Korruption in diesem Staate! Die muß doch endlich einmal beseitigt werden. Ist es nicht eine Schande für die Republik, wenn täglich in den Zeitungen Defraudationen und Betrügereien von hohen Staatsbeamten und selbst von Regierungsleuten gemeldet werden? Wenn das so fort geht, muß die ganze Volkswirtschaft zugrundegehen und damit, meine Herren, auch die Herrlichkeit in diesem Staate. Ich frage Sie abermals, wollen Sie es so?

Wir fordern eine gründliche Steuerreform, restlose Beseitigung der Kriegszuschläge. Das geht dem einfachen Mann nicht ein; er sagt: So lange haben wir schon die Kriegsjahre hinter uns und immer und immer werden noch Kriegszuschläge eingehoben. Gibt es vielleicht wieder Leute, die die verrückte Idee im Kopf tragen, daß die Menschen sich wieder werden für andere hinschlachten lassen, daß wir vielleicht in unserer Bevölkerung freudigen Widerhall für Krieg und Kriegskrüppel, die bis jetzt noch nicht versogt sind, finden werden? Da werden Sie sich gründlich irren. Wir fordern, daß insbesondere auf die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe, auf unsere Handwerker, die in dieser Wirtschaftskrise elend zugrunde gehen, Rücksicht genommen werde, insbesondere aber auf die unglücklichen Erzgebirgler. Ich würde nur wünschen, daß einmal auf acht Tage im Winter einer der Herren Minister in das Erzgebirge käme, nicht um dort Sport zu treiben, sondern um mit dieser gequälten Bevölkerung Not und Elend durchzukosten. Diese Leute sind kein Bettelvolk, sie wollen keine Almosen, Arbeit und Arbeitsmöglichkeit wollen sie haben. Sie wollen die Möglichkeit zur Beschaffung von Lebensmitteln und von Rohmaterialien, sie wollen die Möglichkeit zum Transport ihrer Erzeugnisse, sie brauchen Ausnahmstarife. Berücksichtigung aber werden sie ebensowenig finden, wie bei der Vorschreibung der Steuern und der Vermögensabgabe. Sie werden genau so behandelt, wie die glücklicheren Bewohner der Gegenden des böhmischen Flachlandes. Nun stellen Sie sich einmal Gottesgab, das höchstgelegene Städtchen Europas, und andere Gebirgsorte, wie Abertham, Bärringen, Platten usw. vor. Diese Bewohner trifft eine Vermögensabgabe von 10.000 oder 20.000 K härter als jene Leute, die in besseren Gegenden leicht ihr Einkommen und Auskommen finden. Dafür haben aber die Behörden nicht das geringste Verständnis. Als unlängst eine Abordnung bei der dortigen Steueradministration vorsprach und erklärte, daß die Zustände unhaltbar seien, daß die Leute die Steuern einfach nicht mehr zahlen können, nicht mehr zahlen werden, da hat der betreffende Oberfinanzrat, der Leiter dieser Steueradministration, die Abordnung nicht auf die Wohltaten des Gesetzes bezüglich der Stundung der Zahlungen aufmerksam gemacht, sondern auf das Gesetz zum Schutz der Republik, und hat erklärt, daß er die Abordnung anzeigen und einsperren lassen werde. So schaut die Hilfe aus, die die Leute, welche den weiten Weg aus dem Gebirge herunter zum Amt machen müssen, dort finden. Die Herren, die kostspielige Studienreisen in die Schweiz, nach Frankreich, Belgien und ich weiß nicht wohin überall machen, haben für diese Staaten mehr Interesse, als für die deutschen Gebiete und ganz besonders für unsere Randgebirgsgebiete. Wir haben aber ernste Männer zu Hausee, die den Schritt wagen und Hilfe fordern, und wenn es Selbsthilfe sein müßte! Wir können diese Zustände in unseren Gebieten, wo die Gerste nicht mehr ausreift, wo wir unter dem ersten Schnee den Hafer und die Kartoffeln heimbringen müssen, auf die Dauer nicht mehr ertragen, wenn die Behörden und obersten Stellen sich dieser gequälten und drangsalierten Bevölkerung nicht annehmen.

