Pátek 19. dubna 1861

Oberstlandmarschall: Dr. Klaudi hat das Wort.

Dr. K l a u d i: Ich habe das Wort nur mir erbeten, um den Vorwurf zurückzuweisen von unserer Seite, als würde man um des Beifalls oder Mißfallens der großen Menge halber sprechen. Meine Herren, wenn wir nach Beifall oder Mißfallen der großen Menge handeln würden, dann meine Herren, hätten wir in den Reichsrath nicht gewählt; (Bravo!) uns leitet nicht der Beifall oder das Mißfallen der Menge, uns leitet die Uiberzeugung; und weil wir das Vertreuen haben, daß die Wähler uns das Vertrauen gaben, deßhalb haben wir ohre Rücksicht auf Beifall oder Mißfallen der großen Menge, nach Erwägung aller Umstände mit Verwahrung in den Reichsrath gewählt. Ich erwähne das meine Herren, um Sie zu überzeugen, daß uns das Pflichtgefühl und nicht der Beifall oder das Mißfallen der Menge leitet. Wir wissen alle sehr wohl, welche die Pflichten eines Abgeordneten sind, der hier in dem Hause sitzt, und der, weil er in diesem Hause gerade sitzt, ein großes Wort in der Entschiedung der Angelegenehiten des ganzen Reiches mitredet. Aber eben weil wir das wissen, deßhalb verkennen wir auch in gar keiner Frage die Schwierigkeit der Verhältnisse, in welchen wir uns befinden. Meine Herren! nicht das Gefühl allein leitet uns, ich habe bereits früher mir zu bemerken erlaubt, die Frage habe auch eine politische Seite. Ich will nicht darauf hinweisen, daß Se. Majestät unser allergnädigste König sowohl bei seiner Vermählung, als bei der Geburt der Prinzessin und des Kronprinzen die Mittel und Wege gefunden hat, diese geschichtlichen Ereingnisse auch durch thatsächliche Milde zu bezeichnen. Ich willnicht darauf hinweisen, daß Se. Majestät, unsern allergnädigsten König in jenen Augenblicken vielleicht das Gefühl des Bedürfnisses, vielen Tausenden wohlzuthun, geleitet haben mag; aber auf die politische Seite, die dieser Schritt heute hat, darauf hinzuweisen muß mir erlaubt sein. Verhehlen wir uns nicht in die Situatuin; denn der ist getäuscht, der sich selbst täuscht. Es ist noch eine reiche Saat Mißtrauens in allen Schichten der Bevölkerung. An uns meine Herren ist es, Vertrauen zu wecken, und an uns meine Herren, ist es dann, uns hat Se. Majestät, unser allergnädigste König, berufen, unsere Stimme will er hören, von uns will er die Stimmungsberichte haben, weil die Stimmungsberichte, die ihm die politischen Behörden gegeben haben, ihn eben nur getäuscht haben. (Bravo!) Ein solcher Stimmungsbericht ist der Antrag. Wir verhehlen uns nicht, daß Se. Majestät, unser allergnädigste König eben durch einen erhabenen Akt der Milde dueie Uiberzeugung wach rufen wird, daß wir in Oesterreich auf den Bahnen fortschreiten werden, die Seine Majetsät der Kaiser, unser allergnädigste König durch das kaiserliche Diplom vom 20. Oktober und durch die ihm nachgefolgten Ordnungen selbst betreten hat.

Nicht bei uns allein in unserem Vaterlande, in allen Ländern gibt es Leute, die ungeachtet sie nicht mehr gestraft sein sollen, dennoch gestarft sind, weil ihnen die Mittel zur bürgerlivhen Existenz entzogen sind.

