Úterý 14. prosince 1920
Im Namen des Klubs der Abgeordneten der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei gebe ich folgende Erklärung ab:
Der Vorstand unserer Partei hat
in seiner Sitzung vom 12. Dezember d. J. über die Ereignisse der
letzten Tage beraten und in seinem Beschlusse ausgesprochen, daß
für die deutsche Arbeiterschaft, insoweit die heutige Situation
durch den Streit der beiden èechischen sozial-demokratischen Parteien
veranlaßt wurde, jede Möglichkeit fehlt, sich in diesen Streit
in welcher Form immer einzumengen. Soweit aber die Kämpfe der
Durchsetzung der von dem gesamten Klassenbewußten, also auch vom
deutschen Proletariate, verfochtenen Forderungen und insbesondere
der Eroberung der vollständigen politischen Freiheit, der Erringung
der wirtschaftlichen Besserstellung, der Einsetzung der Betriebsräte
und vor allem der Verwirklichung der Sozialisierung gelten, kann
der Erfolg nach Auffassung des Parteivorstandes nur durch die
Zusammenfassung aller auf dem Boden des Klassenkampfes stehenden
organisierten Proletarier im Proletarierkongreß errungen werden.
Der Klub der Deutschen sozial-demokratischen Abgeordneten, welcher
dieser Auffassung des Parteivorstandes vollinhaltlich beitritt,
bedauert es auf das tiefste, daß nicht der oben vorgezeichnete
Weg betreten wurde, sondern daß es zur Anwendung der staatlichen
Machtmittel und in weiterer Folge zu Blutvergießungen gekommen
ist. Die deutschen Arbeiter beklagen die Opfer dieser Gewaltanwendung
und sprechen die Hoffnung aus, daß es der Einsicht der èechischen
Arbeiterschaft gelingen wird, den Bruderzwist raschestens zu beenden
und die einheitliche Kampffront des Proletariats aller Nationen
herzustellen. Der Regierung gegenüber konstatieren wir die Tatsache,
daß sie diesmal - im Gegensatz zu ihrem sonstigen Verhalten -
eingegriffen und die im Verfassungsgesetze verbürgten Freiheiten
über den Schutz der Person, des Hauses, des Briefgeheimnisses,
der Preßfreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechtes für einen
großen Teil des Staates aufgehoben und sich sogar nicht gescheut
hat, über weite Teile des Staates das Standrecht zu verhängen.
Indem wir gegen dieses Vorgehen der Regierung entschiedenst Verwahrung
einlegen und es auf das schärfste verurteilen, fordern wir die
sofortige Aufhebung des Ausnahmezustandes und des Standrechtes
und damit die Wiederherstellung der verfassungsmäßig verbürgten
staatsbürgerlichen Freiheiten. Wir beantragen sohin, die Regierungserklärung
nicht zur Kenntnis zu nehmen. (Potlesk na levici.)
Meine Damen und Herren! Im Namen des Deutschen parlamentarischen Verbandes habe ich seinen Standpunkt zur Frage der Regierungserklärung in Folgendem bekanntzugeben:
Die Lösung der sozialen und volkswirtschaftlichen Probleme, welche diesen Krieg teils heraufbeschworen, teils verschärft haben, können nur durch Evolution auf demokratischen Grundlagen erfolgen. Wir sind uns dessen bewußt, daß die grundlegende Forderung jene nach der Hebung der Produktion sein muß, wobei alles in Rechnung zu stellen ist, was vernünftigerweise die am Produktionsprozesse unmittelbar Beteiligten an diesem Prozesse interessiert und deren Arbeitsfreudigkeit sichern kann.
Wir begrüßen daher jeden Ausbau der sozialen Gesetzgebung. Wir werden alle Maßnahmen fördern, welche geeignet sind, die Erzeugung zu heben und die Handarbeiterschaft sicherzustellen, u. zw. auch dann, wenn dies im Wege gemeinwirtschaftlicher Erzeugung zu gewärtigen ist. Wir lehnen aber dabei den Gebrauch von Schlagworten ab, solange wir nicht in jedem einzelnen Falle feststellen können, was darunter verstanden wird und wie dadurch die allgemeine Volkswirtschaft gehoben werden soll.
