Úterý 24. ledna 1922

Zum Schlusse noch einige Worte über die Staatspensionisten. Es wäre höchste Zeit, daß alle Pensionisten, Zivil und Militär, das erhalten, was ihnen versprochen wurde, als sie in den Staatsdienst traten: Die volle ihrem letzten Gehalte entsprechende Pension nach Vollendung ihrer Dien stzeit. Hat der aktive Beamte, Offizier durch die Verhältnisse eine Vergrößerung seiner Einkünfte erfahren, so muß dies in ganz gleicher Weise auch für den Pensionisten gelten. Der Altpensionist darf nicht schlechter behandelt werden, wie der, welcher jetzt in Pension geht. Dasselbe gilt für die Gebühren der Witwen und Waisen. Jene Pensionisten aber, welche hier wohnen und durch den Friedensschluß Pensionisten eines anderen Nachfolgestaates des alten Österreich-Ungarn geworden sind, sind ebenfalls in hiesige Staatsversorgung zu nehmen und ist nicht auf die langen zwischenstaatlichen Verhandlungen zu warten, die hiesige Staatsverwaltung hat vielmehr im Interesse der Menschlichkeit selbständig vorzugehen.

Konnte ich mich auch nur auf das allerwichtigste beschränken, so glaube ich doch dargetan zu haben, daß wir noch weit davon entfernt sind in einem Staate zu leben, dem wir Vertrauen entgegenbringen können, und schon aus diesem Grunde werden wir das Nachtragsbudget ablehnen. (Potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Leibla (viz str. 2409 protokolu):