Meine Herren, auch ich erkenne Niemanden zu, welcher politischen Meinung er immer angehöre, daß es ihm zusteht, sich aufzulehnen gegen den eben herrschenden Gesammtwillen. Welcher Ausdruck es sei, welcher Gesammtwille repräsentirt wird, um das darf sich ein Staatsbürger, der im Staatsvaterlande lebt, auch nach meiner Uiberzeugung nicht kümmern; er wird auswandern, allein auf Konsequenten, darauf einzugehen, ist nicht erlaubt. Ich erkenne das Recht der Revoluzion für den Einzelnen nicht an; und eben, weil ich es nicht anerkenne, so halte ich es für ein BsVergehen, dessen sich der Einzelne schuldig gemacht hat. Wenn ich mich nicht auf diesem Standpunkte befände, dann würde ich das Wort um Gnade nicht befürwortet haben; gerade aber deßhalb, weil ich es anerkenne, daß dem Einzelnen nicht das Recht zusteht, sich selbst Recht zu schaffen, im Staate sich über den gesetzlivch ausgesprochenen Gesammtwillen auszusetzen; und wenn er es gethan hat, daß er strafbar geworden ist: eben deßhalb habe ich ein Wort der Bitte um Gnade an unsern allergnädigsten König befürwortet. Wir dürfen uns kein Hehl daraus machen, daß es vielliecht gerade unserm Landtage zusteht, dieses Wort an die Stufen des allerhöchsten Thrones zu bringen. Es wird sich gewiß Keiner von uns verhehlen, von welcher Seite sich die größten Schwierigkeiten in unserem Reiche herandrängen. Die Wichtigkeit dieses Bedrängnisses kann unserer Ansicht nach nur eben dadurch gefühnt werden. Es kann allen den Wirrnissen nur dadurch vorgebeigt werden, daß wir die Uiberzeugung feststellen, es sei Ernst damit, auf den Bahnen fortzuschreiten, die eben betreten sind. Um Vertrauen zu wecken, um Mißtrauen zu beseitigen, und um den Stimmungsbericht Sr. Majestät, unserm allergnädigsten König, zu unterbreiten, in dem gegenwärtigen Augenblicke, wo es kaum möglich ist, etwas anderes hinauszubringen, damit ein wichtiger Schritt zur Befestigung des Vertreuens geschenkt wird. Nur diese politische Rücksicht war es, welche mit Gefühl gemeinschaftlich die Bitte befürwortet hat; und deßhalb glaube ich, meine Herren, daß wir nicht weiter darüber sprechen, und daß wir es Sr. Majestät, unserem allergnädigsten Kaiser und Könige anheim stellen, in welcher Form, in welcher Ausdehnung Er Gnade über will.

Seine Organe sind da, um Berichte darüber zu schaffen, wenn Se. Majestät, unser allergnädigste Kaiser und König, den Grundsatz ausspricht, daß Er Gnade ergehen lassen will, daß Er wirklich Vergessen und Vergeben für eines und Dasselbe hält, dann, meine Herren, die speziale Durchführung des kaiserlichen Wortes, die wird sich leicht finden.

Oberstlandmarschall: Herr Dr. Rieger hat das Wort.