Wir lehnen andererseits auch jeden gewaltsamen Ei ngriff in die bestehenden Verhältnisse ab, weil es uns unmöglich und unnatürlich erscheint, das Zusammenleben der Menschheit und die Erzeugung durch brutale und einseitige Gewalt sicherzustellen. Es ist klar, daß wir jede Art von Diktatur verwerfen, daher auch die sogenannte Diktatur des Proletariats, welche allerdings, wie das russische Vorbild zeigt, eine Diktatur über das Proletariat ist, wobei es uns vollkommen gleichgültig erscheint, wer diese Diktatur ausübt.
Die jüngsten Ereignisse, welche zur Verhängung des Ausnahmszustandes im Staate geführt haben, scheinen uns die logische Folge in der Entwicklung eines Staatswesens zu sein, welches von vornherein auf Gewalt und Verleugnung von Tatsachen begründet wurde.
Die zwei Jahre Rechtlosigkeit, in welcher sich die Deutschen befinden, haben bewiesen, daß die ganze Staatsauffassung von dem Gedanken des Siegerstaates oder besser vom èechischen Siegervolke durchtränkt ist.
So wurde das Problem der Kriegsanleihe, jenes der Bodenreform, die Versorgung von ehemaligen österreichischen Staatsdienern deutscher Nationalität gelöst, so wurden Gemeindewahlen durchgeführt, so wurde das Gleichgewicht in der kulturellen Entwicklung durch Schuldrosselungen hergestellt, so wurde die Geschäftsordnung dieses Hauses verfaßt, so die Sprachenfrage geregelt, kurz in den èechischen Massen der Gedanke gezüchtet, der Staat sei ein èechischer und nur èechischer Staat, die Deutschen seien Kolonisten und Immigranten.
Und was die Regierung im Hinblick auf das Ansehen des Staates im Auslande durchzuführen nicht wagt, das läßt sie einfach von aufgeregten Volksmassen besorgen, welche auch dann straflos bleiben, wenn sich die Regierung anstandshalber genötigt sieht, ihr Bedauern und ihre Verurteilung derartigen bedauerlichen Vorkommnissen gegenüber auszusprechen.
So sind die zahlreichen Kaiser-Josef-Denkmäler, so sind deutsche Anschriften an den verschiedensten Orten mit Gewalt beseitigt, so sind deutsche Gebäude besetzt und beschlagnahmt und ihren Eigentümern entrissen worden.
Wundern Sie sich, wenn diese Beispiele Schule machen? Warum soll der èechische Arbeiter vor dem Eigentume und Privatrechte halt machen, wenn Sie ihm öffentlich Gewalt gegenüber einem Teile der Staatsbürger predigen? Warum soll er sich nicht leichten Herzens das zu eigen machen, wonach es ihn gelüstet und was in Besitz zu nehmen lediglich papierene Gesetze verbi eten, die ja in anderen Fällen längst zum alten Eisen gelegt oder gebrochen worden sind? Wenn die Funktion des èechischen Staates Gewalt und wieder Gewalt gegen die nichtèechischen Nationen ist, warum soll es nicht auch anderen erlaubt sein, dieses Mittel für sich in Anspruch zu nehmen?
Der Herr Ministerpräsident hat sich hier auf den für einen Regierungschef begreiflichen Standpunkt gestellt, die Regierung werde und müsse unter allen Umständen gesetzwidrige Akte und Ausschreitungen verhüten.
Ich frage die Regierung: wo war diese Energie den meuternden Soldaten in Teplitz, Asch und Eger, wo war sie den Legionären und Schauspielern gegenüber, welche sich des deutschen Landestheaters bemächtigt haben? Warum hat sich die Regierung nicht auf denselben Standpunkt gestellt, als deutsche Schulen rechtswidrig und gewaltsam gesperrt wurden? Freilich hat es sich da nur um deutschen Besitzstand gehandelt und demzufolge hat es der Herr Ministerpräsident hier ausdrücklich für nicht am Platze erklärt, aus diesem Anlasse energisch vorzugehen, etwa gar ein Blutbad anzurichten. Jetzt aber sieht die Regierung die Früchte ihrer Erziehungskunst.
Zur Abwechslung geht es einmal um èechischen Besitzstand und da setzt die Regierung nicht nur die èechischen Bajonette, sondern auch die Bestimmungen über den Ausnahmszustand in Bewegung.
