Pátek 16. èervna 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 147. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 16. èervna 1922.

1. Øeè posl. Schuberta (viz str. 923 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Kaum daß Sie das Mieterschutzgesetz - allerdings unter großen Wehen - unter Dach und Fach gebracht haben, gehen Sie im weiteren Verfolg daran, außerordentliche Maßna hmen - so steht es wenigstens auf dem Kopfe der Vorlage - in der Wohnungsfürsorge zu ergreifen. Wir, meine Partei, sind grundsätzliche Gegner jeder Zwangsgesetzgebung. Wir lehnen jede einseitige Bevormundung durch Staat und Gemeinde ab und deshalb kann uns die in Verhandlung stehende Vorlage nicht befriedigen. Sie berufen sich gerne auf westliche Vorbilder. In England, das in der Wohnungsgesetzgebung schon von alters her arbeitet, wären derartige ziellose Wohnungsfürsorgegesetze eine reine Unmöglichkeit. Dort heißt es: Mein Haus ist meine Burg. Hier heißt es: Mein Haus ist ein Objekt, das ich erhalten muß, für das ich Steuern und Abgaben zahle, für das ich jedes Risiko trage, Feuer, Überschwemmung, Haftpflicht, über das aber andererseits nicht ich, sondren der Staat, die Gemeinde und ich weiß nicht wer noch, frei zu verfügen hat. Das ist, meine Herren, auch so eine Dosis Staatsrobot, die Sie in den Paragraphen dieses Gesetzes verstaut haben. Wo unsere öffentlichen Gewalten einschreiten, haben sie sich stets nicht bewährt. Stets hatten sie bei ihrem Einschreiten eine unglückliche Hand. So wie das Mieterschutzgesetz ein Fehlwerk ist, Ihre eigenen Fachmänner haben ja darüber den Stab gebrochen, so ist es auch Ihre neue heutige Vorlage.

Auch hier wollten alle Parteien Ihrer Mehrheit ihre offenen und versteckten Wünsche hineinschmuggeln. Die einzelnen Parteien der Koalition wollten sich gegenseitig so ein bißchen übervorteilen, einer wollte den anderen unterkriegen. Bei einem Paragraphen lugen sozialistische, beim anderen bürgerliche Forderungen heraus, nur hat die sozialistische Färbung in diesem Gesetz Oberwasser gefunden. Es dauert immer unverhältnismäßig lange Zeit, bis solche Vorlagen - Verlegenheitsvorlagen würde ich sie nennen - die Klippen und Fährlichkeiten der Ausschüsse passiert haben. Wenn Sie im sozialpolitischen Ausschuß der Beratung beigewohnt hätten, so wären Sie hievon nicht sonderlich erbaut gewesen. Es ist mehr als ein Opfer, diesen Beratungen beizuwohnen. Mitten in der Debatte versagte auch diesmal Ihr Apparat und dann wäre es von Ihrem Standpunkt notwendig gewesen, wieder in einem eigenen Zirkel unter sich eine Konferenz einzuberufen. Um diese wenigen mageren Paragraphen dieser Vorlage zu bergen, müssen bei Ihnen diverse Subkomitees konstruiert werden und es liegen sich die beiden Ausschüsse, die darüber zu entscheiden haben, auch gegenseitig in den Haaren. Das ist die ideale Einigkeit Ihrer Mehrheit. Aus solchen Zwangsberatungen heraus, wo sich die gegenstrebenden Grundsätze Geltung verschaffen wollen, kommt dann eben ein grundsatzloses Gesetz heraus, ein Gesetz, das niemandem behagt und niemandem behagen kann, das scheinbar Licht und Schatten verteilt, aber nach beiden Seiten hin ungerecht ist, mit einem Wort: ein kleiner Wechselbalg, so ein echtes "Pìtka" produkt. Der Hauseigentümer - ich meine damit nicht vielleicht einen modernen Emporkömmling, der Zinspaläste besitzt, ich meine den Eigentümer von mittlerem und kleinem Hausbesitz - wird durch diese Vorlage abermals zu einem Versuchskaninchen für die Staatsverwaltung. Viele von diesen - ich erwähne es nur nebenbei - stehen gar nicht in unseren Reihen, sie sind im Gegenteil sehr weit nach links orientiert und trotzdem sprechen wir für sie, weil das eine ernste wirtschaftliche Notwendigkeit ist. Heute können wir mit vollem Fug und Recht sagen: Der Hausbesitz ist zu einer Last geworden.

