Úterý 29. listopadu 1921
Meine Damen und Herren! Der Herr
Berichterstatter hat ein großes Kunststück zuwege gebracht, allerdings
nicht auf seinem eigenen Leisten, sondern auf dem Leisten des
Verfassungsausschusses, dem auch ich anzugehören die Ehre habe.
Allerdings muß ich mich dagegen verwahren, daß ich etwa an dem
Kunststück mitgearbeitet hätte. Der Herr Berichterstatter hat
sich Mühe gegeben, uns glauben zu machen, daß 1+1=1. Bis jetzt
wenigstens, ich habe das in vielen Jahren so gelernt, ist 1+1=2.
Die èechoslovakische Republik hat allerdings viel auf den Kopf
gestellt und scheint auch jetzt die primitivsten Grundsätze der
Arithmethik auf den Kopf stellen zu wollen. Die Regierungsvorlage
zu diesem Gesetze hat davon gesprochen, daß die Sammlung der Gesetze
und Verordnungen in der Staats-offiziellen Sprache zu erscheinen
habe. Diese Staats-offizielle Sprache ist nach dieser Regierungsvorlage
die èechoslovakische und die Regierungsvorlage fügt hinzu: "d.
i. die èechische und die slovakische Sprache", das heißt
also, wir haben es hier nicht mit einer, der èechoslovakischen
Sprache, sondern mit zwei Sprachen, der èechischen und der slovakischen,
zu tun. Im Verfassungsausschusse schon haben die èechischen Vertreter
und insbesondere Herr Dr. Kramáø sich bemüht zu beweisen,
daß trotzdem die èechoslovakische Sprache eine Sprache ist. Uns
ist es im Grunde genommen gleichgültig, ob die èechoslovakische
eine Sprache, ob sie zwei Sprachen oder ob sie keine Sprache ist.
Wir haben selbstverständlich nur ein Interesse daran, daß auch
bei dieser Gesetzesvorlage die deutsche Sprache bezw. die Sprache
der deutschen Bevölkerung zu ihrem Rechte kommt. (Souhlas na
levici.) Wir müssen verlangen, daß die Sammlung der Gesetze
und Verordnungen auch in deutscher Sprache erscheint und daß der
deutsche Text auch authentisch sei. Wir können das verlangen,
weil, etwa unserem Wunsche nicht entgegenkommen, hieße, die Staatsbürger
deutscher Zunge hintanzusetzen, die schließlich und endlich ein
Viertel der Bevölkerung hier au smachen. Wir können also das Verlangen
stellen und haben auch einen diesbezüglichen Antrag gestellt,
der dahin geht, daß die Sammlung der Gesetze und Verordnungen
auch in deutscher Sprache erscheine, und daß der deutsche Wortlaut
auch authentischer Text neben dem èechischen und slovakischen
Texte sei. Man hat im Verfassungsausschusse darauf hingewiesen,
das es technisch nicht möglich ist, die Sammlung der Gesetze und
Verordnungen in drei authentischen Texten, bezw. in zwei authentischen
Texten erscheinen zu lassen. Wir haben darauf hingewiesen, daß
seinerzeit im böhmischen und mährischen Landtagdie Landesgesetze
tatsächlich in zwei authentischen Texten erschienen sind, was
keine technische Schwierigkeiten gemacht hat. Im Gegenteil, die
Bevölkerung und die Regierungsorgane haben mit diesen beiden authentischen
Texten früher das Auslangen gefunden, als etwa mit einer sogenannten
amtlichen Übersetzung, die keine richtige Übersetzung ist. Man
hat auch weiter darauf hingewiesen, daß die Verlautbarung in einer
authentischen deutschen ßbersetzung den Verfassungsgesetzen widerspricht
Schon im Motivenbericht zur Regierungsvorlage wird ausdrücklich
festgestellt, das etwaige verfassungsrechtliche Bedenken gegen
die Verlautbarung in deutscher Sprache nicht vorliegen. Man kann
sich also auf die Verfassungsgesetze nicht berufen, wenn man hier
die deutsche Sprache wieder aus der Sammlung der Gesetze und Verordnungen
ausmerzen will. Man hat uns in dieser Regierungsverordnung allerdings
gewissermaßen zugesichert, daß eine amtliche deutsche Übersetzung
erscheinen wird. Nun steht aber in dieser Regierungsvorlage bezw.