Wir glauben nicht, daß dies der richtige Weg ist - genau so, wie wir gern auf die èechischen Bajonette verzichten, weil wir überzeugt sind, daß die nationale Frage dieses Staates nicht so, sondern nur durch Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes gelöst werden kann; genau so, wie wir wissen, daß dieses Problem ein psychologisches und kein mechanisches ist, genau so wird der Herr Ministerpräsident, genau so wird auch die Rechte der èechischen Sozialdemo
kratie siegen oder niedergeworfen werden, je nachdem sie es verstehen wird, die inneren Menschen zu gewinnen. Mit Recht sagte Kollege Skalák, der Lidový Dùm sei ein Symbol; verkünden Sie Gerechtigkeit allen Symbolen gegenüber, achten Sie alle Gefühle heilig, dann dürfen Sie hoffen, die Probleme des Staates evolutionär zu lösen.
Solange dies der Charakter dieses Staates als Nationalstaat nicht gestattet, solange werden Sie vergebens die Ordnung mit der Gewalt der Bajonette suchen.
Die Regierungserklärung lehnen
wir aus diesen Gründen ab. (Potlesk na levici.)
Meine Frauen und Herren! Das kleine Gesetz, das wir jetzt im raschen Wege beschließen sollen, wird damit begründet, daß der bestehende Zustand der Gewerbeinspektion in der Slovakei im Interesse der Arbeiterschaft dieses Gebietes schnellstens beseitigt werden soll. Diese Begründung mutet etwas eigentümlich an, wenn man berücksichtigt, daß jetzt, zweieinviertel Jahre nach dem Umsturze, von einer schnellen Beseitigung dieses Zustandes gesprochen wird. Wir glauben, daß diese Frage schon längst hätte erledigt werden können. Weil wir gegen den Inhalt des Gesetzes keine Einwendungen zu erheben haben, stimmen wir für die Regierungsvorlage, benützen aber den Anlaß, um darauf zu verwei sen, daß die Gewerbeinspektion in der Èechoslovakei sich in einem sehr beklagenswerten Zustand befindet.
Wir haben noch immer genau die gleichen Bestimmungen über die Gewerbeinspektion, die schon im alten Österreich bekämpft wurden und gegen die wir immer und immer wieder Maßnahmen verlangt haben. So ist unter anderem die Gewerbeinspektion viel zu wenig ausgebaut. Die Zahl der Beamten ist viel zu gering und sie sind infolge dieses Umstandes gar nicht in der Lage, ihre Aufgaben zu bestreiten. Ich will darauf verweisen, daß die Gewerbeinspektoren durch die Tatsache, daß sie vielfach für eine Reihe von Arbeiten in Anspruch genommen werden, die mit der Überprüfung der Betriebe nichts zu tun haben, gehindert sind, nachzuschauen, ob die Arbeiterschutzgesetzbestimmungen überall eingehalten werden. Wir haben infolge dieses Zustandes heute in zahlreichen und vielen Betrieben Übelstände, wie sie ärger lange in der Vorkriegszeit zurück nicht gewesen sind. Durch den Krieg sind die Betriebe vielfach verwahrlost. Es ist nicht möglich gewesen, manches auszuführen, die Einrichtungen zu vervollständigen, so daß sich in vielen Industrie- und Gewerbebetrieben Zustände herausgebildet haben, unter denen die Arbeiter fruchtbar leiden. Insbesondere möchte ich darauf verweisen, daß die Überprüfung zahlreicher kleiner Betriebe auch hinsichtlich der Lehrlingsausnützung ungemein notwendig wäre. Da haben wir heute Zustände, wie sie ärger nicht mehr sein könnten.
Nun ist ja von unserer Seite bereits im Budgetausschuß beklagt worden, daß die Regierung für diese wichtige arbeiterschutzgesetzliche Einrichtung so wenig widmet, daß im Ganzen für diese Gewerbeinspektion im Budget 2,864.814 Kronen ausgeworfen werden und daß in den letzten zwei Jahren im Ganzen nur zwei neue Inspektorate geschaffen wurden, für Hochbauten, für die die Ausgaben gleichfalls eine Summe ausmachen, die sich als lächerlich gering ausnimmt im Vergleiche zu den Ausgaben für andere Zwecke. Wir möchten bei diesem Anlaß unsere dringende Forderung auf das Nachdrücklichste vertreten, daß die Gewerbeinspektorate ausgebaut werden, daß die Zahl der Gewerbeinspektoren vermehrt und daß den Gewerbeinspektoren endlich die ihnen so notwendige Exekutivgewalt eingeräumt wird. Es ist unmöglich, daß es für die Dauer dabei bleiben kann, daß die Gewerbeinspektoren zwar Anzeigen machen können, wegen Verletzung der Arbeiterschutzgesetzgebung und gegen Unternehmungen, die alle diese Bestimmungen verletzen, daß aber die politischen Behörden, denen die Entscheidung obliegt, monatelang darauf nicht antworten und daß Hunderte dieser Anzeigen überhaupt nicht erledigt werden. Das ist ein Zustand, der eines Staates unwürdig ist, der behauptet, daß er in der Frage der Arbeiterschutzgesetzgebung nicht an letzter Stelle stehe. Es ist weiter unmöglich, daß man in einem Staate, der in der Arbeiterschutzgesetzgebung mit den anderen Staaten auf eine gleiche Linie gestellt werden will, noch länger die Forderung der organisirten Arbeiterschaft unbeachtet lassen darf, daß zum Gewerbeinspektionsdienst auch Arbeiter herangezogen werden, und unmõglich ist es, daß die Zuziehung, die Anstellung von weiblichen Gewerbeinspektoren immer wieder hinausgeschoben wird. Wir haben große Industrien, in denen die weiblichen Arbeiter eine große Mehrheit bilden und für diese Betriebe wäre die Anstellung weiblicher Gewerbeinspektoren eine Notwendigkeit.