Hohes Haus! Die meisten Redner, die zum vorliegenden Nachtragsbudget gesprochen haben, erklären, daß diese Vorlage leichtfertig gemacht ist. Es wird da der Eindruck geweckt, als ob den Beamten allein die Schuld beizumessen wäre. Diesen Ansichten kann man nicht ganz beipflichten, denn wenn kleine technische Fehler vorlägen, so wäre diesem Übel leicht abzuhelfen. Die Ursachen sind tiefer, sie liegen in dem System. Die Beamten sind in diesem Staate ein Werkzeug der herrschenden politischen Parteien. Die Mehrheit in diesem Hause ist kapitalistisch orientiert und der vorliegende Voranschlag ist der Wille dieser Parteien. Die Minderheiten haben kaum einen Einblick in das Getriebe dieses Staates. Es ist kein gutes Zeichen einer demokratischen Verwaltung, wenn das Parlament erst unmittelbar vor der Abstimmung erfährt, auf welche Art und Weise die Steuergelder verwendet werden und wie der Staat wirtschaftet. Es wird über Gesetze und Steuervorlagen verhandelt, aber dann kommt wieder die Regierung mit ihren Durchführungsverordnungen, wobei noch bestimmte Parteien ihren Einfluß geltend machen, und so kann das beste Gesetz zuschanïen gemacht werden, umsomehr, wenn ein ohnehin mangelhaftes Gesetz beschlossen wurde. Es ist allgemein bekannt, daß in dieser Richtung die Agrarier den größten Einfluß haben. Ein Beweis der Verantwortungslosigkeit der Regierung ist, daß ein Teil von Gesetzen durch Verordnungen ersetzt wird. Eine solche Verordnung ist der heute noch bestehende Ernährungsplan. Dieser Ernährungsplan hat den Arbeitern wenig genützt, den Agrariern nicht weh getan, den kleinen Landwirt jedoch furchtbar geschädigt. Die Kontingentaufteilung ist ein Hohn auf Recht und Sitte. Es wird buchstäblich verlangt, daß die kleinen Landwirte Getreide zu hohen Preisen kaufen und dann um billigen Preis liefern müssen. Der arme Kleinhäusler, der seinem Boden nicht soviel abringt, um seine Familie ernähren zu können, soll und muß das Stück Brot hergeben, das seiner Familie gehört. Er sieht, wie die Agrarier fuhrenweise Getreide aus dem Dorfe hinausführen, im freien Handel verkaufen, und der Kleinpächter muß zu ihm bitten gehen, daß er ihm das Getreide um 300-400 Kronen verkauft, das er dem Staate liefern muß. Es hat sich dieser Kleinpächter und Häusler eine furchtbare Erbitterung bemächtigt. Es wurde bei der Kontingentaufteilung weder auf die Bonität des Bodens noch auf die zu ernährenden Familienmitglieder Rücksicht genommen. Die Regierung glaubt noch, wer weiß was getan zu haben, wenn sie 3 ha Boden freigibt. Jeder Fachmann weiß, daß die Besitzer von 3 ha Boden nie Getreide liefern konnten, sondern noch zum Familienunterhalt zukaufen mußten. Die Kleinpächter, die das ganze Jahr nicht verkaufen können, werden mit Lieferungsaufträgen gemartert und gequält und mit hohen Strafen bedroht. Es ist eine Schmach für diejenigen, die diese Verordnung zustande gebracht haben; in der ganzen Welt findet sich für diesen Vorgang kein Beispiel. Wird diese Verordnung in ihrer rücksichtslosen Grausamkeit bis zur letzten Konsequenz durchgeführt, so werden tausende Kleinhäusler in die bitterste Not versetzt, ja viele so an den Bettelstab gebracht. Nun wollen wir untersuchen, wer die treibende Kraft dieser Verordnung war, besonders dieser Aufteilung. Ich war mit meinem Kollegen Schweichhart beim Ernährungsminister und verwies auf die Härte der Verordnung gegenüber den kleinen Landwirten. Da erklärte der Herr Minister: ja, das ist doch eine Vereinbarung der Landwirte selbst. Und es ist Tatsache, daß die deutschen und èechischen Agrarier mit der Regierung Verhandlungen gepflogen haben. Die kleinen Landwirte wurden gar nicht gefragt. Und richtig, unmittelbar darauf lasen wir in den Blättern des Bundes der Landwirte, besonders der "Deutschen Landpost", mit den größten Lettern aufgemacht: "Ein Sieg unserer Organisation." Also dieses Verbrechen an den Allerärmsten dieses Staates nennen die Herren Agrarier ihren Sieg. Wir kleinen Landwirte fordern, - und es ist das nur recht und billig -, daß die Besitzer bis zu 5 ha überhaupt von jeder Lieferung befreit werden, weil sie ihre Produkte für den eigenen Haushalt benötigen; sie müßten sonst Getreide zukaufen. Es soll auch die Art der Eintreibung und der Erpressung, die an den kleinen Landwirten erübt wird, nicht unerwähnt bleiben. Als Einkaufskommissäre sind gewöhnlich Agrarier oder deren Funktionäre bestellt. Diese nützen nun ihr Amt gleich als politische Agitatoren im Interesse der Agrarier aus. Sie erzählen, daß diese Lieferungen nur die Sozialdemokraten beschlossen haben. Die Sozialdemokraten seien auch die Schöpfer des Ernährungsplanes, der Zentralen, der Zwangswirtschaft. Wenn die Häusler nicht liefern können und 1000 Kronen per Meterzentner nichtgelieferten Getreides zahlen müssen, so mögen sie sich nur an die Sozialdemokraten wenden, wenn die Exekution an ihnen vollzogen wird. Solche Verleumdungen und Verdrehungen werden von den amtlich bestellten Einkäufern vorgebracht. Es muß von hier aus noch einmal konstatiert werden, daß die Zentralen und die Zwangswirtschaft zu einer Zeit geschaffen wurden, das war bei Ausbruch der Krieges, wo für die Sozialdemokraten der Kerker oder der Galgen bereit stand und sie als unverläßlich an die Front geschickt wurden, zu einer Zeit, wo von einem Einfluß der Sozialdemokraten auf die Schaffung der Zwangswirtschaft und der Zentralen keine Rede sein konnte. Was die Sozialdemokraten von der Regierung verlangen, ist einzig und allein, daß den Arbeitern ihr Stück Brot gesichert werde. Bemerken will ich noch, daß in der Zentralenwirtschaft eine große Anzahl von Agrariern angestellt war, welche, während der kleine Landwirt eingerückt war, deren Frauen das letzte Getreide und die letzte Kuh aus dem Stalle requirierten. Derselbe Vorgang wurde bei der Aufteilung der Getreidekontingente beobachtet und wird auch bei der Steuerbemessung praktiziert. Es ist tatsächlich ein Wahnsinn, daß man einen kleinen Landwirt und Kleinpächter, dessen Besitz nichts anderes ist als ein Werkzeug, mit dem er sein täglich Brot durch die tägliche Arbeitsleistung verdient, noch Umsatzsteuer zu zahlen zwingt, u. zw. in weit höherem Maße als es beim Großgrundbesitzer der Fall ist. Wir wollen nicht steuerfrei sein, wir wollen aber eine gerechterweise progressiv steigende Steuer. Bei uns ist eine umgekehrte Progression, was im nachstehenden bewiesen wird: Am 13. d. M. fand unter Vorsitz des Ministerialrates Pokorný im Ministerium für Landwirtschaft eine Enqu@ete statt, in welcher über die Aufstellung von Sätzen zur Berechnung der Umsatzsteuer verhandelt wurde. Dazu waren eingeladen èechische und deutsche Großbauern und Großgrundbesitzer. Von den hunderttausenden Häuslern und Kleinbauern wurde wiederum nicht ein einziger berufen. Wir werden aber gleich sehen, warum. Wenn die Herren Agrarier nur ein wenig Schamgefühl oder Gerechtigkeitssinn hätten, so könnte eine solche Beratung auf einer solchen Basis überhaupt nicht stattfinden. Ich will nicht den ganzen Tarif verlesen, der dort aufgestellt wurde, aber einige Beispiele will ich anführen, die die Berechnungsgrundlage charakterisieren. Ein Besitzer z. B. von 3 ha Boden mit einem Katastralreinertrag von 30 Kè mit 5 Personen zahlt 175 Kè 22 h Umsatzsteuer, das ist per 1 ha 58 K 40 h; ein Besitzer von 50 ha Grund und Boden, ebenfalls 30 Kè Katastralreinertrag, mit 10 Personen, zahlt 1661 Kè 50 h, das sind per 1 ha 33 Kè 22 h; ein Besitzer von 100 ha Boden, ebenfalls mit 30 Kè Ertrag und 18 Personen - das ist so das normale Verhältnis - zahlt 3200 Kè 10 h, das sind 32 Kè pro 1 ha. Der kleine Pächter und Kleinhäusler also zahlt per 1 ha 58 Kè 40 h, während der Großgrundbesitzer 32 Kè zahlt. (Hört! Hört!) Das wird in diesen Enqu@eten und dann in den Durchführungsverordnungen bestimmt. Aus diesem Grunde ladet man eben die kleinen Landwirte nicht zu diesen Beratungen.

Zum Schluß heißt es dann, daß von diesen Beträgen bis 10 ha ein Abzug von 5 % zulässig ist. Natürlich wird das keine Rolle mehr spielen. Wenn man den Tarif ansieht, glaubt man, wer weiß was für Vorteile den kleinen Landwirten gegeben sind. Dagegen soll aber noch auf Wunsch des Finanzministers der Multiplikator, wie er in diesem Tarif aufgenommen ist, noch um 30 % erhöht werden; das ändert auch nichts an dem Resultat, aber die Preise werden noch höher. So sieht die entösterreicherte Èechoslovakei puncto Steuergesetzgebung aus.

