Ich will deßhalb den Antrag des Dr. Hallwich auf das Lebhafteste unterstützen, weil ich in der Annahme desselben eine erwünschte Art finde, dem Gewerbestande einen Strahl von Hoffnung zu spenden und demselben den Ausdruck des tiefen Interesses auszusprechen, welches der hohe Landtag für die gewerblichen Fachschulen zeigt.
Ans diesen Gründen etlaube ich mir, dem h. Hause die Annahme des Antrages Bestens zu empfehlen. (Bravo. )
Oberstlandmarschall: Der Abg. Mercy hat das Wort.
Abgeordneter M e r c y: Hoher Landtag!
Bereits im vorigen Jahre hat sich der hohe Landtag mit einem Gegenstande beschäftigt. Welcher
mit dem heutigen nahe verwandt ist; er betraf das Kunstgewerbe in concreto, die Goldschmiedschule in Prag. Der hohe Landtag ist damals über diesen Gegenstand zur Tagesordnung übergegangen. Aber das Resultat der Abstimmung war ein Solches, daß diejenigen, welche heute für das Minoritätsvorum eintreten, in derselben eine wesentliche Aufmunterung dazu erblicken dürften. Das Abstimmungs verhältnis war ein derartiges, daß wenn ich mich recht erinnere, nur wenige Stimmen den Ausflag gegeben haben. Beim heutigen Antrage, handelt es sich um gewerbliche Zwecke überhaupt. Wenn von der einen und von der anderen Seite die Kompetenzfrage aufgeworfen wird, kann dieß nach meiner Auffassung nur in dem Sinne geschehen, ob der hohe Landtag sich überhaupt mit gewerblichen Fragen zu befassen hat, d. h. ob sie in den Kreis seiner Verpflichtungen gehören. Denn darüber scheint mir denn doch gar kein Zweisel möglich zu sein, daß auf dem Gebiete materieller Fragen der Landtag nie und nimmer verhindert Werden kann, in einer gedeihlichen Weife seine Thätigkeit zu entfalten. Ziehen wir, meine Herren I das Staatsgrundgesetz zu Rathe, so haben wir zunächst die Landesordnung und das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867. Die Landesordnung weist ausdrücklich Schulangelegenheien den Landtagen zu und das Staatsgrundgesetz von 1867 §. 11 widerspricht diesen Bestimmungen der Landtagsordnung durchaus nicht. Wenn Sich die Praxis
herausgebildet hat, daß das Reich die gewerblichen Fachschulen ins Leben ruft und erhält, so geschah dies wohl nicht deshalb, weil man diese Angelegenheit nicht ebenso gut als eine Sache des Landes nach den bestehenden Gesetzen auffassen durfte, sondern es geschah offenbar mit Rücksicht auf andere Umstände. Diese Umstände scheinen mir in erster Linie in der Wichtigkeit der Sache, welche nach den allgemeinen wirthschafttichen Verhältnissen einen Aufschub nicht zuließ und in der Rücksicht auf die ohnehin durch die Erfordernisse des Volksschulwesens stark belasteten Landesbudgets zu liegen. Sollte auf dem Gebiete des gewerblichen Unterrichtes etwas namhaftes geschehen, so müßte dies offenbar vom Reiche ausgehen, welches die Pflicht hat, die Länder zu substituiren, wo deren Kräfte zur Erfüllung ihrer Aufgabe nicht ausreichen.
Zur Aufwerfung der Frage der Kompetenz des Landtages gibt aber gewiß das Vorgehen des Reiches keinen Anlaß.
Der gewerbliche Unterricht fällt nach dem Wortlaut der Landesordnung unbedingt dem Landtage zu.
Den meritorischen Ausführungen meiner Herren Vorredner, welche für den Minoritatsantrag eintraten, verzichte ich Weiteres hinzuzufügen und beschränke mich darauf hervorzuheben, daß nur Budgetrücksichten davon abratchen können, in einem
größeren Maße als die Minorität beantragt, die Frage zu behandeln, zu ihrer Wichtigkeit und zu den großen Summen, welche das Reich für den gewerblichen Unterricht verwendete, und alljährlich verwendet, steht die beantragte Summe von 2000 fl. gewiß in einem febr bescheidenen Verhältnisse.
Ich unterstütze aufs wärmste den Antrag der Minorität.
Oberstlandmarschall: Wünscht noch Jemand das Wort?
Žádá ještì nìkdo za slovo? Rokování jest dokonèeno.
Die Debatte ist geschlossen.
Der Hr. Berichterst. der Minorität ! Wünscht er noch das Wort?
Berichterstatter der Minorität Abg. S o b o t k a: Es ist unter jenen der Herren Redner, welche gegen den Minoritätsantrag eingetreten sind und zwar im Majoritätsberichte zu allererst gesagt Worden, daß diese Subvention resp. dieser Fond, welcher etwa dem Landesausschuß zur Verfügung gestellt Werden soll, deswegen nicht gegeben werden soll, Weit der Staat gibt und weit das Land nicht auch noch geben soll.
Run ich möchte mir in dieser Beziehung erlauben, einige Ziffern anzuführen, wo ebenfalls der Staat gibt und zwar in einer Angelegenheit, Welche ebenfalls nicht sinkt Landessache ist und wo das Land doch ebenfalls Mittel zu Gebote stellt. Eine Angelegenheit, welche im §. 18 der Landesordnung dem Landtage überwiesen ist, die Landeskultur. Da gibt z. B. das Ackerbauministerium 400. 000 st. für Landeskultur überhaupt, und für den landwirthschaftlichen Unterricht speziell 66. 000 Gulden.
Ich habe mir erlaubt im Minoritätsvotum zu bemerken, welche bedeutende Summen im Landesbudget ebenfalls für land und forstwirthschaftliche Zwecke und namentlich für landwirthschaftlichen Unterricht ausgeworfen find.
