Pátek 12. listopadu 1920
Hohes Haus! Im Namen und im Auftrage
des Deutschen parlamentarischen Verbandes habe ich die Ehre, folgende
Erklärung abzugeben: Durch die Vorgänge in Teplitz, welche die
Schwäche dieses Staates in Gestalt einer Meuterei von èechoslovakischen
Truppen gegen die Regierung und ihre Anordnungen öffentlich bloßgelegt
haben, ist nach unserer Ansicht auch der Parlamentarismus dieses
Staates auf das Schwerste betroffen. Der Deutsche parlamentarische
Verband ist gegenüber dem Verhalten der Regierung in der Frage
des Kaiser-Josefstandbildes in den schärfsten Kampf eingetreten.
Die Grundlagen dieses Kampfes haben sich jedoch durch die gestrigen
Vorgänge verschoben. Denn nunmehr handelt es sich nicht mehr um
die Frage der Beseitigung des Standbildes, sondern um die Frage,
ob Parlament und Regierung dieses Staates überhaupt noch Autorität
und Ansehen genießen. (Hlas: Auch gegen die Deutschen!) Diese
Frage wird durch das Ergebnis der Untersuchung und die sich daran
knüpfenden Maßnahmen beantwortet werden. Wir überlassen es nunmehr
den verfassungsmäßig berufenen Faktoren, das Wort zu ergreifen
und verlangen, daß der Untersuchungsausschuß ohne Verzug berichte.
Bis dahin werden wir an den Verhandlungen des Hauses nicht teilnehmen.
Meine Damen und Herren! Der Parlamentarismus bei uns unterscheidet sich von dem der übrigen Staaten in einer ganz gewaltigen Weise. Während in den anderen Staaten das Parlament berufen ist, als gesetzgebende Körperschaft zu fungieren, während die Parlamente der übrigen Staaten versuchen, praktische Arbeit zu leisten, kommen wir nicht zur Ruhe, werden immer gestört, taumeln von einer Krise in die andere, und jede Abstimmung, die in diesem Hause vorgenommen wird, ist eine Komplikation; sie überhaupt durchzuführen verursacht ungeheuere Schwierigkeiten. Diese Verhältnisse finden natürlich auch draußen ihren Ausdruck. Sie sind bedingt durch die Zusammensetzung dieses Staates, denn dieser Staat ist kein Nationalstaat, sondern ein Nationalitätenstaat und der nationale Haß, der hier in den fangen, langen Jahren aufgehäuft worden ist, kann nicht abgebaut werden; es kann keine Ruhe eintreten, weil immer und immer wieder neue Zwischenfälle die nationalen Leidenschaften aufpeitschen.
Wir haben da vor einigen Tagen in einer nordböhmischen Stadt, in Teplitz, wieder eine solche Affaire gehabt, die eigentlich beinahe zu einer Krise im Ministerium geführt und ja auch hier in diesem Saale ganz gewaltige Stürme ausgelöst hat. Die Arbeiter, die da draußen im Teplitzer Bezirke wohnen, sind von dieser Frage nicht besonders berührt worden. Die èechischen und die deutschen Arbeiter haben in dieser Frage ihren eigenen Standpunkt. Und sie hätten niemals aus der Tatsache, daß da am Marktplatze ein altes Denkmal steht, eine solche Affaire gemacht, wie sie eigentlich geworden ist. Schauen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren: Im Aussiger Bezirk, in Staditz bei Türmitz steht ein altes Denkmal, das Ihnen vielleicht heilig ist. Ein Denkmal von Pøemysl. Dieses Denkmal ist unberührt in der Zeit der schwersten nationalen Krisen geblieben, keiner hat Hand angelegt und keiner hat etwas Besonderes daran gefunden. (Posl. Hillebrand: Im rein deutschen Gebiet!) Jawohl, im rein deutschen Gebiet! Ihnen ist es vorbehalten geblieben, aus solchen Dingen eine Affaire zu machen, die nun zu den schwersten Erschütterungen führte.
