Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 213. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pondìlí dne 14. kvìtna 1923.
1. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 429 tìsnopisecké zprávy):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während draußen in der Natur der Frühling seine Blütenkronen stolz emporreckt, um dem Sommer seine Huldigung darzubringen, sehen wir den so jungen èechoslovakischen Parlamentarismus, bei seinem Inslebentreten sich selbst huldigend als Verkörperung nicht nur der jüngsten, sondern auch fortschrittlichsten Demokratie der Welt rühmte, bereits in Zuckungen frühen Herbstes dahinsiechen. Welch große Aufgaben hat sich allein die allnationale Koalition unter der Führung Švehlas gestellt! Und wie blutwenig konnte bisher von all diesen großen Fragen gelöst werden, und dies alles, obwohl der Koalition eine Machtfülle aufgrund der Pìtkaherrschaft zur Verfügung stand, wie wohl selten einem Parlament der Welt. Die Ursachen des frühen Verfalles sind in der Selbsttäuschung gelegen die schon bei der Gründung dieses Staates Pate stand. Man schuf einen èechischen Nationalstaat; und es war ein èechischdeutsch - magyarisch - slovakisch - polnischer Staat. Man schuf eine Nationalversammlung und sie war eine ationalitätenversammlung, das klare Abbild der Zusammensetzung des Staates. Man schuf eine èechoslovakische Staatssprache, ein èechisches Heer, eine èechische Rechtsauffassung, eine èechische Demokratie, man schuf èechische Gesetze, hat auch heute noch die Macht, fast die Hälfte der Bevölkerung kulturell und wirtschaftlich zu knebeln. Aber so geduldig auch die Völker zur Zeit noch diesen Zustand ertragen, er wird einmal an seiner inneren Unwahrheit zerschellen. Wirtschaft, Kultur, das Eigenleben der Völker sind eben mächtige Faktoren, über die man nicht nur so ungestraft zur Tagesordnung hinweggehen darf. Schon sehen wir seit Monaten das Parlament von einer Letargie befallen, die gewiß noch nicht den Schluß zuläßt, daß die Koalition innerlich vollständig zerfallen ist. Aber je weiter wir uns von dem Gründungstage dieser Republik entfernen, desto größer werden die Gegenssätze der einzelnen Regierungsparteien, desto mehr sickert aber auch die Kunde von den einzelnen Korruptionsfällen durch, die auf das herr schende System ein eingenartiges Licht werfen. Die Bankkrache der letzten Zeit insbesondere und die sie begleitenden Erscheinungen sind wohl Symptome für die inneren ungesunden Verhältnisse in diesem Staat. Gewiß: die deutsche Bevölkerung darf sich nicht dem Wahne hingeben, als ob jetzt endlich die Zeit gekommen wäre, wo in den Köpfen der führenden èechischen Politiker sich der Gedanke zum Durchbruch verhilft, daß man endlich einmal vor allem zur Bereinigung der großen inneren, in diesem Staat alles bedeutenden deutsch-èechischen Frage zu schreiten gewillt sei. Nein! Das Zerwürfnis der èechischen Parteien ist bis zum heutigen Tage noch nicht soweit geschritten; denn es erscheint diesmal nur an der Oberfläche, weil bekanntlich die Zeit der Wahlen herannaht und keine dieser Koalitionsparteien gewillt ist, die Schwere der Verantwortung für die jetzt zu fassenden Entschlüsse, die jetzt zu beschließenden Gesetze auf sich zu nehmen; jede sucht ein möglichst gutes Schlagwort für die kommenden Wahlen ihr Eigen zu nennen. Denn darüber müssen wir uns doch klar sein, daß der Gegenstand, der jetzt in Verhandlung steht, doch nicht gewissermaßen als etwas Naturnotwendiges hingestellt werden kann. Denn noch vor Wochen und vor Tagen war es nicht gewiß, ob wir zur Beratung dieser Vorlage werden schreiten müssen. Die Koalition bemühte sich noch immer und immer wieder, die großen Fragen der Lösung zuzuführen, von denen seit Monaten immer und immer wieder gesprochen wird. Es ist dies die Sozialversicherung und die Trennung der Kirche vom Staat. Aber nachdem alle diese großen Probleme, aber auch viele, viele kleinere Probleme ungelöst bleiben mußten, konnte man es doch nicht übers Herz bringen, so in die Ferien