Run man kann sagen, dies ist ein Zweck, welcher nach der Landesordnung dem Landtage direkt zugewiesen ist, aber gehen wir weiter, nehmen wir das Unterrichtsministerium, so sehen wir im Posten für Realschulen für das Jahr 1876 240 000 Gulden eingestellt. Auch diese gehören allererst in die Reche des Staates und nichts desto weniger hat der hohe Landtag bereits mehrere Jahre den Ziemlich namhaften Posten von 30. 000 fl. für Realschulen eingestellt und im heurigen Jahr kamen abermals drei Petitionen von Kolin, Komofau und einer dritten Stadt im hohen Landtage zur Beratung und diese Wurden nicht etwa abgewiesen mit der Hindeutung darauf, daß der Staat die Verpflichtung habe, fondern aus der Sache selbst inne wohnenden Gründen.
Gehen wir noch einen Schritt weiter, so finden wir auch im Unterrichtsministerium Stipen-
dien für Lehramtszöglinge. Diese sind dort für das Jahr 1876 mit 229. 000 sl. präliminirt. Run, es wird wohl niemand läugnen, daß die Ausbildung der Lehramtszögling Sache des Staates sei, und doch hat der h. Landtag seit mehreren Jahren Stipendien für Lehramtszöglinge ebenfalls bewilligt, in früheren Jahren 10. 000 st. im Vorjahre und heuer 20. 000 sl. und hat gar keinen Anstand genommen, diese sogar einem Fonde zuzuweisen, welcher bekanntlich passiv ist, nämlich dem Rormalschulfonde, welcher seit mehreren Jahren bereits an ein Desizit leibet. Es ist ferner gesagt worden und zwar im Majoritätsberichte, daß wenn dieser Betrag etwa theifweife für Stipendien verwendet werden solle, so seien diese für Fachschulen keineswegs geeignet, sondern höchstens für Hochschulen aus Gründen, welche dort entworfen find.
Ich möchte mir zwei Bemerkungen dagegen erlauben: Wir haben in der Thierarzneischule sechs Stipendien von 1800 fl. und beim. pomotogischen Institut in Troja 18 Stipendien, welche allerdings bisher von Privaten, von Höchster und Allerhöchster Hand gegeben wurden.
Da aber heuer nur 6 solcher Stipendien eingelaufen sind, so hat, um sie zu sichern, sich das Sand bereit erklärt, für die übrigen 12 Stipendien subsidiarisch einzutreten und zwar wohl darum, damit die armen Gärtnerjungen, welche im pomologischen Institut unterrichtet werden, eine Subvention haben, weil sie vielleicht mit eigenen Mitteln in diesem Institute sich nicht erhalten können.
Ich werde ganz gewiß nicht gegen die Bedeutung solcher Institute sprechen, welche dazu beistimmt Sind, die rationelle Bodenkultur, die Pflege der Obstbäume u. s. w. ins Land hinauszutragen und aus diesen jungen Leuten Gärtner heranzubilden, welche in diesem Zweige für das Wohl des Staates, für das allgemeine Wohl zu sorgen haben. Aber ich bin fest überzeugt, daß sowie Fachschulen und landwirthschaftliche Schulen an den Staat gewiesen sind, es gewiß in dem Interesse des Staates liegt, auch die fachgewerblichen Schulen zu unterstützen, eben weil sie junge Pflanzstätten eines ganz neuen Wissenszweiges sind, daher um so mehr Unterstützung verdienen.
Wenn gesagt worden ist, daß das Land nichts thun solle, möchte ich darauf hinweisen, was das Handelsministerium in der Erläuterung zum Voranschlage für 1875 sagt und wo es ganz ausdrücklich bemerkt, daß außer dem Staate die Länder, Private, Städte und Handelskammern beitragen. Das Wort Länder ist also ausdrücklich darin hervorgehoben und wenn auch spezielle Nachweise mir darüber fehlen, so müssen es wohl Länder sein, welche dafür wirken; aber es gibt ein Land, welches ganz gewiß gibt, und das ist das Land Böhmen. Es gibt eben für Fachschulen bereits eine solche Subvention von mindestens 3600 sl. Prinzip ist es
also keineswegs, auf welches mau sich hier stützt. Sobald es darum nicht Prinzip ist, sondern nur Utilität, Nützlichkeit der Fachschulen, dann, glaube ich, kann man dem hohen Hause, wo die Intelligenz des ganzen Lindes versammelt ist, nicht zumuthen, erst einen Vortrag darüber zu halten, daß Fachschulen von höchster Wichtigkeit sind. Nun kommt noch ein Einwand, auf welchen die Minorität der Budgetkommission sehr gefaßt fein mußte. Dieser ist aus dem Munde Sr. Durchlaucht des Fürsten Metternich gekommen. Er würde sehr gerne, sagt er, für den Antrag der Minorität stimmen, und ich muß sagen, ich habe das Wort freudig begrüßt; aber das eine muß ich hinzufügen, ich habe einen andern Schlußsatz erwartet, daß wenn die Minorität der Budgetkommission einen so niedrigen Antrag aus Bescheidenheit gestellt hat, und weil der Landesausschuß selbst 2 - 3000 sl. beantragt hat, und weil eine so unbestimmte Ziffer von 2 - 3000 sl. nicht angenommen werden konnte, daß Sr. Durchl. jedenfalls beantragen werde, wenn nicht 5 - 10. 000 sl. mindestens einen höheren Betrag als 3000 sl. Allein der geehrte Hr. Redner hält das Minoritätsvotum für gänzlich unannehmbar und hat gegen dasselbe gesprochen.