Die reaktionären Parteien haben sich des Staates bemächtigt und fast alle Gesetze, die gemacht werden, tragen diesen Stempel. Wir steuern der Reaktion entgegen. Daß die Agrarier an der Spitze der Reaktion marschieren, beweist eine Gesetzvorlage, die noch in diesem Jahre dem Hause vorgelegt werden soll. Der Schöpfer ist der gewesene Ackerbauminister Brdlík. Es ist das Gesetz über die Schaffung der Landwirtschaftskammer und landwirtschaftlichen Genossenschaften. Dieses Gesetz sieht nicht weniger als 6 Wählerkurien vor. (Hört! Hört!) Im alten Österreich hätte man es nicht gewagt, dem Hause ein solches Gesetz, nachdem das allgemeine Wahlrecht bereits eingeführt war, vorzulegen. Wir in der Èechoslovakei sind aber leider wieder so weit. Um Ihnen einen Begriff von der Rückständigkeit dieses Gesetzes zu geben, will ich Ihnen einen einzigen Paragraphen vorlegen, den § 18, worin es heißt: "Die Wahl der Delegierten und ihrer Stellvertreter erfolgt in sechs Interessentengruppen. Diese Gruppen sind: 1. Landwirtschaftliche Angestellte und Arbeiter. 2. Besitzer und Pächter von Boden bis 5 ha. 3. Besitzer und Pächter von Boden von 5-20 ha", das ist die sicherste Gruppe der Agrarier. "4. Besitzer und Pächter von Boden von 20-40 ha", das ist ebenfalls eine vollständig gesicherte Gruppe der Agrarier. "5. Besitzer und Pächter von Grund und Boden von 40 ha aufwärts" das ist ebenfalls wieder eine gesicherte Gruppe für die Agrarier. (Výkøiky na levici.) Es ist also schon von vornherein bestimmt, daß die Agrarier die Mehrheit in dieser wichtigen Körperschaft haben werden, die bestimmend bei allen Vertragsverhandlungen ist und bei Zoll- und Handelspolitik ihr Gutachten abzugeben hat. Es ist von vornherein bestimmt, daß die Agrarier, also eine kapitalistische Partei, in diesen Landwirtschaftskammern und Genossenschaften die Mehrheit haben werden. Bemerken will ich noch, daß das offizielle Gutachtetn des Deutschen Landeskulturrates zu dieser Vorlage noch reaktionärer ist als der Entwurf Brdlik. Im Gesetz heißt es nämlich, daß erst der Landwirt, wenn er über 1 ha Boden, also ca. 3 1/2 Strich, besitzt, wahlberechtigt ist. Die deutschen Agrarier wehren sich bereits dagegen, daß es dem Ackerbauminister frei steht, dieses Ausmaß herabzusetzen, daß also auch noch die kleinen Landwirte, welche weniger als 1 ha besitzen, das Wahlrecht bekommen können. Dagegen verwahrt sich der deutsche Landeskulturrat auf das Entschiedenste, und wenn es ihm möglich wäre, würde er dieses Ausmaß noch hinaufsetzen. Agrarier und Regierung überbieten sich an reaktionären Maßnahmen, ja man kann in einzelnen Fällen schon von Korruption sprechen. Ich erinnere nur an den Fall der Spiritusfabrik von Uhøinìves, die nicht vorhanden war, sowie an die 8000 Ochsen des Herrn Ackerbauministers Stanìk. Ich glaube kaum, daß so etwas in einem anderen Ministerium, als in jenem für Landwirtschaft, vorkommen kann. Eine unverantwortliche Tat ist auch die, daß die landwirtschaftlichen Krankenkassen an die Agrarier ausgeliefert werden. Die Agrarier sind bis heute die größten Geg ner einer jeden sozialen Einrichtung. Wir haben noch ein unwürdiges Diensbot engesetz aus dem Jahre 1866. Die agrarische Partei ist es allein, die ein solches reaktionäres Gesetz aufrecht erhalten kann. (Výkøiky soc.-dem. poslancù.) Es ist heute noch möglich, daß Dienstboten, die heute noch "Knecht" und "Magd" heißen, wenn sie ein jährliches Vertragsverhältnis eingehen, sobald sie sich beim Bauer verdingen, auch wenn sie 4wöchentlich kündigen, wieder mit Gendarmerie an den Dienstort zurückgeführt werden. Es ist nicht gar so lange her, daß dieser Fall geschehen ist. Die Arbeitszeit der landwirtschaftlichen Dienstboten bei den Großbauern beträgt heute noch 12 bis 16 Stunden bei schwerster Arbeit. Die Schlafstätten sind meist kalte, feuchte Kammern ohne Ofen, ohne Licht, oder wenn das nicht, dann ist es der Stall. Das sind aber auch die Ruhestätten und Räume in Krankheitsfällen. Und gerade wir kleinen Landwirte müssen am meisten dagegen protestieren, weil diese Dienstboten ausschließlich aus den Familien der kleinen Landwirte hervorgehen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)