Die chauvinistische Regierung in diesem Staate tritt das Wirtschaftsleben mit Füßen. Ihr handelt es sich nur darum, nach Außen hin die Unwahrheit zu verbreiten, daß die Republik ein Nationalstaat ist, während sie doch - und darüber kommen Sie nicht hinweg - einen Nationalitätenstaat darstellt. Heute sehen Sie schon durch den vollständigen Niedergang des Wirtschaftslebens eine fortwährende Steigerung der Arbeitslosigkeit. Bei der Bevölkerung ist eine Unruhe eingetreten, die wie der Funke unter der Asche glimmt. Das alles sind die Früchte einer vernunftlosen Politik. Sie überhören die Stimmung, Sie übersehen die Erbitterung, die im deutschen Volke platzgreift. Was aber wird die Zukunft bringen, wenn die führenden Männer dieses Staates nicht hören wollen? Wohl ist das Schicksal der jungen Republik augenblicklich gesichert, was kann aber später werden, wenn die Regierung weiterhin Recht und Freiheit des deutschen Volkes schän det? Dieser Staat kann nur leben, wenn er allen seinen Bewohnern gleiche Rechte und gleiche Freiheit zuteil werden läßt. Das deutsche Volk mit seinen 3 1/2 Millionen Köpfen ist keine Minorität, es ist ein starkes, kurturell hochstehendes Volk, es ist arbeitsfreudig, daher ist es gleichwertig und will auch als gleichberechtigt behandelt werden. Wir werden unser Recht auf Selbstverwaltung und Selbstständigkeit erkämpfen. Wenn auch der Kampf so lange dauern sollte, wie der Ihrige gedauert hat, wir werden ausharren, denn wir hegen die Hoffnung, daß doch endlich die Zeit für uns kommt, die Sie einst so sehr ersehnt haben. Vergessen Sie nicht, daß ein Staat durch den Willen seiner Völker umgestaltet werden kann, wie es in Österreich eines Tages zum plötzlichen und unerwarteten Zerfall kam. Da sind Kanonen und da sind Kerker viel zu schwach, um den Freiheitsdrang eines geknechteten Volkes fesseln zu können. Wenn es wahrhaft der Wille dieser Regierung wäre, Ausgleich, Verständigung, Aussprache zu schaffen, dann dürften diese Versprechungen der Minister nicht in Widerspruch mit ihren Taten und mit dem Vorgehen der Unterbehörden stehen. Dadurch aber muß deutscherseits das Vertrauen fehlen. Und gibt es kein solches, so fehlt auch die Basis, auf der ein Zusammenarbeiten erfolgen könnte. Die Schuld daran liegt allein an der Einsichtslosigkeit der Mehrheit dieses Hauses, die ihre Macht verkennt. Mit einer Regierung, die sich mit der Beherrschung und Unterjochung der anderen Völker und nur mit dem Wohle des sogenannten Staatsvolkes beschäftigt, können sich die deutschen Vertreter in eine ernste Vereinbarung nach den gegenwärtigen Verhältnissen nicht einlassen. Selbst im Privatleben werden anständige Leute den Wehrlosen nicht vergewaltigen, und in dieser Beziehung soll und darf es keinen Unterschiel im Privatleben und in der Staatsmoral geben. Mit einem ehrlichen Gegner kann man Frieden schließen, mit einem Unehrlichen, der Gerechtigkeit heuchelt und vortäuscht, aber niemals. Wir haben zu dieser Regierung kein Vertrauen, denn wer vergewaltigt wird, kann seinen Peiniger nicht lieben.

Wir sind Aktivisten, aber Aktivisten in der Arbeit und in der Vertretung der Politik des deutschen Landvolkes, aber niemals Aktivisten in irgendeiner Beziehung zu dieser Regierung. Im Gegenteil, wir stehen in schärfster Opposition zu derselben und werden darin solange verharren, bis unsere Forderungen erfüllt werden. Daher verweigern wir diesem Staatsvoranschlag unsere Zustimmung. (Souhlas a potlesk na levici.)