Dabei erhielten wir vom Herrn Ministerpräsidenten eine Interpellationsbeantwortung, die zwei Tage vorher im Hause aufgelegt wurde, worin es heißt: eine Ministerialverordnung "daß das Denkmal Kaiser Josefs II. verhüllt oder mit Brettern verschlagen gehalten werden müsse, existiert nicht". Also offiziell erklärt im Hause der Herr Ministerpräsident, daß ein solcher Auftrag nicht existiere, und trotzdem wird der Auftrag erteilt, trotzdem wird das Verlangen auf Verhüllung, auf Verschalung und Abtragung dieses Denkmales gestellt. Wenn Sie glauben, daß die Aufrollung solcher Fragen dazu dient, Beruhigung zu bringen, dann täuschen Sie sich gewaltig. Im Gegenteil, Sie erzielen dadurch nur wieder, daß die kaum beruhigten Gemüter in Siedehitze geraten, daß dadurch wieder von neuem alle Arbeiten gestört werden und überhaupt ein gemeinsames Arbeiten niemals möglich werden wird.
Meine Herren, wie es scheint, werden wir in diesem Parlamente eigentlich nur dazu kommen, über Regierungserklärungen zu debattieren (Souhlas.), denn jetzt, in der Zeit, in der wir diese Regierungserklärung besprechen, befinden wir uns ja schon wieder in einer Regierungskrise und wir wissen nicht, ob morgen die Minister, die heute auf diesen Stühlen sitzen, noch da sein werden. Sie sind ja eigentlich nicht da. Wir sehen, daß die Regierung auf der einen Seite zwar die starke Hand zeigt, die sie ja nicht hat (Souhlas nìmeckých poslancù.), daß sie aber auf der anderen Seite eigentlich gar keinen Einfluß hat. Am deutlichsten hat das die Erklärung von gestern gezeigt, da die Aufträge, die diese Regierung erteilt, überhaupt von keinem Menschen in diesem Staate berücksichtigt werden. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.) Wenn das die Regierungsautorität ist, wenn Sie damit den Staat regieren und Ordnung in ihm schaffen wollen, dann, meine Herren, werden Sie bald am Ende Ihrer Weisheit sein, dann wird bald bei Ihnen keine Macht mehr im Staate existieren, die überhaupt eine Autorität besitzt. Wir taumeln ganz einfach hinein in die Krise der Militärdiktatur, die über uns hinweggehen wird und die die Freiheiten der Revolution zunichte machen und wieder die alte autokratische Herrschaft herstellen will. Wir sehen die starke Hand der Regierung, wenn es gilt, den armen Arbeitern da droben in den nordböhmischen Gebieten, in den Grenzbezirken, die Möglichkeit zu geben, sich die Nahrungsmittel, die sie in diesem Staate nicht bekommen, aus dem Auslande über die Grenzen zu holen. Dann kommt die Regierung der starken Hand, diktiert dort das Standrecht und versucht auf diese Weise den armen Leuten den letzten Bissen, den sie sich verschaffen können, auch noch zu rauben.
Während die Regierung auf der einen Seite die starke Hand zeigt, zeigt sie auf der anderen Seite, daß sie eigentlich gar nichts bedeutet. Wenn wir uns diesen Staat mit seiner Korruption in den einzelnen Stellen anschauen, so sehen wir einen geradezu entsetzlichen Zustand. Ich will Ihnen da nur ein paar Dinge sagen, wie hier gearbeitet wird, wie die Zentralstellen, die Korruptionsherde geworden sind, ihre Macht ausnützen.
Ich möchte nur gleich vorausschicken: wir sind keine Freunde dieser Zentralenwirtschaft, uns fällt es nicht ein, die Zentralenwirtschaft in dieser Form zu verteidigen, und wir würden es wirklich ertragen können, daß diese Wirtschaft recht bald beseitigt werde. So haben wir in der Spirituskommission, die ja auch eine staatliche Zentralstelle ist, vor ganz kurzer Zeit eine Affaire gehabt, die damit endete, daß ein Teil der Beamten beurlaubt wurde, weil ihre Manipulationen allzusehr gegen die guten Sitten verstoßen haben, andere aber mußten hinter Schloß und Riegel gesetzt werden und werden nun nach dem Strafgesetz ihre Vergehen büßen. Der Hauptverkehr dieser Spirituszentrale wickelte sich mit den Schiebern und Wucherern ab, die übrigen haben nur das bekommen, was von den Brosamen noch übrig geblieben ist.