In der neuen Vorlage wird den Gemeinden ein zu weit gehender Einfluß eingeräumt, die Gemeinden haben den Hauseigentümer in gewissen Fällen völlig in der Hand. Es gibt leider viele Gemeinden, die diesen ihren Einfluß nicht immer in korrekter Form anwenden. Dieses Ihr System der Wohnungsfürsorge führt zu unnötigen Härten und oft auch zu schweren Übergriffen. Die Gemeinden gewährleisten in vielen Fällen keine parteilose Handhabung des Gesetzes. Wo die Leute in dem engen Gehege eines Ortes bei einander wohnen, dort sind die persönlichen Reibungsflächen oft viel zu groß, um eine gerechte und billige Entscheidung erhoffen zu lassen. Es sind daher oft auch nicht die lautersten und besten Motive, die hier mitspielen. Auf der einen Seite schwere Härten dieser sog. Wohnungsfürsorge, auf der anderen Seite der schwere Steuerdruck, der auf dem Hausbesitz lastet. Je mehr solche Gesetze geschaffen werden, desto verworrener und unerquicklicher muß die Situation werden. Ungleich wichtiger als diese Beschlagnahmen wäre eine großzügige Förderung der Bautätigkeit. Nur auf diesem Wege allein kann die Wohnungsnot behoben werden, es gibt keinen anderen Weg, nur auf diesem Wege kann es zur Gesundung kommen. Davon sind wir jedoch ziemlich weit entfernt. In anderen Ländern gibt man gegenwärtig 15 bis 25 Jahre völliger Steuerfreiheit, bei uns nur eine Art halber Steuerfreiheit. In Laibach und in Agram - heute wurde ich davon unterrichtet - wird dermalen so stark gebaut, daß in einem Jahre bereits Wohnungsüberfluß eintreten wird. Nur bei uns stockt es.

Auch der englische Pfundkredit soll für öffentliche Bauten verwendet werden, durch welche Bauten zum Teile direkt und zum Teile indirekt die Wohnungsnot gemildert wird. Wir haben diesbetreffs im sozialpolitischen Ausschuß einen recht anschaulichen Teilbericht zu hören bekommen; der Vollbericht wurde uns vorenthalten, er ist jedenfalls nicht für uns, er ist nur für einen kleinen Kreis von Eingeweihten bestimmt. Es wurde uns mitgeteilt, welche öffentlichen Bauten mit diesem Kredit durchgeführt werden sollen. Dieser Bericht spricht Bände trotz seiner Unvollständigkeit. Wir erfuhren, daß im deutschen Gebiet fast gar keine solchen Bauten durchgeführt werden und daß selbst unter den sogenannten vorbereiteten Bauten sich nur solche befinden, an welchen wir fast gar nicht interessiert sind. Dies bedeutet für uns eine schwere Zurücksetzung. Wir wünschen, daß die Staatsgelder dem deutschen Gebiet nicht stiefmütterlich vorenthalten werden. Auch wir haben ein ehrliches und gutes Anrecht darauf. Eine Unmasse neuer blutjunger Projekte steigt aus der Versenkung, Sie entdecken Ihr Herz für den Bau neuer fast gar nicht besuchter Minderheitsschulen in Tuschkau usw., aber alte Bauprojekte im deutschen Gebiet, die schon lange spruchreif sind, verschwinden in der Versenkung. Der Bau des Bezirksgerichtes Pfraumberg zieht sich schon Jahre lang hin, 50.000 Kronen sind im Staatsvoranschlag als Vorkredit eingestellt, das Justiz- und das Arbeitsministerium haben zugestimmt, aber das Finanzministeri um verhält sich ablehnend. Man hat die arme Gebirgsstadt Pfraumberg genötigt, zwei neue Häuser anzukaufen und beide Häuser trotz der Wohnungsnot einzureißen, und jetzt läßt man sie im Stich, Pfraumberg ist nicht einmal unter den vorbereiteten Projekten enthalten. Von dem Pfundkredit soll auch das deutsche Gymnasium in Weinberge gebaut werden. Erleben werden wir es jedoch nicht. Denn flugs springt das Eisenbahnministerium ein, jedenfalls auf Bestellung, und beansprucht diese Baugründe. In diesem Falle wird das deutsche Gymnasium natürlich wieder der Leidtragende sein, diese Methode kennen wir zur Genüge. Das Investitionsbudget kann mit Hilfe der ersten flüssigen Rate von 1 1/2 Millionen Pfund mit 45 % zur Ausführung gelangen. Die Baukredite, die bisher gegeben wurden, sind nach Ihrem eigenen Bericht in den Hauptstädten verwendet worden. Das flache Land und die Landstädte gingen ziemlich leer aus. Das Ackerbauministerium ist mit 16 Millionen stiefmütterlich behandelt worden. Der Ackerbauminister ist also augenscheinlich, was die Verwendung der staatlichen Gelder anbelangt, der Bettelmann unter seinen Kollegen. Die Baugesuche, die von uns eingereicht werden, werden äußerst schleppend behandelt, mit allen möglichen Einwänden wird hier gearbeitet und es soll den Gesuchstellern wohl dadurch verleidet werden, die staatliche Unterstützung zu verlangen. Die Bereitstellung staatlicher Mittel wird selbst von der Bonität der Gründe abhängig gemacht, wenn ein Einreicher zugleich Besitzer einer kleinen Feldparzelle ist. Grundbuchauszüge sollen dann beigebracht werden und es verstreichen auf diese Art und Weise wieder kostbare Monate, wieder kostbare Wochen der kurzen Bauzeit. Ja, die meisten Akten wachsen sich zu Seeschlangen aus, wenn überhaupt eine Erledigung stattfindet. Solcher Steine des Anstoßes gibt es für uns viele. Wenn schon der alte österreichische Amtsschimmel sich nicht überstürzt hat, Ihr Amtsschimmel, der èechoslovakische Amtsschimmel, er reitet, Strafmandate ausgenommen, noch viel langsamer. Sie sind groß im Versagen, aber klein und zwergenhaft im Gewähren. Unsere Grenzgebiete erfreuen sich nicht Ihrer Baufürsorge. Es müßte denn höchstens sein, daß Sie die Grenzbefestigungen trotz aller Ableugnungen durchführen werden. Wenigstens lassen die vielen Kasernenbauten darauf schließen.

