Úterý 24. kvìtna 1864

Stenographischer Bericht

über die

XLII. Sitzung der dritten Jahres-Session des böhmischen Landtages vom Jahre 1861, am 24. Mai 1864.

Vorsitzender: Oberstlandmarschall Karl Graf Rothkirch-Panthen.

Gegenwärtig: Oberstlandmarschall-Stellvertreter, Dr. W. Bìlský und die beschlußfähige Anzahl Abgeordneter.

Am Regierungstische: Der k. k. Statthalterei-Leiter Richard Graf Belcredi, und der k. k. Statthaltereirath, Josef Klingler.

Beginn der Sitzung 10 Uhr 30 Min.

Stenografická zpráva

XLII. sezení tøetího roèního zasedání snìmu èeského od roku 1861, dne 24. kvìtna 1864.

Pøedseda: Nejvyšší maršálek zemský Karel hrabì Rothkirch-Panthen.

Pøítomní: Námìstek nejvyššího maršálka zemského Dr. pr. V. Bìlský a poslanci v poètu k platnému uzavírání dostateèném.

Od vlády: C. kr. námìstek místodržícího Richard hrabì Belcredi, a c. k. rada místodržitelství Josef Klingler.

Poèátek sezení o 10. hod. 30 min.

Oberstlandmarschall: Die Versammlung ist beschlußfähig, ich eröffne die Sitzung.

Die Geschäftsprotokolle der 38.39.40. Sitzung sind durch die vorgeschriebene Zeit in der Landtagskanzlei zur Ginsicht aufgelegen. Ich stelle die Umfrage, ob zu diesen Protokollen irgend eine Bemerkung gemacht wird. Da dieß nicht der Fall ist, so erkläre ich die Protokolle für agnoszirt.

Der Herr Dr. Karl Roth hat in einem Schreiben ddo. 20. Mai um einen 6tägigen Urlaub gebeten. Ich habe ihm denselben ertheilt.

Die Herren Abg. Graf Harrach und Schary sind durch Unwohlsein verhindert, an der heutigen Sitzung theilzunehmen, ebenso Se. Durchlaucht Fürst Lobkowitz durch Geschäfte.

Ich ersuche die eingelangten Petitionen vorzulesen.

Snìm. sekr. Schmidt ète: Poslanec p. K. Faber podává žádost podílníkù kont. obilního fondu Kluèenického, aby smìli vynaložit z utržených penìz za obilí èástku 1000 zl. na stavbu školy v Kluèenicích a aby nemuseli prodat sejpku.

Abg. K. Faber überreicht Petition der Kont. Getreidefondstheilhaber von Kluèeníc um Bewilligung zur Verwendung von 1000 fl. aus dem Erlös für das Kont. Getreide zum Baue einer Schule in Kluèeníc, sowie auch, daß gestattet werde, den Schüttboden selbst nicht verkaufen zu müssen.

Oberstlandmarschall: An die Petitionskommission.

Snìm, sekr. Schrnidt ète: Poslanec Dr. Kralert podává žádost obce Jižní v okresu Kamenickém nad Lípou, o vylouèení z obce Sa-mosol, a utvoøení obce samostatné.

Abg. Dr. Kralert überreicht Petition der Gemeinde Jižna, Bez. Kamenic a. L. um Ausscheidung aus der Gemeinde Samosoll und um Konstituirung einer selbstständigen Gemeinde.

Oberstlandmarschall: An die Petitionskommission.

Snìm. sekr. Schmidt ète: Poslanec Baron Voith podává žádost obce Èeèkovic v okr. Chotìboøském, o vylouèení z obce Jeøišenské a utvoøení obce samostatné.

Abgeordneter Baron Voith überreicht die Petition der Gemeinde Èeèkowic, Bez. Chotìboø, um Ausscheidung aus der Gemeinde Jerischno und um Konstituirung einer selbstständigen Gemeinde.

Oberstlandmarschall: An die Petitionskommission.

Snìm. sekr. Schmidt ète: Poslanec Dr. Klaudy podává žádost obce Plouèenické v okresu Lomnického za oddìlení od obce Žïáru a prohlášení každé z tìchto dvou obcí za samostatnou.

Abg. Dr. Klaudy überreicht die Petiton der Gemeinde Plauschnitz, Bez. Lomnitz um Abtrennung von der Gemeinde Zdar und um Selbstständigkeitserklärung beider Gemeinden.

Oberstland marsch all: An die Petitionskommission.

Snìm. sekr. Schmidt ète: Poslanec Dr. Tomíèek podává žádost obce Hrabaèova v okr. Jilemnickém, týkající se žádosti obce Jilemnické, aby této obci pøirážka 1 kr. na každý máz piva na 10 rokù povolena byla.

Abgeordneter Dr. Tomíèek überreicht eine Petition der Gemeinde Hrabaèow, Bez. Starkenbach, betreffend eine Petition der Gemeinde Starkenbach um Bewilligung eines Bierkreuzers auf 10 Jahre.

Oberstlandmarschall: An den Landesausschutz.

Snem. sekr. Schmidt ète: Posl. Dr. Pur-

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kynì podává žádost zástupcù obcí okr. Velvarského jménem gruntovníkù téhož okresu, za vymožení revise katastru vyceòovacího.

Abgeord. Dr. Purkynì überreicht die Petition der Gemeindevertreter aus dem Bez. Welwarn im Namen der Grundbesitzer desselben Bezirkes, um Erwirkung einer Revision des Werthkatafters.

Oberstlandmarschall: An die Petitionskommission.

Landtagssekretär Schmidt liest: Abgeordneter Prof. Herbst überreicht die Petition mehrerer Gewerbsleute aus Landskron und dessen Umgegend um verfassungsmäßige Abänderung und Ergänzung der Gewerbeordnung vom 20. Dezember 1859 Z. 227 R.-G.-B. in einiqen Punkten.

Poslanec prof. Herbst podává žádost nìkterých živnostníkù z Landškrouna a okolí o ustávní zmìnìní i doplnìní živnostenského øádu vydaného 20. prosince 1859 è. 557 øíš. zák.

Oberstlandmarschall: An die Petitionskommission.

Snìm. sekr. Schmidt ète: Poslanec J. U. C. Kratochvíle podává žádost výboru penìžné záložny býv. panství Zelèského pro místní obec Turovec o rozdìlení kont. obilního fondu býv. panství Zelèského mezi jednotlivé místní obce.

Abg. JUC. Kratochwile überreicht die Petition des Ausschusses der Geldvorschuhkassa auf der ehem. Herrschaft Zelè für die Ortsgemeinde Turowec um Veitheilung des Kont. Getreidefondes der ehem. Herrschaft Zelè unter die einzelnen Gemeinden.

Oberstlandmarschall: Erhält seine Erledigung durch den inzwischen beschlossenen Gesetzesentwurf über Vorschußkassen.

Landtagssekretär Schmidt liest: Abgeordneter von Zeileisen überreicht die Petition der Gemeinde Lappersdorf, Bez. Karlsbad um Ausscheidung aus der Gemeinde Welchau, um Errichtung einer selbstständigen Gemeide.

Poslanec šl. Zeileisen podává žádost obce Lappersdorfu, okr. Karlo-Varského, o vylouèení z obce Velichova a o zøízení obce samostatné.

Oberstlandmarschall: An die Petitionskommission.

Ich habe übersehen die hohe Versammlung in Kenntniß zu sehen, daß Abg. Ritter v. Hasner bereits einige Zeit erkrankt sei, und daher verhindert ist, in der Sitzung zu erscheinen.

Vertheilt wurde der stenographische Bericht der 37. Sitzung. Ferner die 2. Abtheilung des Kommissionsberichtes betreffend die Durchführung der Gleichberechtigung beider Landessprachen an den Gymnasien in Böhmen, der Kommissionsbericht über den Entwurf einer Instruktion für den böhmischen Landesausschuß, und Bericht der Kommission betreffend die Aufbewahrung und Sperre der Reichskleinodien und des St. Wenzelsarchives.

Die Mitglieder der Kommission zur Berathung der provisorischen Dienstvotenordnung werden zu einer Sitzung heute um 5 Uhr Abends eingeladen.

Die Eisenbahnkommission hält heute Abends um 6 Uhr eine Sitzung.

Wir übergehen zur Tagesordnung.

Abg. Professor Zeithammer: Ich bitte Excellenz.

Oberstlandmarschall: Ja, sogleich. — Es ist mir eine Interpellation übergeben worden an Se. Excellenz den Herrn Statthaltereileiter. Ich war noch nicht in der Lage es Sr. Excellenz mitzutheilen, und werde sie daher jetzt zur Vorlesung bringen.

