Úterý 17. ledna 1922

4. Øeè posl. Kostky (viz str. 2160 protokolu):

Hohes Haus! Wir sollten uns um derlei Angelegenheiten, wie es Handelsverträge sind, etwas mehr kümmern. Denn ich glaube, es wird in dem nächsten Jahre für unsere Produktion und für unseren Handel von der allergrößten Bedeutung sein, wenn Sie Ihre Waren auf den internationalen Märkten anbringen werden. Es ist heute schon die allgemeine Überzeugung, daß wir im Handel und Industrie einer schweren Zeit entgegengehen, und daß selbstverständlich bei einer allgemeinen Preissenkung so ungeheuere Verluste für den einzelnen in Frage kommen, daß auf der anderen Seite nur die intensivste Konkurrenzfähigkeit im Auslande und auch die intensivste Arbeitslust uns vor einer schweren Krise werden bewahren können. Es scheint mir, daß den Angelegenheiten der Handelsverträge hier in diesem Hause nicht die entsprechende Aufmerksamkeit schon in formeller Beziehung entgegengebracht wird. Sonst wäre es kaum möglich, daß ein Antrag, der am 16. Juli von der Regierung vorgelegt wurde über ein Handelsübereinkommen, das am 23. März und zum Teil schon im Feber unterzeichnet worden ist, und in welchem die Regierung das hohe Haus ersucht hat, gemäß § 55 der Geschäftsordnung die dringende Behandlung der Angelegenheit durchzuführen und den Bericht innerhalb 5 Tagen zu erstatten, das Haus erst am 17. Jänner 1922 beschäftigt. Es ist ganz selbstverständlich, daß eine derartige Verzögerung so wichtiger Angelegenheiten dazu führt, daß der Inhalt dieser Verträge durch die Ereignisse vollständig überholt ist. Ich werde darauf im Verlaufe meiner Ausführungen zurückkommen müssen.