Kasernenbauten und Kasernenreparaturen, das ist auch so ein sehr wundes Kapitel. Nur einen konkreten Fall will ich herausgreifen, er ist sehr bezeichnend und beleuchtet so recht gut diese Verhältnisse. Nach dem Umsturz haben Ihre Soldaten in ihrer gehobenen Stimmung der Stadtgemeinde Bischofteinitz in der Kaserne großen Schaden verursacht. Sie haben nicht nur Sachen zertrümmert, Dielen herausgerissen und vielen anderen Schaden angerichtet. Nach langem Hin- und Wiederschreiben, nach langen Vorstellungen erhob eine vom Kriegsministerium entsendete Kommission die Sache an Ort und Stelle und es kam zu einem Ausgleich. Man sollte glauben, die staatlichen Funktionäre sollten erfreut sein, daß ein Ausgleich erzielt wurde, aber weit gefehlt. Jahre sind verflossen, alle Urgenzen sind ergebnislos und die Stadtgemeinde erhält auf ihre Anfragen überhaupt keine Antwort. Noch ärger ist es in Saaz. Dort hat sich derselbe Fall ereignet, auch dort erklärte sich das Kriegsministeri um bereit, Entschädigung zu gewähren, aber nun war es wieder die Finanzprokuratur, die sich dagegen auflehnte.

Auch die Postämter - man sollte den Zusammenhang hier für ganz ausgeschlossen halten behindern die Bautätigkeit. Wir haben an der Grenzwasserscheide Gemeinden, die nach Bayern gravitieren und bayrisches Baumaterial brauchen. Die Postämter stellen die Sache nicht zu - meine Herren, das ist Postnationalismus - und das Außenhandelsamt, das seine Pflicht getan hat, muß urgieren, um die Sache ins Geleise zu bringen.

Die Vorlage soll für die Eisenbahnangestellten Wohnungen sichern - diese Fürsorge ist verdächtig; ich fürchte die "Pìtka" Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen. Jedenfalls erleichtern diese Umstände die Versetzung deutscher Staatsund Eisenbahnangestellter, wenn sie jemanden nicht genehm sind, und sie sind tatsächlich vielen Leuten ein Dorn im Auge. So wird diese Fürsorge für die Staatsangestellten zum Verhängnis. Die Zinse stehen bei den Kleinwohnungen in gar keinem Verhältnis zur Hauszinssteuer und den anderen Abgaben. Sie werden Gelegenheit haben, die Resolution, die angenommen wurde, und den Antrag Lodgman, der von der Außerkraftsetzung der Hauszinssteuer handelt, endlich zu verhandeln. Wenn Sie Rechte beanspruchen auf Kosten der Hausbesitzer, geben Sie ihnen auch ein notwendiges Äquivalent. Der Notstand der kleinen und mittleren Hausbesitzer ist ohne Frage hier. Die Hausbesitzer kommen ins Gedränge. Die Kriegsanleihe wird noch nicht eingelöst erhalten, die Regierung treibt unser Volk zur Verzweiflung. Sie wollen die Kriegsanleihe nicht einlösen, Sie sind schuld daran, wenn die Bevölkerung auf dem Standpunkt steht, die Vermögensabgabe insolange nicht zu begleichen, als die Kriegsanleihe nicht bereinigt ist. Es ist den Leuten ernst damit, spielen Sie nicht mit der Geduld der Bevölkerung! Lange braucht es, bis unsere Eichenklötze brennen, aber wenn sie einmal brennen, dann löscht sie kein Sturmwind aus.

