Úterý 7. listopadu 1922
Meine Damen und Herren! Das Gesetz, welches uns beschäftigt, nämlich das Gesetz über die Regelung der Befreiung exterritorialer Personen von staatlichen und anderen öffentlichen Steuern und Abgaben, ist eigentlich, wie die Referenten auch angeführt haben, eine Selbstverständlichkeit des internationalen Rechtsverkehrs. Ich teile nicht die Ansicht, daß es notwendig gewesen wäre, überhaupt ein Gesetz in diesem Belange einzubringen, weil die bisherige Gesetzgebung hinreichend ist, um alles zu tun, was der internationale Rechtsverkehr erfordert. Aber das Gesetz ist einmal eingebracht worden und es würde mir nicht einfallen, über eine so selbstverständliche Materie auch nur ein Wort zu verlieren, wenn es mir nicht angenehm sein müßte, d. h. wenn ich es nicht als meine Pflicht betrachten müßte, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, mit welch elender Gesetzestechnik die meisten Gesetze, welche hier eingebracht werden, versehen sind - ad 1, und ad 2: wie es eigentlich ausschaut, wenn Mitglieder der Opposition sich im Wege sachlicher Mitarbeit an der gesetzgeberischen Tätigkeit mitzuwirken bemühen. Einerseits also darum handelt es sich, die Schlamperei der Gesetzgebungstechnik festzustellen, andererseits das Verhalten der Majoritätsparteien gegenüber der sachlichen Mitarbeit festzustellen, von der wiederholt gesprochen worden ist.
Ich stelle gleich fest, der scheinbar Hauptschuldige, das Finanzministerium, ist diesmal nicht hauptschuldig. Das Finanzministerium hat einen Entwurf ausgearbeitet, der nicht annehmbar war, weil et in die Hand der Regierung eine Ermächtigung gegeben hat, welche schon der Senat als zu weitgehend erklärte. Aber sonst muß ich sagen, war das Gesetz gesetzgebungstechnisch eine Möglichkeit. Das, was im Senat aus dem Gesetz ge macht wurde und uns heute vorliegt, ist aber gesetzgebungstechnisch eine Unmöglichkeit. Daran können mich weder die Ausführungen des Kollegen Dr. Nosek, noch die Ausführungen des Kollegen Dr. Uhlíø in irgend einem Belange wankend machen, so sehr ich auch die Fähigkeiten der beiden Herren schätze. Ich bitte, meine Herren, was geschieht? Das Gesetz sagt im ersten Absatz des § 1 unter genauer Umschreibung des Kreises jener Personen, welche als exterritorial zu bezeichnen sind und daher gewisse Steuerfreiheiten genießen, sie genießen diese Steuerfreiheiten dezisiv unter der einzigen Voraussetzung der verbürgten Gegenseitigkeit. Etwas, was selbstver ständlich ist, da keinem Staate zugemutet werden kann, exterritoriale Personen eines anderen Staates zu begünstigen, wenn das nicht auch auf umgekehrtem Wege geschieht. Diese Reziprozität ist eine formelle und eine materielle; das heißt, wenn ein Staat es überhaupt ablehnt, die Gesandten der èechoslovakischen Republik von Steuern und Abgaben freizumachen, kann selbstverständlich auch der èechoslovakische Staat nicht an eine Befreiung denken. Wenn andererseits ein anderer Staat den èechoslovakischen Gesandten nur von gewissen Steuern ausnimmt, ist es selbstverständlich, daß auch der èechoslovakische Staat die Gesandten dieses Staates nur von jenen gewissen Steuern ausnimmt, von denen und soweit dort die Befreiung gewährleistet wird. Das ist ein so klares G bilde juristischer Art, daß man wirklich - ich muß fast sagen - Jurist sein muß, um daran etwas zweifelhaft zu finden. Allerdings, ich gehöre nicht zu jener Kategorie von Juristen, die zweifelhaft finden, was sonnenklar im Gesetze enthalten ist. Es önnen sich gar keine Streitigkeiten ergeben, die nicht durch das Gesetz selbst entschieden sind. Ich gebe zu, daß auch das klarste Gesetz die Möglichkeit von Streitfällen und Prozessen bietet. Ich wüßte nicht, wovon sonst Gerichte und Advokaten leben sollten. (Veselost.) Aber ich mache aufmerksam, daß es Gesetze gibt, die ohne weiters zu Streitigkeiten führen müssen, und zwar kraft ihrer inneren Haltlosigkeit, und solche Gesetze, welche zu Streitigkeiten führen, weil verschiedene Meinungen schließlich und endlich bei dem klarsten Gesetze möglich sind. Nun fühlt sich die Gesetzgebung - ich kann das nicht näher ausdrücken, es ist das ein mysteriöses Gebilde, die Gesetzgebung, wie sich gleich herausstellen wird - verpflichtet, nachdem sie erst im ersten Absatze des § 1 gesagt hat, was rechtens ist, dem Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten die Ermächtigung zu erteilen, zu bestimmen und zu entscheiden, welche Personen unter diese Begünstigung fallen und wie weit sachlich diese Begünstigungen reichen sollen.