Italien war für unseren Export schon im alten Österreich von ziemlicher Bedeutung. Man darf nicht vergessen, daß jetzt auch noch das Gebiet von Südtirol, Görz und Triest, als neue italienische Gebiete, also als Ex- und Importgebiete hinzukommen, wodurch die Bedeutung dieser Verkehrsbeziehungen beiweitem erhöht wird. Zwischen Österreich und Italien war der Verkehr folgender: Einfuhr 182 Millionen Kronen, Ausfuhr 186 Millionen Kronen. Es schien, daß sich im Vorjahre die Verhältnisse günstig entwickelten; auch bei den Grazer Verhandlungen haben ja die Vertreter unserer Regierung das größte Entgegenkommen gefunden. Und wenn auch gegen die Kontingente, welche in diesem Vertrage enthalten sind, von Seiten der Interessenten Einwendungen erhoben worden sind - es ist z. B. dagegen Einwendung erhoben worden, daß das Kontingent von 100 Waggons Teigwaren im Vertrage für unsere Produktion bei weitem zu groß ist, weil wir ja diese im Lande selbst erzeugen - so wurde von der Regierung erwidert, daß ja ein großer Teil dieser Bestimmungen nicht zur Ausführung kam, weil die italienische Regierung z. B. bei Teigwaren die Ausfuhr nicht bewilligt hat. Es waren noch Posten darin, die zu Bedenken Anlaß geben, z. B. die Post im Vertrage über parfümierte Seife, 3000 Meterzentner. Ich glaube, wir sind bereits durch unsere sonstigen Handelsverträge genügend eingeseift worden. (Veselost na levici.) Also es ist hier ein bißchen zuviel des Guten getan. Das Halbjahr 1920 hat eine gute Entwicklung des Handelsverkehres mit Italien gebracht, wie ja auch der Ausschußbericht erwähnt. Die Einfuhr in die Èechoslovakei belief sich nach den italienischen Berichten auf 96 Millionen Lire, unsere Ausfuhr nach Italien auf 44 Millionen Lire, also immerhin eine ganz nennenswerte Post. Es zeigt sich, daß sowohl Textilien als auch Häute, Automobile, elektrische Maschinen, Wein eingeführt werden konnten, während wir Holz, Glas, Emailwaren verschiedener Art, Eisen-, Stahlprodukte, keramische Artikel u. s. w. ausführten. Die Kontingente für gewisse Gruppen, z. B. für Glas, wie sie in diesem Vertrage enthalten sind, sind verhältnismäßig zu klein geraten, denn nach unserem alten Verkehr, der ja in Glas mit Italien immer bedeutend war, sind Positionen, wie 15.000 q vergoldetes und versilbertes Glas, das Italien von uns hauptsächlich immer in Anspruch genommen hat, zu klein, ebenso 20.000 q, also 200 Waggons gravierten Glases. Nun es sind Schönheitsfehler, die sich bei derartigen Kontingentverträgen, die bestimmte Einfuhrsummen auf beiden Seiten enthalten, von selbst ergeben. Aber was ist nun geschehen? Merkwürdigerweise hat der eine Vertragsteilnehmer beinahe hätte ich gesagt Vertragsgegner - seine Positionen durch einen neuen Tarif am 1. Juli 1921 total verschoben. Ich kann es an dieser Stelle nicht als übermäßig loyales Vorgehen seitens des Vertragsteilnehmers bezeichnen, denn dieser neue Tarif ist mit einer derartig überraschenden Schnelligkeit in Italien eingeführt worden, daß selbst alle Importeure und Exporteure in Triest davon überrascht waren und durch Protestschriften auch z. B. von unserem Konsulat an die verschiedenen Stellen, auch an die Regierung, darauf aufmerksam machten, daß nun die Waren in Triest herumliegen, daß man sie einfach nicht nach Italien hineinbringen kann. Es ist auch ganz interessant zu erfahren, daß dieser neue Tarif vom 1. Juli 1921 z. B. die Positionsgliederung von 470 auf 953 Positionen erhöht. Das zeigt ja, daß es sich vornehmlich um Aufstellung neuer Schutzzölle handelte und daß man zum Teile auch dieProhibition durchführen will. Der Grundzoll in dem neuen italienischen Tarif ist nur für Vertragsstaaten, die wir nicht sind, weil wir ja selbst einen autonomen Tarif nicht haben und nur provisorische Verträge abschließen können. Die Èechoslovakei hat also bei der Einfuhr ihrer Waren in Italien vom 1. Juli angefangen, also 3 Monate nachdem in Graz die Vertragsunterhändler friedlich beisammengesessen und beim Bankett dort sich gegenseitig auch ein großes Entgegenkommen für die Zukunft zugesichert haben, plötzlich mit den erhöhten Zöllen zu rechnen, und dieser Vertrag ist von Italien eigentlich unter den Tisch fallen gelassen worden. Der Erhöhungskoeffizient für unsere Waren ist nicht unbedeutend. Denn wenn Sie z. B. eine Glasposition nehmen, für die vor dem 1. Juli 18 Lire für 100 kg bezahlt wurden mit dem Valutenzuschlag von 300 bis 400 %, so sind nach dem 1. Juli für dieselbe Glasware 30 Lire Zoll zu bezahlen plus Koeffizient 1, das sind 60 Lire, und dem Goldzuschlag, was in Summa für 100 kg 240 bis 300 Lire Zoll macht. Von diesem Augenblicke muß der Exporteur seine Ware zurückziehen, kann der italienische Kaufmann diese Ware nicht mehr beziehen, es ist ihm einfach unmöglich geworden. Ein anderes Beispiel: Wir haben Waren z. B. der Keramik ausgeführt und es hat sich herausgestellt, daß per 100 kg einer verhältnismäßig billigen Ware der Zollsatz sich auf 348 Lire stellt, also für 100 kg nach dem damaligen Umrechnungsschlüssel ungefähr 1000 Kronen Zoll. Sie können einsehen, daß man da einen Kachelofen, wenn für 100 kg 1000 K bloß als Zoll bezahlt werden sollen, nicht mehr beziehen kann, ebensowenig andere Artikel, z. B. Wandbelegplatten, die bisher ausgeführt wurden. Ebenso beträgt bei Papier die Erhöhung 30-50 % vom Wert, bei Tafelglas per m2 beträgt die Verzollung 15 Lire; also ein Quadratmeter einfachen Fensterglases soll in Italien, das sein Glas bisher von uns bezogen hat, mit 15 Lire, in diesem Falle also mit 45 Kronen verzollt werden. Das geschieht natürlich nicht und Italien hat sich damals an Deutschland gewandt und hat auf Grund irgend welcher Reparationsbestimmungen Deutschland veranlaßt, große Posten von Tafelglas zu liefern, und unsere Fabriken hatten das Nachsehen. Da kann natürlich unsere Unterhändler in keiner Weise eine Schuld treffen, sondern schuld ist in diesem Falle das Vorgehen, das sich heute aus dem vertragslosen Zustande der mitteleuropäischen Länder ergibt. Wir müssen konsequent - und das muß vor allem ein derart exportbestrebter Staat tun, wie es die Èechoslovakei ist auf die Umwandlung der kurzfristigen Handelsverträge in langfristige Verträge hinarbeiten, die ja gewiß immer noch versehen sein können mit irgend einem veränderlichen Valutazuschlag, der sinken und steigen kann, je nach dem Verhältnis der Valuta der beiden Länder. Aber der Vertrag muß für eine längere Dauer geschlossen sein, sonst sind wir bei allen unseren Verkehrsbeziehungen derartigen Zufälligkeiten auch in Zukunft ausgesetzt. Für unsere Industrie kommt auch noch die bedeutende Fracht in Frage. Die Spediteurkosten betragen nach Italien, da man die Verladung von Stückgütern im Vertrag mit Italien nicht vorgesehen hat, manchmal bis 100 % einer Faktura. Sie können sich vorstellen, daß da natürlich unsere Glasindustrie, die nicht immer gleich 5000 kg als Waggonladungen abfertigen kann, sondern sich an einen Spediteur wenden muß, einfach vor der Unmöglichkeit steht, ihre Waren unter diesen Bedingungen verkaufen zu können. Wir müssen auch in Zukunft, wenn wir einen Vertrag abschließen, auch darauf Rücksicht nehmen, daß wir die Kontingente, die ja darin wieder vorkommen werden, darnach bemessen, wie der Bedarf des Inlandes ist.