zu gehen, man mußte doch endlich einmal der Bevölkerung etwas bringen. Und da ist das Zugkräftigste immer etwas, was sich gegen die Deutschen in diesem Staate wendet und deshalb hat man, wie so oft schon am Schluß der Sessionen, auch jetzt wieder die Tatsache zu verzeichnen, daß wir einen Gesetzantrag vorgelegt bekommen, der sich auf dem Rücken der Deuutschen in diesem Staate auszuwirken hat. Die Èechen haben zielbewußt seit Jahren darauf hingearbeitet, möglichst große Wirtschaftsgebiete der Staatsgewalt unterzuordnen, um so auch ihre Èechisierungsmaßnahmen auf all diesen Gebieten zur Durchführung bringen zu können. Wenn auch immer und immer wieder darauf hingewiesen wird, daß die Vorlage, die wir heute zu behandeln haben, eigentlich von der èechischen Regierung nicht in der Absicht herbeigeführt wurde, so müssen wir uns doch darüber klar sein, daß das ganze System, das insbesondere auf dem Gebiete der Verstaatlichungsaktion zu verzeichnen ist immer und immer wiederum von den Èechen zielbewußt betrieben wird. Die Regierungsvorlage über den Erwerb der Buštìhrader Eisenbahn durch den Staat ist doch eigentlich nur eine Fortsetzung jener Verstaatlichungsaktion, die seinerzeit begonnen wurde mit der Einbringung der Vorlage betreffend die Übernahme der Privatbahnen in den Staatsbetrie, unnd zwar im Dezember 1920. Damals hieß es, daß man gar nicht an die Verstaatlichung der deutschen Privatbahnen denke, sondern daß dieser Antrag nur eingebracht worden sei wegen der Kaschau-Oderberger-Bahn und der dortigen magyarischkommunistischen Umtriebe. In der Frühjahrssession 1922 wurde dann plötzlich überfallsartig die Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Eisenbahn durchgesetzt. Ich will hier nicht von den Sturmszenen, von dem Einschreiten der Parlamentswache sprechen; Tatsache war, daß man sich damals rasch und mit Entschlossenheit seitens der Èechen dieser großen deutschen Verkehrsader bemächtigt hat. Und nach dieser Vorgeschichte kommt nun der Eisenbahnminister und erklärt, daß es sich im gegebenen Falle durchaus nicht um ein "Politikum" handelt, sondern um eine Sanierungsaktion.
Meine sehr geehrten Anwesenden! Es trifft gewiß zu, daß sich die Buštìhrader Bahn seit Jahren in einem krisenhaften Zustand befunden hat. Aber man muß gerechterweise auch die Frage aufwerfen, inwieweit an diesem Zustand die Bahnverwaltung die Schuld trägt und welche Ereignisse und Zustände noch ihren unheilvollen Einfluß ausübten. (Místopøedseda dr. inž. Botto pøevzal pøedsednictví.) Bis zum Ausbruch der Krieges zählte die Buštìhrader Eisenbahn zu den bestgeleiteten und rentabelsten Privatbahnbetrieben Mitteleuropas. Die Kriegsverhältnisse und auch die Nachkriegszeit haben selbstverständlich wie für alle großen Witschaftsunternehmungen auch für dieses schwere innere Kämpfe mit sich gebracht. Eines ist gewiß und-das muß festgestellt werden, daß die Regierung der Bahn in dieser schweren krisenhaften Zeit durchaus nicht zu Hilfe gekommen ist, sondern im Gegenteil ihr die größtmöglichen Schwierigkeiten bereitet hat. Der unbedeckte Abgang für 1921 betrug bekanntlich bereits 20.3 Millionen und steigerte sich im Jahre 1922 auf 57 1/2 Millionen Kè, welch letzterer Betrag bereits das ganze Aktienkapital überschritt. Das ist gewiß ein bankerotter Zustand, der aber nicht, wie der èechischen Öffentlichkeit - scheinbar von der Regierung - inspiriert wurde, auf die alleinige Schuld der Verwaltung zurückzuführen ist. Die Bahn ist eben, wie schon erwähnt, ein Opfer des Weltkrieges und seiner Auswirkungen geworden. Die Wirtschaftskrise und die feindselige Haltung der Regierung tragen die Hauptschuld an diesem Zusammenbruch. Wohl kann man der Dividendenpolitik der Friedensjahre einen gewissen Vorwurf nicht ersparen, aber grundfalsch ist es zu sagen, daß diese allein an dem heutigen Zusammenbruche schuld ist, wenn auch während der Friedensjahre eine entsprechende Reserve angelegt worden wäre, da die Höhe derselben nie dazu ausgereicht hätte, die jetzige Katastrophe zu verhindern.