Der Gesetzentwurf soll allen Interessentengruppen entgegenkommen, soweit als es nur angeht; das ist aber nicht der Fall. Der § 5 des Gesetzes hat Ausnahmen bezüglich des Handwerkerstandes beschlossen. Diese Ausnahmen genügen uns nicht. Die Vorlage behindert auch im § 8 eine Erweiterung der Wohnungen. (Pøedseda zvoní.) Das Ministerium für Gesundheitswesen wäre wohl verpflichtet gewesen, Einspruch zu erheben gegen eine allzustraffe Fassung.

Noch sehr viel wäre zu bemängeln. Der Herr Vorsitzende aber mahnt, daß die Redezeit drängt; aber was hilft das ewige Bemängeln, wenn wir hier tauben Ohren predigen. Unsere berechtigten Beschwerden werden als Beschwerden von Querulanten hingestellt. Natürlich ist dies auch eines jener Schlagworte, für das Ihnen jede Beweisunterlage fehlt. Sie belieben uns immer unseren Sündenspiegel vorzuhalten, dieser Spiegel aber zeigt falsch. Wir lieben nicht den Streit und Hader um des Streites willen, wir lieben auch nicht den Klein- oder Großkrieg um des Krieges willen. Es wird nur besser werden, wenn Sie unseren Beschwerden Beachtung schenken, früher nicht. Stellen Sie Ihre ganze Politik auf Frieden, Versöhnlichkeit und Entgegenkommen ein, nicht auf ständige Bedrückung.

Was diese an Gebrechen und Mängeln reiche in Verhandlung stehende Vorlage anbelangt, lehnen wir sie, wie viele Vorlagen ab. Sie war den Aufwand an Mühe und Zeit, den sie verursacht hat, nicht wert. Sie wird niemandem helfen, niemanden befriedigen, sie befriedigt daher auch uns nicht. (Potlesk na leviei.)

2. Øeè posl. Schustera (viz str. 928 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wieder einmal hat sich die Abgeordnetenkammer mit der Frage der Wohnungsfürsorge und damit gleichzeitig mit der Frage der Bauförderung zu beschäftigen. Es ist heute nicht das erstemal und wird wohl nicht das letztemal sein, daß dieses wichtige soziale Problem hier aufgerollt wird, aber es muß ganz offen herausgesagt werden, daß auch diese Vorlage kaum geeignet sein dürfte, an den gegenwärtigen Zuständen und Verhältnissen, vor allem an dem Wohnungselend irgend etwas zu ändern. Selbst angenommen, daß das Gesetz ganz gut gemeint sein möge, muß aber doch darauf hingewiesen werden, daß die ganze bisherige Gesetzgebung in dieser Richtung an den harten Tatsachen der gegebenen Verhältnisse gescheitert ist und daß insoweit die Gesetzgebung gute Wirkungen auf dem Gebiete gezeitigt hätte, sie bekämpft und illusorisch gemacht worden ist. Dieses Gesetz hier, das der Wohnungsnot steuern soll, das ein soziales Gesetz sein soll, wird wieder nur auf dem Papier bleiben, es wird im besten Fall nur ein soziales Paradepferd werden, insoweit man es als ein solches bezeichnen kann. Die Vorlage, welche 24 Paragraphe enthält, beschäftigt sich im § 1 mit den Wohnungsveränderungen, insoweit sie baulichen Charakter haben. Wir sind nun der Auffassung, daß diese Bestimmung auch an den gegebenen Verhältnissen so gut wie gar nichts ändern wird. Wohnungsveränderungen mit einschneidenden baulichen Durchführungen müssen heute schon angemeldet werden. Sie sind von der behördlichen Genehmigung abhängig und die derzeitige Gesetzgebung vermag in dieser Richtung schon genügenden Einfluß auszuüben. Wohnungsveränderungen, die sich im geheimen vollziehen, von denen weder die Steuerbehörden noch sonstige Behörden irgendwelche Kenntnis erlangen, werden auch mit den Bestimmungen des § 1 nicht beseitigt werden können.