Landtagssekretär Schmidt liest: Interpellation des Abgeordneten Ottokar Zeichammer und Genossen.

Der Vorstand der Gemeinde Najstat im Bezirke Manetin legte Mitte März l. I. sein Mandat nieder. Zum Zwecke der Neuwahl eines Gemeinde-Vorstandes wurde der Gemeindeausschuß vom Bezirksvorsteher für den 31. März nach dem Bezirks-orte Manetin beschieden. Der Gemeindeausschuh ersuchte, da eine Vornahme der Vorstandswahl außerhalb des Gemeindeausschußsitzes im Gesetze nicht vorgesehen ist, auch keinen Präcedenzfall für sich hat, zur Wahl im Orte selbst schreiten können, worauf er vom Bezirksamte neuerlich nach Manetin citirt wurde. Da sich der Gemeindeausschuß abermal darauf berief, daß es durch das Gesetz nicht begründet sei, die Wahl außerhalb der Gemeinde vorzunehmen, wurde die Citation von Seiten des Bezirksvorstehers wiederholt und zugleich eine Strafe von 2 fl. für jedes Ausschußmitglied im Falle des Nichterscheinens am 12, Mai l. J. angedroht. Der Bezirksvorstand beruft sich darauf, (in der Zuschrift vom 23. März l. J. N. ext,. 979) daß die Angelegenheit nicht wichtig genug sei, um einen landesfürstlichen Kommissär auf Staatskosten in den entfernten Ort zu entsenden, bedenkt aber nicht, daß die Auslagen für 8 Ausschüsse hiebei noch größer seien, welche auf ihrer Hände Arbeit angewiesen sind, abgesehen davon, daß kein gesetzlicher Grund zu solchem Vorgang vorhanden ist.

Die nöthigen Belege liegen der gleichzeitig überreichten Beschwerde an den Landtag bei.

Die Gefertigten erlauben sich demnach an Se. Excellenz den Herrn Leiter der Statthalterei die Interpellation zu richten:

1. Hat die hochl. k. k. Statthaltern Kenntniß von diesem Vorgange des Manetiner Bezirksamtes?

2. Findet die hochl. k. k. Statthaltern einen derartigen Vorgang im Gesetze begründet?

Prag, 24. Mai 1864.

Ottokar Zeithammer,

Dr. Kordina,

Dr. Ed. Grégr,

Vojta Fingerhut,

Dr. Klaudy,

Krouský,

Dr. Grünwald,

Platzer,

Dr. Wiese,


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Dr. K. Tomièek.

J. Wenzig,

J. Klimeš,

Matoušowský,

N. Kratochwil,

Král.

Faber.

Dr. Gabriel,

Dr. Kralert,

Pollach,

Zelený.

Dr. Šwestka,

Dr. Rieger.

Statthaltereileiter Graf Belcredi: Ich behalte mir vor, diese Interpellation in einer der nächsten Sitzungen zu beantworten.

Oberstlandmarschall: Ich ersuche den H. Berichterstatter.

Berichterstatter Rektor Magnifikus Dr. Löwe: Die Berathung ist bis zum §. 3 der Landesausschußvorlage vorgeschritten. Dieser §. 3 der Landesausschußvorlage lautete folgendermaßen: In eine deutsche Schule sind nur solche Schüler aufzunehmen, welche fähig sind, mittelst der deutschen Sprache und in eine böhmische Schule nur solche, welche fähig sind, mittelst der böhmischen Sprache den Unterricht zu empfangen.

Die Kommission hat mit einer Majorität von 8 Stimmen gegen 6 beschlossen, die vollständige Weglassung dieses §. zu beantragen und zwar stützte sich die Kommission bei diesem Beschluß, vorzugsweise auf nachstehende 2 Gründe. Erstlich zeigte sich bei genauer Erwägung, daß die Vorschrift, welche in diesem §. enthalten ist, nach einer Seite hin ganz überflüssig sei, zweitens, daß sie nach einer anderen Seite wenigstens zum Theil schlechterdings nicht ausführbar sei.

Diese Vorschrift ist nämlich ganz überflüssig bezüglich der Mittelschulen, denn mit Rücksicht auf die Mittelschulen schreibt das Gesetz eine Aufnahmeprüfung vor. Bei dieser Aufnahmeprüfung ist eben zu konstatiren, ob der Schüler die Befähigung besitzt, den Unterricht an dieser Schule zu empfangen und daher in die Schule aufgenommen zu werden. Es werden also bei dieser Aufnahmeprüfung ohne dies alle Bedingungen in Betracht gezogen werden müssen, von denen eben die Fähigkeit des Schülers, hier den Unterricht zu empfangen, abhängt; also es wird auch auf diese Bedingung das Augenmerk gerichtet weiden müssen, ob nämlich der Schüler die Sprache, welche an dieser Schule Unterrichtssprache ist, hinlänglich versteht. Es ist daher ganz überflüssig bezüglich der Mittelschulen, hier etwas Besonderes zu verordnen.

Unausführbar, wenigstens zum Theil, erscheint aber die Vorschrift bezüglich der Volksschulen, an jenen Orten nämlich, wo nur eine Volksschule existirt oder etwa mehrere Volksschulen, aber von einerlei Unterrichtssprache sich befinder.

Vermöge des Schulzwanges sind nämlich die Eltern gebunden, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Sie weiden sie also auch an gewissen Orten in diese Schule schicken müssen, und wenn die Eltern nach dem Gesetze verpflichtet sind, die Kinder in die Schule zu schicken, so muß andererseits auch die Schule verpflichtet sein, die Kinder aufzunehmen. Es kann also von einer Zurückweisung der Kinder in diesem Falle nicht die Rede sein; selbst wenn die Kinder nicht fähig sein sollten in der Unterrichtssprache, die an der Schule herrscht, den Unterricht zu empfangen, so müssen sie dennoch aufgenommen werden. Das Kind wird allerdings eine Zeitlang zurückbleiben, das läßt sich eben nicht ändern, vielleicht ist es möglich, daß der Lehrer sich besonders mit diesem Kinde beschäftigt, wo nicht, so wird eben der Erfolg eine Zeitlang minder gün-stig sein. So lange aber der Zwang herrscht und die Eltern verpflichtet sind, ihre Kinder in die Schule zu schicken, müssen sie auch aufgenommen weiden. Es zeigt sich also, daß die Vorschrift einerseits bei Mittelschulen überflüssig ist, andrerseits in Beziehung auf die Volksschulen theilweise gar nicht ausführbar sei. Aus diesen Gründen hat die Kommission mit der genannten Majorität beschlossen auf die völlige Weglassung dieses §. anzutragen.

Oberstlandmarschall: Wenn Niemand das Wort verlangt, so ersuche ich den H. Berichterstatter zu §. 3 der Vorlage zu übergehen.

(Niemand meldet sich.)

Da das licht der Fall ist, so bitte ich zu §. 3 der Vorlage überzugehen.

Berichterstatter Rektor Magnifikus Dr. Löwe: Der §. 4 der Vorlage, nun §. 3 wurde diesmal einstimmig mit Beziehung auf 3 Punkte von der Kommission abgeändert, oder die Abänderung desselben einstimmig vorgeschlagen.

Es findet sich nämlich zuvörderst, daß in diesem §. 4 nur von Volksschulen mit 4 Klassen die Rede ist; es schien aber angemessen, auch hereinzubeziehen die unselbstständigen 2 oder 3 fassigen mit der Hauptschule verbundenen Unterrealschulen, weil ja der innere Zusammenhang beiderseits besteht, und erst durch die Vereinigung mit dieser unselbstständigen Unterrealschule die Hauptschule zu einem vollständigen Ganzen sich abschließt zu dem, was auch gesetzlich als Bürgerschule aufgezeichnet und ins Auge gefaßt worden ist. Man hat daher für gut befunden, statt zu sagen, an Volksschulen mit Massigen Hauptschulen, an Volksschulen und an den mit solchen Massigen Volksschulen verbundenen Unterrealschulen.

Also die 2te Modifikation, welche die Kommission beantragt, bezieht sich darauf, daß in §. 4 der Landesausschußvorlage es hieß, daß die Einführung und zwar die unobligate des Unterrichtes in der anderen Landessprache, über Beschluß der betreffenden Gemeinden geschehen solle; nun ist es aber gewiß, daß in dem Falle, als die Schule nicht von der Gemeinde, sondern von irgend Jemandem z. B. einer Korporation erhalten wird, das Recht, diesen Be-

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schluß zu fassen, nicht der Gemeinde, sondern denen zustehen müsse, welche die Schule erhalten. Daher beantragt die Kommission, daß auch statt der Worte "über Beschluß der betreffenden Gemeinde" zu sagen "über Beschluß derjenigen, die sie erhalten."