Das ist ein Dilemma, aus welchem nicht herauzukommen ist. Ganz gewiß wird jeder anerkennen, daß die Summe von 2000 sl. für ein Definitivum ganz gewiß gering ist, aber meine Herren, es handelt sich hier eben um eine Unterstützung armer junger Leute, denen mit 25, 30, 40 sl. gedient ist, dann find mit 1000 sl. schon 20, 30, 40 unterstützt, während ja. im Thierarzneiinstitut und im pomologischen Institut nicht einmal solche Unterstützungen geboten sind. Ich möchte daher, ohne das hohe Haus mit weiteren Ausführungen und Gründen zu ermüden, (und der Gründe dürften sich sehr viele finden, ) dem hohen Hause doch empfehlen, der Industrie, welcher in diesem Hause so selten gedacht wird, weil eben die Bedürfnisse der Industrie an ein anderes hohes Haus gehen, wenn endlich einmal mit einer so bescheidenen Bitte herangekommen wird, Ihre Zustimmung nicht zu versagen und den Antrag der Minorität anzunehmen. (Bravo. )
Oberstlandmarschall: Der Berichterstatter der Majorität hat das Wort.
Berichterstatter Wolfrum: Ich glaube, daß sich die Auseinandersetzungen derjenigen Herren, welche für die Minorität eingetreten sind, in Bahnen bewegt haben, die eigentlich gar nicht angezweifelt worden find.
Sowohl der unmittelbare H. Vertreter der. Minorität, als auch derjenige, der ihn unterstützt hat, hat hervorgehoben, welche große Wichtigkeit darin liegt, daß Fachschulen errichtet werden und der Hr. Dr. Hallwich hat in den Born seines Geschichwissens gegriffen und uns gesagt, daß Schon
die große Kaiserin Maria Theresia Fachschulen errichtet hat, darum handelt es sich ja nicht. Fachschulen sind ja eingerichtet; keine einzige Petition, die wir erhalten haben, geht etwa dahin, der h. Landtag möge Unterstützengen geben, damit Fachschulen errichtet werben; Fachschulen hat die Munifizenz des Handelsministerium und Fortbildungsschulen die Munifizenz des Unterrichtsministeriums, wie ja im Berichte auseinandergesetzt und anerkannt ist, in reichlichem Maße begründet und erhält sie noch.
Die Petitionen, die eingebracht worden sind, gehen alle dahin, daß die Fachschulen keine Schüler haben. (Heiterkeit. )
Man soll ihnen Geld geben, damit sie den Schülern Stipendien geben, das ist meiner Anschauung nach etwas ganz anderes und auch der L. =A., wie der Bericht, ich glaube, ganz richtig folgert, hat Anlaß genommen, an den 2 Petitionen, die er erhalten hat, und die auch darauf hingehen, daß von den bestehenden Vereins- oder Fachschulen Unterstützungen gefordert werden, daß er eben nicht Fachschulen gründen, sondern den bestehenden Fachschulen Subventionen zuführen soll, damit sie einestheils Schüler erhalten, anderentheils Ausstellungsgegenstände prämiiren können.
Mir scheint, daß dies etwas anderes ist, als der Hr. Berichterstatter der Minorität und der Hr. Dr. Hallwich ausgeführt haben.
Nun haben die Herren die Kompetenz des Landtages betont und nachgewiesen, daß die Kompetenz des Landtages unzweifelhaft vorhanden sei. Ich fürchte fast, daß der Bericht Anlaß gegeben hat, hier die Kompetenzfrage auch in diese Frage hereinzuziehen. Ich hatte in diesem Berichte gesagt: "es ist Aufgabe der Landesvertretung und Aufgabe des Reiches.
Von Kompetenz habe ich kein Wort gesprochen. Mir ist es nicht einmal im Traume eingefallen, daß der h. Landtag nicht kompetent fein könne, für irgendwelche Gegenstände Geld zu geben. (Heiterkeit. )
Wenn der Bericht hervorgehoben hat daß der Landtag spezielle, in der Landesordnung bestimmte Aufgaben zu erfüllen hat, die feine finanziellen Mittet so reichlich in Anspruch nehmen und wenn er hingewiesen hat, daß wiederum Gewerbe und Industrie Aufgabe des Reiches sei, so geschieht dies nicht deswegen, um etwa nachzuweisen, daß der Landtag nicht das Recht hat, Geld zu geben, wenn er will, sondern um zu verhüten, daß, wenn der h. Landtag eine Aufgabe, die baß Reich hat, mit feinen Mitteln erfüllt, etwa das Reich keine Mittet mehr für das Land Böhmen für diesen Zweck hat. (Bravol Richtig!)
Wenn nach den Intentionen der Herren von der Minorität der Landtag Fachschulen selbst gründen, und unterhalten wird, dann ist es klar, daß
das Reich nicht nöthig, hat. Gelb dafür auszugeben und diejenigen Steuern, welche von Böhmen an den Sitz des Reiches fließen und von denen wir doch auch einen Antheil beanspruchen können, Werden für Böhmen nicht wieder verwendet; verwendet werden sie, aber für andere Kronländer. Und eben deswegen hat der Bericht darauf hingewiesen, daß, wo es nicht absolut notwendig ist, daß das Land seine speziell ihm vorgezeichneten Aufgaben erfüllen soll und dem Reiche aber überlasse, die Aufgaben ebenfalls zu erfüllen, die ihm zukommen.
Nun hat aber der Bericht prinzipiell die Frage gar nicht abgelehnt, er hat sich prinzipiell geneigt erklärt, daß, wenn von Fall zu Fall gewisse Interessen der Industrie und des Handels an den Landtag herantreten, diese Fälle geprüft werden sollen und der Landtag wirb ganz gewiß in seiner bisherigen Munifizenz auch immer offene Hand für wirkliche Bedürfnisse haben. Ich weife nur darauf hin, daß der h. Landtag im Jahre 1873, als die Weltausstellung war, nicht gezögert hat, den Handelskammern 30. 000 fl. zur Verfügung zu stellen, um die Zwecke der Industrie zu fordern, daß er nicht gezögert hat, 166 Arbeiter nach Wien zu Schicken und, 5000 fl. dafür aufs Budget zu nehmen.