§ 2 beschäftigt sich damit, daß ein Hausbesitzer oder sein Vertreter bewohnbare Räume, insoweit solche leerstehend sind, nicht unbewohnt oder unbenützt lassen darf. Nun hat der Ausschußbericht, der vor wenigen Minuten vorgelegt worden ist, in der ursprünglichen Vorlage verbessernde Veränderungen geschaffen. In der ursprünglichen Vorlage waren aber die Bestimmungen außerordentlich dehnbar und dadurch eigentlich von nichtssagender Bedeutung. Wir stehen auf dem Standpunkte, daß Wohnungen, insoweit sie nicht ausdrücklich zum kurörtlichen oder sonstigen Bedürfnis in sanitärer Beziehung verwendet werden, unter allen Umständen benützt und auch vermietet werden müssen und daß irgendwelchen Inhabern oder solchen, welche es werden wollen, Vorrechte nicht gewährt werden dürfen.

§ 3 beschäftigt sich damit, in welchem Ausmaß für eine Partei eine oder mehrere Wohnungen in einem Orte zulässig sind. Auch hier hat der Bericht Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fassung vorgesehen. Wir stehen prinzipiell auf dem Standpunkte, daß eine Partei in einem Orte nur eine Wohnung besitzen darf, und daß eine Abweichung hievon nur bei Elementarereignissen oder bei epidemischen Krankheitserscheinungen zulässig sein soll. Auch im Abs. 3 der ursprünglichen Fassung ist von Sommerwohnungen die Rede. Ich will hier ganz ausdrücklich erklären, daß wir auf dem Standpunkte stehen, daß sogenannte Sommerwohnungen, also Wohnungen, die nicht mit kurörtlichen Verhältnissen im Zusammenhange stehen, eine besondere gesetzliche Berücksichtigung, an dem heutigen Wohnungselend gemessen, nicht erfahren dürfen. Ich will nicht von Sommerwohnungen sprechen, die sich in villenartigen Gebäuden befinden, sondern davon, daß wir in einer Reihe von Orten mit starker Arbeiterbevölkerung heute Sommerwohnungen haben. Nicht Sommerwohnungen großen Umfanges, sondern Sommerwohnungen aus einem oder zwei Räumen bestehend, die ganz gut Arbeiterwohnungen abgeben könnten. Diese Wohnungen werden im Jahre bestenfalls durch zwei oder drei Monate benützt, die übrige Zeit stehen sie leer, und brauchen nicht verwendet zu werden. Der Hausherr hat das Vorrecht, sie nicht weiter benützen zu lassen und so haben wir, um nur einen Ort zu nennen, Pürstein, Bez. Kaaden, mit einer starken Arbeiterbevölkerung, einen Ort mit nahezu 50 Sommerwohnungen, aber auch einen Ort, wo 12 Wohnparteien keine Wohnungen finden können.