Wenn wir auch eine andere Zentrale, die es eigentlich am ärgsten treibt, die Zentrale für Fette und Ole, einer Betrachtung unterziehen, zeigt sich erst recht, wie schädlich und furchtbar die Wirkungen dieser Zentralenwirtschaft in den einzelnen Fällen sind. Sie haben ja schon von dem Handelsvertrag mit Frankreich gehört, von dem Kompensationsvertrag. Nach diesem müssen wir beziehen: 500 Waggons Seife, 10 Waggons Parfümerien, die wir wahrscheinlich in diesem Staate sehr notwendig brauchen, Champagner, landwirtschaftliche Maschinen, obwohl hier genug davon erzeugt wird. Das sind alles Kompensationsartikel, die in diesem Vertrage aufgezählt werden. Das merkwürdigste Geschäft ist aber das mit der Seife. Die Seife, die wir da einführen könnten, oder die wir da bekommen, kostet ca. 15 bis 16 Kronen. Der Inlandspreis der Seife beträgt 22 Kronen. Wir hätten also durch diese Seife, die eingeführt worden ist, den Konsumenten billigere Seife geben können und die Organisationen, die die Konsumenten zu versorgen haben, haben verlangt, es möge ihnen diese Seife zur Versorgung der Arbeiter übergeben werden. Das ist nicht geschehen. Man hat diese Seife den Einkaufsgenossenschaften der Seifensieder, der deutschen und der èechischen, übergeben und den Preis mit 22 Kronen bestimmt (Hört! Hört!), so daß die Bevölkerung, die Konsumenten, 30 Millionen Kronen zahlen müssen. In welche Taschen das fließt, das wird ja erst ausgeforscht werden. Wahrscheinlich ist auch die staatliche Fettzentrale dabei ausgiebig beteiligt. Und es zeigt sich, daß diese Wirtschaft nicht dazu führt, eine Verbilligung der einzelnen Waren herbeizuführen, daß vielmehr alle zusammenwirken, die Waren zu verteuern. Man hat ganz einfach der großen Firma Schicht und den großen Seifenfabrikanten ein Geschenk von 30 Millionen Kronen gemacht und natürlicherweise müssen das die armen Teufel bezahlen.
Diese Zentralstelle übt auch die Kontrolle über die Margarineerzeugung und über den Fettverkehr aus. Ich möchte gerne einmal wissen, wie sie denn eigentlich diese Kontrolle ausübt. Wir sehen nichts davon, denn tatsächlich sind die Preise von Margarine und Fett zu einer Höhe gestiegen, die nicht im Verhältnisse zu den hier angesammelten und zur Verarbeitung vorbereiteten Vorräten steht. Auch die zu billigen Preisen eingeführten Vorräte werden, weil eben jede Kontrolle fehlt, ebenfalls zu dem derzeitigen Tagespreis verkauft; die Margarineerzeuger machen ein glänzendes Geschäft! Wir haben durch die merkwürdige Tätigkeit der Seifenzentrale Rohmaterialien für 1 1/2 Jahre eingekauft, allerdings zu einem Zeitpunkt, da die Rohstoffe am teuersten waren; nun sind diese Vorräte vorhanden, sie liegen hier und wir müssen die Produkte zu wahnsinnigen Preisen weiterzahlen. Wir können so der Segnungen nicht teilhaftig werden, wenn auf dem Weltmarkt selbst Veränderungen im Preise vorkommen, wenn Preisstürze eintreten und dadurch Preisermäßigungen hervorgerufen werden könnten.
Eine weitere Frage möchte ich aufwerfen. Was geschieht denn eigentlich mit den Geldern, die in den einzelnen Bezirksausschüssen und Bezirksverwaltungen aus den Approvisionierungsüberschüssen aufgebracht werden? Das sind Millionen und Millionen! Es existiert gar keine Kontrolle, was mit díesen Geldern geschieht, sie werden verwendet je nach dem Gutdünken, je nach der gerade sich zeigenden Verbindung, eine Kontrolle ist in keiner Weise gesichert. Das ist ein Mißbrauch mit öffentlichen Geldern und da müßte, wenn hier im Staate, in der Regierung vor allem auf Ordnung gesehen würde, eingegriffen werden, damit auch dieser Zustand ein Ende nehme. Vor allem anderen muß eine Kontrolle aller dieser Stellen gesichert werden.