Wir erheben bei diesem Anlaß, bei der Erledigung dieses Gesetzes, diese unsere Forderungen und erwarten und verlangen vom Ministerium für soziale Fürsorge, daß es endlich auch diese wichtige Einrichtung ausbaut, u. zw. schon aus dem Grunde, weil die Ausführung der Arbeiterschutzgesetzgebung niemals in jenem Umfange, wie wir es wünschen, verwirklicht werden wird, wenn die Überprüfung der Betriebe unmöglich gemacht wird, dadurch, daß wir zu wenig Inspektoren haben und dadurch, daß die Inspektoren, die wir besitzen, ihre Zeit zu anderen Arbeiten brauchen. Seit dem Umsturz, in denletzten 2 1/4 Jahren, hatten wir so viele Lohnbewegungen, so viele Konflikte zwischen Unternehmern und Arbeitern, daß auch diese Tätigkeit die Arbeit vieler Gewerbeinspektoren sehr in Anspruch nimmt. Wenn Sie nun die ungeheure Anzahl der Betriebe, der großen und der kleinen, vergleichen mit der Zahl der Gewerbeinspektoren - wir finden, daß bei den Gewerbeinspektoraten 66 Beamte in Frage kommen - so werden Sie wohl zugeben müssen, daß die Gewerbeinspektionen nicht im Stande sind, sich wirklich so zu betätigen, wie wir das wünschen müssen. Es kommt heute vor, daß Jahre lang kein Betrieb besucht werden kann. Es ist einfach menschenunmöglich, daß die jetzigen Gewerbeinspektionsbeamten im Stande sind, alle Anforderungen, die man an sie stellt, zu erfüllen. Daher fordern wir bei Erledigung des Gesetzes auf das Dringlichste endlich den Ausbau der Gewerbeinspektion, die Beistellung der notwendigen Mittel, die Heranziehung der Arbeiter zu den Gewerbeinspektoraten und vor allem die Einstellung von weiblichen Gewerbeinspektoren.
Wir werden für dieses Gesetz stimmen,
weil es selbstverständlich ist, daß in der Slovakei ein anderer
Zustand nicht herrschen darf, als wir ihn in den übrigen Staaten
haben. (Potlesk na levici.)
Ich ersuche den Herrn Präsidenten um die Konstatierung des Stimmenverhältnisses bei der Abstimmung und möchte in diesem Zusammenhange eine Erklärung namens unserer Fraktion abgeben, u. zw. zu dem Zwecke, um unsere Abstimmung zu erklären und zu rechtfertigen.
Unsere Erklärung lautet: Wir sind
grundsätzlich für die Zuweisung aller Anträge an die zuständigen
Fachausschüsse, ohne uns vorläufig auf die sachliche Prüfung dieser
Anträge einzulassen. Darum werden wir für die Anträge Heller
und Mayer, resp. für die Zuweisung dieser Anträge an den
Fachausschuß stimmen, obwohl wir mit diesen Anträgen sachlich
nicht einverstanden sind.
Der Deutsche parlamentarische
Verband steht ebenfalls auf dem Standpunkte, daß alle Anträge,
welche den Initiativausschuß zu passieren haben, grundsätzlich
dem Fachausschuß zuzuweisen sind. Ich bitte ebenfalls den
Herrn Präsidenten um die Feststellung des Stimmenverhältnisses
und bitte das Haus, diese Erklärung zur Kenntnis zu nehmen.