Der Abgeordnete Kaiser - ich muß darauf zurückkommen - hat hier vor nicht langer Zeit über die landwirtschaftlichen Krankenkassen gesprochen, und Worte wie Simulanten, Schwindler und Faulenzer gebraucht. Das ist eine leichtfertige und ungerechte Beschuldigung, die mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden muß. Bis jetzt haben die landwirtschaftlichen Dienstboten ihre Pflichten voll und ganz erfüllt, und zwar gegen eine elende Bezahlung, die kaum für Bekleidung und Wäsche ausreicht. Wenn Kollege Kaiser von Ersparnissen bei den ihnen ausgelieferten Krankenkassen spricht, so können wir mit Sicherheit annehmen, daß es die dort Versichertenbüßen müssen. Denn die Herren Agrarier haben bis heute noch niemandem etwas geschenkt. Sie haben es verstanden, die Krankenversicherung bis in die letzte Zeit abzulehnen. Die Unfallversicherung wurde zu allerletzt in den agrarischen Betrieben eingeführt, und zwar sehr mangelhaft. Heute gehen noch Hunderte von Krüppeln herum, die keinen Heller Entschädigung bekommen haben. Und einer solchen Partei liefert man ein so wichtiges Institut aus, wie es die Krankenkassen sind! Es ist dies ein Rückschritt, eine Konzession an die Reaktion. Wir sehen also, wie groß und mächtig der Einfluß der Agrarier in diesem Staate ist. Ihr politischer und wirtschaftlicher Einfluß ist auf allen Linien gesichert. Brutal und rücksichtslos streben sie ihrem Ziel entgegen. Sie warten mit Sehnsucht und mit allem Ernste auf den Augenblick, wo sie uns das so schwer erkämpfte und teuer bezahlte allgemeine Wahlrecht entreißen können. Daß wir in den Gemeindevertretungen mitzureden haben, können die Herren Agrarier nicht verwinden. Daß sie die Gemeinden - die Agrarier meine ich - nicht mehr so ausplündern können, wie früher, läßt sie nicht ruhen noch rasten. Ich verweise auf einen Ausspruch des Agrariers Zierhut, der erklärte: "Es wird in diesem Staate nicht eher Ruhe eintreten, bis die alten Rechte wieder hergestellt sind." Das beweist, daß die Agrarier zum Äußersten entschlossen sind. Wehe dem Kleinpächter und Häusler, der von ihnen abhängig ist. (Sehr richtig!) Für diese gibt es keine Schonung, für diese gibt es aber auch keine demokratischen Rechte. Durch Versprechungen, durch Terror muß er sich ihrem Willen fügen, oder er wird wirtschaftlich zu Grunde gerichtet. Die Agrarier sind die größten Gegner jeder Demokratie, sie sind die Sturmtruppen der Reaktion. Und diese Partei hat uneingeschränkten Einfluß bei der Regierung und hat auch auf alle Verfügungen bestimmend eingewirkt. Nicht die Beamten und die Bürokratie ist es, die für die Mängel und Fehler in diesem Staate allein verantwortlich gemacht werden können, sondern vor allem die kapitalistischen Parteien. Wir wissen, daß wir einem Staate, wenn er etwas leisten soll, Steuern zu bewilligen haben. Auch ein ordentlich verwalteter kapitalistischer Staat könnte hiefür unter Umständen unsere Zustimmung bekommen. Aber zu diesem System haben wir kein Vertrauen und werden auch gegen diese Vorlage stimmen. (Souhlas na levici.)

5. Øeè posl. Röttela (viz str. 2416 protokolu):