Das Ministerium für Volksverpflegung hat im Vorjahre eine Unterstützungsaktion eingeleitet. Die Gelder dazu wurden vom Ministerrat bewilligt, es sollte eine großzügige Unterstützungsaktion eingeleitet werden. Bis heute aber hat man von diesen Geldern nichts gesehen und die Leute, die auf diese Unterstützungsaktion warten, könnten schon zehnmal verhungert sein, denn niemand weiß, wo dieses Geld steckt, warum es nicht flüssig gemacht und seinem Zwecke zugeführt wird.
Ein anderer Fall, der ebenfalls für die Wirtschaft bezeichnend ist: Ein Kaufvertrag über Einkauf von Fleisch aus Amerika wurde abgeschlossen. Der Vertrag wurde unterzeichnet, man hat ihn aber nicht kollationiert und nicht genau untersucht. Da stand nun aber statt des Wortes "cuttle", Rinder, das Wort "horses" Pferde, und als die erste Sendung aus dieser Viehlieferung angekommen war, war man natürlicherweise sehr erstaunt, daß statt Rindern Pferde kamen. Darob großes Entsetzen, Untersuchung. Schließlich und endlich hat der Staat eine große Abfindungssumme zahlen müssen, damit derjenige, mit dem der Vertrag abgeschlossen worden ist, zurücktrete und die weitere Lieferung unterbleibe. Aber den großen Schaden hat natürlich der Staat davon getragen.
Wir hören immer - und in der Regierungserklärung, die uns vorgelegen ist, finden wir es wiederholt - daß der Kampf gegen den Wucher, gegen den Schleichhandel geführt werden soll. Wie dieser Kampf geführt wird, das zeigt sich darin, daß das bestehende Wucheramt, das wirklich gut funktioniert und so verschiedene Dinge aufgedeckt hat, restringiert wird, daß die Beamten, die dort amtieren, an andere Stellen versetzt werden, daß eine Verminderung des Personals eintritt, weil, wie ich glaube, die Tätigkeit dieses Wucheramtes so manchem aus der Cr@eme der Gesellschaft in diesem Staate unangenehm ist. Das sind die Ursachen und da wird eben jede Kontrolleinrichtung, die besteht, zu beseitigen versucht.
Merkwürdige Geschäfte werden auch in der Lederzentrale mit den Häuten gemacht. Auch da hat man sich in eine solche Spekulation eingelassen, daß man hiebei 12 Millionen Kronen verlor. Um diese 12 Millionen einzubringen, muß man jetzt den Häute-Preis, der offiziell mit 16 Kronen bestimmt ist, auf 24 Kronen erhöhen. Die 8 Kronen fließen in die Tasche der Lederzentrale, aus den Konsumentenkreisen entnommen. Natürlich kann da eine Verbilligung der Lederoder Schuhpreise absolut nicht eintreten.
Wir sehen auch, daß alle Verordnungen und Gesetze, die hier erfließen, eigentlich nur bedrucktes Papier sind, daß sie keine Beachtung finden, daß sie niemand ansieht, und daß wenige Beamte in dieser Republik bestehen, die die Verordnungen, die ihr Ressort betreffen, auch wirklich kennen. Eine Verordnung jagt die andere, ein Gesetz das andere, es ist ein Wirrwarr und eine Unordnung, wie wir sie so häufig in diesem Staate in allen Fragen finden können.