5. Øeè posl. V. Marka (viz str. 629 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Weder die Ausführungen des Herrn Finanzministers, welche die Finanzvorlage für das Jahr 1924 begleiteten, noch der Motivenbericht hiezu bringt die zum Gesetzentwurf so notwendigen Aufklärungen und Ergänzungen. Wir vermissen auch die für ein gründliches Studium und entsprechende Beurteilung des Voranschlages erforderlichen Behelfe, so insbesondere die Rechnungsabschlüsse des vorangegangenen Jahres. Wenn gleich bekannt ist, unter welcher Last von Arbeiten die Steuerämter und die Rechnungsabteilungen leiden, so muß doch on hier aus ganz entschieden gefordert werden, daß mit der Vorlage des Staatsvoranschlages für das kommende Jahr stets gleichzeitig die Rechnungsabschlüsse des Vorjahres dem Hause unterbreitet werden. Ist durch die Überbürdung der mit der Aufstellung der Rechnungsabschlüsse betrauten Organe die rechtzeitige Fertigstellung derselben gefährdet, dann ist es eben Sache der verantwortlichen Stellen, für eine entsprechende Vermehrung der Arbeitskräfte zu sorgen. Hier ist Sparsamkeit durchaus nicht am Platze. Die Vorschreibung der Staatssteuern und Gebühren ist noch immer sehr im Rückstand und es ist einleuchtend, daß dieser Umstand schädlich wirken muß auf die Zahlungen und die Einbringlichkeit der Staatsabgaben. Der Herr Minister für Finanzen meint in einer Interpellationsbeantwortung, daß eine wesentliche Besserung im Stande der Steuernachbemessungen bereits eingetreten ist und daher erwartet werden kann, daß die Steuerb messungsbehörden im ersten Halbjahr 1924 ins Laufende kommen werden. Ich zweifle recht sehr an der Richtigkeit dieser Anschauung und selbst dies zugegeben, würde der Umstand in uns die Befürchtung aufkommen lassen, daß die Bemessungsbehörden nicht zur kurrenten Arbeit gelangen können, solange eine ungeheure Anzahl von Steuerrekursen und Beschwerden unerledigt daliegt. Seit Jahren sind solche Rekurse unerledigt und auch dieser Umstand beeinflußt Zahlung und Einbringlichkeit der Steuern nicht unwesentlich. Wir vermissen bei dem Voranschlage weiterhin jede Aufklärung des Herrn Ministers über künftige Währungs-, Steuer- und Wirtschaftspläne. Die große Anzahl von Steuern und Abgaben bedingen einen ebenso umfangreichen Verwaltungsapparat, der einen nicht kleinen Teil der Staatseinnahmen aufzehrt. Die Steuerlast aber ist für den Steuerträger schon fast unerschwinglich geworden, teuerherabsetzungen im weiteren Umfange müssen im Laufe allernächster Zeit erfolgen, wenn die alle Erwerbszweige so hart treffende Wirtschaftskrise nur einigermaßen behoben werden soll. Steuerherabsetzungen werden aber nur dann möglich, wenn bei Sparsamkeit im allgemeinen auch eine Verbilligung der Verwaltung durch Geschäftsvereinfachung und Regieverminderung erzielt werden kann. Der Herr Finanzminister schweigt sich leider in seinen Ausführungen über eine solche Vereinfachung der Verwaltung vollständig aus. Wir vermissen ferner im Voranschlage eine Detailnachweisung der gesamten Staatsschuld, zu deren Kontrolle die Schaffung einer Staatschuldenkontrollkommission endlich einmal zu schaffen wäre. Die gesperrten Einlagen, insbesondere jene aus den im März 1919 zur Abstempelung gebrachten Geldern sind noch immer nicht vollständig frei zu bekommen, es wäre bezüglich dieser Einlagen zum mindesten eine angemessene Verzinsung bis zum Zeitpunkte ihrer Freigabe zuzugestehen. Die zwischenstaatlichen Verhandlungen