Dr. R i e g e r: Meine Herren, ich habe den Antrag so allgemein gestellt, weil ich in keiner Weise der Gnade Seiner Majestät vorgreifen wollte. Wir stellen nur eben eine Bitte, eine Bitte um Gnade, eine Bitte um Barmherzigkeit. Eine Bitte ist kein Befehl, ist kein Beschluß. Wir wollen Seiner Majestät nicht vorschreiben, bis daher darf die Gnade gehen, und weiter nicht, oder es soll weiter gehen, als Er will. Auch das wollen wir nicht. Seine Majestät mag aus allerhöchster Gnade über unsere Bitte, über unsere unterthänige Bitte verfügen, was Er beliebt. Aber uns muß das Recht frei sein, die Bitte zu stellen. Ein Abgeordneter vor mir hat darauf hingewiesen, daß es im Nachbarlande eine bedauerliche Erscheinung sei, daß Leute, die durch politische Verbrechen sich der Stellung eines Staatsbürgers und Abgeordneten vollends unwürdig gemacht haben, en masse in den Landtag berufen worden sind. Meine Herren, in demselben Nachbarlande ist ein Mann, der wegen Hochverrath verurtheilt wurde, zum Rathe Seiner Majestät berufen worden. Wenn dieses möglich war, so mußte es ja auch möglich sein, andere Hochverräther zu Landtagsabgeordnetenzu ernennen; aber gerade dieser Umstand, daß es in Ungarn möglich war, und daß es faktisch geschieht, und daß es bei uns nicht möglich war, ist etwas, was für uns Alle verletzend ist. Wir sprechen fort und fort von dem großen und eineigen Oesterreich; das Wort "gleiches Recht und gleiche Pflicht" wiederhallt von der einen Grenze Oesterreichs zu der andern, und während dort Hunderte von Beurtheilten in Kammern, im Ministerrathe, in Aemtern und Würden sitzen, darf bei uns ein amnestirter Hochverräther nicht einmal das Doktorat machen, darf nicht einmal für sich und seine zahlreiche Familie den Lebensunterhalt erwerben. Ist das gleiches Recht für Alle, ist das das starke und einige Oesterreich? Man lasse Gnade wiederfahren dort, wo man keinen Druck üben kann, man lasse eben gewähren, wo man nihct hindern kann, aber bei uns, wo man noch glaubt, größeren Druck ausüben zu können, da soll keine Gnade sein? Ich glaube, Seine Majestät kann im gegenwärtigen Augenblicke keinen politischeren Akt thun, als indem Er die Gnade, die faktisch in Ungarn geübt wird, auch bei uns aus voller Gnade einführt. Also ich komme darauf zurück, ich glaube, der Beschluß über meinen Antrag ist vollends und endgiltig gefaßt und kann nicht widerrufen werden. Da aber in Betreff der Formulirung Zweifel erhoben wurden, so glaube ich, daß wir einfach den Beschluß dahin fassen, der vorgetragene Beschluß werde einfach bestätigt, und die Formulirung unseres Beschlußes und die Art und Weise, wie er an den Thron Seiner Majestät gebracht werden soll, unserm Herrn Oberstlandmarschalle übertragen, um nicht weiter in die Debatte einzugehen.

Oberstlandmarschall: Ich bitte diesen Antrag aufzuschreiben, denn er ist doch sehr wichtig.

C a r d i n al - E r z b i s c h o f: Als letzthin hier in doesem Hause debattirt wurde über die Einführung eines Abgesandten Wáwra durch die Amnestie in das Landtagshaus, so war gerade in einer Derjenigen, die dagegen gestimmt haben; ich mache kein Gehemniß daraus, und verhehle nie meine Gesinnungen. Da ich nun meine Gesinnungen nie verhehle, so glaube ich, dem hause es schuldig zu sein, mein Inneres aufzuschließen. Das Amt, der stand, den ich mir frei gewählt habe, ist ein Stand, dem nichts näher liegt, wie mein hochwürdigster Mitbruder ausgesprochen hat, als Liebe, Versöhnlichkeit und das Vergeben, und wenn ich damals bei der Verhandlung über Wáwra anders gedacht habe, als mein hochwürdigster Mitbruder, so geschah es nicht darum, als wäre ich unversöhnlich, rachgierig, als wäre ich lieblos. Ich gönne Jedem, mag er was immer für eine Schuld haben, den reichsten Genuß der bürgerlichen Rechte, ich gönne ihm Doktorate, wie eben erwähnt wurde, ich gönne ihm Ehre, Ansehen und einen Wirkungskreis. Nun in Einem habe ich Bedenken getragen, gerade darin, daß er im Landtage mit uns Allen tagen soll. Ich bekenne, ich war da von dem Ehrenpunkte beseelt; es ist eine große Ehre, im Landtage zu sitzen und im Landtage zu rathen. Der Kaiser selbst theilt viele seiner Majestätsrechte mit dem Landatge, und eine solche Ehre sollen nur ganz und gar makellose Männer theilen. Das war die Gesinnung, von der ich beseelt war; ich bin versöhnlich, aber Makellosigkeit ist auch etwas werth, und gerade die Wahlordnung enthält im §. 18 die Forderung einer strengen Makellosigkeit, nicht nur schon Beurtheilte, sondern selsbt Jene, welche aus Unzulänglichkeit der Beweismittel von der Anklage freigesprochen worden sind, sollen ausgeschlossen sein. Wenn das Gesetz so streng spricht, so glaube ich auch über die Makellosigkeit streng urtheilen zu sollen. Wenn die Versammlung für die Versöhnung spricht, was die Majorität beschließt, das ist Beschluß, das wird zum Beschluße erhoben werden; meine Gesinnung ist nicht die der Unversöhnlichkeit oder gar der Persönlichkeit, sondern nur der Makellosigkeit; das hat nmich bewogen, dem Beschluße nicht beizustimmne.