Nun möchte ich mich der Frage der Ernährung zuwenden. Die Frage der Ernährung ist wirklich eine der brennendsten und wichtigsten. Wir hören Regierungserklärungen, der Ministerpräsident hat hier im Hause eine abgegeben, eine im Ständigen Ausschuß, eine gab der Minister für Volksverpflegung drüben im Ernährungsausschuß ab. Diese Erklärungen sprechen alle von einer überaus günstigen Lage unserer Ernährungsverhältnisse. Aber inzwischen kommt eine Deputation nach der anderen, eine Depesche nach der anderen, ein Schreiben nach dem anderen täglich her, worin wir gebeten werden, dafür zu sorgen, daß Mehl zugeschoben wird, daß die Quoten verabfolgt werden, daß das Brot den Armen auch zugeteilt werde. Das steht mit den Erklärungen im Widerspruch, da stimmt etwas nicht, und ich meine, es wäre viel vernünftiger gewesen, wenn der Ministerpräsident in Ansehung der Sachlage ernstere Worte in dieser Frage gefunden hätte, wenn er nicht beruhigen wollte, sondern an die Seite des Hauses, wo diejenigen sitzen, die die Ernährungslage im günstigen Sinne beeinflussen könnten, wenn er an diese ernste Worte gerichtet hätte. Es besteht ein Vertrag, daß abgeliefert werden muß, daß ein bestimmtes Kontingent abgeführt werden soll, ein Vertrag, der ganz ordnungsmäßig abgeschlossen worden ist. Was sehen wir aber? Wie sieht aber die Ablieferung in Wirklichkeit aus? Bis zum 1. September d. J. waren die Ablieferungen vollkommen zufriedenstellend, allein von diesem Tage an geht es mit der Ablieferung abwärts, die Aufbringung wird von Tag zu Tag kleiner und wenn wir nicht die Zuschüsse aus dem Ausland hätten, würden wir überhaupt schon in Hunger und Elend leben. Die Zuschübe, die eigentlich dazu verwendet werden sollen, uns Reserven anzusammeln, die Zuschübe, die aufgespeichert werden sollen, müssen wir an demselben Tage, an dem sie ankommen, sofort wiederverteilen, sofort zur Ernährung verwenden; wir können überhaupt nicht dafür sorgen, daß ein Vorrat angesammelt werde. Das sind Verhältnisse, die nicht ertragen werden können, und die müssen eine Erbitterung in den Massen auslösen, die eines Tages mit elementarer Gewalt zum Ausbruch kommen wird. Ich möchte von dieser Stelle aus warnen und möchte noch im letzten Augenblicke sagen, die Regierung möge sich in dieser Frage doch endlich ihrer Pflicht bewußt werden, sie möge nichts unversucht lassen, was die Ernährung der Bevölkerung sichert, weil das die erste und wichtigste Pflicht ist.
Sie rufen immer: Arbeit, Arbeit und wieder Arbeit. Sie sagen: Uns kann nur durch Arbeit geholfen werden. Aber bevor Sie Arbeit verlangen, müssen Sie darauf sehen, daß sich jeder sattessen kann, daß er die Kraft zur Arbeit habe und erst wenn er die Kraft hat, verlangen Sie von ihm Arbeit. (Souhlas.)
Wir sollen ein bestimmtes Quantum aus dem Ausland zuschieben und für diese Zuschübe ist uns ein gewisses Quantum Zucker als Kompensationsartikel in Aussicht gestellt worden. Das ist auch so ein merkwürdiges Geschäft, dieses Zuckergeschäft. Es bestanden für Zucker annehmbare Preise und die Verhältnisse waren so, daß wir für 1 kg Zucker 2 1/2 bis 3 kg Mehl kompensieren konnten. Allein in dieser günstigen Zeit haben der Minister Hotowetz und der Finanzminister - ich glaube, beide sind gleich schuldig auf einen höheren Zuckerpreis spekuliert und geglaubt, man solle noch zuwarten, um für den Zucker mehr zu bekommen. Diese Spekulation hat vollkommen fehlgeschlagen. Diese Spekulation kostet uns Hunderte von Millionen und wenn der Herr Finanzminister gestern gesagt hat, er brauche diese Millionen, die er nicht habe und daß er infolge dessen demissionieren müsse, da hätte er sich erinnern sollen, wie diese Millionen zu haben waren; damals hätte er sie nehmen sollen und dann hätte er sie auch in dem Moment gehabt, wo er sie gebraucht hätte. Die Spekulation, die mit dem Zucker in der verbrecherischesten Weise geübt wurde, wird uns noch sehr unangenehm werden. Anstatt der 14.000 Waggons Zucker, die wir zur Kompesation für Mehl benötigten, werden wir mehr als das Doppelte brauchen.
Ich möchte aber auch noch darauf hinweisen, daß wir niemals die Wahrheit hören, daß uns von allen Seiten, wo wir einen offiziellen Bericht zu hören bekommen, niemals die wahre Wirklichkeit gesagt wird, sondern daß uns immer Dinge erzählt werden, die mit den Erzählungen der anderen im Widerspruch stehen. So hat zum Beispiel der Herr Ernährungsminister im Ernährungsausschuß davon gesprochen, es seien 54.000 Waggons Getreide zur Einfuhr notwendig; im Ausschuß für Außenhandel hat Minister Hotowetz erklärt, daß wir nur im Stande seien, 30.000 Waggons Mehl einzuführen, daß alles, was mehr gesagt werde, eine Fiktion sei, fiktive Ziffern, mit denen man nicht rechnen könne und dürfe. Wer hat nun die Wahrheit gesprochen? Daß wir diese Mengen brauchen, daran will ich nicht zweifeln. Denn die Ablieferung zeigt uns ja, daß die Mengen im Inland auf keinen Fall aufgebracht werden. Die Ablieferung zeigt uns, daß wir nur einen Teil bekommen und daß die ganze Rechnung, die aufgestellt ist, zwar am Papiere stimmt, in Wirklichkeit aber nicht zutreffen wird.