wegen der Bewertung der Forderungen unserer Staatsbürger bei ausländischen Schuldnern aus der Zeit vor dem Umsturze sollten nunmehr raschest zum Abschlusse gebracht werden. Die Steuerherabsetzungen wären zunächst dadurch einzuleiten, daß allmählich mit dem Abbau der Kriegszuschläge begonnen und insbesondere der Industrie und dem Gewerbe mit Erleichterungen bei der Besteuerung entgegengekommen werde. Es muß vor allem die Notwendigkeit betont werden, daß Industrie- und Gemeindeinteressen, welche ohnehin im engsten Zusammenhange stehen, in gleicher Weise berücksichtigt werden, zumal die schwierigen Verhältnisse der Nachkriegszeit eine besonders tatkräftige Förderung der Industrie verlangen. Die Reform der Steuerteilung der besonderen Erwerbsteuer ist dringlich geworden. Die hierin für die Industrie bisher bestandenen Schwierigkeiten und Gefahren können aber wohl am besten dadurch gebannt werden, daß eine der Hauptforderungen der Industrie bezüglich der besonderen Erwerbsteuer erfüllt und die Vorschrift des § 32 des Gesetzes vom 12. August 1921, Nr. 329 Slg. d. G. u. V., entsprechend ausgestaltet, somit den Unternehmungen ein größerer Prozentsatz als 20% des steuerpflichtigen Reingewinnes belassen wird. Unsere Industrie kann sich nur leistungsfähig halten, wenn ihr eine wesentliche Verbilligung der Produktion ermöglicht und ihr auch eine Auswechslung der oft veralteten und nicht mehr auf der Höhe derr Anforderungen stehenden Betriebseinrichtungen durch zollfreie Einfuhr moderner in diesem Staate nicht erzeugter Maschinen erleichtert wird. Der Herabsetzung der Kohlensteuer muß auch eine Herabsetzung der Wasserkraftsteuer folgen, sollen nicht die durch Wasserkraft betriebenen Unternehmungen gegenüber den kohlenverbrauchenden benachteiligt erscheinen. Die Herabsetzung hat sich ferner zu erstrecken auf die Umsatz- und Luxussteuer, insbesondere aber auf die Zölle für solche Erzeugnisse, deren unser Wirtschaftsleben bedarf und welche hierlands nicht oder nicht ausreichend produziert werden. Eine besondere Berücksichtigung bedarf die mißliche Lage unserer Gemeindefinanzen. Aus dem Staatsvoranschlage ist zu entnehmen, daß die staatlichen Zuwendungen an die Gemeinden im Jahre 1924 weit geringer sein werden, als jene des Vorjahres waren, weil die Erträgnisse derjenigen Staatseinahmen, welche für das Ausmaß der Gemeindezuwendungen bestimmend sind, tatsächlich im Sinken begriffen sind. Den Gemeinden könnte zunächst die Bewilligung der Einhebung der Gemeindeumla gen von Staatssteuern ein rascheres Zuströmen der so dringend notwendigen Barmittel ermöglichen. Ebensowürde die Lösung der Kriegsanleihefrage der Finanzlage der Gemeinden eine gewisse Erleichterung verschaffen. Insbesondere aber müßte erwirkt werden, daß den Gemeinden einerseits für die im übertragenen Wirkungskreise geleisteten Arbeiten eine entsprechende Entschädigung aus Staatsmitteln geboten werde, andererseits aber die gesetzliche Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen an den Staat aufgehoben werde, welche der letztere für die den Gemeinden abgenommenenen Verwaltungszweige als z. B. Polizeiwesen und Gesundheitspflege von den Gemeinden beansprucht. Bei Inanspruchnahme der Gemeinden in der Besorgung von Arbeiten des übertragenen Wirkungskreises möchten die Behörden und Ämter alle Härten und überflüssigen Aufträge zu vermeiden suchen und sich einer mehr höflichen und ersuchenden als auftraggebenden Form bedienen.