Die èechische Regierung hingegen hat sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit bemüht, die Schwierigkeiten der Bahn zu vergrößern, bei jeder Tariferhöhung zum Ausgleich des Defizits wurden Ermäßigungen der Tarife für Betriebskohlensendungen der Staatsbahnen herausgepreßt und Umleitungen von Transporten, die früher die Buschtìhrader Eisenbahn besorgte, u. zw. auf großen Umwegen, infolgedessen mit Unkosten und Verlust für die Staatsbahnen, durchgeführt. Jedes Entgegenkommen seitens der Regierung mußte teuer erkauft werden und die Valutaverhältnisse, die ganze Industriekrise, der plötzliche Sturz der Reichsmark, sie alle wirkten lähmend auf die Transporte der Buschtìhrader Eisenbahn, insbesondere der Kohlenexport nach Bayern versiegte nach dem Sturz der Reichsmark faßt vollständig, aber auch die Krise in der Kladnoer Industrie, wo die Hochöfen, die Stahlwerke Monate lang stillgelegen waren, haben dazu geführt, daß eine Unmenge Güter nicht transportiert und damit zum größten Teil das Defizit der Bahn herbeigeführt wurde. Wenn unter solchen Verhältnissen von einer schlechten Wirtschaft gesprochen wird, so ist das gewiß unberechtigt. Aber es wirkt gewissermaßen auch wie eine Ironie des Schicksals, daß in die Leitung dieses großen Wirtschaftsunternehmens na ch dem Zusammenbruch, nach dem Weltkrieg, ein Sektionschefdesèechischen Eisenbahnministeriums, Jaroslav Kotìra, berufen wurde, also derselbe Mann, dem man jetzt zum Vorwurf macht, daß er die Bahn schlecht verwaltet hätte, der früher als Sektionschef gewiß eine ausschlaggebende Rolle gespielt hat. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur darauf hinweisen, daß auch durch andere Maßnahmen, die Einführung der èechischen Dienstsprache, die Vermehrung des Personals u. zw. die Einstellung èechischer Beamter notwendig wurde, selbstverständlich weit über den Bedarf, ohne daß auf der anderen Seite, aus sozialen Gründen selbstverständlich, die Entlassung von dadurch überflüssigem deutschen Personal vorgenommen werden konnte. Aber wenn man immer und immer wieder auf die sogenannte schlechte Verwaltung der Buschtìhrader Bahn hinweist, so ist es ganz gewiß bezeichnend, daß ja dieselbe Regierung nicht in der Lage war, ihren eigenen Staatsbahnbetrieb aktiv zu gestalten. Die Kürze der Redezeit erlaubt mir nicht, Ihnen umfangreiche statistische Belege vorzutragen, aber mit einigen Ziffern möchte ich das veranschaulichen. Ich habe vor mir eine Zusammenstellung der gesamten Ausgaben der Staatsbahnverwaltung und zw. berechnet auf den Lokomotivkilometer: Bei der Staatsbahn waren die Gesamtausgaben 14·49 Kè, bei der Buschtìhrader Eisenbahn 13·91 Kè. Wir sehen hier im Jahre 1919 bei der Buschtìhrader Eisenbahn eine geringere Ausgabe. Das Bild ändeer sich auch nicht, wenn wir die Zahlen von 1920 vornehmen, da sehen wir, daß die Gesamtausgaben pro Lokomotivkilometer sich bei den Staatsbahnen auf 30·83 Kè belaufen, während sich diese Auslagen bei der Buschtìhrader Bahn nur auf 30 Kronen 40 Heller belaufen, also ein Beweis, daß bei der Buschtìhrader Bahn trotz der ihr bereiteten Schwierigkeiten mindestens ebensogut gearbeitet wurde, wie bei den Staatseisenbahnen. Der Regierung und der Mehrheit handelt es sich bei diesem Gesetzantrag und bei ihrer bisherigen Einstellung gegenüber dieser Bahn in erster Linie darum, diese Bahn möglichst billig in die Hand zu bekommen. Ihr Verhalten war nichts anderes als ein systematisches in die Engetreiben der Bahnverwaltung; gleichzeitig waren dabei auch selbstverständlich èechischnationale