Wer das liest, hat auf den ersten Blick den Eindruck, daß die Regierung die Möglichkeit bekommmen soll, gegenüber unsympathischen Staaten und ihren Vertretern allenfalls vom Rechte der Nichtbefreiung Gebrauch zu machen. Das ist auch die Ansicht, welche heute hier Herr Dr. Uhlíø als möglich festgestellt hat. Er hat zwar gesagt, es bedarf keiner Befürchtungen. Das ist seine subjektive Ansicht. Aber objektiv hat er diese Auslegung als möglich bezeichnet, trotzdem der Vertreter der Regierung und alle Herren, die in dieser Angelegenheit im auswärtigen Ausschusse sprachen, mit kollosalster Entrüstung eine solche Auslegungsmöglichkeit abgelehnt haben, insbesondere der Herr Sektionschef aus dem Finanzministerium, den ich heute hier unter meinen Zuhörern zu sehen das Vergnügen habe, sondern man hat gesagt, es wäre nicht gemeint, der Regierung die Ermächtigung zu geben, einzelne auszuschalten und andere nicht, sondern es läge die Notwendigkeit vor das hat Herr Dr. Nosek angeführt -, daß allenfalls die Entscheidung getroffen werden müßte, ob die Income tax in England gleichbedeutend ist mit der Einkommensteuer in der Èechoslovakei und die Befreiung von der Income tax in England auch nach sich ziehen muß die Befreiung der Einkommensteuer und inwieweit. Das hört sich schon besser an, ist aber geradeso unrichtig, weil es klar ist, daß die Gegenseitigkeit verbürgen heißt, daß nur soweit die Befreiung gewährt wird, als sie dort gewährt wird. Ob die Einkomm nsteuer dort und da gleich ist, entscheidet gewiß das Finanzministerium. Aber es bestimmt nicht den Kreis der Personen und Abgaben usw., sondern hat zu erklären, ob die Gegenseitigkeit in diesem einzelnen Falle verbürgt ist. Daß es dies zu erklären hat, ist eine Selbstverständlichkeit, die nicht im Gesetze stehen müßte, aber ausdrücklich dort steht, nämlich in der bekannten Vollzugsklausel der Gesetze, welcher der Regierung die Pflicht auferlegt, das zu tun, was zur Anpassung des Gesetzes an die Rechtslage notwendig ist. Trotzdem hat man das darin gelassen.
Der zweite Absatz des § 1 ist aber offen gestanden eine Ungeheuerlichkeit. Sie müssen mir zugeben, daß ich als Professor der Rechte genötigt bin, sehr viele Gesetze zu lesen, und daß es schließlich und endlich meine Pflicht ist, Gesetze nach Möglich keit so zu verstehen, wie sie ein einfacher Staatsbürger bei einigermaßen ernstem Studium zu verstehen in der Lage ist. Ich erkläre aber, daß ich das, was in dem zweiten Absatze des § 1 nach dem Wunsche des Finanzministeriums enthalten sein soll, niemals in dieses Gesetz hätte hinein legen können, auch wenn ich noch so gescheit interpretiert hätte. Man gibt uns ein Gesetz, das in so wichtigen Bestimmungen unverständlich und außerdem auch zweckwidrig ist, denn es geht nicht an, für diesen Einzelfall, welchen nicht ich aus einandersetzen werde, sondern vielleicht der Vertreter des Finanzministeriums, eine unnötige, weil auf einen casus rarissimus sich beziehende und außerdem zweck widrige Bestimmung zu treffen. Es han delt sich da um etwas Furchtbares, was unbedingt in einem Gesetze geregelt werden muß. Stellen Sie sich vor: Es vermietet jemand dem englischen Gesandten ein Palais. Der englische Gesandte zahlt in der Miete auch die Hauszinssteuer. Er ist eigentlich zu ihrer Zahlung nicht verpflichtet und daher soll die Hauszinssteuer in irgend einer Weise seitens des èechoslovakischen Staates dem englischen Gesandten refundiert werden. Um dieser kleinlichen Affäre willen, die niemand hinter diesen paar Worten vermuten kann, nimmt man eine solche zweckwidrige, sinnlose Bestimmung in das Gesetz auf. Es ist absolut unrichtig, die Verteilung der Steuerlast auf den Vermieter und Mieter so zu entscheiden, wie es das Finanzministerium hier tut.
