Úterý 6. února 1923

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 185. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 6. února 1923.

1. Øeè posl. dr. Kafky (viz str. 2119 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gesetze, die dem Abgeordnetenhause vorgelegt werden, lassen sich im allgemeinen in zwei Gruppen einteilen: Die eine Gruppe setzt sich aus jenen Gesetzen zusammen, welche nur die Vorzensur der èechischen Koalitionsparteien zu passieren haben, die zweite Gruppe sind jene, welche auch vorher noch durch das Plenum des Senates gegangen sind, weil sie dort zunächst eingebracht wurden. Was die parlamentarische Behandlung dieser zwei Gruppen anbelangt, so stellt sie sich folgendermaßen dar: Bei den Gesetzen, welche nach Genehmigung durch die Koalitions-Mehrheitsparteien unmittelbar im Abgeordnetenhause eingebracht werden, haben auch noch so sachliche Abänderungsanträge der Opposition gar keine Aussicht auf irgendwelche Berücksichtigung. Es läßt sich also an ihnen nichts ändern. Bei den Gesetzen, welche schon vorher im Senate waren, ergibt sich der feine Unterschied, die Nuance, daß erst recht nichts an ihnen geändert werden kann. Das sind also die beiden Gruppen von Gesetzen, und das Gesetz, welches uns heute vorgelegt wird, gehört in die qualifizierte Gruppe der Gesetze, das heißt, es ist von vornherein jede Aussicht ausgeschlossen, daß ein noch so begründeter Abänderungsantrag der Opposition Berücksichtigung finden könnte. Ich habe daher auch davon Abstand genommen, in irgend einer Weise Anträge zu stellen. Aber mein Gewissen verbietet es mir, und zwar sowohl mein politisches, wie auch mein juristisches Gewissen, diese monströse Gesetzgebung vorbeigehen zu lassen, ohne wenigstens unseren grundsätzlichen, meinen grundsätzlichsten Standpunkt dazu zu wahren.

Meine Damen und Herren! Das Gesetz ist ein Ermächtigungsgesetz und ich möchte sagen, daß in diesem Staate allmählich ein Ermächtigungswahnsinn ausgebrochen ist oder, wenn ich das ein wenig sordinierter ausdrücken soll, eine Ermächtigungsleidenschaft, die die zulässigen Grenzen allmählich überschreitet. Wir haben eine Reihe von Fällen in der letzten Zeit passieren lassen müssen, in denen der Regierung Ermächtigungen erteilt worden sind, die sonst in parlamentarisch regierten Staaten absolut undiskutabel erscheinen, für die der Nachweis irgend eines Bedürfnisses nicht erbracht werden konnte. Ich erinnere nur an jenes Ermächtigungsgesetz, welches wir unmittelbar vor den Ferien verabschiedet haben, das si ch auf die Abänderung von Vertretungsbezirken, Gemeinde- und Gerichtssprengeln usw. bezogen hat, alles noch für ein Jahr, nachdem es schon früher auf eine bestimmte Zeit durchgeführt worden war.

Unsere Ermächtigungsleidenschaft geht sogar so weit, daß wir selbst bei fremden Staaten es nicht gerne sehen, wenn das Parlament einen allzugroßen Einfluß hat; und wo wir die Möglichkeit haben, wirken wir auch hier ein, um beispielgebend vorzugehen. Ich erinnere Sie nur an die Begeisterung, mit der es von èechischer Seite begrüßt und begründet wurde, daß das österreichische Parlament durch die Kreditvorlage von jeder Mitbestimmung ausgeschaltet worden ist.

Ich möchte aber weitergehen und sagen, daß nicht nur die Regierung begreiflicherweise einen besonderen Wunsch empfindet, sich Ermächtigungen erteilen zu lassen, sondern daß dieser Wunsch der Regierung beinahe noch von der Willfäh rigkeit des Parlamentes, Ermächtigungen zu erteilen, überboten wird. Es ist nicht uninteressant, in diesem Zusammenhange festzustellen, daß das Ministerium die Ermächtigung für dieses Gesetz nur bis Ende des Jahres 1923 angesprochen hat, während der Senatsausschuß und das Plenum des Senates der Regierung ein besonderes Geschenk gebracht haben, indem sie ohne den Willen der Regierung die Verlängerung bis 31. Dezember 1924 ausgesprochen haben. Es ist eine eigentümliche Erscheinung, daß das Parlament, statt eifersüchtig auf seine Rechte zu achten, diese Rechte ohne Not, ja selbst ohne den Willen und die Anregung der Regierung preisgibt.