Forderungen ausschlaggebend, denn vielen genügte noch immer nicht die Èechisierungsaktion, wie sie bisher bereits bei dieser Bahn erfolgreich durchgeführt wurde. Bekanntlich wurde sofort nach dem Umsturz der Generaldirektor durch einen Èechen ersetzt, bei einer großen Zahl leitender Posten war dasselbe der Fall und all dies und selbstverständlich auch der Einfluß der kreditgebenden Živnostenská banka war bei diesen Fragen ausschlaggebend, sie wirkten zusammen, um die Bahn für die Verstaatlichung reif zu machen u. zw. für eine Verstaatlichung ohne große Anstrengungen seitens der Regierung. Die deutschen Privatbahnen in ihrer Gesamtheit waren von jeher den Machthabern in diesem Staate ein Dorn im Auge. Im Gegensatz zur Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Bahn hatte man sichentschlossen, diesmal eine andere Methode anzuwenden; im Kleinkrieg wurde die Buschtìhrader Bahh, bzw. die Verwaltung mürbe gemacht. Was ich aber nicht unterlassen möchte, hier festzustellen, ist, daß die Bahnverwaltung schon während des Jahres 1922 wiederholt Schritte unternommen hat, um die Regierung zum Eingreifen zu veranlassen, die Regierung aber, trotzdem sie jetzt immer wieder vorgibt, bei der Verstaatlichung nur im sozialen Interesse zu handeln, es immer unterlassen hat, der Bahnverwaltung werktätige Hilfe imim Interesse der Bediensteten zu leisten. Man muß zugeben, daß der Plan, den die èechische Regierung sich gestellt hat, glänzend gelungen ist und daß sie es soweit gebracht hat, daß die Bahnverwaltung direkt an die Regierung mit dem Ersuchen um Übernahme der Bahn herantreten mußte. Selbstverständlich ist damit auch die große Gefahr nunmehr in greifbare Nähe gerückt, daß das gesamte deutsche Personal der schrankenlosen Willkür der neuen Machthaber ausgesetzt werden wird.
Nun zum Gesetzantrag selbst. Die §§ 1 bis 3 enthalten Bestimmungen finanzieller Natur, die ich weiter nicht in den Kreis meiner Beachtungen ziehen will. Die für das Schicksal der deutschen Bediensteten ausschlaggebenden §§ 4 bis 8 "Übernahme der Bediensteten" besagen in allgemeinen Sätzen, daß die erworbenen Rechte und Ansprüche seitens des Staates gesichert werden, sie befassen sich weiters mit dem Schicksal der verschiedenen Fonde, die in den Besitz des Staates übergehen. Da es sich aber in diesem Falle nicht um eine konzessionsmäßige Einlösung handelt, ist es meines Erachtens vom juristischen Standpunkte gewiß zweifelhaft, ob über die zum großen Teil von den Bediensteten eingezahlten Beträge und die zum größten Teil den Bediensteten gehörigen Vermögensobjekte in vorstehender Art und Weise verfügt werden durfte. Die §§ 9 bis 12 sind wieder finanzieller Natur und der § 13 sieht die Errichtung einer neuen Staatsbah ndirektion vor. Ich habe schon im Ausschuß Gelegenheit genommen, darauf hinzuweisen, daß unseres Erachtens von prinzipiellem Standpunkt der Staatsbahnbetrieb nicht als der rationellste zu bezeichnen ist, da bei solchen Riesenbetrieben durch den schwerfälligen bürokratischen Verwaltungsapparat gewisse Mißstände einreißen, die es oft unmöglich machen, so zu handeln, wie es Interesse des Betriebes gelegen wäre. Aber auch vom sozialen Standpunkte ist meines Erachtens der Staatsbetrieb nicht unter allen Umständen vorzuziehen, da die vielen Beschwerden und Klagen, die wir jeweils aus den Staatsbetrieben hören, den Beweis erbringen, daß der Staat als Großunternehmer nicht in der Lage ist, berechtigte soziale Anforderung en seiner Angestellten zuerfe üllen. Auf der andern Seite ist immer wieder dem Staate die Einflußnahme gegeben, auf gesetzlichem Wege die großen Betriebe zu zwingen, entsprechende soziale Forderungen in die Tat umzusetzen. Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es große Staaten gibt, England, Frankreich und Amerika, die vom Staatsbetrieb der Bahnen nichts wissen wollen und den Privatbetrieb oder den gemisch twirirtschaftlichen Betriebi vorziehen. Aber in diesem Staate kommen bei der Verstaatlichung noch ganz andere Bedenken hinzu, insbesonderes außerordentliche Gefahren, die auf nationalem und politischem Gebiete liegen. Wenn auch der Minister davon gesprochen hat, daß es sich nicht um ein Politikum handelt, weiß doch jedes Kind, daß es sich für die Èechen in erster Linie um ein Politikum handelt. Aber nicht nur nationale Gefahren sind es, die uns besorgt machen, sondern in diesem Staate, wo auch die Verfolgung der politischen Gesinnung auf der Tagesordnung steht, ist jede Erweiterung der staatlichen Macht für die Angehörigen der unterdrückten Völker mit schweren Nachteilen verbunden. Die Staatsgewalt in diesem Staate, verkörpert durch die allnation le Koalition, gebraucht ihre Macht zur Unterdrückung und Entrechtung der so gehaßten Deutschen.
Ich komme nun zur Sprachenfrage. Sie wissen, daß in diesem Staate die Erlernung der Staatssprache der Regierung so viele Mittel an die Hand gibt, uns die schwersten Wunden zu schlagen, und gerade unsere Staatsangestellten sind es, die derart am schwersten zu leiden haben. Wohl hat der Herr Eisenbahnminister in einer Vorkonferenz und in der Ausschußsitzung die Erklärung abgegeben, daß anläßlich der Verstaatlichung der Buštìhrader Eisenbahn den Bediensteten kein Schaden erwachsen soll und daß er insbesondere darauf achten werde, daß wegen der Erlernung der èechischen Sprache niemand Chikanen ausgesetzt werde. Nun, ich will ja an diesem Ausspruche des Herrn Ministers nicht zweifeln. Aber Sie gestatten doch, daß wir uns klar vor Augen halten, daß letztenendes nicht immer der Herr Minister selbst es ist, der die einzelnen Maßnahmen trifft, sondern sogenannte untergeordnete Organe, ich meine in diesem Falle insbesondere die Herren Staat bahndirektoren, die doch, wie die Erfahrung lehrt, nichts anderes sind, als Vollzugsorgane einzelner Èechisierungsvereine, der "Jednota" und dergleichen mehr.
Ich habe bereits im Verkehrsausschuß Gelegenheit gehabt, hinzuweisen auf die, unerhörten Vorfälle, die sich in Buchau abgespielt haben. Ich habe diesbezüglich auch interpelliert und der Herr Minister hat mir zugesagt, die Interpellation möglichst bald zu beantworten. Gestatten Sie mir, daß ich auch daraf hinweise, daß sich die Regierungsgewalt schon bemüht hat, auf die Verhältnisse bei Privatbahnen Einfluß zu nehmen, noch lange ehe man die Verstaatlichung dachte - das heißt, wir daran dachten. So wurden z. B. - ein Beleg hiefür liegtt mir vor - seitens der Direktion der Aussig-Teplitzer Eisenbahn im Jahre 1920, also noch vor der Verstaatlichung, 20 Aspiranten für den Verkehrsdienst aufgenommen, mit der Absicht, dieselben einzustellen. Sie waren bereits aufgenommen und sollten in zwei Partien, davon eine im Böhm.