Wir haben eben ein Gesetz angenommen, das den Weinkonsum der Jugendlichen einschränkt. Nun möchte ich aber sagen: auch der Weinkonsum der Personen über 16 Jahre muß etwas besser berücksichtigt werden, als es bisher geschehen ist. Zu diesem Zwecke wird vielleicht ein neues Abkommen mit Italien gewiß dazu beitragen können, denn das Land wird sicher bereit sein, die fehlenden Quanten, die auch den Preis des Weines bei uns auf ein entsprechendes Niveau bringen können, uns zur Verfügung zu stellen. Ich möchte mir deshalb erlauben, indem ich grundsätzlich den Bestimmungen des Vertrages zustimme, einen Resolutionsantrag vorzubringen, der folgendermaßen lauten würde: "Um die größten Härten der neuen Zollzuschläge, welche in Italien seit dem 1. Juli 1921 in Gültigkeit sind und welche dortselbst drei Monate nach Fertigung des Vertrages in Kraft traten und welche prohibitiv auf den Export vieler Warengattungen wirken, zu beseitigen, wird die Regierung aufgefordert, so bald als möglich Vorkehrungen zu treffen zum Abschluß eines Ergänzungstarifvertrages mit Italien." Ich bitte um Annahme dieser Resolution und um eine erhöhte Teilnahme bei Behandlung von Handelsverträgen in diesem Hause. (Potlesk na levici.)

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