Die von der Staatsverwaltung des öfteren behauptete Verbilligung der Lebensführung ist leider nicht andauernd geblieben. Sie hat vielmehr nicht nur ausgesetzt, sondern einer leicht ansteigenden Verteuerung Platz machen müssen. Diesem Umstande ist Rechnung zu tragen in der Erfüllung der Pflichten des Staates gegenüber seinen Angestellten. Unter keinen Umständen darf daher in absehbarer Zeit der Gedanke auf einen Abbau an Löhnen und Gehältern aufgenommen werden. Den deutschen Angestellten und Beamten gegenüber muß die von der Staatsverwaltung bisher geübte Rücksichtslosigkeit, die durch keinerlei Dienstesrücksichten, wie so gerne behauptet wird, begründet erscheint, einem gerechten Empfinden weichen. Die den Staat ganz bedeutende Beträge kostenden Versetzungen deutscher Staatsangestellten aus deutschen und Zuteilung in èechische Dienstorte entspricht absolut nicht Dienstesrücksichten und muß eingestellt werden. Die Staatsverwaltung wolle die Vorarbeiten zur Einführung einer Krankenversicherung der Staatsbeamten und angestellten und deren Familien ehestens in Angriff nehmen.

Einen ganz besonders harten Fall unzureichender Altersversorgung bei Staatsangesellten sehe ich mich gezwungen, hier zu erwähnen. Es gab in einzelnen Staatsdienstzweigen, z. B. im Postdienste, Angestellte, die in einem eigenen Dienstverhältnisse standen und die nach Eintritt der Dienstunfähigkeit aus einem Provisionsfonde eine Altersversorgung erhalten. So erhält der gewesene Postbote Rochus Schöppe in Zuckmantel, Schlesien, und eine Reihe gleicher ehemaliger Postboten und Postillione heute eine Monatsprovision von ganzen 57 Kè. Einem Ansuchen des Genannten wurde von der Post- und Telegraphendirektion folgender Bescheid zuteil:

"Das Ministerium für Post- und Telegraphenwesen hat mit Erlaß vom 4. Oktober 1923, Zahl 53.404/IV/ai 1923, anher mitgeteilt, daß Ihrem Ansuchen um Erhöhung der Provision keine Folge gegeben werden kann und daß auch dem Herrn Präsidenten der Republik eine ausnahmsweise günstigere Erledigung ihres Ansuchens im Gnadenwege nicht beantragt werden kann."

Eine Erörterung hierüber erübrigt sich.

Wir verlangen entschiedenst, daß allen ehemaligen Staatsangehörigen, auch solchen, wie ihn der geschiderte Fall nennt, die Existenzmöglichkeit im Falle der Dienstunfähigkeit geboten werden muß und daher die Bestimmungen der Provisionsansprüche entsprechend geregelt werden müssen. Behörden, die über derartige Ansprüche zu entscheiden haben, dürfen auf keinen Fall die Vorlage von Gnadengesuchen an höhere Instanzen im vorhinein als ausichtslos bezeichnen, wie dies im vorliegenden Falle geschehen ist. Im Voranschlage vermissen wir ferner ganz besonders eine Fürsorge in ntsprechendem Umfang für die notleidende Bevölkerung der Randgebirge. Die Staatsverwaltung möge dieserwegen Vorarbeiten anordnen, damit Bahn- und Straßenbauten im Erzgebirge und Böhmerwald und die Egerflußregulierung baldigst in Angriff genommen werden können.

Diese bezeichneten öffentlichen Bauten waren zum großen Teile bereits zur Zeit des alten Österreichs als Notstandsarbeiten vorgesehen und es würde nur allzuberechtigten Forderungen der notleidenden Gebirgler und auch der zahlreichen Arbeitslosen der angrenzenden Industriebezirke Rechnung getragen werden. Rascheste Hilfe tut hier wirklich Not.

Der vorliegende Staatsvoranschlag ist wie seine Vorgänger getragen von dem hierlands herrschenden Geiste der Ungerechtigkeit und Bedrückung gegenüber den nationalen Minderheiten. Insolange sich die Mehrheit in diesem Staate nicht zur Wahrung gleicher Freiheit und Rechte für alle Staatsbürger ohne Unterschied der Nation bekennt, und uns Deutschen die Selbstverwaltung verweigert wird, solange können wir diesem Staate kein Vertrauen schenken und auch keinen Voranschlag bewilligen. (Souhlas na levici.)


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