Hohes Haus! Uns allen, die wir es mit dem Wohl des von uns vertretenen Volkes ehrlich meinen, liegen noch die Tausende unverdauter Millionen, die wir in dem Budget für das Jahr 1922 vor den Weihnachtsferien vorgesetzt bekommen haben, im Magen. Wie nach einem schweren Gewitter noch schwarze Wolken emporsteigen, so steigt am politischen Horizont die finstere Wolke des Nachtragsbudgets für das Jahr 1922 empor. In einem Nachtragsbudget - diese Erfahrung haben wir ja schon gemacht - sind gewöhnlich solche Zahlen enthalten, die man nicht gerne in die Öffentlichkeit bringen möchte, und es muß ein schon etwas pfiffiger Politiker sein, um zwischen den Zeilen lesen zu können und um diese Zahlen herauszukriegen. (Posl. inž. Jung: Dieses Kunststück wirst Du beim èechischen Budget nicht zustande bringen!) Ich werde schauen. Unter anderem kann es möglich sein, daß so ein kleiner Gernegroßstaat seinem Oberhaupt eine schöne Sommervilla ankauft, ohne das Wohnungsamt in Anspruch zu nehmen, oder vielleicht ein schönes Gut dazu, ohne das Bodenamt zu beanspruchen. Oder man verwandelt den Hradschin in ein Marmorpalais, oder man errichtet eine staatliche Spiritusbrennerei, ohne überhaupt einen Ziegel zu verwenden. Es kann auch vorkommen, daß ein Doktor Baxa gerne eine Repräsentationsreise nach Paris unternehmen möchte und da eine staatliche Subvention beansprucht. Insbesondere aber ist es charakteristisch, daß man mit den Mobilisierungskosten nicht herausrücken will, welche - ich weiß nicht - 275 Millionen Kronen ausmachen sollten, aber bereits im gestrigen Abendblatt der "Lidové Noviny", einem èechisch - radikalen Blatte, auf sehr viel über eine Milliarde veranschlagt werden. Es wird nun vom gewöhnlichen Laien, der in die Verhältnisse hier nicht eingeweiht ist, an mich mit der Frage herangetreten: "Habt Ihr denn keineErsparungskommission? Was ist denn mit der Ersparungskommission?" Jawohl, wir haben eine Ersparungskommission, ich glaube, sie ist auch bereits in Aktion getreten, hat auch schon einige Sitzungen abgehalten, aber diese Ersparungskommission - ich weiß nicht, ist es aus eigener Initiative oder ist von anderer Seite die Anregung hiezu gekommen hat das Brett, wie man landläufig sagt, ich bin ja Gebirgsbauer - "das Brett am dünnen Ort gebohrt." Man hat zuerst die Staatsbeamten und Lehrer geschröpft, man hat von ihrem spärlichen Gehalt einen großen Teil weggenommen. Als Vertreter des deutschen Landvolkes muß ich mich, insbesondere was die Lehrer anbelangt, entschieden dagegen verwahren, daß denen von ihrem Einkommen, das sie sich erst nach großem Ringen erkämpften, etwas abgeknöpft wird, und ich muß verlangen, daß das Unrecht, das an ihnen getan wurde, wieder in nächster Zeit gutgemacht werde. Ich habe Gelegenheit gehabt, vor mir eine Kollegin sprechen zu hören, welche als Lehrerin - die Schule beschimpft hat, und ich kann hier offen sagen, als ehrlicher Mensch, wenn ich in dieser Art als Lehrer hier auftreten sollte, ob es sich jetzt um eine deutsche oder eine èechische Schule handelt, so würde ich mich schämen, solche Worte hier zu gebrauchen. Meine Vorrednerin hat das Schulwesen in Großbrünn besprochen. Ich habe die Daten nicht zur Hand, um darauf reagieren zu können, aber ich möchte dieser Kollegin raten, einmal zu uns nach Nordmähren zu kommen und die Verhältnisse in dem so ziemlich rein deutschen Gebiet zu beobachten und zu studieren, dann möchte sie eine andere Meinung haben. Es liegt mir hier ein Bezirk aus meinem Wahlkreis, aus dem ganz kleinen Bezirk Schildberg, vor, wo neun deutsche Gemeinden sind. In diesen neun deutschen Gemeinden existieren fünf èechische Minderheitsschulen, welche eine Kinderanzahl von fünf bis zwölf Schülern, zusammen zweiundvierzig Kinder haben. Hier ist der Hebel zum Sparen anzusetzen. Wir haben ausgerechnet, daß diese Schulen mit Erhaltung jährlich 150.000 Kronen kosten. In der Stadt Schönberg in meinem Wahlbezirk wird jetzt eine èechische Fortbildungsschule für die Lehrlinge errichtet, wo doch in der ganzen Stadt und Umgebung nur fünf èechische Lehrlinge sind, welche bis jetzt mit Erfolg die deutsche Fortbildungsschule besucht haben und aus ihr gar nicht heraus wollen, weil sie wissen, daß sie dort viel besser unterrichtet werden als in dieser neuen èechischen Schule. Mein Schwager, der Oberlehrer ist, hatte Gelegenheit gehabt, mit einem èechischen Lehrer zu sprechen, und der hat sich bei ihm beklagt, daß es nicht möglich ist, die Kinder, welche deutsch erzogen und nur der deutschen Sprache mächtig sind, und eigentlich in die èechische Schule hineingedrängt wurden, diese deutschen Kinder zu unterrichten. So sieht das aus. Über das Schulwesen im Gebirge zu sprechen, würde mindestens 1 1/2 Stunden Zeit erfordern, dann würde ich alles widerlegen können, was meine Vorrednerin hier vorgebracht hat.

Meine Herren! Die Steuern, die das Volk bezahlt, sind dazu da, um dem Volke wirtschaftlich, kulturell und national zu dienen. Was das erstere anbelangt, so bekommen wir Deutschen höchstens einen Brocken zugeworfen, um uns damit anscheinend wieder die Mäuler zu stopfen. Was das letztere anbelangt, von dem ist überhaupt nicht zu reden, überhaupt wird auf jede Art und Weise gegen uns gearbeitet. Der Regierung und den Behörden ist jedes Mittel gut genug, um uns Deutschen in nationaler Beziehung entgegen zu arbeiten und ich könnte Ihnen diesbezüglich ich werde mir auch erlauben, hier die krassesten Fälle vorzuführen - ich könnte Fälle der niederträchtigsten Art hier anführen, was sich in nationaler Hinsicht zugetragen hat. Als Landwirt steht mir insbesondere das Bodenamt nahe. Ich kann nicht umhin, hier die Distriktstelle des Bodenamtes in Olmütz näher zu beleuchten. Das Boden amt in Prag hat sich, angeblich wegen Überlastung, veranlaßt gefühlt, eine Landesstelle in Brünn und eine Distriktstelle in Olmütz zu errichten. Da vor Weihnachten habe ich Gelegenheit gehabt, in dieser Distriktstelle vorzusprechen. Ich habe mich beim Portier anmelden lassen, ich komme in das erste Zimmer mit zwei Beamten hinein. "Já neumím nìmecky", ich komme in das zweite Zimmer "Já neumím nìmecky", und erst im dritten Zimmer habe ich einen Beamten angetroffen, der nur zum Teile der deutsche Sprache mächtig war und wollte ich das, was ich zu erfahren hatte, erfahren, so mußte ich meine Kenntnisse der èechischen Sprache dazu gebrauchen, um nicht unverrichteter Dinge aus diesem Hause wegzugehen. Charakteristisch ist aber, daß diese Distriktstelle für ganz Nordmähren und ganz Schlesien errichtet wurde, wo gewiß 40 bis 45 % Deutsche sind. So schaut es aus. (Výkøiky posl. Dyka.)

Místopøedseda inž. Botto (zvoní): Prosím o k¾ud!