Wir können daher diesen besonderen Sommerwohnungsprivilegien nicht zustimmen und müssen verlangen, daß hier eine Änderung geschaffen werde. § § 4 bis 8 beschäftigen sich damit, in welchen Fällen Wohnungsbestandteile zu gewerblichen Zwecken, Kanzleien, Amtsräumlichkeiten, Ordinationszimmern usw. verwendet werden dürfen, ferner damit, wie groß das Wohnungsausmaß in Anbetracht der Kopfzahl sein soll, wobei 2 Kinder für 1 große Person gerechnet werden. Ich glaube wohl auch da sagen zu müssen, daß auch diese Bestimmung praktisch ohne Bedeutung sein wird, da ja das neue Mieterschutzgesetz, mit dessen Bestimmungen wohl dieses Gesetz hier durch verschiedene Paragraphen in Widerspruch kommt, die großen Wohnungen über vier Zimmer soweit dem Gesetz entrückt, daß kaum anzunehmen ist, daß die Bestimmungen 4 bis 8 des neuzuschaffenden Gesetzes eine Änderung in den Verhältnissen herbeiführen werden. Der § 9 beschäftigt sich mit den Verfügungen der Gemeinde, ob in einem Ort Wohnungsnot ist oder nicht, wann hiezu die Zustimmung der politischen Landesverwaltung erfolgt. Solche und ähnliche Bestimmungen haben wir in früheren Gesetzen schon besessen, allerdings sind sie beseitigt worden und es ist natürlich sehr fraglich, ob die offizielle Bestimmung, daß in einem Ort Wohnungsnot herrscht, an den tatsächlichen Verhältnissen etwas ändern wird. Wir haben die Streichung des letzten Absatzes des § 9 beantragt unter Hinweis auf unsere Abänderungsanträge zum §§ 2 und 3 des hier vorliegenden Gesetzes. Wir verlangen, daß im Abschnitte 3 der § 13 gestrichen werde. Es heißt hier zwar sehr schön, daß es sich um die Fürsorge und um die Schaffung von Wohnungen für Eisenbahner, Staatsbedienstete usw. handelt, wir glauben ganz offen und ehrlich es hier aussprechen zu müssen, daß diese Bestimmung nichts weiter bedeutet, als die gesetzliche Vorschubleistung der Èechisierung von deutschen Gebieten. Wir sind überzeugt, daß die gegenwärtigen Maßnahmen und Machtmittel, die der Regierung zur Verfügung stehen, ohnedies weit genug sind und einer besonderen Erweiterung unter gar keinen Umständen bedürfen. Wir beantragen daher die Streichung dieses Paragraphen. Der Abschnitt 4 mit den §§ 14, 15, 16 beschäftigt sich mit dem eigentlichen Kern des Gesetzes selbst, mit der Beschlagnahme. Und auf den ersten Blick sieht es so aus, als sollten die Bestimmungen dieser Paragraphen die Beschlagnahmeverhältnisse früherer Zeiten wieder herbeiführen. Wenn man aber genauer hinsieht und zwischen den Zeilen zu lesen vermag, gewinnt man unwillkürlich den Eindruck, daß hier sehr schöne Anweisungen gegeben werden, wie die allfälligen Beschlagnahmebestimmungen umgangen werden können. Und wir können nicht daran glauben, zumindest nicht nach den Erfahrungen, die auf diesem Gebiete gemacht worden sind, daß es der Regierung selbst bei der Beschlußfassung dieser Bestimmungen mit einer tatsächlichen Durchführung auf diesem Gebiet ernst war, und will ich namens unserer Partei hier ganz ausdrücklich festhalten, daß wir schon früher und auch diesmal wieder und auch noch bei kommenden Anlässen ganz nachdrücklich darauf hinweisen werden, daß wir das Wohnungsbeschlagnahmegesetz vom 30. Oktober 1919 in seiner vollen Gänze wieder hergestellt wünschen und daß wir keinen uns sich bietenden Anlaß verabsäumen werden, darauf hinzuweisen, daß die Wiederherstellung des genannten Gesetzes im Interesse breiter Schichten der Bevölkerung eine unbedingte Notwendigkeit ist. Nur mit Hilfe dieses Gesetzes wird es möglich sein, wenigstens einigermaßen die bereits erfolgten Übergriffe einzudämmen, nur mit Hilfe dieses Gesetzes wird es möglich sein, wenigstens den allerprimitivsten Wohnungsanforderungen gerecht zu werden. Der § 16 will die derzeit bestehenden Wohnungsämter beseitigen, und eine andere Amtsform schaffen. Ich will darauf hinweisen, daß der § 16 damit sehr in Widerspruch zu den Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes auf diesem Gebiete steht, wo es ausdrücklich heißt, daß alle Streitfragen in Wohnungsangelegenheiten in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehören. Ich habe das Empfinden, daß es, wenn der Entwurf, so wie er hier liegt, beschlossen wird, es nur zweierlei geben kann. Entweder wird das Mieterschutzgesetz novelliert und diesem Gesetz hier angepaßt, oder, was sehr wahrscheinlich ist, dieses Gesetz, wenn es in die Tat umgesetzt werden soll, wird sich als unbrauchbar erweisen, man wird es Papier sein lassen oder novellieren müssen. Die Bestimmungen des Abschnittes 5 sind mehr oder minder allgemeiner Natur bezughabend auf die vorangegangenen gesetzlichen Bestimmungen und regeln jene Fragen, die damit im Zusammenhang stehen. Unter anderen wird dem Minister für soziale Fürsorge ein besonderes Verordnungsrecht eingeräumt und wird ein Ausmaß ziemlich hoher Strafen festgesetzt. Ich bin überzeugt, daß selbst bei der rigorosesten Anwendung des Gesetzes, insoweit es überhaupt angewendet werden kann, diese Strafbestimmungen niemals ihre Erfüllung finden werden, weil die davon Betroffenen schon dafür Sorge tragen werden, daß sie sich dem Gesetz in dieser Beziehung zu entziehen vermögen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Wohnungsfürsorgefrage ganz natürlich mit der Bautätigkeit zusammenhängt und nicht mit auf dem Papier stehenden Gesetzen gelöst werden kann. Auch in diesem Staate täte Not, was in anderen Staaten schon geschieht, daß der Staat als solcher wirklich materielle Hilfe leistet. Die Kreditgewährung, die Gutstandsleistung des Staates allein genügt nicht, es ist viel zu wenig, praktisch in vielen Fällen nicht anwendbar und wird durch die Bürokratie noch eingeengt. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß der Staat zum Bau ebensoviel Geld haben muß, wie zum Kriegführen, wie für die nationale Verteidigung. Und wenn am Militarismus nur ein Drittel gespart würde, könnten wir in einer Reihe von Jahren die Wohnungsfrage auch in unserem Staate gelöst haben. Solange man sich dazu nicht entschließt, wird die Regierung, auch wenn sie neue Gesetze schafft, dem Wohnungselend kaum Einhalt gebieten können und die Zustände werden bleiben wie sie sind. Wir als Fraktion werden für das Gesetz, mit Ausnahme des § 13, dessen Streichung wir beantragen, stimmen. Wir stimmen nicht deshalb dafür, weil wir das Gesetz guthalten, sondern einfach deshalb, weil alles, was im Interesse der Bauförderung und Wohnungsfürsorge geschieht, nicht gehindert werden soll, sondern unterstützt werden muß. Wir bitten Sie auch unsere Abänderungsanträge speziell zu den §§ 2 bis 9 anzunehmen. Wir glauben im übrigen, daß die Förderung der Bautätigkeit, die Beseitigung der Wohnungsnot nicht durch Gesetze, sondern nur durch eine ausgiebige materielle Hilfe des Staates möglich sein wird. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Dietla (viz str. 936 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir haben eine Vorlage vor uns, durch welche zur Zuckersteuer ein Zuschlag von 16 Kronen eingehoben werden soll. Im Jahre 1918 wurde mit der Verordnung, durch welche die Zuckerzentrale geschaffen wurde, zugleich auch der Zuckerzentrale aufgetragen, einen Zuschlag von 16 Kronen beim Zuckerpreis einzuheben und diesen Betrag der Staatskasse abzuführen. Der ständige Ausschuß hat im Jahre 1920, als die Verordnung über das Zuckersyndikat geschaffen wurde, ebenfalls diesen Zuschlag aufgenommen und derselbe währte bis 30. September 1921, also bis zu der Zeit, als die staatliche Bewirtschaftung des Zuckers aufgehoben wurde. Im Motivenbericht wird darauf hingewiesen, daß ein Abkommen mit dem Zuckersyndikat getroffen worden sei, durch welches die 16 Kronen weiter eingehoben werden sollen. Mir ist nicht in Erinnerung, daß die Nationalversammlung ihre Zustimmung zur Einhebung dieses Betrages gegeben hat und es ist, glaube ich, ein Exlexzustand eingetreten, so daß die Staatsverwaltung nicht das Recht hatte, diese 16 Kronen einzuheben; und nun ist man auf diesen Fehler gekommen und versucht, ihn gutzumachen, indem man so unter der Hand einen Gesetzentwurf einschmuggelt, um auf diese Art und Weise das Recht zur Einhebung dieser 16 Kronen wieder zu erhalten.

