Pondìlí 14. února 1921
Hohes Haus! Der sozialpolitische Ausschuß legt uns eine Vorlage vor, die sich mit einem Teil der Forst- und Güterbeamten beschäftigt. Es betrifft die Pensionierten des beschlagnahmten und enteigneten Großgrundbesitzes, deren Witwen und Waisen. Als es sich im sozialpolitischen Ausschuß, nachdem der Gesetzentwurf durchberaten war, um die Festsetzung der Beträge für die Pensionen handelte, hat unser Parteigenosse Taub darauf hingewiesen, daß die Beträge, die hier ausgesetzt werden, viel zu gering sind. Es ist richtig, daß diese Menschengruppe früher ungemein schlecht daran war. Die hohen Herren, die Fürsten und Grafen, hatten wohl unter dem Titel Pensionsund Altersversicherung die alt und siech gewordenen Angestellten und Bediensteten mit Gnadengaben bedacht. Wenn wir ein solches Dokument aber heute nachlesen, so befällt uns immer ein Lächeln: "Seine Durchlaucht, der hohe Herr geruhte allergnädigst dem bei ihm alt Gewordenen eine Gnadengabe von so und so viel, etwa in der Höhe von 20 bis 30 Gulden pro anno und etwas darüber zu gewähren." Die Zahl derer, die hier in Betracht kommen, ist ganz ansehnlich.
Nun hat in dem Ausschuß der Abg. Taub den Antrag gestellt, daß die Beträge erhöht werden. Wenn wir die Ziffern der Vorlage, wie sie der Ausschuß vorlegt, näher betrachten, so muß man sich wundern, daß man diese alten Leute mit so geringen Beträgen bedenken will. Man muß berücksichtigen, daß das Geld so entwertet ist, daß man sich von einer Ziffer, wie etwa 1000 Kronen, nicht mehr blenden lassen darf. Es ist nicht notwendig, in diesem Kreise darüber zu sprechen, daß eine Pensionsrente von 10.000 Kronen immer noch gar nichts bedeutet. (Posl. Taub: Umsoweniger wenn man bedenkt, dass es eine Jahresrente ist!) Das ist richtig, es ist selbstverständlich die Rede von Jahresbeträgen. Die Ziffern sind also ungemein niedrig, aber der Antrag unseres Parteigenossen Taub, über den ich noch sprechen werde, ist abgelehnworden. Es wurde ein Kompromiß get schaffen: die Pensionen beginnen bei der untersten Kategorie, bei den Fütterern Pferdewärtern u. s. w. mit einer Gesamtsumme pro Jahr von 1500 Kronen und gehen dann bis zum Inspektor, Direktor und den höchsten Beamten mit einer Gesamtsumme von 14.000 Kronen hinauf. Diese Ziffern sollen sich zusammensetzen aus den festen Beträgen und dann den Teuerungszuschlägen und Anschaffungsbeiträgen. Man ist dabei der Meinung, daß ja bald alles wieder recht billig sein wird, um diesen armen Teufeln einen Teil dieser Beträge wieder zu nehmen.
Was unser Parteigenosse Taub im Ausschusse beantragt hat, nehmen wir heute in abgeänderter Form wieder auf und haben hier im Hause einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Wir gehen von der Anschauung aus, daß die vom Ausschusse beschlossenen Beträge nicht entsprechen, und verlangen für die unteren Kategorien eine beiläufig 50%ige Erhöhung der Ansätze. Die Erhöhung vermindert sich dann bei den höchsten Kategorien auf beiläufig 20%. Der einfache schlichte Mensch, der kleine Mann hat doch einen ebensolchen Magen wie der höchstgestellte und es ist ganz unmöglich, daß mit einem Betrage von 1500 Kronen, wie er jetzt im Ausschuß beschlossen wurde, ein Mensch ein ganzes Jahr, 365 Tage lang leben kann. Auch das, was wir fordern, ist nicht so viel, daß ein Mensch davon vollständig leben könnte,; wir sind doch der bescheidenen Meinung, daß das hohe Haus diesem unseren Antrage zustimmen wird.
Es ist ganz interessant, daß sich das hohe Haus jetzt plötzlich mit den Versorgungsgenüssen dieser Gruppe von invalid gewordenen Menschen beschäftigt. Die Sache ist nach unserer Auffassung folgende: Die Güterbeamten und deren Anhang waren bisher immer ein sehr gutes politisches Ausbeutungsobjekt für die verschiedenen bürgerlichen Parteien. Man hat die Leute elend gezahlt, man hat für sie vielleicht mehr oder minder gute Worte gehabt, man hat sie vollständig abgeschachtelt und von der übrigen Umwelt abgeschnitten und sie waren die Diener ihrer hohen Herren und allerhöchsten Herrschaften. Sie waren nicht nur versklavt in dem Sinne, daß sie treu und redlich ihren Herren dienten, sie waren auch geistig in völliger Abhängigkeit und Knechtschaft von ihren Brot- und Arbeitgebern. Aber nun scheint die Sache anders zu werden. Nun lehnt sich auch dieser Teil der arbeitenden Klasse auf, auch in dieser Schichte der arbeitenden Menschen wird es etwas lichter und es beginnt sich der revolutionäre Geist auch in dieser Gruppe zu zeigen. Und so benützt man den Anlaß der Beschlagnahme des großen Grundbesitzes und der Enteignung dazu, um einem kleinen Teile dieser Gruppe, die ich näher bezeichnet habe, eine kleine a conto- Zahlung zu geben. Wir begrüßen es, daß man den Anfang macht, daß man den ersten Schritt tut, damit ein Teil aus der großen Masse der Entrechteten und Ausgebeuteten endlich zu einer Alters- und Invaliditätsversicherung komme, die sich von dem unterscheidet, was man bisher diesen Menschen gab. Man muß berücksichtigen, daß ein Teil dieser Leute des Pensionsversicherungsgesetzes nicht mehr teilhaftig werden konnte. Ich habe leider die beiden Referenten, die jetzt èechisch gesprochen haben, nicht verstanden, aber ich nehme an, daß sie den uns vorliegenden Entwurf als ein großes Werk gefeiert haben. Es bedeutet zweifellos wohl einen kleinen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand, aber wir müssen bei diesem Anlaß auch mit allem Nachdruck fordern, daß man endlich die allgemeine Sozialversicherung mit der Invaliditäts- Witwen- und Waisenversicherung und den Ausbau der Pensionsversicherung in die Wege leitet.