Posl. Röttel (pokraèuje): Ich habe Gelegenheit gehabt, vor zwei Monaten im Einund Ausfuhramt zu intervenieren und kann Ihnen sagen, daß die Korruption (obrácen k posl. Dykovi), welche in diesen Ämtern geherrscht hat und noch jetzt herrscht und die schon aus Ihren eigenen Kreisen kritisiert worden ist, ohne daß Sie die Macht und die Gelegenheit benutzt haben, diese Korruption abzuschaffen, derart ist, wie sie noch nicht dagewesen ist. Ich habe Gelegenheit genommen, schon vor Weihnachten, von dieser Stelle aus bei der Budgetrede auf die Zentralenwirtschaft hinzuweisen. Ich habe Ihnen gesagt, daß alle diejenigen, welche dort mitgearbeitet haben, Butter auf dem Kopfe haben, und ich habe Vorwürfe gemacht von solcher Art - wenn ich es gewesen wäre, hätte ich diese Leute sofort gefordert. Aber bis heute ist mir noch nicht ein Strich unter die Augen gekommen. Kein einziger hat sich gerührt, weil er nicht kann und nicht darf. (Výkøiky posl. Dyka.) Ein Beispiel aus meiner unmittelbaren Nähe: Ein armer polnischer Jude hat sich während der Kriegszeit Millionen zusammengescharrt, ist in unsere Gegend gekommen, hat dort für Millionen Holz angekauft, und hat nachweisbar - diesen Beweis habe ich vom èechischen Vorstand, der zu den Výborleuten zählte, meine Herren, damit Sie nicht glauben, ich werde vielleicht hier Lügen vorbringen, denn ich habe mir vorgenommen, was ich sage, auf jede Art und Weise beweisen zu können - dieser polnische Jude hat durch ein halbes Jahr unter falscher Deklaration Holz nach Deutschland und nach Dänemark geschickt; der betreffende Vorstand hat sich nun mit ihm entzweit und hat Gelegenheit genommen, die Sache bei der Direktion und sogar beim Ministerium anzuzeigen. Zwei maßgebende Politiker Ihrer Partei (obrácen na pravo) sind davon verständigt worden, und bis heute ist noch keine Untersuchung da. Daraus muß ich schließen, daß die Fäden von derStation Morau bis ins Ministerium hinaufgezogen sind. Schauen Sie, das ist die Ursache, daß die ehrlichen deutschen Beamten auf die Straße gesetzt wurden; und unehrliche Elemente haben Sie hineingenommen. Soweit ist es gekommen. Heute ist es so weit, daß Sie die Geister, die Sie gerufen haben, als Sie Ihren Staat gründen wollten, jetzt unterbringen müssen und sie jetzt nicht anders los werden können. Ich habe leider Gelegenheit gehabt, schon viele solcher Vorfälle hier ans Tageslicht zu bringen und Ihnen in meinem Referate vorzuwerfen. Ich habe geglaubt, daß vielleicht von Ihrer Seite irgend jemand kommen wird, um mir das zu widerlegen, ich habe geglaubt, daß auf irgend eine Art und Weise eine Besserung eintreten wird - ich sage das nicht aus nationalen Absichten - nein, aus wirtschaftlicher Initiative bringe ich dies vor. Sie haben, wie ich vorhin erwähnt habe, nicht mehr die Macht, um dieser Geister Herr zu werden.

Ich muß hier insbesonders als Gebirgslandwirt und als Vertreter des kleinen Landvolkes noch auf etwas hinweisen, das von dieser Stelle aus schon so oft und so dringlich besprochen wurde: die KrK iegsanleihefrage. Wie Sie wissen, haben wir, seit wir hier in diesem Parlamente unser Volk vertreten, den Kampf um die volle Einlösung der Kriegsanleihe geführt. Es ist bis heute Ihrer Partei, der Partei des Herrn Dyk und seinen Hetzblättern, gelungen, das zu hintertreiben. Ich weiß nicht, ob ein Beamter des Finanzministeriums hier ist, am besten wäre es, wenn der Herr Finanzminister selbst hier wäre, weil ich einige eindringliche Frage an ihn zu richten habe. Wir haben den Weg der Interpellationen schon mehrmals beschritten, aber man weiß ja, was das Los der Interpellationen ist. Wenn es gut geht, bekommt man in 2 Monaten eine Antwort, und wenn es nicht gut geht, wandern sie einfach in den Papierkorb. Wenn der Herr Finanzminister da wäre, so möchte ich ihn fragen, mit welchem Rechte die Behörden zum Beispiel bei der Vermögensabgabe die Kriegsanleihe abschätzen, uzw. zu 40 % in das Vermögen einrechnen dürfen. Ich möchte ferner fragen, wieso beim Ableben eines Kriegsanleihebesitzers, wie es in unserem Bezirke vorgekommen ist, die Kriegsanleihe von den Steuerämtern zu 40 % abgeschätzt werden kann und von diesen 40 % die Steuer bezahlt werden muß. Ein armer Hufschmied aus meiner unmittelbaren Nähe, er war, Gottlob, kinderlos, hatte sich ein kleines Vermögen erworben, und dieses in Kriegsanleihe angelegt. Er ist gestorben, seine Frau wurde vorgeladen und es wird ihr, wie ich schon vorhin erwähnt habe, die Kriegsanleihe zu 40 % eingeschätzt. Sie hat dagegen natürlich rekurriert, sie wollte die Erbsteuer nicht bezahlen, aber das Steueramt hat ihr gedroht, durch Exekution diese Steuer einzuheben. Ein Fall aus dem Militärleben: Frühere österreichische Offiziere, natürlich Deutsche, welche aus der Armee ausgetreten sind, müssen nach dem Gesetze eine Abfertigung bekommen. Die Abfertigung beträgt nach der Dienstzeit und dem Alter 2000 bis 3000 Kronen. Es ist schaudererregend - jetzt möchte ich wieder den Minister für nationale Verteidigung hier haben, daß diesen Leuten je nach der Größe ihrer Abfertigung 900-1800 Kronen von dieser Abfertigung auf die Kriegsanleihe abgerechnet wird. Einerseits will der Staat die Kriegsanleihe nicht anerkennen, andererseits nimmt er für die Kriegsanleihe den abgetackelten deutschen Offizieren 900-1800 Kronen weg. Wir werden uns das auf keinen Fall gefallen lassen können und die Beschwerden, die wir hier von deutscher Seite vorbringen, sind gerechtfertigt. Wir werden die Proteste, die wir hier vorbringen, auf jede Art und Weise verteidigen, wir werden das deutsche Volk in Schutz nehmen, so wie wir es unseren Wählern versprochen haben. Aber das Reden hier vor leeren Stühlen hat keinen Sinn, erstens vor leeren Bänken, und zweitens vor Kollegen, die überhaupt nicht da sind. Aber was wir sagen wollen, müssen wir offen heraussagen, wir müssen es öffentlich draußen sagen, bei den Versammlungen, daß es das Volk hört, und weiß, welche Schreckenswirtschaft hier geführt wird. Und nicht bloß das deutsche Volk, auch das èechische Volk soll es hören, um Ihre Schreckenswirtschaft kennen zu lernen, damit es weiß, daß das, was hier ihm vorgegaukelt wird, nur Lug und Trug ist. Früher oder später wird und muß dieses Volk, das deutsche wie das èechische, zur Erkenntnis kommen, daß es betrogen wurde. Aber dann wehe denen, die schuld daran sind, daß es betrogen wurde. Es wird sich tatsächlich rächen. Ihnen aber kann ich sagen, die das ganze Unheil verschuldet haben, das Sie heraufbeschworen haben und noch heraufbeschwören werden: Des Schicksals Mühlen mahlen langsam, aber sicher! (Potlesk na levici.)