Dann muß ich auch gegenüber den Aufzählungen des H. Berichterstatters der Minorität hinsichtlich dessen, was für Landeskultur geleistet wird und das Wenige, was für die Industrie geleistet wird, doch auf die Reaschulen hinweisen, diese sind doch ganz gewiß ein Mittel, daß vorzugsweise dem Gewerbe und Handel zu Gute kommt und kosten doch viel weniger, wie die Landeskultur. Und diese 30. 000 fl. zahlt also das Laud auch.
Es ist nicht zu wenig, aber niemals hat das Land prinzipiell etwa sich losgesagt von den Verpflichtungen für Industrie und Handel und die Budget=Komm.. beantragt ja durchaus nicht, sondern sagt nur, den Zweck, der jetzt vom L. =A. ins Auge gefaßt wirb, kann die Bubget=Komm. nicht
empfehlen, baß ihn ber h. Landtag annehme, denn der hohe L. =A. wird, wie ich mir schon hervorzuheben erlaubte, zu seinem Antrage vorzugsweise durch 2 Petitionen geführt und weist auf 2 andere Petitionen hin, die beim h. Landtage direkt eingebracht worden sind, um die Ermächtigung zu erbitten, 2-3000 fl. zur Verfügung zu stellen.
Was sind das für Petitionen? Wie ich schon gesagt habe, will die eine Prämien für Ausstellungsgegenstände, die andern 3 Stipendien für Schüler der Fachschulen.
Stipendien für Schüler der Fachschulen kann aber die Bubget=Komm. trotz den Ausführungen des H. Berichterstatters ber Minorität nicht für zweckmäßig erachten.
Die Stipendien für die Thierarzneischule sind, wie ich schon hervorgehoben habe, etwas anderes.
Die Thierarzneischule ist nicht hier im Laube, ist eine Beschäftigung, wo sich der einzelne nicht so leicht dafür begeistert, sie ist in Wien und mit großen Kosten verknüpft, für diese gibt das Land Stipendien, das halte ich für angezeigt.
Aber für solche Gegenstände, für Fachschulen, die im gewerblichen Unterricht das nämliche sind, wie die gewöhnlichen Volksschulen im wissenschaftlichen Unterricht, diesen Fachschulen Stipendien zu geben, käme beinahe gerade so heraus, als ob das hohe Haus Stipendien für Schüler der gewöhnlichen Volksschulen aussetzen würbe. (Heiterkeit. ) Wenn diese Fachschulen zu wenig besucht sind, so find sie, wie im Berichte schon hervorgehoben wurde, entweder nicht am richtigen Orte, wo die bezügliche gewerbliche Bevölkerung da ist und da soll man sie an einen andern Ort hinstellen, ober zweitens sie sind nicht gut geleitet, da muß man Aenderungen treffen, aber durch Stipendien wird man solchen Schulen keine Schüler zuführen. Und dann darf man auch nicht glauben, wie der Bericht gesagt hat, daß die gewöhnlichen Fachschulen gleich so besucht werben können, wie die Volksschulen.
Wir haben eine Petition der Grulicher Fachschule. Diese besuchen ungefähr 30 ober 50 Schüler und diese Fachschule petitionirt um Stipendien. Es ist dies die Fachschule für Holzschnitzerei; ich glaube, daß, wenn in diese Fachschule 30 bis 50 Schüler gehen, dieselbe wirklich zahlreich besucht ist und einem Bedürfnisse genügt.
Wenn alle Jahre oder alte 2 Jahre 57 tüchtige Zöglinge aus dieser Fachschule hervorgeben, so wird in 10 Jahren dieser Zweig blühend sein.
Aber man kann nicht verlangen, daß noch mehr Schüler hineingehen.
Es kann doch nicht die ganze Welt Holz schnitzen. (Anhaltende Heiterkeit. )
Also einerseits verlangt man zu viel, andererseits verlangt man etwas für Schulen, die nicht an dem richtigen Orte sind.
Nun, m. H., ist auch ein anderer Grund u. z. ein finanzieller Grund, ein in der Ordnung der Finanzen gebotener Grund, der die Budget-Komm. veranlaßt, den Antrag zu stellen, nicht auf den L. -A. -Antrag einzugehen.
Die Landesvertretung, wie jede Vertretung überhaupt, muß eine richtige Kontrole über jede Ausgabe haben und wegen dieser sehr gewichtigen Ursache sind Pauschalsummen so viel als möglich zu verwenden.
Ich sage so viel wie möglich, es gibt Fälle, und wir haben sie in unserem Budget. Ich weise nur auf die Straßenbaudotation, auf die Schulbaudotation hin.
Aber wenn man es vermeiden kann, so soll man es vermeiden und wenn auch diese Summe noch so gering ist, so ist es wieder ein disponi-
bler Fond und man soll nicht den Landesausschuß in Verlegenheit setzen, daß er eine bestimmte Summe immer zu verschwenden hat, wenn etwas in das Budget hineingestellt werden soll, so soll es etwas Bestimmtes sein; dann wird sowohl eine Kontrole ber Landesvertretung geübt werden können, als auch der Landesausschuß nicht in Verlegenheit kommen, vielleicht Petitionen, die allenfalls begründet sind, abzuweisen.
Das ist also auch ein Grund gewesen, und nun meine Herren, wenn diese Gründe den Budgetausschuß bestimmt haben den Antrag des Lan-
desausschusses abzuweisen und da ich folgerichtig bitten muß, den Antrag der Minorität nicht anzunehmen, so kann ich auch nicht den Autrag des Herrn Dr. Hallwich unterstützen; derselbe geht dahin, daß die eingelaufenen Petitionen dem Landesausschusse zur Erhebung zugewiesen werden, damit er über das Resultat im nächsten Jahre Bericht erstatte.