Es geht nicht an, daß wir in der Zeit, in der wir jetzt leben, nur eine ganz bestimmte kleine Gruppe besser stellen, als es bisher der Fall war. Wir müssen verlangen, daß endlich das große Werk der allgemeinen Sozialversicherung angebahnt werde. Wir müssen weiter diesen Anlaß dazu benützen, um auch im Besonderen über die Verhältnisse beim Großgrundbesitze zu sprechen.
Man enteignet, man beschlagnahmt den Großgrundbesitz. Es ist nur zu wünschen, daß diese Arbeit raschestens, lückenlos und restlos im ganzen Bereiche der Republik gelöst werde. Wir dürfen hiebei aber derjenigen Menschen nicht vergessen, die auf den Gütern des Großgrundbesitzes arbeiteten und arbeiten. Wir können nicht nur beschlagnahmen und enteignen, wir müssen auch die auf den Gütern Beschäftigten schützen. Da müssen wir zunächst verlangen, daß im Bodenamte endlich Ordnung gemacht werde. Wir haben bei wiederholten Anlässen von dieser Stelle aus durch den Mund unserer Redner verlangt, daß das Bodenamt reformiert werde und daß die Deutschen, insbesondere auch wir in diesem Bodenamte unsere Vertretung finden. Das ist bis heute nicht geschehen. Wir benützen auch diesen Anlaß wieder, weil es sich um das Schicksal der Angestellten der Unternehmungen handelt, zu verlangen, daß wir im Bodenamte unsere Vertretung bekommen. Wir verlangen eine Vertretung in dem Sinne, daß die landwirtschaftlichen Angestellten und Arbeiter entsprechend der nationalen Ziffer in dem Bodenamte entsprechende Vertretung finden. Wir erheben diese Forderung mit allem Nachdrucke und erwarten, daß endlich nicht nur die Regierung, sondern auch die in Betracht kommenden maßgebenden Parteien, die sich Demokraten nennen, auch uns unser Recht in diesem Bodenamte geben. Wir müssen verlangen, daß bei der Enteignung, bei der Beschlagnahme Rücksicht genommen werde auf die dort arbeitenden Menschen, daß zur Dienstleistung zunächst die in den Posten Stehenden herangezogen werden, daß keiner von den Angestellten stellenlos werden darf und daß Vorsorge getroffen werden muß, daß diese Menschen auf den Besitzen zunächst Beschäftigung finden. Wir gehen hiebei immer von der Voraussetzung aus, daß der Großgrundbesitz nicht zerschlagen, daß er nicht aufgeteilt werde; weil wir der Meinung sind, daß am rationellsten gearbeitet wird, wenn der Großgrundbesitz einheitlich bleibt, so wie er es bisher war, nur demokratisch von denen verwaltet, die das größte Interesse an der Produktion und intensiven Bearbeitung des Grundes und Bodens haben, damit dafür gesorgt werde, daß genügend Brot und Getreide im eigenen Lande auf Grund der intensivsten Bewirtschaftung erzeugt werde. Dazu werden uns die angestellten Fachleute auf den Großgrundbesitzen sehr nützlich sein. Wir müssen erwarten, daß diesen Angestellten ein besonderer Schutz zuteil werde.
Wir wollen bei diesem Anlaß auch der Erwartung Ausdruck geben, daß endlich auch die Angestellten-Schutzgesetzgebung rascher arbeite, damit auch der obgenannten Gruppe von arbeitenden Menschen mehr Schutz werde als bisher, denn sie sind bisher in der Gesetzgebung, auch im alten Österreich und hier in diesem Staate, besonders vernachlässigt worden. Sie haben fast keinerlei Schutzgesetze, sie sind der Willkür, der Brutalität dieser hohen Herrschaften und obersten Vorgesetzten ausgeliefert. Es muß Vorsorge getroffen werden, daß es in Bälde anders werde.
Das wäre das, was wir zu diesem
kleinen Gesetzchen zu sagen hätten. Wir werden für diese Vorlage
stimmen, erwarten aber auch, daß die von uns eingebrachte Änderung
in Bezug auf die Ziffern für die Pensionierung dieser Alten und
Siechen nach unserem Zusatzantrage angenommen werde. (Souhlas
a potlesk na levici.)