Endlich wurde beantragt, den Schlußsatz des Artikels 4 in der Landesausschußvorlage wegzulassen. Es heißt nämlich da: "Und es darf die Gesammtzahl der ordentlichen und außerordentlichen Lehrstunden in der Woche die Zahl von 24 nicht übersteigen". Das ist ohnehin durch das Gesetz vorgezeichnet, daher nicht nothwendig, hier besonders angemerkt zu werden.

Endlich ist noch eine kleine Abänderung getroffen worden, nämlich hinter dem Worte "außerordentliche Lehrstunden" ist auch angemerkt in einer Klammer "inobligaten" zur größeren Deutlichkeit zu sehen.

Das sind nun die Modifikationen, welche die Kommission bezüglich des §. 4 der Landesauschußvorlage, nun §. 3 des Gesetzentwurfes beantragen zu müssen glaubte.

Oberstlandmarschall: Ich eröffne die Debatte. Es ist kein Redner vorgemerkt. Verlangt Jemand das Wort.

(Es meldet sich Niemand.)

Da das nicht der Fall ist, werde ich zur Abstimmung schreiten. Ich bitte den §. 3 vorzulesen.

Ldtsekretär Schmidt (liest:)

§. 3.

An Volksschulen mit 4 Klassen (Hauptschulen) und an den mit solchen Massigen Volksschulen verbundenen Unterrealschulen ist über Beschluß derjenigen, die sie erhalten, auch die zweite Landessprache zu lehren; doch soll dieses erst von der dritten Hauptschulklasse angefangen, und nur in außerordentlichen (inobligaten) Lehrstunden geschehen.

§. 3.

Pøi školách národních o ètyøech tøídách (školách hlavních) a pøi školách nižších reálních s takovými ètyrtøídními školami národními spojených má se, ustanoví-li tak ti, kdo na školu náklad èiní, také druhému jazyku zemskému uèiti; avšak má se to díti teprvé od tøetí tøidy hlavní školy zaèínaje a jenom v mimoøádních (neobligátnich) hodinách školních.

Oberstlandmarschall: Ich bitte diejenigen Herren, welche dem Antrage zustimmen, die Hand aufzuheben.

(Geschieht.)

Ist angenommen.

Berichterstatter Dr. Löwe: Bezüglich des §. 5 der Landesausschußvorlage, nun §. 4 unseres Gesetzentwurfes, haben sich in der Kommission drei verschiedene Ansichten geltend demacht.

Die erste Anficht, welche durch eine Minorität von 7 Stimmen gegen 8 vertreten wurde, hielt die Erlernung der andern Landessprache an der Mittelschule für höchst zweckmäßig, und wollte daher daß dort überall dafür Gelegenheit geboten werde, in einer dem praktischen Bedürfnisse entsprechenden Weise.

Aber diese Minorität erklärte sich zugleich entschieden gegen jede zwangsweise Auferlegung dieses Unterrichtes, u. z. mit Berufung auf das Recht der Eltern in Ansehung der Erziehung ihrer Kinder, welches durch eine solche Maßregel in ganz ungerechtfertigter Weise geschmälert werde.

Uebrigens erwartete auch diese Minorität von einer solchen Maßregel nicht die beabsichtigte Wirkung.

Daher beantragte diese Minorität an Stelle des §. 4 zu sehen, "an Mittelschulen, das ist Gymnasien und vollständigen Realschulen soll die Gelegenheit geboten werden, die andere Sprache gründlich und in einer Weise zu erlernen, daß die Schüler derselben in Rede und Schrift mächtig sind.

Dieser Antrag wurde abgelehnt und eine Majorität von 8 Stimmen gegen 7 entschied sich dafür, daß die zweite oder andere Landessprache als obligater Lehrgegenstand an den Gymnasien, aber nur an den Gymnasien aufrecht erhalten, aber diese Verpflichtung nicht auf die Realschulen ausgedehnt werde.

Demgemäß wurde der Paragraph der Landes-ausschußvorlage abgeändert und die Formulirung des nunmehrigen §. 4 des Gesetzentwurfes nach diesem Beschluß der Majorität ins Werk gesetzt.

Diejenigen Kommissionsmitglieder hingegen, welche diesem Beschluß der Majorität nicht zustimmten, also eine Minorität von 7 Stimmen bil-deten, wollten, daß das Obligatsein der zweiten oder andern Landessprache an allen Mittelschulen, nicht bloß an den Gymnasien, sondern auch an den vollständigen Realschulen aufrecht bleibe und beantragt daher die Beibehaltung des §. 5 in der Fassung, wie er in der Landesausschutzvorlage sich findet.

Die Minorität hat auch ein Separatgutachten dem Bericht der Kommission angeschlossen.

Ich halte mich dem h. Hause gegenüber zu der Erklärung verpflichtet, daß ich ebenfalls dieser letzteren Minorität angehöre, weil dieser Umstand auch offenbar maßgebend ist für mein Verhalten bei der Diskussion über diese Frage.

Ich kann nämlich mit dem Majoritätsvotum so weit gehen und das Majoritätsvotum so weit vertreten, als ich mit demselben übereinstimme. Ich stimme aber mit diesem Majoritätsvotum so weit überein, als doch das Majoritätsvotum das Obligatsein der andern Landessprache wenigstens für Gymnasien feststellt.

Daraus ergibt sich objektiv genommen eine Ablehnung derjenigen Ansicht, welche von gar keiner obligatorischen Verpflichtung bezüglich der Erlernung der andern Landessprache weder an Realschulen noch an Gymnasien etwas wissen will.

Ich kann, daher vom Standpunkte des Majoritätsvotums an diese Ansicht bekämpfen und den Beweis antreten, daß die Gründe, welche dafür


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angegeben wurden oder angegeben werden könnten, nicht stichhältig sind, und diesen Beweis werde ich zu liefern mich bemühen.

Was aber die andere Seite des Majoritätsvotums betrifft, die Beschränkung der obligatorischen Verpflichtung zur Erlernung der andern Landessprache "blos" auf Gymnasien, so kann ich dafür weil es meine Ansicht nicht ist, nicht einstehen; ich muß mich daher in dieser Beziehung blos begnügen zu referiren, was von Seite der Majorität zur Begründung dieser Beschränkung vorgebracht wurde; ebenso halte ich mich verpflichtet, durch die Stellung, die ich gegenwärtig einzunehmen die Ehre habe, mich auch bezüglich des Minoritätsvotums zu verhalten, und daher die weitere Begründung desselben und allenfalls die Widerlegung der gegnerischer Seits vorgebrachten Einwendungen denjenigen zu überlassen, mit welchen ich in dieser Beziehung einer Ansicht war.

Ich wende mich also gegen die Ansicht derjenigen, welche durchaus gar nicht zugestehen wollen, daß die andere Landessprache an den Mittelschulen, sei es an den Realschulen oder Gymnasien ein obligater Lehrgegenstand sei, und die sich in dieser Beziehung berufen auf das Recht der Eltern, welches nämlich eine nicht zu rechtfertigende Verlehung durch eine solche Maßregel erleiden würde.

Es sind hier zwei Fragen, die zu beantworten sind; die eine ist eine Rechtsfrage, die sich eben auf diesen Einwurf bezieht, die andere ist eine Frage nach der Zweckmäßigkeit.

Es handelt sich zuerst um die Frage: Ist die legislatorische Autorität des Staates berechtigt, eine solche Anordnung zu treffen, oder würde dadurch jenes vermeintliche Recht der Eltern in Ansehung der Erziehung ihrer Kinder in einer nicht zu rechtfertigenden Weise verletzt?

Wenn es gelänge zu beweisen, daß eine solche Verletzung nicht Statt findet, daß der Staat vollkommen berechtigt ist, eine solche Anordnung zu treffen, dann würde sich erst die andere Frage uns in den Weg stellen, ist auch eine solche Verfügung zweckmäßig?

Oder, um die Sache kurz zu fassen, die beiden Fragen waren diese: Darf der Staat eine solche Anordnung treffen, und wenn er darf, soll er es?

Ich wende mich also zuerst zur ersten Frage. Da ist vor Allem zu berücksichtigen, daß das Gymnasium nicht der Ort der Lern- und Lehrfreiheit, sondern des Lehr- und Lernzwanges ist.