Ja diese eingelaufenen Petitionen mit Ausnahme einer einzigen, sie geben alle zusammen von Fachschulen aus und gehen dahin, man möge Stipendien für Fachschüler gründen, wenn nun diese Petitionen dem Landesausschusse zugewiesen Werden, so hat damit der hohe Landtag ausgesprochen, daß er sich mit dem Modus der Unterstützung der Stipendien einverstanden erklärt und nächstes Jahr wird der Landesausschuß seine Vorschläge machen auf Grundlage von Stipendien.
Deswegen kann ich diesen Antrag nicht empfehlen, er Scheint mir auch, ich möchte beinahe Sagen, überflüssig zu sein, was freilich der Herr Antragsteller verzechen mag, Wenn ich das von meinem Standpunkte als Berichterstatter sage.
Es ist noch eine Petition erst vorgestern der Budgetkommission zugewiesen worden, nämlich die Petition der Stadt Reichenberg, die im Allgemeinen um eine Unterstützung für ihre Gewerbeschule und für ein dort zu errichtendes Museum bittet und bezüglich dieser Petition wird von Seiten der Budgetkommission beantragt, daß sie dem Landesausschusse zugewiesen werde, mit dem Auftrage Erhebungen zu pflegen und Bericht darüber zu erstatten, es wird also durch diesen Antrag der Budgetkommission ganz das nämliche erreicht, was der Herr Antragsteller will, ohne daß man in die Lage kommt, dem hohen Landtage Petitionen und Stipendien zuzuweisen und dem Landtage unwillkührlich den Antrag auf Stipendien stellt.
Ich kann aber nicht unterlassen, noch ein Beispiel, welches der Berichterstatter der Minorität mit der Schule in Troja angeführt hat, hervorzuheben, er hat hingewiesen, wir hätten Stipendien in Troja bewilligt.
Das wird aber erst beantragt.
Ich kann nur versichern, daß wenn an die Landesvertretung die Frage herantreten würde, ob die Lan-
desvertretung diese Schule in Troja errichten und einrichten würbe u. z. zu demselben Zwecke ganz gewiß die Landesvertretung nicht darauf eingehen würbe, sie hat diese Schule in Troja als Erbschaft ber patriot. ökonomischen Gesellschaft übernehmen mussen und da sie einmal eingerichtet war, mußte sie so fortgeführt werben, und da tritt eben bas Uebel ein, baß man eine Schule eingerichtet hat an einem Orte, ber nicht zweckmäßig ist, denn jetzt haben wir eine Schule, erhalten sie auf Landeskosten und haben keine Schüler und beswegen müssen wir alljährlich 150 fl.. den Schülern zahlen, damit sie überhaupt in die Schule hineingehen. (Heiterkeit. )
Dieses Verhältniß wollen wir doch, meine Herren nicht weiter forstsetzen, es wird der Landesausschuß in Folge der Petition der Stadt Reichenberg im nächsten Jahre konkrete, präcise und wohlüberlegte Vorschläge machen, um ber Industrie und dem Gewerbe beizuspringen. Ich bin fest überzeugt, daß der l). Landtag mit Freuden darauf eingehen wirb.
Aber ber allgemeine Antrag, sowie er vom Landesausschusse und von ber Minorität gestellt wird, ober einen solchen, wie ihn Herr Hallwich gesteift hat, der, wie gesagt, nothwendigerweise dahin führen muß, baß eben Stipendien gewährt werben; einen solchen Antrag bin ich im Namen ber Bubgetkommission nicht in ber Lage zu unterstützen und ersuche das hohe Haus, den Antrag der Majorität ber Bubgetkommission zum Beschlusse zu erheben.
Oberstlandmarschall: Ich schreite nunmehr zur Abstimmung. In der Abstimmung geht der Abänderungsantrag des Herrn Dr. Haltwich voraus.
Abg. Dr. Hallwich: Ich bitte ums Wort.
Oberstlandmarschall: Die Debatte ist längst geschlossen.
Abg. Dr. Hallwich: Ich wünsche das Wort zur Abstimmung.
Ich habe meinen Antrag als Eventualantrag b. h. für den Fall gestellt, baß ber Antrag der Minorität nicht angenommen werden sollte und bitte baher denselben erst nach der Abstimmung über den Antrag ber Minorität zur Abstimmung zu bringen.
Oberstlandmarschall: Jedenfalls wäre es nothwendig gewesen, dies bei ber Einbringung bes Antrages schon mitzutheilen.
Abg. Dr. Hallwich: Nun, ich glaube, baß auch jetzt noch Zeit dazu sei.
Oberstlandmarschall: Nachdem der Herr Antragsteller seinen Antrag zurückzieht und ihn nach dem der Minorität gestellt haben will, so ist die Retheusolge der Abstimmung folgende:
Es geht voraus der Antrag der Majorität, ber Kommission, bann folgt ber Minoritätsantrag und endlich der bes Hrn. Abg. Hallwich.
Der Antrag der Majorität lautet: Berichterst. Wolfrum (liest): Hoher Landtag wolle auf den unter Z. 205 eingebrachten Antrag des Landesausschusses, ihm eine Pauschalsumme von 2000-3000 fl. zur Unterstützung gewerblicher Zwecke zur Verfügung zu stellen, nicht eingehen.
Sn. akt. Lederer: Slavný snìme neraèiž schváliti návrh výboru zemského, aby mu byla dána úhrneèná èástka 2000-3000 zl. k volnému použití na podpory pro úèely prùmyslové.
Oberstlandmarschall: Ich bitte diejeni-gen, welche diesem Antrage zustimmen, sich zu erheben.
Prosím pány, kteøí jsou pro ten návrh, aby vstali. (Stane se).
Der Antrag ist angenommen.
Der nächste Gegenstand ist der Bericht der Budgetkommission, betreffend den Rothstand der Arbeiter in den Industrialbezirken.