Genau so wie mit dem Mehl, ist es mit den Kartoffeln. Die Kartoffelversorgung werde - so hat man uns gesagt im heurigen Jahre eine bessere sein, als in den früheren Jahren. Vielleicht wäre es möglich gewesen, im heurigen Jahre tatsächlich eine bessere Versorgung mit Kartoffeln herbeizuführen, aber man hätte dafür sorgen müssen, daß diese Kartoffeln auch rechtzeitig zur Verfrachtung kommen. Hunderte und aberhunderte Waggons Kartoffel sind am Wege erfroren, sind zugrundegegangen, sind der menschlichen Ernährung entzogen worden. Sie können nicht mehr gerettet werden, sie sind unrettbar für unsere Ernährung verloren. Natürlich gibt es auch draußen schon Leute, die sagen, man habe das mit Absicht getan, um den Spirituserzeugern große Mengen von Kartoffeln zuschieben zu können. Ich glaube ja nicht daran, aber denken Sie nur, wie draußen die Stimmung ist, wie draußen alle diese Fragen aufgefaßt werden und Sie werden dann einsehen, daß solche Gedanken schließlich und endlich auch Raum gewinnen. Man hätte rechtzeitig Vorsorge und Vorkehrungen treffen müssen, damit die tatsächlich vorhandenen Mengen Kartoffeln auch wirklich verfrachtet werden können. Wir haben in Böhmen ein Kontingent von 28.000 Waggons aufgebracht, abgeliefert wurden 12.000 Waggons, also 44 Prozent. Wir haben in Mähren 15.475 Waggons als Kontingent aufgebracht, abgeliefert wurden 4156 Waggons, also 26 Prozent des Kontingents, viel weniger als notwendig wäre. Und darum, weil wir auf allen Seiten sehen, daß die Mengen, die da abgeliefert worden sind, auf keinen Fall zureichen, möchten wir noch einmal in der nachdrücklichsten Weise fordern, daß da Ordnung und Wandel geschaffen wird, damit endlich die Ernährung der Bevölkerung gesichert werde. Wenn man das nicht im Stande ist zu erreichen, wenn die Herren, die dieses Ressort zu versehen haben, dazu nicht im Stande sind, müssen sie ganz einfach Anderen Platz machen, müssen Sie dafür sorgen, daß Leute an diese Stelle kommen, die tatsächlich im Stande sind, das Ernährungsproblem zu meistern.
Man spricht heute vom Freihandel und redet ihm bei allen Gelegenheiten das Wort. Man sagt, daß das unsere einzige Rettung sei, um aus diesem Zustand herauszukommen. Wir sind - ich habe das schon gesagt - nicht unbedingte Anhänger dieser staatlichen Bewirtschaftung, aber bevor wir zum Freihandel kommen, müssen Sicherheiten geschaffen werden, muß eine Übergangszeit gesichert werden, die uns die Sicherheit gewährt, daß die Ernährung ohne weitere Schwierigkeiten auch vollzogen werden kann. Nur wenn diese Bedingung erfüllt wird, nur wenn dafür gesorgt wird, daß gerade in der Frage der Ernährung alles dazu beigetragen wird, um endlich einmal zu einer Ordnung zu kommen, nur dann werden andere Verhältnisse eintreten, nur dann werden wir im Stande sein, die Ernährung der Bevölkerung ordnungsmäßig durchzuführen.
Unser Vertrauen zu der Regierung
ist vollkommen erschüttert; sie hat in den letzten Tagen bewiesen,
daß sie nicht im Stande ist, die Dinge hier zu meistern und hat
uns gezeigt und bewiesen, daß ihre Führung eine derartige ist,
daß wir immer tiefer in die Krise hineinkommen, und darum können
wir und werden wir niemals dieser Regierung das Vertrauen votieren.
(Potlesk nìmeckých poslancù.)