Beinahe in allen Staaten, mit Ausnahme einiger weniger, ist für die Gymnasien ein fester Lehrplan vorgezeichnet; es sind nicht bloß die Gegenstände angegeben, die Lehrgegenstände, sondern auch die Methode, wie sie behandelt werden sollen, ja sogar die Art des stufenweisen Fortschreitens von Jahr zu Jahr, und welches Resultat in jedem Jahr erzielt werden soll.

Das ist Alles durch das Gesetz festgestellt. Die legislatorische Autorität des Staates ist nicht hinausgetreten an die Strassenecken oder Kreuzwege, um nach den Wehen der aura popularis, etwa nach der Stimmung der unstäten Meinung zu forschen; sie ist nicht herumgewandelt in den Häusern und hat die Eltern bezüglich ihrer Sympathien und Antipathien befragt, oder etwa ihren allenfälligen Idiosynkrasien sich bequemt, sie hat von All' dem Nichts gethan, sondern sie hat sich nach dem Rathe der von ihr berufenen Vertrauensmänner und gestützt auf eine reiche Summe von Erfahrungen eine feste Ordnung für die Gymnasien festgestellt und Lehrer wie Lernende zum Gehorsam für diese Ordnung verpflichtet.

Der Staat hatte das Recht dazu, weil er die Pflicht dazu hatte.

Diesem Rechte des Staates gegenüber steht allerdings auch ein Recht der Eltern zur Seite; aber nur das Recht, die Kinder an das Gymnasium zu schicken oder nicht zu schicken; wenn sie es aber einmal dahin schicken, dann müssen sie es der dort nach dem Gesetze herrschenden Ordnung unterwerfen.

Wenn etwa die Einen gegen diesen Lehrgegenstand Einsprache thäten, so könnten. Andere mit demselben Rechte gegen andere Lehrgegenstände Einwendungen erheben. So würde ein Chaos entstehen und gar kein Unterricht möglich sein. Es ist bekannt, daß es viele gibt, die sich nicht überzeugen mögen, daß die Erlernung des Griechischen so sehr ersprießlich, geschweige denn, nothwendig für die Jugend sei. Andere gehen noch weiter; sie meinen, es wäre besser dem Studium einiger Bevorzugten andere Sprachen zu substituiren. Dieses sei den jungen Leuten im Handel und Wandel und auch im Salon nützlicher. Wenn man nun sehr entrüstet thut, daß die Kinder gegen ihren Willen und den Willen der Eltern zumal gezwungen werden sollen die andere Landessprache zu lernen, warum ist man nicht auch darüber entrüstet, daß sie gegen ihren und vielleicht der Eltern Willen mit dem Griechischen so sehr gepeinigt werden? und daß wenn sie vielleicht darin nicht fortkommen und in die höheren Klassen nicht aufsteigen, den Eltern mitunter ein schweres Leid bereitet wird. Aber man wendet mir vielleicht ein, man könne das nicht mit einander vergleichen. Darauf antworte ich nur dieses Eine. In dem Augenblicke, als man mir das zum Einwurfe macht, hat man das Gebiet der Rechtsfrage verlassen und sich auf das Gebiet der Zweckmäßigkeit begeben. Man hat dann schon anerkannt, daß es mit jener vermeintlichen Verletzung des Rechtes der Eltern nicht soweit her sei und das gegenüberstehende Recht des Staates nicht bestritten werden könne und hat eben deswegen es dann für gut befunden den Streit auf ein anderes Feld zu verpflanzen. Ich kann das annehmen und will die Frage auf dem andern Felde nach der Zweckmäßigkeit untersuchen. Es ist also festgestellt, unzweifelhaft habe der Staat das.


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Reckt, so gut den einen wie den andern Lehrgegen-stand zu einem obligaten zu machen, aber ist es auch zweckmäßig, wenn er das thut? Und ich stehe nicht an zu erklären, daß der Staat das thun soll und zwar aus dreifachem Grunde. Einmal um seines eigenen praktischen Bedürfnisses wegen, zweitens des praktischen Bedürfnisses der Betheiligten willen und drittens um einer höhern, ja der höchsten, um des patriotischen Interesses willen. Zuerst sage ich soll der Staat das thun, um seines eigenen praktischen Bedürfnisses willen. Das Gymnasium ist allerdings nicht blos der Universität wegen da, es ist seiner selbst willen da, es hat die Aufgabe eine Vorhalle der Universität zu fein. Was die Universität anlangt, so liegt es uns aber fern sie für eine bloße Ablichtungsanstalt etwa für einen bureaukratischen Zwecke anzusehen. Die Wissen-schaft soll um ihrer selbst willen gesucht und gepflegt werden. Allein das hindert nicht, daß dennoch die wichtige Bestimmung der Universität die ist, daß sie zwar nicht als Abrichtung, wol aber als Bildungsanstalt dient für künftige Organe der ad-ministrativen, politischen und judicialen Staatsgewalt. Ich frage nun, welche Forderungen muß der Staat an diese künftigen Organe stellen? Allerdings zunächst ihre wissenschaftliche Tüchtigkeit; aber doch gewiß auch den möglichst größten Umfang der Verwendbarkeit. Aber dieser Umfang der Verwendbarkeit hängt in unserem Lande ab vom Besitze bei-der Landessprachen.

Der Staat kann nicht neben jeden Beamten einen Translator oder einen Dolmetscher setzen; das wäre auch in vielen Fällen von keinem Nutzen, wo es sich namentlich um das unmittelbare persönliche Eingreifen handelt. Es ist also erstlich im Interesse des Dienstes, daß derselbe nicht mannigfache Verzögerungen , Verhinderungen und Erschwerungen erleide; aber auch im Interesse des Kostenpunktes ist es wichtig, daß diese Organe beider Sprachen in Böhmen mächtig find. Denn nur bei der größtmöglichen Verwendbarkeit der Einzelnen ist es auch möglich den Status der Beamten zu verringern. Es zeigt also, daß der Staat gewiß ein patriotisches Bedürfniß habe, darauf zu sehen, daß die Organe, deren er sich bedienen soll, beider Landessprachen mächtig sind. Er muß es aber auch wünschen im praktischen Interesse der Betheiligten selbst, und das ist aus dem Gesagten klar; es hängt der Umfang der Anstellungsfähigkeit auch davon ab; und es wird ihnen gewiß später drückend sein und höchst schmerzlich fallen, wenn ihnen die andern, die beider Sprachen mächtig sind, überall vorgezogen werden müssen.

Denn es ist nicht blos der Beamte, sondern auch der Arzt, der Seelsorger, Advokat, Notar oder Geschäftsmann, alle diese sind öfter in Fällen, wo ihnen die Kenntniß der 2. Landessprache nothwendig ist, und nützlich wird es ihm in jedem Falle sein, also der Staat hat die Ursache, diese Anordnungen zu treffen in seinem eigenen praktischen Bedürfnisse und wegen des praktischen Bedürfnisses der Betheiligten. Aber es gibt noch höhere Interessen, viel höhere Interessen, als diese beiden, die ich bezeichnet habe, nämlich die patriotischen Interessen. Indem ich diese Seite anschlage, beabsichtige ich nicht etwa mir durch Appellation an das Gefühl, meine Aufgabe zu erleichtern. Obgleich es an und für sich nicht abzusehen wäre, warum bei denjenigen, bei welchen es sich um das Wohl des Vaterlandes handelt, das Gefühl ganz und gar ausgeschlossen werden sollte. Ich werde mich aber dennoch bemühen, mich innerhalb des Kreises einer über alle Effekte schwebenden und rein verständigen Reflexion zu erhalten; denn hier ist es nicht um eine Ueberredung, sondern um die Ueberzeugung zu thun. Nun, erlauben Sie mir, trocken die Frage zu stellen: Welches ist denn der letzte Zweck, um dessentwillen die hohe Versammlung hier vereinigt ist? Ganz gewiß, um das Wohl des Landes zu unterstützen und zu fördern und es ist dies in diesem Lande eine dankbare Aufgabe, denn die Vorsehung hat eine reiche Fülle des Segens über dieses Land ausgegossen. Die Schätze, die es birgt, die reiche Produktiousfähigkeit des Bodens, die mannigfache Zierde und Schönheit der Natur, dazu der Fleiß und die Thätigkeit, die geistige Begabung und was nicht das geringste ist, der noch natürliche frische Sinn der Bewohner, all das einigt sich um d,e größtmöglichste Stufe der Wohlfahrt für dieses Land zu ermöglichen. Doch aber Eines habe ich übersehen, Eines, ohne welches alles das Andere jenes erwähnte Ziel nicht uns nahe zu bringen vermöchte; dies Eine das ist die aufrichtige, das ist die liebevolle Einigung der beiden Volksstämme, die das Land bewohnen, und wer das Wohl des Landes will, der muß auch diese Einigung wollen. Verbindungen der Kapitalien für gewisse Zwecke des Handels und der Industrie sind ganz gewiß höchst werthvoll, sie können auch Etwas dazu beitragen, daß diese Einigung sich vollziehe, aber für sich allein werden Sie das nicht zu Stande bringen. Denn es sind doch Verbindungen des Nutzens, also des Selbstinteresses und sie reichen nur soweit und währen nur solange, als der Nutzen und das Selbstinteresse reicht und dauert. Eine innere Verbindung, eine Vereinigung der Gemüther, eine Vereinigung des geistigen Lebens wird dadurch nicht erzielt. Der Austausch des geistigen Lebens unter den Menschen vermittelt sich durch die Sprache. Die Physiologen nennen das Blut den aufgelösten, den flüssigen Organismus, weil das Blut alle Stoffe enthält und mit sich führt, welche das materielle Substrat der Organe des Lebens bilden; ich möchte mir erlauben, die Sprache das flüssige geistige Leben eines Volkes zu nennen. In ihr besitzt das Volk den Ausdruck seines geistigen Lebens, sein eigenstes Sein und Wesen, und darum ist auch jedem Volle seine Sprache so theuer, und darum hat auch jedes Volk das Recht, so gewiß als es ein geistiges Leben zu wahren und auf die höchste Stufe der Vollendung zu bringen berechtigt