im Bericht des Verfassungsausschusses, daß das nur nach Möglichkeit
geschehen könne. Es wird also der Zustand, der bisher herrschte,
weiter herrschen, nämlich, daß die deutsche Übersetzung der "Sbírka"
erst nach Monaten oder überhaupt nicht erscheint. Damit kann selbstverständlich
erstens der Bevölkerung . . . (Nepokoj. - Posl. dr. W. Feierfeil:
Man hört nicht! Posl. Wenzel: Wie in einer Judenschule!) .
. . . . . . es wäre ganz gut (k pravici), wenn Sie ein
Bisserl aufpassen möchten, wenigstens würden Sie auch wissen,
daß es eine Sammlung der Gesetze und Verordnungen gibt und bestimmte
Gesetze und Verordnungen veröffentlicht werden. Sie scheinen aber
kein Interesse daran zu haben, da müssen wir für uns selbst sprechen.
(Posl. Patzel: Nur Aufrufe zur Zeichnung von Anleihen erscheinen
immer rechtzeitig in deutscher Sprache!) Das ist Tatsache!
Wenn man von den Deutschen Geld haben will, weiß man ganz gut,
daß man sich in zzzeutscher Sprache an sie wenden muß. Wenn es
sich aber darum handelt, daß Gesetze und Verordnungen, die zweiffellos
tief in die Verhältnisse der Bevölkerung einschneiden, veröffentlicht
werden sollen, dann findet man den Weg dazu nicht. Wir verlangen
aber, daß die Gesetze und Verordnungen auch in deutscher Sprache,
zumindest, wenn schon nicht in authentischem Text, in einer amtlichen
Übersetzung erscheinen u. zw. gleichzeitig, denn damit könnte
allein den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung getragen werden.
Unkenntnis der Gesetze schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Aber,
meine Verehrten, man muß meines Erachtens der Bevölkerung die
Möglichkeit bieten, die Gesetzeauch wirklich kennenzu lernen!
(Souhlas na levici.) Man kann von einem Viertel der Bevölkerung
nicht verlangen, daß es über Nacht die Staats-offizielle Sprache
erlernt, die sehr schwer ist, denn die èechoslovakische Sprache
wird von uns niemand erlernen und wahrscheinlich auch niemand
von den Èechen. Sie können entweder èechisch oder slovakisch,
aber nicht èechoslovakisch. Wir haben infolgedessen Anträge gestellt
und zwar den Antrag, daß in diesem zu ändernden § 3, erster Absatz
die Worte eingefügt werden, daß die Sammlung der Gesetze und Verordnungen
auch in deutscher Sprache erscheine und im zweiten Absatz, daß
außer dem deutschen Wortlaute auch der èechische und der slovakische
Wortlaut authentisch ist. Wir haben diese Form des Antrages gewählt,
um uns dem Wortlaut des Verfassungsausschußberichtes möglichst
anzupassen. Wenn aber dieser Antrag nicht angenommen werden sollte,
so verlangen wir zumindest, daß in dem dritten Absatz die Worte
"pokud možno" - "nach Möglichkeit" gestrichen
werden, so zwar, daß die amtliche deutsche Übersetzung der Sammlung
der Gesetze und Verordnungen gleichzeitig erscheint. Wir glauben,
dieses Verlangen stellen zu können, allerdings nicht in der Hoffnung,
daß sie unseren Anträgen zustimmen werden. Wir wissen ganz gut,
daß Sie unsere Anträge ablehnen werden. Wir möchten Sie nur darauf
aufmerksam machen, daß wir die Ablehnung dieser unserer Anträge
wieder als Hinansetzung des deutschen Volkes betrachten und daß
wir unsere Folgerungen daraus ziehen werden. Wenn Sie uns in diesem
Staate nicht geben, was uns gebührt, dann können Sie auch von
uns nicht verlangen, daß wir dem Staate geben, was dem Staate
gebührt. (Potlesk na levici.)