6. Øeè posl. Scharnagla (viz str. 2422 protokolu):

Hohes Haus! Bei dem eben in Verhandlung stehenden Nachtragsbudget ist uns, wenn auch in beschränkter Zeit, Gelegenheit gegeben, unseres Volkes Wünsche und Forderungen zu besprechen. Wenn man in der Jetztzeit mit dem Volke im ständigen Kontakte ist, wenn man von Ort zu Ort zieht, um Versammlungen, Konferenzen und Besprechungen abzuhalten, wenn man die reichlich einlaufende Post erledigt, so muß man, wenn man ein bißchen nachdenkt, über das Gehörte und Gelesene ausrufen: Volk in Not! All diese Klagen, Wünsche, Anschauungen, Bitten und Beschwerden näher zu besprechen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, doch notwendig. Das Ganze gipfelt in der nationalen Bedrängnis, in der wir heute als Deutsche uns in diesem Staate befinden.

Von Tag zu Tag mehren sich die Verunglimpfungen der Deutschen durch die Regierungen dieses Staates. Einer der größten Verbrechen, es wird begangen an den deutschen Staatsbeamten und Lehrern und an den deutschen Ruheständlern, die in einer aufreibenden Tätigkeit in Kanzleien und außerhalb derselben ihre ganze Manneskraft durch 40 und mehr Jahre für das Wohl des Staates eingesetzt haben: sie läßt man darben, ja hungern. Wir alle, auch Sie von der Rechten dieses Hauses, wissen, wie gerechtfertigt diese Klagen sind. Haben denn diese Leute nicht genug während des Krieges gelitten? Im Staatsbudget sind allerdings gegen 11 Milliarden für Staatsangestellte veranschlagt. Diese hätte man durch die unnötige und unzeitige Gehaltsverkürzung nicht so schmerzlich treffen sollen. Denn die 140 Millionen angeblich erzielter Ersparnis wiegen das dadurch enstandene moralische Defizit in der Stimmung der Staatsbeamten und Lehrer nicht auf. Am schwersten trifft aber diese Kürzung die Reihen der akademisch gebildeten Staatsbeamten in den verschiedenen Ressorts, denn für diese besteht ohnehin eine gewaltige bedauerliche und verstimmende Verkürzung in dem jetzigen staatlichen Besoldungs- und Vorrückungssystem überhaupt. Ich bitte im vorhinein feststellen zu dürfen, daß weder ich noch wohl irgend jemand in diesem Hause die nicht akademisch Gebildeten im Staatsdienste um die neueren Vorrückungen und Gehalte beneidet oder beschnitten wissen will. Auch wollen dies gewiß nicht die Akademiker selbst. Aber hinweisen muß man denn doch in deren und im öffentlichen Interesse, daß, von genialen Autodidakten als Ausnahmen abgesehen, gewisse Stellungen bei Gericht und bei Eisenbahnen etc. ihrer spezifischen Erfordernisse wegen nur qualifizierten Absolventen mittlerer und hoher Schulen verliehen werden können. Der Jurist, Ingenieur, der Verwaltungs- und Finanzbeamte kann anderweitig nicht ersetzt werden. Wer soll sich aber als Akademiker in solche Staatsstellungen drängen, wenn ihm seine Studienjahre, die Opfer an Zeit und Geld, die er und seine Eltern es sich kosten ließen, nicht entsprechend an- und eingerechnet werden? Aus diesem Anlasse hat bereits Kollege Dr. Luschka einen Resolutionsantrag eingebracht, dahingehend: Die Regierung wird aufgefordert, dem Abgeordnetenhause zu Beginn der Frühjahrsession einen Gesetzentwurf, betreffend die endgültige Regelung (Stabilisierung) der Dienstbezüge der Staatsangestellten und Lehrer des Aktiv- sowie des Ruhestandes unter Wahrung der Parität der Lehrerund Beamtenbezüge vorzulegen.