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ist, diese Sprache zu schützen und möglichst zu kultiviren.

Darum greift auch nichts schmerzlicher in das Herz des Volkes, als wenn seine Sprache zurückgesetzt oder abgewiesen wird. (Bravo! Výbornì!) Umgekehrt aber bringt nichts dem Volke näher, als wenn man in seiner Sprache zu ihm spricht. (Bravo! Výbornì!)

Nun in unserem Lande, in dem Lande, in dem zwei Völker wohnen, rings umschlossen von Gebirgen, wie von einer Mauer, völlig angewiesen an einander; wenn nun diese Völker nicht bloß jenes physische Band, sondern ein geistiges Band verbinden soll, dann darf die Sprache des Einen nicht fremd bleiben dem Andern; dann muß das eine Volk zu dem anderen sprechen in der Sprache des anderen. Das ist, möchte ich sagen, der geistige Händedruck, den sie sich reichen und dadurch wird ein Band befestigt zwischen ihnen, das viel inniger ist, und dauernder und unlöslicher als alle Assoziationen des Nutzens, daher meine ick, sollten die beiden Völker ihre Kinder erziehen, daß ihnen frühzeitig dieses Gefühl der gegenseitigen Achtung und Gerechtigkeit eingeflößt werde. Wenn das geschieht, dann wird gewiß das wesentlichste geschehen sein um das Mißtrauen zu beseitigen, und dann wird aus dem Boden einer wahren und liebevollen Einrichtung die höchste Blüte des Wohles für das Land emporblühen können. Zu diesem Ziele meine ich, solle der Staat die Hand bieten, und es auch ermöglichen und so hätte ich denn glaube ich nachgewiesen, daß der Staat, nicht blos in seinem eigenen praktischen Interesse, nicht im bloßen praktischen Interesse der Betheiligten, sondern im höchsten Inte-resse, in einem patriotischen Interesse handelt, wenn er die Jugend verpflichtet beide Landessprachen zu lernen.

Werfe ich einen Blick auf das was ich bisher ausgeführt habe, zurück, so ist gezeigt worden: Zuerst, der Staat hat das Recht die andere Landessprache zu einem obligaten Lehrgegenstande an den Gymnasien zu machen, und zweitens der Staat soll auch von diesem Rechte Gebrauch machen. Er darf es und er soll es und nun möchte ich an dem Punkte angelangt sein, an welchem es mir möglich ist auf einen Vorwurf zu antworten, der in der letzten Sitzung durch einen von mir hochgeachteten Redner unserem Gesehentwurfe gemacht worden ist. Dieser Gesetzentwurf, heißt es, will die drei Stand-punkte der Gleichberechtigung, der Utilität und der Fusion konfundiren. Nun ich akceptire diese Ginwendung, aber ich akceptire sie nicht als einen Vorwurf, sondern als ein hohes Lob und einen hohen Ruhm unseres Gesetzentwurfes (Výbornì). Ich werde mich darüber näher erklären.

Zu unterst und als Fundament von Allem kommt das Recht, darum hat auch schon ein halbes Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung ein tiessinniger griechischer Philosoph ausgesprochen, daß das Volk um das Recht sich schaaren müsse und daß es dafür streiten müsse wie für seine Mauer. Also die Grundlage und das unterste Fundament ist das Recht, das Höchste aber der Gipfel und die Krone, das ist das Wohl des Landes, das ist die Utilität im edelsten Sinne des Wortes, und der Weg von der Grundlage zum Gipfel, die Vermittlung zwischen beiden das ist die Fusion, die Fusion der Gemüther, die Fusion der Herzen, die Fusion der geistigen Liebe (Bravo!) dieß also wollten wir und mit Recht haben wir es gewollt und ich glaube daß uns eben das zum Verdienste gereicht, daß wir diese 3 Standpunkte in diesem Sinne und in dieser Weise in unserem Gesetzentwurf zu vereinigen uns bemüht haben. —

Man fürchtet sich nicht etwa, daß dadurch das eine Volk wird aufgehen und untergehen müssen in dem anderen, wenn es die Sprache desselben verstehet und spricht. Im Gegentheil gerade dieses ist das Mittel, nämlich, die liebevolle Einigung, daß sie neben einander sich behaupten und ihre höchste Stufe der Vollkommenheit erreichen.

Das sind nun, meine Herren, die positiven Gründe, welche ich für den von mir aufgestellten Sah anzuführen wüßte. Ich erlaube mir nur noch auf einige Einwendungen, die du gemacht werden könnten, im Vorhinein zu antworten. Zuerst pflegt man zu sagen: "Ja, das wäre alles recht schön, aber das Gymnasium ist ohnehin schon überladen mit Lehrgegenständen, es ist nicht mehr Platz dafür." Darauf antworte ich: Wenn das Bedürfniß, wie ich gezeigt habe. in der That ein so dringendes ist, dann muß Platz dafür sein innerhalb des Rahmens des Gymnasiallehrplanes, aber wir brauchen nicht einmal das anzuführen; es, ist ja Platz dafür. Es ist ja dieser Unterricht bereits vorgezeichnet durch eine Verordnung vom 9. März 1856, wenn ich nicht irre. Es ist alles voraezeichnet in dieser Beziehung, es kann also gar keine Frage sein, ob dafür Platz sein wird, innerhalb des Gymnasialunterrichtes, weil fortwährend Platz dafür gefunden worden ist. Eine zweite Ginwendung, die man vielleicht machen dürfte, ist diese: Nun ja, meine Herren, ganz gut, man soll ja das Lernen der zweiten oder anderen Landessprache empfehlen, aber nur keine Nöthigung, die Nöthigung das ist das-jenige, was man scheut und scheuen will.

Darauf hätte ich eigentlich schon geantwortet, indem ich gezeigt habe, daß man diesen Einwurf auch gegenüber anderer Lehrgegenstände am Gymnasium machen könnte, allein ich muß noch etwas hinzufügen: Man täusche sich nicht; man verkennt die Natur des Gymnasiums und der Schüler, wenn man glaubt, daß durch bloße Anempfehlung an Gymnasien dieser Unterricht viele Früchte bringe. Was am Gymnasium nicht zum obligaten Lehrgegenstand gemacht wird, das wird in der Regel nicht gelernt (Rufe: das ist wahr), darüber werden mir alle praktischen Schulmänner entsprechendes Zeugniß bringen (Bravo!) also wird das Empfehlen nichts nützen. Wenn Einer aber den Zweck will, so muß er


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das Mittel wollen. Es bleibt nichts übrig, ent weder den Zweck nicht zu wollen, oder auch das Mittel zu wollen, und dann, ist es denn wirklich so etwas schreckliches, die Nöthigung bezüglich der Kindel ? Meine Herren ! Die Erziehung der Kinder-will ziehen, alles Ziehen ist aber eine Nöthigung. Wenn irgendwo ein überaus erhabenes Wort anwendbar ist, in Beziehung auf die irdischen Verhältnisse, so meine ich, könnte man sagen, daß compelle intrare. Das gilt vorzugsweise bei der Er-ziehung. Die ganze Erziehung, meine Herren, ist nur eine Reihe von Nöthigungen.