Aus politischen Gründen wäre noch manches gegen dieses Gesetz hinzuzufügen. Da ich mich aber streng an die Sache halten und ganz kurz sein will, will ich mich in politischer Beziehung auf die einzige Bemerkung beschränken, daß die Unterschätzung des Parlaments durch die Regierung auch schon im Motivenbericht zum Ausdruck kommt, den die Regierung diesem Gesetze beigefügt hat. Es wäre gewiß berechtigt gewesen, wenn man vom Parlament eine Ermächtigung verlangt und diese Ermächtigung auf die Verschiebungen stützt, welche duch die Friedensverträge und ihre Durchführung, durch die Arbeit der Delimitationskommissionen herbeigeführt worden sind oder herbeigeführt werden können, daß man einem solchen Gesetze einen Motivenbericht beifügt, indem wenigstens andeutungsweise gesagt wird, was alles an Grenzverschiebungen in Betracht kommt, daß man kurz gesagt, über die Tätigkeit der Delim itationskommissionen einige wenige Angaben macht. Aber so wenig in anderer Hinsicht mitunter das Amtsgeheimnis gewahrt wird, so sehr wird das Amtsgeheimnis seitens der Regierung dem Parlament gegenüber streng beobachtet.

Zur Begründung dieser weitgehenden Ermächtigung durch dieses Gesetz hat die Regierung nichts anderes anzuführen gewußt, als daß sie gesagt hat, sie möchte eine überflüssige Belastung des Parlaments vermeiden. Das Parlament muß der Regierung für diese zarte Rücksichtnahme außerordentlich dankbar sein. Aber ich muß feststellen, daß es sich hier nicht um ein subjektives Recht des Parlaments handelt, auf welches verzichtet werden kann oder welches man verschenken darf, sondern daß es sich hier um eines jener Rechte handelt, die in größerem Maße, als sie Rechte sind, flichten sind und auf ein solches Recht, auf ein solches Munus kann weder das Parlament verzichten, wenn es sich seiner Würde und Aufgabe bewußt ist, noch darf die Regierung dem Parlamente zumuten, etwas derartiges zu tun. Ich glaube also, daß die zarte Rücksichtnahme, die darin gelegen war, daß man überflüssige Belastungen des Parlaments ersparen will, nicht am Platze war., um so weniger am Platze, als die Regierung mitunter Gesetzentwürfe vorlegt, die tatsächlich eine überflüssige Belastung des Parlamentarismus darstellen, nicht nur aus sachlichen, sondern auch aus formellen Gründen, und gerade an dem Tage, an dem dieses Gesetz im Senat verhandelt wurde, wurde ein derart durchaus überflüssiges Gesetz im Senate zur Verhandlung vorgelegt.

Vor allen Dingen muß aber gesagt werden, daß eine überflüssige Belastung doch gar nicht eingetreten wäre, denn von allen diesen Fragen, die da in Betracht kommen, von den Änderungen der politischen Bezirke, der Gerichtsbezirke, der Vertretungsbezirke, der Finanzbezirke, der Schulbezirke usw. gehören nur ganz wenige in den Rahmen und die Kompetenz der Gesetzgebung. Nur die Bezirksvertretungen kommen überhaupt für eine gesetzliche Behandlung in Frage. Es wäre daher meines Erachtens ganz lächerlich, zu sagen, daß gerade in dieser Frage, wenn man den vorgeschriebenen Weg verfolgen wollte, eine überflüssige Belastung des gesetzgeberischen Apparates eintreten würde. Die Regierung hat z. B. im Motivenbericht verraten, daß es im ganzen Lande Böhmen nur zwei Bezirksvertretungssprengel gibt, für welche diese Ermächtigung in Betracht kommt. Ich glaube, wenn wir uns vergegenwärtigen, wie rasch wir in diesem Parlament bei den allerschwierigsten Fragen gesetzgeberisch zu arbeiten genötigt sind, wie wenig Vorbereitung man bei uns erwartet und uns ermöglicht, wenn man erwägt, wie sehr es die Regierung in der Hand hat, für eine Beschleunigung des gesetzgeberischen Weges einzutreten, dann glaube ich sagen zu können, daß diese vorgeschützte zarte Rücksichtnahme auf die Tätigkeit des Parlaments doch nur ein Vorwand gewesen ist und daß man eben auch in diesem Falle das haben wollte, was man immer haben will: die freie Hand, um so vorzugehen, wie es einem gerade, paßt.