Berichterstatter ist Herr Dr. Görner. Ich ersuche ihn, den Bericht vorzutragen.
Nám. nejv. marš.: Zpráva budžetní komise týkající se nouze, která z pøíèiny váznoucího obchodu mezi dìlnictvem okresù prùmyslových panuje.
Zpravodajem jest p. dr. Görner.
Oberstlandmarschall: Ehe wir zum Vortrage des Berichtes gehen, habe ich dem h. Hause die Mittheilung zu machen, daß für den Antrag als Redner eingetragen sind die Herren Jahnel, Seidemann und Neumann.
Berichterstatter Dr. Görner: Hoher Landtag!
Nachdem der Bericht bereits mehr als 24 Stunden in Händen des h. Hauses ist, erlaube ich mir den Antrag, von der Lesung des Berichtes abzusehen.
Oberstlandmarschall: Wenn Niemand etwas erinnert, nehme ich an, daß dem Antrage zugestimmt wird.
Berichterst. Dr. Görner: Ich erlaube mir nur im Auftrage und im Namen der Budgetkommission folgendes nachzutragen:
Nachdem der Bericht bereits zum Drucke vorbereitet war, sind noch folgende Petitionen und Eingaben der Budgetkommission in derselben Angelegenheit zugewiesen worden, u. z.: L. -T. -Z. 208 der L. -A. -B., womit eine Note der k. k. Stathalterei mit einem Berichte des Bezirksausschusses Taunwald und Reichenberg mit den Projekten zum Straßenbau vorgelegt worden ist.
Z. 218 des L. -A: -B. vom 26. März mit einem Berichte des Kratzauer Bezirksausschusses, worin derselbe mittheilt, daß er noch nicht in der Lage war, die Projekte über den projektirten Straßenbau vorzulegen, mit Z. 229 L. -T. ist der L. =A =B. vorgelegt worden, worin eine Mittheilung der h.. Statthalterei über einen Bericht der Bezirkshaupt-
manuschaft Gablonz gemacht worden ist; mit Z. 231 L. =T. =B. ist ein L. =A. =B. mit der Petition des Bezirksausschusses Gablonz um Gewahrung einer Subvention und eines unverzinslichen Anlehens für Nothstandsbauten vorgelegt worden.
Mit Zahl 127 (Petition) wurde die Petit. des Bezirksausschusses Friedland um Landessubvention von 30. 000 fl. zum Bau von. Nothstandsstraßen vorgelegt.
Unter Zahl 243 Landtag, wurde der Landesausschußbericht vom 31. März und eine Note der k. k. Statthalterei, so wie der Bericht der Bezirkshauptmannschaft Friedland mit der Petition der Gemeinde des unteren Wittigthales vorgelegt, endlich bekam die Budgetkommission noch die Nummern 154, 160, 277, 154 Petitionen der Gemeinden Bärnsdorf, Wünschendorf, Heinersdorf und Rückersdorf wegen Bau von Bezirksstraßen.
Zahl 160. Eine Petition des Bezirksausschusses Gablonz, bezüglich Ablehnung des Landesausschußberichtes, ferner
Z. 277, Landtag. Petition des Bezirksaussch. Kratzau, wo er die bereits früher zugesagten Projekte für Straßenbauten sammt Kostenüberschlägen vorlegt.
Der Budgetausschuß hat in allen diesen Eingaben keine Veranlassung gefunden, von seinen früher gefaßten Beschlussen abzugehen, und der Antrag wurde daher aufrecht erhalten, welcher dahin geht:
Der hohe Landtag wolle beschließen, es wird ein Betrag von 50. 000 fl. als Nachtragskredit zum Budget des Jahres 1876 aus der Kassabaarschaft des Landesfondes gedeckt, und der Landesauschuß beauftragt, aus diesen Beträgen den nothleidenden Bezirken Reichenberg, Friedland und Gablonz zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gegenüber der ohne Verschulden verarmten und arbeitslosen Arbeiterbevölkerung nach Bedarf über deren Ansuchen unverzinsliche Vorschüsse gegen 20jährige, von deren Gewährung zu berechnende, Drückzahlungsraten unter Garantie der Gemeinden oder Bezirke zu bewilligen.
Sn. akt. Lederer: Komise budžetní navrhuje tedy:
Slavný snìme raèiž se usnésti takto:
Z pokladuièných pøebytkù zemského fondu poukazuje se suma 50. 000 zl. co dodatná potøeba budžetu roku 1876, a zmocòuje se výbor zemský, aby ze sumy té nouzi ztíženým obcím politických okresù Libereckého, Fridlandského a Jabloneckého za úèelem vykonávání zákonních povinností jich vùèi dìlnictvu, jež bez vlastní viny schudlo a o práci pøišlo, podle potøeby a k požádání obcí tìch povoliti mohl nezúroèitelné zálohy, splatné v 20tiletých lhùtách ode dne poskytnutí záloh poèínajících, za kte-
réžto splacení obce neb okresy, jichž se týèe, ruèiti mají.
Oberstlandmarschall: Ich ertheile dem Abg. Herrn Jahnel das Wort. Abg. Jahnel:
Hoher Landtag!