Und wenn die häusliche oder öffentliche Er-ziehung zu Ende ist, dann kommt erst der große Hofmeister, das Leben, und setzt die Reihe der Necessitationen sort. (Sehr gut). Aus den Necessitationen kommen wir gar nirgends heraus, nicht ein-mal hier, innerhalb dieses Hauses. Also es ist nicht gar so etwas schreckliches, was in diesem ganzen Begriff der Necessitation liegt.

Endlich wird man vielleicht noch einwenden: ja wenn nur die Nöthigung etwas nützte, faktisch aber hat sie nichts genützt.

Der Unterricht bestand obligatorisch bisher, aber es ist nicht viel herausgekommen dabei. Darauf ant-wortete ich: erstlich ist das in dem Unfang, in dem man es behauptet, nicht richtig. Ich hatte doch auch Gelegenheit, manche Studierende kennen zu lernen deutscher Nationalität, welche blos am Gymnasium ihre Kenntniß der böhmischen Sprache gewonnen haben. Freilich bin ich nicht im Stande, über ihre Kenntniß in dieser Beziehung zu urtheilen, aber es haben mir Fachmänner das Zeugniß in Beziehung auf diese jungen Leute gegeben, daß sie der Sprache ganz mächtig geworden sind. Es ist also das, was man als Regel aufstellt, nicht ganz und gar richtig.

Aber gesetzt, es sei wirklich so. Was würde das beweisen? Würde das etwa beweisen gegen die Zweckmäßigkeit der obligatorischen Vorschreibung des Unterrichtes? Ganz und gar nichts. Wenn ich Je-mand einen preiswürdigen Zweck angebe und auch das entsprechende Mittel dazu, aber er macht zu dem Mittel allerlei fremde ungehörige Zuthaten, er corrumpirt das Mittel und nun nützt das Mittel nichts und er erreicht den Zweck nicht; und er kommt dann und beschwert sich und klagt mich an; da würde ich ihm wohl antworten können: "das ist nur deine Schuld, warum hast du das Mittel nicht in der rechten Weise angewendet." Das ist auch hier der Fall. Die Art und Weise, wie diese lebenden Sprachen in den Schulen behandelt werden, dürfte vielleicht nicht zweckmäßig, sein, sie ist vielleicht zu abstrakt, formal, philologisch.

Man pflegt bezüglich anderer lebenden Sprachen, der französischen und englischen heut zu Tage eine praktische Methode zu befolgen und erreicht sehr schnell, sehr günstige Resultate.

Versuche man diese Methode auch im Gymnasium bezüglich des Unterrichtes in der andern Lan-dessprache. Es wird gewiß auch gehen, und es wäre unbegreiflich, warum ein junger Mann in 8 Jahren bei wöchentlich zweistündigem Unterricht nicht eine Sprache sollte lernen können, wenn man die Sache nur ordentlich anfangt. Also auch dieser Grund wird hinwegfallen.

Nun meine Herren, komme ich noch auf ein letztes. Wollen wir etwa etwas neues, unerhörtes, noch nie dagewesenes, daß darüber ein solches Befremden hie und da sich äußert? Durchaus nicht. Was wir wollen, ist ja schon da und gesetzlich vorgezeichnet, nämlich im Gesetze vom 9. März 1856. Wird der Unterricht in der böhmischen Sprache an den Gymnasien in Böhmen mit Schülern deutscher Muttersprache als allgemeines Obligat vorgeschrieben, und die ganze Weise, wie dieser Unterricht zu halten sei, ebenfalls vorgezeichnet. Wenn man sagt, daß war eine frühere Verordnung unter dem früher bestandenen Unterrichtsministerium, so antwortete ich darauf, das ist auch von dem gegenwärtigen Staats-ministerium gut befunden und bestätigt worden. Wir haben einen h. Erlaß des Staatsministeriums vom 30. April 1862 Zahl 30715. Er wurde veranlaßt durch eine Vorstellung des Stadtrathes von Eger vom 2. November 1861 gegen die Ginfüh-rung der böhmischen Sprache als obligaten Lehrgegenstand am Gymnasium, und der mit der Hauptschule verbundenen Unterrealschule. Was hat das Staatsministerium darauf geantwortet. Es hat wohl zugegeben, daß bezüglich der Unterrealschule die Erlernung der andern Landessprache durchaus nicht obligat sein soll.

Denn es sei hier wohl dasselbe Bedürfniß vorhanden, wie für die Gymnasialschüler, und die Regierung sei hier nicht im gleichen Grade verpflichtet, die Aneignung der böhmischen Sprache von Seiten der aus der Unterrealschule austretenden Schüler vorzuzeichnen und darauf einen Werth zu legen; allem bezüglich des Gymnasiums erklärt das Staatsministerium, daß es als zweifellos betrachtet werden müsse, daß die Anordnung des bestandenen Unterrichtsministeriums vom 9. März 1856 lediglich das eigene Interesse der Schuljugend zum Zwecke habe, weil sie darauf gerichtet ist, daß es ein vorhandenes Bedürfniß sei, daß auch die deutschen Abiturienten in jenen Berufskreisen, für die das Gymnasium heranzubilden hat, die schwer entbehrliche Kenntniß der zweiten Landessprache in Böhmen mitbringen; daher wurde auch dieses Ansuchen des Stadtrathes von Eger bezüglich des Gymnasiums abgelehnt und es soll dabei sein Verbleiben haben, daß die zweite Landessprache obligater Gegenstand am Gymnasium bleibe.

Das ist meine Herren, was ich nothwendig gehalten habe, zu Gunsten des Antrages der Kommission bemerken zu dürfen; insoweit als es sich eben um das Obligatsein der anderen Landessprache am Gymnasium handelt; was aber die Einschränkung auf diese Gymnasien betrifft, welche die Majorität der Kommission beschlossen hat, so habe ich bereits erklärt, daß ich mich bezüglich dieses Punktes nur referirend verhalten werde.


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Die Majorität hatte auf 2 Gründe Bedacht genommen, nämlich I. darauf, daß die Realschule doch in einer viel direkteren Beziehung zum praktischen Leben sei, als das Gymnasium, da eben deswegen, mehr die Aufforderung für den Schüler vor-liege, die zweite Landessprache zu lernen und daher es hier minder nothwendig sei, diesen Gegenstand zum obligaten zu machen.

Zweitens bemerkte die Majorität, daß es sich an den Unterrealschulen viel hausiger finde, als an dem Gymnasium, daß Eltern ihre Kinder dahin geben, mit der Absicht, sie nach vollendeten Studien außerhalb Böhmen sich eine Versorgung suchen zu lassen; für diese sei daher die Erlernung der anderen Landessprache nicht unbedingt nothwendig und es sei da allerdings unter dieser Voraussehung nicht aufzuerlegen, endlich hat man noch das beachtet, daß es der Beruf des Gymnasiums sei. die humane Bildung anzubahnen, und die humane Bildung sei es, welche die Aufgabe hat, die Einigung der Bevölkerung in Böhmen zu erzielen, das waren die Gründe, welche die Majorität dafür geltend machte, daß das Obligatsein der zweiten Landessprache auf das Gymnasium beschrankt und nicht auf die vollständigen Realschulen ausgedehnt werden solle; die Minorität war dagegen der Meinung, daß alle diese Gründe, die für das Obligatsein der anderen Landessprache am Gymnasium sich angeben lassen, auch für die Realschulen gelten, und daß gerade der Umstand, daß die Realschule mit dem praktischen Leben in inniger Beziehung steht, noch dafür spreche, daß es auch bei der Realschule so gehalten werde, daß eben derjenige, der sich dem technischen oder industriellen Berufe widmet, mit dem Volke mehr in Verbindung kommt, daß es daher für ihn noch ein größeres Bedürfniß sei, beide Landessprachen, zu kennen.

Das wäre also Alles, was ich bezüglich des Majoritäts-, in der angegebenen Richtung als des Minoritäts-Votums zu sagen hätte. Ich wünsche die Ueberzeugung, die ich ausspreche, und die nicht meine Ueberzeugung von heute oder gestern, sondern die Ueberzeugung meines ganzen Lebens ist, an dieser Stelle ausgesprochen, auch dazu beizutragen habe etwa eine befriedigende Lösung der Frage, die uns beschäftigt, herbeizuführen. (Bravo, im Centrum výbornì.)

Oberstlandmarschall: Der Herr Berichterstatter der Minorität.

Berichterstatter Schulrath Wenzig:

Hoher Landtag!