-Leipa mit 1. November 920, einen Vorbereitungskurs mitmachen, um nach dessen Absolvierung die Prüfung abzulegen und einberufen zu werden. Über einen von der Regierung ausgeübten Druck wurde aber diese Einberufung unterlassen und die 20 jungen Aspiranten, für die schon begründete Aussicht bestand, in den Bahndienst aufgenommen zu werden, mußten sich um andere Dienstposten umsehen. Ich möchte weiters darauf hinweisen, daß uns selbstverständlich infolgedessen schwerste Sorge und Beunruhigung erfaßt hat, als wir plötzlich am vorigen Freitag die Buschtìhrader Eisenbahnvorlage in das Haus bekamen. Man muß sich doch nur vorstellen, was diese Vorlage für die Bediensteten bedeutet, sich vor Augen halten zu müssen, daß sie nun nach allen Regeln chikaniert und gezwungen werden sollen, in kürzester Zeit die èechische Sprache zu erlernen und mit ihrer Versetzung ins èechische Gebiet rechnen zu müssen. Als ich im Verkehrsausschusse diese Bedenken äußerte, wurde ich vom Herrn Eisenbahnminister dahingehend beruhigt, daß es ja der Staatsbahnverwaltung nicht einmal in Fällen, wo aus dienstlichen Rücksichten, z. B. auf Grund eines Disziplinarverfahrens die Notwendigkeit besteht, einen Beamten zu versetzen, möglich ist, die Versetzung durchzuführen, weil die Wohnungsfrage hindernd in den Weg tritt. Er wies auch darauf hin, daß solche mutwillige Versetzungen gar nicht stattfinden können, weil, wenn er z. B. einen Eisenbahner von Asch nach Èaslau versetzen würde, sofort die Vertreter von Èaslau bei ihm vorsprechen würden, um heftigsten Protest gegen die Germanisierung von Èaslau einzulegen. (Smích na levici.) Mich mutet diese Äußerung aus dem Munde des Herrn Ministers wie blutiger Hohn an, da wir - leider - eine ganze Reihe von Erfahrungen besitzen, wie schrankenlos die einzelnen Machthaber, die Herren Eisenbahndirektoren auf diesem Gebiete bis zum heutigen Tage umgegangen sind. (Výkøiky na levici.) Wir brauchen uns doch nur vor Augen zu halten, wie es auf den einzelnen Strecken aussieht. Ich verweise da nur auf die Strecke Schlackenwerth-Joachimsthal, Kaaden-Duppau, auf die Station Mies-Tepl. Dort gibt es keine deutschen Bediensteten mehr. Ich nenne weiter die Strecke Eger-Marienbad, dort gibt es keinen deutschen Eisenbahnvorstand mehr, wir haben es mit einer systematischen Èechisierungsaktion auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens zu tun, sei es im Eisenbahndienst, bei der Staatspolizei oder sonst wo. Selbstverständlich ist bei den der Regierung zur Verfügung stehenden Machtmitteln der Erfolg der Èechisierungsaktionen reichlichgeboten. So konnte letzhin im "Venkov" ein èechischer Leitartikler mit Begeisterung davon sprechen, daß die èechischen Minderheiten im deutschen Sprachgebiete sich auf dem Vorwärtsmarsche befinden. Das ist leicht erklärlich, wenn diesen èechischen Minderheiten die Staatsgewalt zur Verfügung steht und ihnen ihre Wünsche restlos erfüllt, deutsche Bedienstete versetzt werden und an ihre Stelle Èechen hingesetzt werden. Aber in diesem Venkovartikel, der ganz gewiß lesenswert ist, wird darauf hingewiesen, daß sich dieses Vor dringen der èechischen Minderheiten bereits seit dem Jahre 1880 im deutschen Sprachgebiete vollzieht. Nun, wie verträgt sich das mit der ewigen Behauptung, daß die Èechen in Österreich immer so schwer unterdrückt worden sind? Ich weise nur auf ein Beispiel hin, und vielleicht ist einer der Herren von der Regierungsmehrheit bereit, mir zu antworten: Wieviel deutsche Diener gibt es z. B. hier im Parlamente, wieviel deutsche Beamte, wieviell deutsche Postbriefträger, und wieviel èechische gab es im alten österreichischen Parlamente? Ich glaube, nach der Feststellung dieser Tatsachen ist es schwer, den schönen Zusagen des Herrn Ministers Glauben zu schenken, mindestens nach den Lehren der Vergangenheit. Aber wir wollen hoffen, daß er in der Gegenwart seinen vollen Einfluß ausüben wird, um die von ihm gegebenen Versprechen auch wirklich einzuhalten.