Was ich hier gesagt habe, gilt im allgemeinen für Ermächtigungsgesetze, aber ich sehe jetzt ab von der politischen Berücksichtigung des Inhaltes des Gesetzes und gehe dazu über, das Gesetz unter die juristische Lupe zu nehmen; interessanter vielleicht als die Tatsache, daß eine Ermächtigung erteilt wird, ist die Feststellung, wie diese Ermächtigung erteilt wird. Ich bitte, meine Herren, ich erlaube mir vorzulesen: "Die Regierung ist ermächtigt durchzuführen, soweit es notwendig ist... (Hluk.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. dr. Kafka (pokraèuje): ... in Verfolg der Regelung der staatlichen Grenzen nach den Friedensverträgen in der Zeit bis 31. Dezember 1924 in den Grenzgebieten Änderungen der politischen Bezirke und Stuhlrichteramtsbezirke, der Vertretungsbezirke, der Straßenbezirke, der Finanzbezirke, der Schulbezirke, der Grenzen der Gebiete anderer staatlichen Ämter überhaupt, der Gesundheitsbezirke, der Notariats-, der Orts- und Schulbezirke und der Gemeinden und es ist dazu, zu diesen Änderungen, weder ein Gesetz, noch eine Verordnung noch irgend eine sonstige vorgeschriebene Verfügung notwendig." Meine Damen und Herren! Also die Regierung läßt sich ermächtigen, nicht nur die Form des Gesetzes, dort wo es notwendig ist, nicht zu beobachten, sondern sie befreit sich sogar selbst von der Verpflichtung, eine ordnungsmäßige Verordnung oder überhaupt eine ordnungsmäßige Verfügung zu erlassen. Ich kann hier nur das wiederholen, was mein Fraktionskollege im Senat gesagt hat: "Wenn ich genötigt bin, in irgend einem Kolleg meinen Hörern auf die Frage zu antworten, wie eigentlich dieses Verfahren ausschaut, so muß ich beschämenderweise sagen, daß ich das nich weiß, daß ich das auf dem Boden dieses Gesetzes auch nicht wissen kann." Der Herr Vertreter des Ministeriums hat im Senatsausschuß erklärt, daß einfach ein Beschluß des Ministerrates erfolgen wird, und auf die Anfrage, ob dieser Beschluß des Ministerrates in der. Sammlung der Gesetze und Verordnungen veröffentlicht werden wird, hat der Vertreter des Ministeriums hinzugefügt: "Nein, das wollen wir eben vermeiden!" Ich bitte Sie alle, meine Herren, welche noch irgend ein Gefühl für administratives Verfahren haben, sich vorzustellen, was für eine Monstrosität darin liegt, daß man überhaupt jedes Verfahren ausschließt und auch in keiner Weise dafür Sorge trägt, daß die notwendige Publikation dessen, was überhaupt geschieht, vorgenommen wird. Es ist Ihnen ganz genau bekannt, wie wichtig in dieser Zeit es ist, daß man weiß, wo man heimatsberechtigt ist, wie oft ganz heikle Fragen der Nachkriegszeit in dieser Richtung und in anderen verwandten Hinsichten an den Rechtsanwalt, an die Parteien, an die Behörden herantreten. Aus welchen geheimen Quellen sollen diese armen Advokaten, diese armen Parteien eigentlich die Kenntnis schöpfen, welche Behörde für sie kompetent ist, wo sie das Heimatsrecht besitzen, wo es ihnen doch nirgends gesagt wird und nicht nur kein Verfahren durchgeführt ist, sondern nicht einmal gesagt worden ist, daß das oder jenes geschehen ist. Der Herr Vertreter der Regierung hat allerdings darauf geantwortet: "Das ist ja selbstverständlich, daß die Interessenten verständigt werden". Ich frage: Wer sind die Interessenten und wie ist der Kreis der Interessenten, welche verständigt werden sollen, zu erfassen? Ist das anders möglich, als auf dem Wege der normalen Publikation, welche zumindest ein Requisit aller wirksamen Gesetze und Verordnungen sein muß? Ich erkläre also, daß das Gesetz eine juristische Monstrosität darstellt, und ich kann nur sagen: Sie waren und sind sehr empfindlich dafür, wenn irgendwie eine Kritik an der legislativen Technik der èechoslovakischen Gesetze geübt wird. Ich kann Ihnen sagen, daß keine oppositionelle Kritik so wirksam sein könnte, als die einfache Lektüre dieses Gesetzes durch irgend jemanden, der jemals in seinem Leben Jus studiert hat und irgendwie eine Ahnung von dem Wesen des administrativrechtlichen Verfahrens bekommen hat.