Die Zuckersteuer ist eine der unpopulärsten Steuern, die es überhaupt gibt. Ich möchte die Herren von der Majorität an ihre Vergangenheit erinnern, an die Zeit, als sie noch im alten österreichischen Parlament waren, ich möchte ihnen die Reden in Erinnerung rufen, die sie anläßlich der Erhöhung der Zuckersteuer gehalten haben; ich möchte den Herren von der Majorität in Erinnerung rufen den Sturm, der seinerzeit losging, als unter dem Ministerium Thun mit dem § 14 die Zuckersteuer auf 38 Kronen erhöht wurde. Ich erinnere Sie daran, daß damals insbesondere in Bö hmen in allen Städten die Deutschen und Èechen gemeinsam gegen diese Verordnung demonstriert haben, daß damals im ganzen Land eine ungeheure Bewegung gegen diese Steuer, gegen diese Belastung aufflammte; und heute, meine sehr Geehrten, heute kommen Sie selbst und bringen uns eine Vorlage, durch welche die Zuckersteuer um 16 Kronen erhöht werden soll. Ich erinnere Sie an den damaligen Kampf, es hat dabei Tote gegeben, in Graslitz ist bei den Demonstrationen damals geschossen worden. Und im Hause selbst, im österreichischen Reichsrat, hat es eine Sturmdebatte gegeben, durch welche der Minister Kaizl, der die Verordnung erlassen hat, in ganz ungeheuerlicher Weise kompromittiert worden ist. Nun, meine sehr Verehrten, kommen Sie heute und sagen in der Verordnung: "Wir wollen das ja nur vorübergehend, wir wollen ja nur den Zuschlag einheben bis zu Ende 1923." Sie sagen weiter: "Die Zuckersteuer ist ja gar nicht so hoch, wenn man berechnet, daß in der Friedenszeit der Zucker 77 Kronen gekostet hat und die Steuer davon 38 Kronen betragen hat, so waren das 50%. Heute beträgt sie 54 Kronen, das ist bedeutend weniger, das ist etwas über 6% und die Steuer ist nicht gar so drückend." Meine Herren, Sie vergessen ganz, daß zur Zuckersteuer auch ein Pauschalbetrag für die Umsatzsteuer von 24 Kè, plus 3 Kronen und nochmals 3, das ist zusammen 30 Kronen, eingehoben wird, die ebenfalls miteinbezogen werden müssen, so daß die Steuer schon etwas höher wird, als hier im Motivenbericht in so verschämter Weise angegeben wird.