Ich habe hier bisher vom geschlossenen deutschen Sprachgebiete gesprochen. Wenden wir uns den Verhältnissen zu, wie sie bei der Kaschau-Oderberger Bahn eingerissen sind. Hier haben wir Verhältnisse vor uns, die geradezu all dem ins Gesicht schlagen, was von der Regierungsmehrheit betont wird, daß es sich bei all diesen Maßnahmen nicht um eine Verdrängung der Deutschen handelt. Ich habe hier eine Denkschrift vorliegen, in der unerhörte Vorgänge bei der Olmützer Staatsbahndirektion geschildert werden, aus welcher hervorgeht, daß man allein bis zum heutigen Tage 111 Bedienstete und Angestellte der verschiedenen Stationen und Dienstzweige versetzt hat, und daß weitere Hunderte von Bediensteten von diesem Schicksale bedroht sind. Ich werde mir gestatten, ganz kurz einen Teil dieser Denkschrift zur Verlesung zu bringen, weil er am klarsten die Verhältnisse zum Ausdruck bringt (ète):
"Einer eigenen parlamentarischen Vertretung ermangelnd, rufen die Eisenbahnangestellten des èechoslovakischen Ostschlesien die gewählten Vertreter aller in der Èechoslovakischen Republik vereinigten Völker um Hilfe in ihrer bedr ängten Lage an. Unter Zurückstellung sämtlicher etwa bestehender Gegensätze irgendwelcher Natur überreichen sie durch ihre freigewählten Vertreter die nachstehenden Ausführungen allen parlamentarischen Körperschaften ohne Unterschied der Partei und Nation, von dem Bestreben geleitet, durch leidenschaftslose und sachliche Darstellung der gegenwärtigen Vorgänge ein ungetrübtes Bild über die tiefgehende Erregung, die sich aller Angehörigen dieses Standes in dem erwähnten Ländchen bemächtigt hat, zu geben.
Es ist einle tend notwendig, kurz an die politische Haltung der Eisenbahnerschaft während der ostschlesischen Plebiszitzeit zu erinnern, da es gerade die Eisenbahnangestellten waren, welche sich in ihrer Gesamtheit als treueste Stützen der Anschlußbestrebungen an die Èechoslovakei bewährten und wegen ihrer erfolgreichen und unerschrocken durchgeführten Agitation in ungezählten Fällen dem gegnerischen Haß zum Opfer fielen. Ihr mannhaftes Eintreten für einen Staat zu einer Zeit, da dessen künftige Oberhoheit über das heißumstrittene Gebiet noch sehr in Frage gestellt war, bestärkte nach erfolgter Entscheidung ihre Erwartung auf einen wohlverdienten, angemessenen Lohn, der seinen Ausdruck in besonderer Berücksichtigung ihrer bescheidenen Wünsche durch die maßgebenden staatlichen Behörden gefunden hätte. In diesen Erwarungen sehen sie sich aber bitter getäuscht.
Die Ostschlesien durchziehenden Bahnlinien schöpften ihre Angestellten zum größten Teile aus dem Überschusse der heimischen Bevölkerung, der Rest, der zumeist durch freie Entschließung hier seine Existenz fand, assimilierte sich durch Bande der Blutsverwandtschaft oder solche der Schwägerschaft. Die langen Jahre der beruflichen Tätigkeit an einem Orte brachten es mit sich, daß so mancher eine Liegenschaft, ein Haus mit Garten oder Feld als eigen erwarb. Vielen war es durch den ungestörten Aufenthalt ermöglicht, den alternden Eltern die Aussicht auf einen sorglosen und ruhigen Lebensabend zu geben.
Aber nicht nur die persönlichen, auch die dienstlichen Belange wurden durch die Stetigkeit des Aufenthaltes, nicht zum Schaden des Dienstes, gefestigt. Niemand wird leugnen, daß die Sicherheit im Eisenbahnbetriebe innig mit der gena uesten Kenntnis aller lokalen Verhältnisse und Besonderheiten verknüpft ist.