Wenn ich mir erlaube, zu den Ausführungen und Antragen des Budgetansschusses das Wort zu ergreifen, so gebe ich mich der Hoffnung hin, daß es mir gelingen werde, die hohe Landesvertretung nicht nur zu der von der Budgetkommission beantragten, sondern noch zu einer größeren Hilfsaktion zu bewegen, als sie eben vom Bubgetausschusse beantragt wurde. Es ist, meine Herren, ein trauriges, ein düsteres, ein tief ergreifendes Bild, Welches uns der L. =A. in seinem Bericht vom 16. März l. J. von der Lage eines Landestheiles entrollt hat, dessen Bewohner nicht nur den österreichischen Namen hochhalten bis an die äußersten Gränzmarken des Reiches, und wacker mit einstehen für Recht und Gesetz, sondern auch bis vor Kurzem noch auf dem Felde des Gewerbefleißes und auf volkswirthschaftlichem Gebiete eine Rührigkeit entfalteten, welche wesentlich mit Beitrug zur Erhaltung und zur Hebung der Steuerkraft unseres schönen Böhmerlandes. Leider läßt sich nicht verkennen, daß dieses rührige Schaffen einer reichs= und gesetzestreuen Bevölkerung in das gerade Gegentheil umgeschlagen ist; denn wir erfahren aus dem L. =A. =B., daß sich das nördliche Böhmen, daß sich insbesondere die Bezirke Reichenberg, Gablonz, Tannwald, Friedland und Kratzau in erceptionell trostlosen Lage Befinden, indem ein Landestheil mit mehr als 16 Geviertmeilen Flächeninhalt und einer Bevölkerung von 183. 000 Seelen einem allgemeinen Nothstande entgegengeht, wenn nicht rasche und ergiebige Hilfe gebracht wird. Die sämmtlichen dem h. Landtage vorliegenden Schriftstücke, als die Eingabe des Bezirksausschusses Gablonz, die Petition der Bezirksvertretung Gablonz, die Note der k. k. Statthalterei, die Note des k. k Statthattereipräsidiums und zwei Berichte des Bezirksausschusses Taunwald konstatiren übereinstimmend, daß in vielen Fabriken des nördlichen Böhmens die Arbeit theils ganz eingestellt, theils reduzirt ist, daß in Folge dessen viele Arbeiter beschäftigungslos sind, und daß sie, da nunmehr auch bereits ihre geringen Ersparnisse und Vorräth aufgezehrt sind, der bittersten Noch preisgegeben seien.
Die Bezirkshauptmannschaft Gablonz hebt hervor, daß die einheimischen Mittel, die zur Bewältigung des Nothstandes zur Verfügung stehen, sehr bald aufgezehrt sein werben. Die Bezirkshauptmannschaft von Reichenberg konstatirt, daß die Arbeiterkalamität bereits hereingebrochen ist, und daß sich dieselbe in dem Grade fühlbarer machen muß, als zu befürchten ist, daß die Arbeit auch in jenen Fabriken, in denen sie bisher unter großer. An-
strengung und mit großen Opfern von Seite der Fabrikbesitzer fortgesetzt wurde, wegen der anhaltenden Geschäftsstockung gleichfalls eingestellt oder reduzirt werden dürfte. Die Bezirksausschüsse von Gablonz und Tannwald stimmen in ihren Klagen mit diesen Ausführungen der landesfürstlichen Behörden überein und fügen hinzu, daß die eingetretene Kalamität von den bedenklichsten Folgen begleitet fein dürfte, da ohne Linderung der Rothlage dem Hunger Thür und Angel geöffnet sein werden.
Meine Herren! Ich will zugestehen, daß in dem einen oder andern Schriftstücke vielleicht Manches gesagt ist, was besser nicht hätte gesagt werden sollen. Ich will auch zugeben, daß die Art und Weise mit der Manches vorgebracht wurde, nicht ganz für sich einnehmen dürfte, aber an uns, den Vertretern des Landes liegt es, das meritum der eingelangten Petitionen zu prüfen, dieselben alles, nicht zur Sache Gehörigen zu entkleiden, und ich möchte sagen, den Kern aus der Schale herauszulösen. Dieser Kern aber sagt uns unverkennbar, daß im nördlichen Böhmen eine Kalamität hereingebrochen ist, die, wenn nicht rasche und ergiebige Hilfe kommt, zum Rothstande, zum Hunger führen muß und durch die Krankheiten, die die unausbleibliche Folge jeder Hungersnoth bilden, auch weitere Kreise zu gefährden im Stande ist. Glauben Sie nicht, daß mit zu schwarzen Farben gewalt wird.
Ich bin in der Lage und halte mich für verpflichtet, Ihnen einige weitere Daten bekannt zu geben, die das Stadium, in welchem die eingetretene Rothlage sich bereits befindet, noch viel greller ilustriren. Betrachten wir in erster Reihe die traurigen Verhältnisse, in welchen die Fachindustrie der Stadt Reichenberg sich befindet.
In der Stadt Reichenberg sind seit dem Beginne der Krisis 2000 Webstühle zum Stillstande gekommen.
Was das bedeuten soll, meine Herren, werden Sie sofort aus folgenden, mir von fachmännischen Kreisen zugekommenen Nachweisen entnehmen: Um einen einzigen Webstuhl das ganze Jahr hindurch beschäftigen zu können, sind 1800 Pfd. roher Wolle nothwendig. Um aus dieser Wolle ein fertiges Tuch oder einen fertigen Stoff arbeiten zu können, braucht man zu den verschiedenen einschlägigen Arbeiten: zum Sortiren, Schauern, Waschen, Färben, Trocknen, Krempeln, Spinnen, Webent Schweifen, Spulen, Noppen, Walken, Rauhen, Dekatiren, Pressen u. s. w. 770 Arbeitstage. Um also die außer Betrieb gesetzten 2000 Webstühle beschäftigen zu können, müßte man 3, 600, 000 Pfd. Wolle haben. Es waren nothwendig 1, 540. 000 Arbeitstage. Rechnen wir nun auf einen einzigen Arbeiter jährlich 300 Arbeitstage, so ergibt sich, daß durch den
Rückgang der Reichenberger Tuchindustrie allein bei dieser Industrie 5133 Arbeiter beschäftigungslos geworden sind.
Ich bemerke, baß von diesen Arbeitern allerdings einzelne wieder bei anderen Gewerbszweigen Beschäftigung gefunden haben mögen und baß eine größere Anzahl derselben eben nicht in Reichenberg, sondern in den Ortschaften um Reichenberg, wohin sie zuständig sind, ihren, Wohnsitz haben.