Wozu diese ganze Mühe, wozu diese Opferung des Rechtsgefühls, des Rechtsempfindens, des Bewußtseins für ein normales und reines Administrativverfahren? Nur aus Gründen der Beqeumlichkeit heraus; denn darüber ist kein Zweifel, daß die Regierung nicht fürchten muß, wenn sie in Verfolg der Grenzregelung irgendwelche derartige Bestimmungen dem Parlamente vorlegt, irgendwelche Schwierigkeiten oder Verzögerungen zu finden. Ich habe mich und will mich auf diese Bemerkungen beschränken, zur Wahrung meines politischen, vor allem aber zur Wahrung meines juristischen Stan punktes, in dessen Vertretung ich nochmals sage: Was hier geschaffen ist, ist eine administrativrechtliche Monstrosität. Es ist begreiflich, daß wir aus unserem Gefühl für den Parlamentarismus heraus, in welcher Situation gegenüber der Regierung wir uns auch immer befinde, unter keinen Umständen für eine solche Fülle von Ermächtigungen eintreten können, wie wir sie in diesem Staate erleben. Es ist noch klarer, daß wir als Oppositionspartei in keiner Weise bereit sein können, einer Regierung, gegenüber der wir uns in Gegnerschaft befinden, eine solche Ermächtigung zu erteilen. Es ist aber für uns noch klarer, daß wir nicht beitragen können, mit die Verantwortung zu tragen für eine derartige juristisch unhaltbare Fassung eines Gesetzes. Aus allen diesen Gründen lehnen wir die Vorlage ab. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Böhra (viz str. 2121 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Nach einer langen Pause tritt heute das Abgeordnetenhaus zum erstenmal wieder zusammen und der erste Gegenstand der Tagesordnung betrifft einige kleine Grenzangelegenheiten, Veränderungen, die sich durch den Friedensschluß in einigen unserer Grenzbezirke ergeben.

Ich war der Meinung, daß beim erstmaligen Zusammentritt dieses Hauses seit der Dezemberverabschiedung uns zunächst viel wichtigere Grenzfragen beschäftigen würden, nämlich jene Ereignisse, die sich längs der gesamten Grenzen der Èechoslovakischen Republik abspielen, Ereignisse, die hier zu einer Aussprache drängen; und wir haben uns auch erlaubt, eine dringende Interpellation einzubringen, bezüglich welcher wir die Überzeugung hegen, daß alle Parteien, mögen sie hier rechts oder links sitzen, den Wunsch haben, hier eine Aussprache darüber seitens des maßgebenden Faktors dieses Staates in diesen Angelegenheiten, seitens des Herrn Außenministers, zu hören.

Aber nun zu dieser kleinen Angelegenheit bezüglich der Grenzveränderungen in einzelnen Bezirken an der Reichsgrenze. In dem Bericht des verfassungsrechtlichen Ausschusses finden wir den Satz: "Die Regelung der Staatsgrenzen nach dem Friedensvertrag und die Absteckung der Grenzen durch die Delimitationskommission macht erforderlich, daß aus Zweckmäßigkeitsgründen in den Grenzgebieten, welche eine solche Regelung etrifft, Abänderungen der Bezirke der im Gesetz angeführten Verwaltungsbehörden und Selbstverwaltungskörper vorgenommen werden." Daß dies ein Erfordernis der Administrative ist, ist etwas Selbstverständliches. Gegen diese meritorische Forderung an sich wäre gar nichts einzuwenden. Wogegen wir uns aber we den, ist, daß diese große Menge von Veränderungen, die sich sowohl auf politische Bezirke wie auf Selbstverwaltungskörper in den Grenzgebieten beziehen, durch ein Ermächtigungsgesetz vor sich gehen soll, ohne daß der reguläre Weg eingehalten wird. Früher war bei all diesen Fragen immer das Gutachten des Landtages usw. einzuholen, und es wurde immer im ganzen Bereiche der Legislative Rechnung getragen. Diese Form der Ermächtigung ist es nun, die uns nötigt, so sehr wir den meritorisch zwingenden Charakter einer Regelung anerkennen, dagegen zu stimmen. Denn daß diese Orte, diese Gemeinden usw. nicht in der Luft hängen können, daß sie einer geregelten politischen Verwaltung und einer autonomen Verwaltung angegliedert werden müssen, ist etwas ganz Selbstverständliches.