Diese zur anstandlosen Betriebsführuung unumgänglich notwendigen Kentnisse können aber nur dann gewonnen werden, wenn der Einzelne von jeglichen Sorgen möglichst verschont bleibt und so sein Interesse ganz dem Dienste widmen kann. Die bis zur Gegenwart bestehende Sicherheit des ruhigen Aufenthaltes ist durch die letztgetroffenen Maßnahmen der Staatsbahndirektion in Olmütz nicht mehr gegeben, Versetzung folgt auf Versetzung, unberücksichtigt der privaten Verhältnisse der Angestellten, unbekümmert darum, ob ihnen daraus ein persönlicher Schaden entsteht oder nicht. Dienstesrücksichten werden zum Vorwande genommen, Deutsche wie Èechen werden gleich behandelt, der Besitz, die Blutverwandtschaft, wird gleich allen sonstigen vorhandenen Umständen unbedenklich außer acht gelassen. Es scheint, als ob der Grun dsatz aufgestellt würde, daß keiner der in Ostschlesien bediensteten Eisenbahner im Lande bleiben dürfe. 12 Angestellte der Station Friedek-Mistek wurden bisher versetzt und an ihre Stelle die gleiche Anzah landfremder Personen dirigiert. Von den von Friedek Versetzten bekennen sich drei zur èechischen Nationalität, die anderen zur deutschen, drei besitzen ein eigenes Haus, ei er derselben sorgt für seine alten Eltern. Das Streben, die durch das Amt gegebene Gewalt dem zwangsweisen Austausche des Eisenbahnpersonales dienstbar zu machen, tritt in sichtbarer Form bei der Kaschau-Oderberger Bahn hervor, auf deren schlesischen Strecken kein Tag vergeht, ohne daß eine erkleckliche Anzahl Angestellter die Versetzungsordre erhält.
Místopøedseda dr. inž. Botto (zvoní): Upozoròujem pána reèníka, že jeho doba reènická minula.
Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Mit der Auflösung der Betrieb leitung wur den 40 Bedienstete auf fremde Bahnlinien versetzt, 71 Angestellte der verschiedenen Stationen und Dien stzweige traf bis zum 1. April das gleiche Schicksal."
Wir haben hier allein 111 Versetzungen. Wie steht diese Tatsache den Mitteilungen des Herrn Ministers gegenüber, wo er behauptet, daß bisher mit Rücksicht auf die Wohnungsverhältnisse Versetzungen nicht einmal aus Dienstesrücksichten durchgeführt werden können?
Meine sehr verehrten Anwesenden! Ich komme jetzt zu der Feststellung, daß doch die hier angeführten Verhältnisse insbesondere in Ostschlesien geradezu einen Mißbrauch der Staatsgewalt darstellen. Auf keinen Fall erzieht man diese Bedie steten so zu loyalen Bürgern dieses Staates. Ich habe mir weiter, damit mir nicht seitens eines Redners der Mehrheitsparteien vorgehalten wird, daß es sich dort in Ostschlesien um ganz besondere Verhältnisse handelt, ein entsprchendes Material versorgt, um auch bezüglich der eingerissenen Verhältnisse bei der verstaatlichten Aussig-Teplitzer Eisenbahn einiges Wissenwerte mitteilen zukönnen. Es ist Ihnen ja bekannt, daß der Erlaß vom 24. Feber 1923 über den Sprachengebrauch auch für den Bereich der A. T. E. ohne Übergangsfrist angewendet wurde, trotzdem er sich auf das Sprachengesetz vom Jahre 1920 stützt und die A. T. E.-Bediensteten den Bestimmungen für die Staatseisenbahnbediensteten unterliegen. Die Übergangsfrist wurde mündlich zugesagt, aber nicht eingehalten. Bei den Pensionierungen wurden bisher nur Deutsche betroffen, die ausgedienten èechischen Beamten im Dienste belassen; bis jetzt wurden 36 deutsche Beamte der A. T. E. pensioniert und 5 Èechen, die in den Jahren 1858 bis 1863 geboren, daher ebenfalls pensionsreif sind, weiter im Dienste belassen. So sieht es mit der sogenannten Gleichberechtigung aus. Das Ansuchen um Pensionierung wurde aber den deutschen Beamten nicht nur nahegelegt, sondern es wurde auf sie ein Druck ausgeübt, indem man sie fragte, ob sie sich in diese oder jene èechische Station versetzen lassen wollen. Da die deutschen eamten dies nicht ohneweiteres können, schon aus sprachischen Gründen, und auch ihre Wohnungen nicht verlieren wollten, mußten sie lieber ihrer Pensionierung zustimmen. Die außertourlichen Beförderungen von Oberbeamten des Status I und II für 1922, welche von der ehemaligen A. T. E. im Jahre 1922 im Ministerium zur Genehmigung vorgelegt wurden, sind bis zum heutigen Tage noch nicht durchgeführt worden.