Nun zur Gewerbefrage! Wie trist sind nicht da heute die Verhältnisse! Ein Steuerdruck, der den ganzen Stand darniederhält, der ihn kaum athmen läßt, das Schwanken der Valuta, das damit zusammenhängende Steigen und Fallen der Preise, verleidet auch diesem Stande die Arbeits- und Schaffensfreude. Was hat man bis heute von Seiten der Regierung für diesen Stand getan? Wucherämter und Kommissionen hat man geschaffen zur Belästigung, die aber dann nicht revidieren, wenn der Gewerbetreibende seine Tausender zusetzen muß.

Nun zum Kapitel Landwirtschaft. Was ist nicht bis auf den heutigen Tag an diesem Stand verbrochen worden! Zentralen sind nur so aus dem Boden gestampft worden, nicht zum Nutzen des wirklich intensiv arbeitenden Standes, aber auch nicht für die Konsumenten, sondern einzig und allein für die Zentralen selbst, die in der Regel mit einem sehr großen Abgang liquidiert haben. Gerade zur rechten Zeit ist mir ein Zeitungsausscschnitt in die Hände gekommen, heren Nation, die "Èeskoslovenská Republika", über einen 12 Milliarden-Verlust bei der Getreide- und Fettzentrale berichtet. Von ungeheueren, kaum glaublichen Verlusten weiß die "Èeskoslovenská Republika" da zu berichten.

Bei zwei in Liquidation tretenden Zentralen habe das Oberste Kontrollamt einen Verlust von 12 Milliarden entdeckt, der, wie das Blatt ausführt, durch eine ausgesprochene Lotter- und Räuberwirtschaft entstanden ist. Die Behörde habe festgestellt, daß eine rechnungsmäßige Kontrolle der Getreide- und Fettzentrale angesichts der Mißwirtschaft in den Büchern und Abrechnungen überhaupt unmöglich sei. Zahlreiche Bestellungen und Lieferungen gehen auf fingierte Namen. Die Republik sei um Milliarden gebracht worden, die spurlos verschwunden sind, weil sie gestohlen wurden. Den Steuerträgern sind 12.000 bis 15.000 Millionen aus der Tasche gestohlen worden. Die Staatsanwaltschaft sei daran, die verbrecherischen Manipulationen der leitenden Funktionäre zu untersuchen.

Unter allen möglichen Namen hat man Steuern erfunden, um auch dem Landwirtestand den Lebensnerv abzu schneiden, um ihm die Liebe und Lust zur angestammten Scholle zu verleiden. Ein Großteil des altansässigen Bauernstandes mußte schon vor dem Kriege, verdrängt durch eine antiagrarische Gesetzgebung, von Haus und Hof gehen und sich anderen Berufen zuwenden, um sein Leben zu fristen, um sich in den Industriestädten zu Bauernfeinden heranzubilden.

Gerade jetzt sind die Zeiten und Gefahren vielleicht am größten. Bis heute haben Sie die Vorkriegstitres nicht eingelöst, Sich verlangen bei Übergaben eine Wertzuwachsabgabe, die oft ein Viertel des Vermögens ausmacht, Sie drohen mit einer Vermögensabgabe, die an eine Wiederbelebung der Landwirtschaft nicht denken läßt. Sie schützen einzelne Unternehmungen durch Zölle, aber die Landwirtschaft geben Sie preis. Jetzt, wo die landwirtschaftlichen Genossenschaften viele Waggons Getreide zu höheren Preisen aufgekauft haben, jetzt lassen Sie einen Preissturz von mehr als 100 Kè pro Meterzentner eintreten, um auch diese Organisationen zu vernichten.

Ich frage deshalb: Wo bleiben die Millionen, die wir brauchen möchten zu Meliorationen und zu Investitionen? Aber ganz besonders wichtig ist eine größere Zuwendung von Subventionen für die soziale Fürsorge am flachen Lande. Es klingt wie ein Hohn, wenn man in den Statistiken liest, daß z. B. die Kindersterblichkeit am flachen Lande eine viel größere ist, als in den Städten. Stundenweit ist der Arzt weg, oft nicht zu erreichen. Außerdem spielt die Kostenfrage sehr stark mit; von einer geordneten Krankenpflege ist überhaupt am Lande nicht zu reden.

Wo bleibt weiter die Sozialversicherung? Gilt es Steuern und Abgaben zu holen, da spielt die Landwirtschaft eine große Rolle. Ist aber etwas vom Staat zu fordern, da rangiert die Landwirtschaft an letzter Stelle. Versprochen ist von den alten und neuen Regierungen viel worden, aber gehalten hat noch keine etwas.

Recht und Gerechtigkeit scheinen überhaupt in dieser Republik etwas weniger bekannte Begriffe zu sein und mehr durch Gewalt ersetzt zu werden. Die leitenden Faktoren würden deswegen gut daran tun, die Mahnung des eben in das Land des Friedens eingegangenen Oberhauptes der Christenheit zu beherzigen, das er in kriegsbewegter Zeit den Völkern zurief: Der allererste uns wichtigste Punkt muß sein, daß an die Stelle der materiellen Gewalt die sittliche Macht des Rechtes trete. (Potlesk na levici.)

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