Ich glaube aber, daß wir bei dieser Gelegenheit über die Rechte der Gemeinden, Bezirke und Bezirksvertretungen auch ein Wort zu sprechen haben. Ich erinnere nur daran, daß die Gemeindeautonomie ohnehin sehr beschränkt ist. Denken wir an die winzigen Rechte der Ortsschulräte, an die Unselbständigkeit und Kontrolle der Finanzkommissionen der Gemeinden und Städte. Doch dies alles nur nebenbei. Wir haben aber auch dadurch, daß den Gemeinden, Städten und Landgemeinden, das Recht der direkten Einhebung der Gemeinde- und städtischen Umlagen genommen ist, einen Grund zu großen Beschwerden, welche ebenso Gemeinden mit èechischen Inwohnern, wie Gemeinden mit deutschen Inwohnern betreffen. Es tritt gewöhnlich der Umstand ein, daß am Ende eines Monates unsere Bürgermeister oder Gemeindevorsteher oft nicht einmal soviel Eingang an Umlagen habn, um den Schuldiener, den Polizisten oder den Straßenarbeiter zu bezahlen, und sie sind dann genötigt, bei Sparkassen, bei Banken und bei Privaten Anleihen zu machen - bei den Banken noch dazu zu einem sehr hohen Zinssatz - um nur den Gemeindebetrieb notdürftig aufrecht zu erhalten. Jetzt besteht die Gepflogenheit, daß alle Steuern an die Steuerämter bezw. an die Finanzlandesdirektion eingezahlt werden. Dort wird der gesamte Einlauf der Steuern in Zwölftel zerlegt. Der Staat nimmt monatlich sein volles Zwölftel, und was erübrigt, bekommen die Gemeinden und die Bezirksvertretungen. Ja was bleiben denn dann für Brosamen übrig? So geht es nicht weiter. Wir haben Gemeinden, wie zum Beispiel Asch, das zirka 1,200.000 Kè zu bekommen hat, oder Osseg, das 1 1/2 Millionen zu bekommen hat, oder Warnsdorf und Deutsch-Gabel, von denen jede noch einige Hunderttausende zu bekommen hat; und sogeht es auch èechis chen Gemeine den. Ich könnte tausendfache Klage über derartige Rückstände vorbringen. Es wäre deringend an derr Zeit, daß die Gemeinden ihre Umlagen wieder selbständig einheben dürfen.