Wollen Sie nun noch wissen, welchen Lohnentgang die Arbeiter bei ber Reichenberger Tuchindustrie aus Anlaß des Rückganges derselben zu verzeichnen haben, so brauchen Sie nur die Summe ber Arbeitstage, nämlich 1, 540. 000 mit 70 zu multipliziren; - 70 Kreuzer ist doch gewiß, meine Herren, ein sehr geringer Tageslohn - und Sie erhalten eine Summe von 1, 078. 000 fl., welche den Lohnentgang nur bei ber Reichenberger Tuchindustrie bildet.
Ich kann nicht verhehlen, meine Herren, baß jene Tuchmacher, die ber Geschäftsstockungen wegen ihren Geschäftsbetrieb reduciren und in Folge dessen den größten Theil dieser 2000 Stichle stehen lassen mußten, ihre Erwerbs und Einkommensteuer fortbezahlen. Sie bezahlen sie sort in ber Hoffnung auf bessere Tage, sie bezahlen die Erwerbs und Einkommensteuer fort, ungeachtet sie bas Gewerbe kaum noch in dem halben Umfange und jedenfalls mit Verlust betreiben. Wer aber aus diesem Umstande etwa den Beweis herleiten wollte, daß ber Volkswohlstand nicht gesunken sei, daß die Steuerkraft nicht abgenommen habe, von dem könnte nur angenommen werben, baß er sich von ber traurigen Lage der Geschäftswelt einen richtigen Begriff nicht zu machen im Stande sei.
Wie die Dinge in Reichenberg stehen, bas Sagt die Petition, welche die Stadtvertretung im Monate Feber an die beiden Häuser des hohen Reichsrathes eingebracht hat, und aus ber ich mir mit Gestattung Sr. Durchlaucht bes H. Oberstlandmarschalls nur einen Satz vorzulefen erlaube. Er lautet: "Groß ist bereits die Zahl der Arbeiter, welche vergebens Arbeit und Erwerb suchen, und mit ihren Familien der bittersten Roth; preisgegeben find. Das Heimsagen der Gewerbebesügnisse steht auf ber Tagesordnung, die Gesuche um Reduzirung der Erwerbsteuer häufen sich in vordem nie dagewesener Weise. Selbst größere kapitalskräftigere Industrieunternehmungen sehen sich genöthigt, die Arbeitszeit auf ein Minimum zu reduziren, und finden trotzdem für diese so beschränkre Produktion keinen Absatz mehr. Was diesen Rückgang ber Tuchindustrie veranlaßt, verschulder hat, ist hier wohl nicht zu erörtern. Aber hervorheben darf ich, daß die in Reichenberg zu Grunde gegangenen Existenzen nicht an ber Börse gespielt haben, sondern daß sie von auswärts gekommenen Verlusten und Unglücksfällen, also vollständig un-
verschuldet zum Opfer sielen. Eine radikale Wendung zum Bessern wird wohl erst dann eintreten, wenn wir die Inauguration einer richtigen Zoll- und Handelspolitik zu verzeichnen haben werden (bravo!). Vorläufig ist eine Besserung leider nicht zu prognostiziren. Im Gegentheil wiederholt sich fast tagtäglich die betrübende Erscheinung, daß einer ober der andere jener Meister, die noch ihre altesten, besten und treuesten Arbeitsgehilfen beschäftigen, zu denselben mit Thränen in den Augen sagen muß: Leute, arbeitet langsam, denn wenn die geringen Garnvorräthe aufgearbeitet fein werden, über die ich noch verfüge, dann habe ich and) für Euch keine Arbeit mehr.
Dann werden, um mit den Worten des Rei-
chenberger Herrn Bezirkshauptmann zu sprechen, wieder mehrere Familien, denen der Ernährer wöchentlich, mancher freilich erst in 14 Tagen 3 - 4 sl., sage drei bis vier Gulden Lohn nach Hause brachte, ohne Brot und ohne Beschäftigung fein. Ich halte mich für verpflichtet, den Arbeitern der Stadt Reichenberg an dieser Stelle das ehrenvolle Zeugniß auszustellen, daß sie sich dieser großen Kalamität gegenüber bisher besonnen und einsichtsvoll verhalten haben. Aber, meine Herren, was würde die Behörde, was würde der Reichenberger Bezirkshauptmann für eine Antwort haben, wenn schließlich die nach Brot verlangende Menge doch kommen und sagen würde: Herr, Hunger tchut weh, wir bitten um Beschäftigung?
Das ist, meine Herren, mit matten Strichen die Zeichnung des Bildes, das Ihnen die Lage der Industrie unserer Stadt bietet. Sowie der Arzt die Krankheit nicht heilen kann, wenn er den Sitz und Umfang des Uebels nicht erkennt, so habe ich geglaubt, dem h. Landtage auch in dieser Beziehung die volle und ungeschmückte Wahrheit sagen zu sollen. Trostlos wie in Reichenberg, so sieht es auch in den Bezirken um Reichenberg aus. Es kann dies wohl nicht anders sein, da diese rauhen, im Gebirge gelegenen Bezirke eine Bevölkerung enthalten, die zum größten Theil dem Gewerbe- und Arbeiterstande angehört und nur zum geringsten Theile von dem Bodenertrage lebt?
Daß es im Reichenberger Landbezirke nicht anders sein könne, ergibt sich schon aus dem Umstande, daß die um Reichenberg gelegenen Ortschaften zum größten Theil mit Fabriken besetzt find, die Reichenberger Unternehmern gehören. Die weiter gelegenen Dörfer dagegen enthalten eine Bevölkerung, die bis vor Kurzem noch zu Handen von Warnsdorfer Baumwollfabrikanten arbeitete. Diese aber wurden durch die Katastrofe der Wamsdorfer "Eskomptebanik" fallir, und können daher die Weberbevölkerung, von welcher ich spreche, nicht mehr beschäftigen.