Sie wollen weiter auch noch die Steuer für den Industriezucker erhöhen, und zwar von 6 Kronen auf 12 Kronen. Im Motivenbericht sagen Sie, daß der Ertrag dieser Steuer nicht viel über 100.000 Kronen betragen wird und sprechen dabei die Hoffnung aus, daß diese ganz geringe Belastung eine Verteuerung der Zuckerprodukte nicht herbeiführen wird. Meine Herren! Wenn der Betrag so gering ist, dann glaube ich, können Sie ganz ruhig darauf verzichten, denn das kann der Finanzverwaltung nicht viel nützen. Wenn Sie weiter darauf verweisen und der Hoffnung Ausdruck geben, daß die zuckerverarbeitende Industrie diese Steuererhöhung nicht zu einer Preissteigerung ihrer Industrieprodukte benützen wird, so geben Sie sich einer Täuschung hin. Diese Industrie wird diese Gelegenheit wieder ergreifen und wird wieder verteuern. Nun haben Sie seinerzeit, als die Beamtengehalte reguliert wurden, zugleich den Versuch unternommen, die Teuerung insbesondere der Lebensmittel abzubauen. Sie sind daran gegangen, die Mehlpreise zu regulieren, und die Brotpreise in ein Verhältnis dazu zu bringen. Damals war am Zucke rmarkt eine ungeheuere Deroute; die Weltmarktpreise waren bedeutend niedriger als die Preise bei uns im Detailhandel üblich waren. Damals wäre es auch Zeit gewesen, daß die Finanzverwaltung und die Regierung dafürSorge getragen hätten, daß diese Preisermäßigung auch den Konsumenten zugute komme. Aber nichts ist geschehen. Die Regierung hat ruhig zugesehen, wie die Konsumenten ausgewuchert worden sind und hat ruhig ihre Zustimmung dazu gegeben, daß die Preise weiter bezahlt werden. Einige von den Herren berufen sich darauf, daß dies ja die Notlage in der Zuckerindustrie bedingt. Sie wollen die Zuckerindustrie erhalten, sie nicht vernichten. Wenn Sie die Bilanzen der Zuckerindustrie ansehen, dann ergibt sich ein anderes Bild, dann haben Sie das Gegenteil von dem, was Sie sagen. Ich möchte hier die Bilanz von Schoeller u. Komp. zitieren die eine Dividende von 84 Kè auszahlt und in ihrem Bericht darauf hinweist, daß reichlich offene und stille Reserven vorhanden sind. Der Viehstand in der Ökonomie steht nur mit einem Anerkennungsbetrag in der Bilanz, ist also nahezu abgeschrieben. Es sind somit ganz ungeheure latente Reserven angesammelt. Von einer Notlage der Zuckerindustrie kann man also absolut nicht sprechen. Weiters nehmen wir die Bilanz der Nestomitzer A. G., die 5 Millionen Kronen Abschreibungen im Jahre 1921 durchgeführt und die Dividende von 48 auf 60 Kè erhöht hat. Es wurden 500.000 Kronen Reserven in die Verlustrechnung aufgenommen und außerdem birgt die Bilanz hohe Summmmen von latenten Reserven. Es ist also nicht richtig, daß sich die Zuckerindustrie in einem besonderen Notstand befindet, und es wäre höchste Zeit, wenn endlich daran gegangen würde, den Zuckerpreis abzubauen. Wenn ich höre, daß die Zuckersteuer um 16 Kè erhöht wird, dann, glaube ich, ist es schwer, an einen Abbau der Zuckerpreise zu denken, denn Sie geben das Signal dazu, daß auch die übrigen ihren Teil mit einheben und auf ihre Profitrate nicht verzichten sollen. Das Empörendste an allem aber ist, daß die Staatsverwaltung ruhig zusieht, wie die Konsumenten noch separat betrogen werden und zwar dadurch, daß sie die Emballage des Zuckers nebst der Steuer bezahlen müssen, während die Zuckerindustrie die Steuer nur für den reinen Zucker entrichtet. Hier sollte auch die Staatsverwaltung eingreifen und dafür sorgen, daß dieser Betrug ein Ende nimmt, und der Zuckerpreis nur vom Nettogewicht und nicht vom Bruttogewicht eingehoben werde.


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