Hinsichtlich des Grenzgebietes möchte ich wieder etwas in Erinnerung bringen, was ich schon anderwärts vorgebracht habe. Was die juridischen Bedenken und näheren Einwendungen gegen das Gesetz anlangt, so sind sie bereits von meinem verehrten Herrn Vorredner Prof. Dr. Kafka, also von ei nem Juristen, vorgebracht worden, - ich habe selbstverständlich nichts beizufügen und will mich auch jeder Wiederholung enthalten - aber was das Grenzgebiet als solches anbelangt, haben wir aus Humanitäts- und wirtschaftlichen Gründen das Ansuchen an das Fürsorge- und an das Finanzministerium gestellt, daß jenen èechoslovakischen Staatsbürgern, die jenseits der Staatsgrenze in Arbeit sind, gewisse Erleichterungen zukommen. Das Fürsorgeministerium ist der Sache näher getreten, aber beim Finanzministerium pflegen derartige Dinge immer in die Länge gezogen zu werden. Es ist gelungen, durchzusetzen, daß jenen Grenzarbeitern bei der Rückkehr in ihren èechoslovakischen Heimatsort, in dem sie Steuerträger sind und wo sie sich und ihre Familie erhalten müssen, auf Grund eines Verpflegsbuches, in dem alles eingetragen wird, gestattet wird, die notwendigsten Lebensmittel für sich und ihre Angehörigen zollfrei mitzunehmen. Die ausländischen Behörden, mag es sich hier um das Deutsche Reich oder um andere Nachbarländer handeln, haben ihre Einwilligung dazu gegeben. Sie müssen bedenken, was es für einen Arbeiter heißt, im valutaschwachen Auslande tätig zu sein, den Lohn in Mark, Wiener Kronen, polnischen Mark oder ungarischen Kronen zu erhalten und daheim die Leben smittel, Kleidung, Wohnung, Hausreparaturen usw. in hoher Valuta zu bezahlen. Da reicht ja der ganze Lohn nicht aus. Bei Nahrungsmitteln wurde dieses Einsehen nun auch wirklich in nachsichtiger und entgegenkommender Weise getätigt. Unser Ansuchen geht nun dahin, daß diesen Grenzarbeitern, die schon seit Jahrzehnten im Auslande beschäftigt werden, auch gestattet werde, das absolut Notwendige auch an Kleidern und Schuhwerk zollfrei mit hereinbringen zu dürfen. Auch das ist bereits erreicht - nachdem sich in einem anderen Belange bezüglich der Arbeitslosenunterstützung ein reziprokes Verhältnis ergeben hat - daß uns die ausländischen Behörden diese Ausfuhr bewilligen; und Sie wissen, wie streng sie sonst sind, wie man mit Millionen bestraft werden kann, wenn man auch nur einen Mantel oder irgend etwas ohne Ausfuhrbewilligung herübernehmen würde.

Nun denken Sie sich, viele Tausende èechoslovakischer Arbeiter und Arbeiterinnen sind unmittelbar im ausländischen Grenzgebiet beschäftigt. Bringt so eine Näherin, so ein Arbeiter einen Rock oder einen Mantel mit herüber und sind für das Kilo 70 Kè Zoll zu zahlen, geht ja der Monatsverdienst, - was sage ich! - der Verdienst von mehreren Monaten einfach auf den Zoll auf, weit mehr, als die ganze Ware drüben kostet. Es ist also ein Humanitätsakt, der da geübt würde, und ich würde den Herrn Vertreter des Finanzministeriums, der hier ist, nachdem der Herr Finanzminister infolge des verbrecherischen Attentates, das auf ihn verübt wurde, nicht anwesend sein kann, bitten, hier ehestens Abhilfe schaffen und den Zollbehörden die Anweisung zu geben, diese Ärmsten der Arme mit den notwendigsten Bekleidungsgegenständen und Sch uhwerk zollfrei herüberzulassen. Meine Herren, es kann kein Schmuggel geschehen, kein einheimischer Steuerträger, Gewerbsmann oder Kaufmann kann geschädigt werden, weil die Betreffenden mit ihrer ausländischen Valuta hier im Inland kaufunfähig sind. Auch ist jeder Mißbrauch schon dadurch unmöglich gemacht, daß das Ausland ja auch nichts ohne Kontrolle ausführen läßt. Im Verpflegsbuch wird genau Tag und herübergebrachter Gegenstand vorgemerkt. Weder Ausland noch Inland kann durch Schmuggel und Paschen irgendwie betrogen werden, draußen nicht durch Umgehung der Ausfuhrbewilligung, hier nicht durch Umgehung der Zölle. Wie gesagt, die heimische Steuerkraft, Handel und Gewerbe werden nicht geschädigt, weil diese Leute, die Mark verdienen, hier ohnehin nicht in Kronen einkaufen können.

Möge diese Anregung auf guten Boden fallen, und möge das Finan zministerium die Erlaubnis dazu geben; das Ministerium für soziale Fürsorge wird gewiß nicht den geringsten Einwand erheben. Möge Einsicht einkehren im Interesse der Ärmsten der Armen; wir müssen ja froh sein, daß diese Leute überhaupt beschäftigt sind und nicht dem Arbeitslosenunterstützungsfond zur Last fallen müssen. Und bedenken Sie, meine Damen und Herren, daß heute eine Krone 1100 bis 1200 Mark kostet, daß also ein Zoll von 70 Kronen auf ein Mäntelchen eine Summe ist, die ein Arbeiter, der im Ausland beschäftigt ist, zu leisten einfach nicht in der Lage ist. (Potlesk na levici.)


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