Ich bin Berichterstatter einer Minorität von 7 Stimmen, welche darauf besteht, daß die zweite Landessprache sowohl an Gymnasien als auch an selbstständigen Realschulen obligat sein soll.

Ich werde mich also zu wenden haben sowohl gegen jene Minorität, welche die andere Landessprache weder an Gymnasien noch an Realschulen als obligaten Lehrgegenstand gelten lassen will, auch gegen diejenigen Stimmen, welche das Obligatorische der 2. Sprache blos auf die Gymnasien beschränkt haben wollen. Mein Stand wird also keinesfalls ein leichter sein, denn ich stehe da als ein Kämpfer gegen zwei.

Ich muß aufrichtig gestehen, daß mein Standpunkt um desto schwerer sein wird, nach der vortrefflichen Rede des Herrn Berichterstatters der Majorität, so daß ich mich kaum getraue, diese Vortrefflichkeit zu erreichen.

Indeß will ich versuchen, das Feld zu behaupten, so gut es geht, und wenn ich fallen muß, meine Herren! wenigstens mit Ehren zu fallen.

Ich erlaube mir zuerst aufmerksam zu machen auf das Urtheil der Enquete-Kommission.

Ganz abgesehen davon, daß meine Wenigkeit die Ehre hatte, in ihr zu sitzen, wird doch das h. Haus zugeben, daßin dieser Kommission gewiegte Fachmänner saßen und diese Fachmänner verlangten nicht nur, daß die 2. Landessprache obligat sein solle an den selbstständigen Realschulen und Gymnasien, sondern sie wollten das Obligatorische auch ausgedehnt haben auf diejenigen Unterrealschulen, welche mit den Hauptschulen in Verbindung stehen. Diese Fachmänner hatten von ihrem Standpunkte aus vollkommen Recht.

Sie faßten diese unselbstständigen Realschulen auf, wie sie sich gegenwärtig zeigen, Ihrer Ansicht nach sind diese unselbstständigen Realschulen der wichtigen Aufgabe, die sie zu lösen hatten, entrückt worden.

Nach den Bestimmungen des Organisations-Entwurfes für Realschulen und Gymnasien, der schon im Jahre 1849 im Auftrage des hoher Unterrichtsministeriums erschienen ist, wurde diesen Unterrealschulen das Ziel angewiesen, daß an sie praktische Jahrgänge angesetzt werden sollten, daß sie eingerichtet werden sollten nach den lekalen Bedürfnissen der Bevölkerung in größter Mannigfaltigkeit, daß sie gewissermaßen die Gewerbschulen, an denen wir noch immer Mangel haben, vertreten sollten; allein sie haben bis jetzt eine solche Einrichtung noch nicht erhalten, was sehr zu bedauern ist.

Vielmehr hat sich herausgestellt, daß aus diesen Unterrealschulen eine Masse von Schülern sich in die IV. Klasse der Oberrealschule wirft, so daß dieselben gewissermaßen bloß Vorbereitungsschulen für die Oberrealschulen geworden sind.

Von diesem Standpunkte aus hatten die Fachmänner der Enquete-Kommission ganz recht, daß sie verlangten, es solle auch für diese Unterrealschulen die zweite Landessprache obligatorisch sein. Allein in der Kommission, die vom hohen Landtage gewählt wurde, machte sich eine andere Ansicht geltend, nämlich die, daß die mit Hauptschulen verbundenen Unter-realschulen ihrem eigentlichen Zwecke zurückgegeben werden sollen.

Auch liegt bereits von der Equete-Kommission aus der Entwurf zur Reform der Realschulen vor. Und so entschied man sich dann dahin, für diese Schulen das Obligatorische fallen zu lassen, da doch

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diejenigen, die diese Schulen später besuchen, größtentheils dahin streben werden, sich bald einem praktischen Fache zu widmen, wozu eben nicht besondere Kenntnisse, höhere Studien nöthig sein werden, und wo der Wirkungskreis kein weit ausgedehnter sein wird.

Aus dieser Rücksicht und nur aus dieser Rücksicht lieh man das Obligatorische der zweiten Landessprache an jenen Unterrealschulen fallen.

Bereits der Herr Berichterstatter der Majorität hat, was das Recht der Eltern betrifft, gewichtige Worte gesagt, so daß ich es für überflützig halte, die Sache neuerdings zu beleuchten.

Ich bemerke nur, daß es doch in der That auffält, daß man gerade bei der Erlernung der böhmischen Sprache das Recht der Eltern so sehr betont, während man auf der anderen Seite anerkennt, daß die Kenntniß der böhmischen Sprache höchst wünschenswert!) sei.

Ich glaube, daß wenn Eltern einsehen, daß die Erlernung eines Gegenstandes für ihr Kind höchst wünschenswerth) sei, es die Pflicht der Eltern ist, das Kind dazu anzuhalten.

Auch darüber, daß nicht der nöthige Erfolg erzielt worden sei, hat bereits der Herr Berichterstatter gesprochen. Ich stimme ihm, was die Methode des Unterrichtes betrifft, ganz bei, und ich würde in der That nicht den Muth gehabt haben, mich zu dem 2. §. vermög dessen der Utraquismus gestrichen ist, gleichfalls zu bekennen, wenn ich nicht die vollkommene Ueberzeugung hätte, daß man durch einen zweckmäßigen Unterricht in der deutschen oder böhmischen Sprache, als bloßem Lehrgegenstande, dasselbe erreichen könne, was man früher mittelst des Utraquismus erreichte, ja daß man so vielleicht noch bessere Erfolge zu erzielen vermöge.

Es liegt in der That daran, daß diese Methode geändert werde. Sie scheint mir eine philologischkritische zu sein, welche daraus hinarbeitet, daß die Kenntniß der Sprache mit dem bloßen Verstande erlangt werde.

Aber meine Herren, bei einer Sprache kommt es sehr darauf an, daß das Sprachgefühl gebildet werde. Wenn wir schreiben und sprechen, arbeiten wir mit dem Sprachgefühl; in dem Momente, wo wir schreiben, wo wir sprechen, denken wir gar nicht an die Regeln, wenn wir an sie dächten, würden wir verwirrt werden; wir arbeiten mit dem Sprachgefühl ebenso wie Jemand der ein Instrument spielt; in dem Momente wo er spielt, denkt er nicht an die Regeln, nach welchen er spielt, er spielt nach dem Gefühl.

Wenn man also eine Methode einführt, welche sich nicht darauf beschränkt, das Erfassen der Sprache mit dem Verstande zu fördern, sondern welche auf den Gebrauch der Sprache mit dem Sprachgefühl hinwirkt, so wird man gewiß gute Erfolge erzielen. Es können nebstdem die der zweiten Sprache gewidmeten Lehrstunden verstärkt weiden.

Was die Realschulen betrifft, so wird manohne daß die Gesammtstundenzahl vermehrt zu werden braucht, Stunden genug finden, denn manche Gegenstände haben ihrer nach dem Urtheil der meisten Schulmänner zu viel.

Es ist so ziemlich anerkannt, daß z. B. im ersten Jahrgang der Unterrealschule 10 Stunden Zeichnen doch etwas zu viel sind. Nehmen wir also 2 Stunden hinweg und schlagen wir sie zu den 4 Stunden, in welchen ohnedies schon die 2. Landes-sprache gelehrt, wird, so gewinnen wir 6 Stunden.

Im 3. Jahrgang wird 6 Stunden Chemie getrieben. Auch das ist nicht von nöthen, man kann auch hier 2 Stunden ersparen.

Im 4. Jahrgang der Oberrealschule wird wöchentlich 9 Stunden Mathematik getrieben, auch dieser Gegenstand bedarf ihrer nicht so viel, wenn man eine zweckmäßige Vertheilung trifft.

Eine Verstärkung der Sprachlehrstunden ist also möglich.

Wird die 2. Landessprache gegenwärtig 3—4 Stunden gelehrt, so lehre man sie künftig 5—6 Stunden.

Man führe ferner Konversations-Stunden ein. Es möge nämlich der Lehrer 2—3 von den der Erlernung der anderen Sprache zu widmenden Stunden dazu verwenden, daß er über verschiedene Gegenstände aus den einzelnen Lehrfächern mit den Schülern konversirt, dabei die chemischen Ausdrücke mit ihnen einübt, theilweise ganze Partien auswendig lernen läßt.

Wir pflegen ia zum Behufe der Sprachübung auch Stellen aus klassischen Schriftstellern auswendig zu lernen. Und so kann auf diese Art Alles erreicht weiden, was früher mittelst des Utraquismus erreicht worden.