Oberstlandmarschall: Herr Professor Brinz hat das Wort.

Professor B r i n z: Ich verzichte darauf. (Rufe auf Schluß der Debatte.)

Oberstlandmarschall: Ich bitte durch Aufstehen es erkennen zu geben, ob man den Schluß der Debatte verlangt. (Angenommen.)

Dr. R i e g e r: Mein Antrag lautet: Der Antrag des Dr

Návrh posl. Riegra: Vzhledem prosby k J. Vel. o rehabilitování všech pro politické pøestupky potrestaných potvrzuje se jednoduše;

Dr. Klaudi: Ich beantrage die namentliche Abstimmung über diesen Antrag.

Oberstlandmarschall: Wird die namentliche Abstimmung unterstützt? (Wird unterstützt.) Isat genügend unterstützt. Also ich bitte die Namen zu lesen. Ich werde nach der Vorlesung der Namen bitten, diejeniegen Herren, die für den vorgelesenen Antrag sind, mit "Ja" zu antworten, Diejenigen, die dagegen sind, mit "Nein".

Graf Franz T h u n: Ich glaube, es ist noch nicht darüber abgestimmt, ob namentlich abgestimmt werden soll.

Oberstlandmarschall: Es sind mehr als 25 Herren aufgestanden, das ist hinreichend und darum ist die namentliche Abstimmung beschlossen worden. (Die namentliche Abstimmung findet Statt.)

Oberstlandmarschall: Das Resultat der Abstimmung ist, 188 "Ja" und 36 "Nein". Nun werde ich die heutige Sitzung schließen. Zuvor werde ich bnoch die Tagesordnung für die morgige Sitzung bekannt geben. Die morgige Sitzung wird um 11 Uhr beginnen. Die tagesordnung wird sein: Bekanntmachung der Reichsrathswahlen, die bis dahin wieder skrutinirt und fertig sein werden; der Kommissionsbericht über die Konstituirung des Landesausschußes, der allfälligen Kommissionsberichte, die vom Wahlkomité gewärtigt werden, und dann der Vortrag der sämmtlichen eingelaufenen Anträge, die ich heute den Herren bekannt gemacht habe, die sich auf die Wahl von Fach- oder sonstigen Kommissionen beziehen; der Antrag des Herrn Haase rücksichtlich einer Kommission für die Polytechnik, ein Antrag des Herrn Rieger auf 5 Fachkommissionen für Kredit, Kommunikazionen, Landesschulwesen, Bildungsanstalten und Ausarbeitung eines Gemeindegesetz-Entwurfes, ein Antrag vom Schulrathe Wenzig auf eine kommission für Reform des Unterrichts, ein Antrag des Professor Lambl auf eine Kommission für Landwirthschaftsspezialschulen, ein Antrag des Herrn Ritter von Limbeck auf eine Kommission zur Sicherstellung des Kapitalsbedarfes des Grundbesitzes; ein Antrag des Herrn Abgeordneten Kriwanek auf eine Kommission für ein Kommassazionsgesetz und ein damit in Verbindung stehender ähnlich lautender Antrag des Dr. Trojan; ein Antrag des Herrn Liedel auf eine Kommission wegen Untersuchung der Erwerbsverhältnisse und Armenpflege im Erz- und Riesengebirge; ein Antrag des Herrn Grafen Clam auf Niedersetzung eines Verfassungsausschußes; ein Antrag des Herrn Kratochwile wegen einer Kommission für das Jagdgesetz, und erin Dringlichkeitssantrag mehrerer Mitglieder wegen einiger Aufträge, die dem Landesausschusse zu ertheilen sein werden. Das ist die Tagesordnung für die morgige Sitzung, welche um 11 Uhr beginnt.

(Schluß der Sitzung 4 1/2 Uhr.)

J.U.D. Johann Ritter v. Limbeck,

Korrektor.

Dr. Julius Hanisch,

Korrektor.

Für den erkrankten Herrn Korrektor M u s il:

Erwein Graf Nostiz,

Korrektor.

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Aus der Statthalterei - Druckerei in Prag.


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