Soviel über den legistischen Fehler. Ich möchte nur noch Folgendes sagen: Es wäre nicht so wichtig darüber zu sprechen, denn schließlich und endlich sind die Gesetze, welche man in der "Sbírka" liest, in den meisten Fällen vom legislativen Standpunkt so entsetzlich - soweit es sich nicht um Arbeiten des Justizministeriums handelt, bei dem ich eine Ausnahme machen will - daß man sagen muß, daß die Arbeiten, die uns geboten werden, schon ein Übermaß an Unerträglichkeit leisten. Wenn Sie also noch einen Fehler in die èechoslovakische Gesetzessammlung hineinnehmen wollen, @a la bonne heure!
Aber gestatten Sie mir ein paar kurze Worte über die Geschichte dieser Angelegenheit. Alles was ich bisher gesagt habe, habe ich schon im auswärtigen Ausschuß gesagt und habe auch mit dem Herrn Referenten Dr. Uhlíø darüber gesprochen. Er sagte: "Ich habe mit einigen Kollegen darüber gesprochen, und ich habe das Gefühl, daß hier nicht gerade eine Zierde der Gesetzgebungstechnik geschaffen worden ist. Nachdem aber schon die Sache im Ausschuß durchgebracht worden ist und der Senat sich damit beschäftigt hat, lassen wir es so, wie es ist."
Ich habe meine Bedenken im Ausschuß wiederholt. Ich hatte das Glück, daß unter den Anwesenden der jetzige Minister Malypetr gewesen ist. Herr Kollege Malypetr hatte als einfacher Abgeordneter - wie er es als Minister halten wird, weiß ich nicht - die Gewohnheit, in sehr häufigen Fällen, wo sich ein seelischer Konflikt ergab zwischen den Pflichten eines Pìtkamitgliedes und den Pflichten gegenüber seinem Gewissen und seinem Gerechtigkeitsgefühl, mitunter den Konflikt im Sinne des Gefühls der Gerechtigkeit zu entscheiden. Damals hat er dasselbe getan, er hat im auswärtigen Ausschuß meine Anregung unterstützt. Der auswärtige Ausschuß hat, nachdem Kollege Dr. Uhlíø der Auffassung beigetreten war, einstimmig beschlossen, diese Streichung vorzunehmen und das Gesetz von diesem Mangel zu befreien. (Posl. dr. Blaho: Kolega Malypetr nebyl správnì informován!) Ich glaube, Herr Dr. Blaho, Sie überlassen es lieber dem Herrn Malypetr, sich selbst zu verteidigen. Er wird wohl nicht den Wunsch haben, sich in dieser Weise zu verteidigen, er wird es vorziehen, nicht anwesend zu sein und sich nicht an der Abstimmung zu beteiligen.
Was geschah? In der Zwischenzeit tagte der Budgetausschuß. Ich habe mich an dieser Frage nicht mehr mit großem Interesse weiter beteiligt, denn ich habe den Gang der Entwicklung vor mir gesehen.
Man hat es für richtig befunden, eine Reihe von Gründen anzuführen. Der erste Grund war die Rücksicht auf den Senat, der zweite Grund war die Rücksicht auf die zeitliche Dringlichkeit. Und doch sind wir heute nach mehreren Monaten erst so weit, das Gesetz zu verabschieden. Das eigentliche Motiv war, daß eine Antragstellung von einem Mitglied der Opposition vorgelegen ist und weil sie von einem Mitglied der Opposition stammte, mußte sie gegen die eigene Rechtsüberzeugung von der Majorität niedergestimmt werden.
Meine Herren! Das ist die Mitarbeit,
das ist die Loyalität, von der eines der führen den Mitglieder
der größten Partei der èechischen Mehrheit in der Klubobmänner
konferenz gesagt hat, daß sie von uns gewünscht wird. Ich frage,
ob die Loyalität von der Regierungsmehrheit in diesem und vielen
anderen Fällen bewiesen wurde. (Potlesk na levici.)