Aber noch auf etwas möchte ich aufmerksam macheu, was vielleicht gleichfalls Ursache war, daß die beabsichtigten Erfolge nicht erzielt wurden. Die Ginführung der böhmischen Sprache an den deutschen Lehranstalten fand in einer Zeit statt, wo man anfing, die böhmische Sprache als Unterrichtssprache aus den böhmischen Schulen nach und nach wegzuschaffen.

Das mußte natürlich auffallend sein, auffallend für die Kinder, auffallend für die Eltern; es mußte den Anschein gewinnen, daß die böhmische Sprache doch kein rechtes Gewicht habe, daß mau wohl gar zu dem alten System, wo alle Schulen deutsch waren, zurückkehren wolle.

Man begann also die Kenntniß der böhmischen Sprache für unnöthig zu halten, und es ist bekannt, daß man wenig Lust zu einer Sache verspürt, auf die kein Gewicht gelegt wird.

Man bringt auch vor, daß viele deutsche Schüler keine Anstellung im Kaiserstaate suchen, daß sie sich ins Ausland wenden, daß auch öfters Schüler aus dem Auslande an die Anstalten kommen, die nicht den Willen haben, im Inlande zu bleiben, sondern wieder in ihre Heimat sich zurück zu begeben genöthigt sind.


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Ich lasse diese Fälle gelten, glaube jedoch nicht, daß sie häufig statt finden. Es sind Ausnahmen, und für Ausnahmen ist eine Abhilfe getroffen. Es heißt in §. 4 ausdrücklich:

"Dispensen von der Erlernung der 2. Landessprache können über Einschreiten der Eltern oder Vormünder für einzelne Fälle aus besonders erheblichen Ursachen von der Landesbehörde ertheilt werden."

Also kommen solche Fälle vor, so sind Dispensen möglich.

Man behauptet auch ferner, derjenige, der die zweite Landessprache braucht, werde sie schon von selbst lernen. Allein ich glaube, meine Herren, daß es mit diesem Urtheile nicht richtig steht. Wie oft geschieht es, — und es klopfe da jeder an die ei gene Brust, — daß man in späteren Jahren bedauert, was man in früheren versäumt hat. Es hat dem Herrn Bürgermeister von Prachatitz in der That Ehre gemacht, daß er es aussprach, er bedauere, in früherer Zeit nicht böhmisch gelernt zu haben. Hatte er früher die Nützlichkeit eingesehen, hätten sie seine Eltern eingesehen, er würde die böh-mische Sprache betrieben haben, und nicht um den Nutzen ihrer Kenntniß gekommen sein.

Ja, meine Herren, selbst Männer von der größten Bildung haben darüber Klage geführt, daß sie in früherer Zeit nicht alles lernten, was sie hätten lernen können.

Ich erinnere nur an die Worte des großen, unsterblichen Herder, der auf seinem Todtenbette ausgerufen haben soll: "O über mein verfehltes Leben!"

Meine Herren, wenn selbst ein solcher Geist bekennt, daß er die frühere Zeit hätte besser verwenden können, dann ist dieß ein Fingerzeig, daß man solche hätte verhindern und nicht ihre Wiederholung fördern sollen.

Es wird weiter angeführt, der Zweck der Gymnasien sei ein höherer, als der Zweck der Realschulen. Nun, meine Herren, ich will hier nicht streiten, was höher und was niedriger ist; ich glaube, es genügt, wenn die Realschule nur eine Stellung hat, die so hoch ist, daß sie in der That die Kenntnisse der anderen Landessprache erheischt, und dies läßt sich nicht unschwer begreifen.

Man muß nämlich die selbstständigen Realschulen, wie ich bereits früher gethan, unterscheiden von den unselbstftändigen. mit der Hauptschule verbundenen, weil sie schon durch die staatliche Einrichtung eine verschiedene Stellung haben.

Schon der staatlichen" Einrichtung nach werden die unselbstständigen den Volksschulen beigezählt; sie haben ihre eigene Aufsicht durchs Bikariat und Konsistorium und dann erst durch die Statthalterei; die selbstständigen Realschulen haben vom Staate eine Stellung erhalten, die der Stellung der Gymnasien ganz gleich ist.

An der selbstständigen Realschule darf kein Lehrer angestellt werden, der nicht das Triennium entweder an der Universität oder cm der Technik zurückgelegt und nicht sein Rigorosum vor der Staatsprüfungskommission bestanden hat; gerade so verhält es sich bei den Gymnasiallehrern.

Nun gebe ich zu, daß der Gymnasialschüler dadurch, daß er seine Bildung zum Theile auf Grundlage der alten klassischen Sprachen erhält, in großem Vortheil ist gegen den Realschüler, in einem solchen Vortheil, daß sowohl in der böhmischen Realschule, die ich zu leiten die Ehre habe, als auch an der deutschen, wie mir mitgetheilt wird, Fälle vorkommen, wo einzelne Schüler, dies selbst einsehen und nach absolvirter Realschule sich ein Jahr vorbereiteten, um die Maturitätsprüfung für das Gymnasium abzulegen.

Eben dies weist aber darauf hin, daß der Geist des humanen Strebens in der Realschule ebensogut gepflegt werde, wie im Gymnasium. Es geschieht auf Grundlage der neuen Literaturen, der deutschen und der böhmischen, und was diese 2 Literaturen anbelangt, so dürfte sich der Realschüler mit einem Gymnasialschüler messen können.

Beachten Sie ferner, meine Herren, daß beim Realschüler ein eigener Kunstsinn angeregt und sehr gepflegt wird; es ist der Kunstsinn für das Zeichnen und Modelliren. Hier hat der Realschüler einen offenbaren Vortheil vor dem Gymnasialschüler, weil dieser Kunstsinn im Gymnasium eine ähnliche Pflege nicht findet.

Was übrigens die Mathematik, was die so wichtigen Naturwissenschaften betrifft, da glaube ich, wird der Realschüler häusig den Vorsprung haben.

Und so sehe ich nicht ein, warum die Realschule eine niedrigere Stellung einnehmen sollte, als das Gymnasium, ich sehe es um so weniger ein, weil, wenn das Gymnasium für die Universität vorbereitet, die Realschule vorbereitet für die Polytechnik. Man muß freilich die technische Hochschule nicht so nehmen, wie sie etwa vor 30 Jahren war, wo sie nicht viel mehr leistete, als eine jetzige Oberrealschule. Man muß die technische Hochschule nach dem neuen Plane beurtheilen, den wir in der frühern Session kennen zu lernen Gelegenheit hatten. Mir fällt nicht bei, die uralte Autorität der Universität anzutasten.

Aber m. H. wenn die Universität vor ihren Hörern die Blätter der Philosophie, des Rechts, der Menschenkenntniß entrollt, wenn sie vor ihnen entrollt das Buch der Bücher, das Evangelium, so ist es wieder die Technik, welche vor ihren Hörern das Buch der Natur aufschlägt, derjenigen Natur oder Welt, m. H., von welcher Rückert in einem seiner herrlichen Sonette sagt: "die Welt ist ein Brief in Gottes Hand gehalten, die Sonne bei Tag ist das Siegel auf dem Briefe; kommt aber die Nacht und nimmt das Siegel hinweg, so sehen wir Gottes Allmacht und Größe mit Sternenzeilen in dem Briefe geschrieben." Das ist m. H. die Technik, deren Ausüber im Mittelalter für Zauberer und Schwarzkünstler gehalten wurden, das ist die Technik, welche den Schleier des Aberglaubens hinweg-

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genommen von den Augen der Menschheit, das ist die Technik, welche uns die herrlichen Dome aufge-baut, die wir noch heutzutage bewundern, die Technik, von deren einem Zweige Archimedes gesagt "Gebet mir den Mittelpunkt der Erde und ich hebe die Erde aus ihren Angeln." Das ist dieselbe Technik m. H., die in unserer Zeit die Quelle des Wohlstandes geworden für ganze Länder und Reiche, indem sie mit mächtiger Hand eingreift in die Nationalwirthschaft. Und folglich steht der Zweck der Realschule, die zur technischen Hochschule vorbereitet, hoch genug, daß sich mit Recht behaupten läßt, dem Realschüler dürfe die Kenntniß der zweiten Landessprache eben so wenig abgehen, als dem Gymnasialschüler. Mat hat noch andere Gründe vorgebracht. Es wurde Erwähnung gethan, die Stellung der beiden Sprachen sei denn doch eine ungleiche, die deutsche Sprache sei eine Weltsprache, und besitze eine Weltliteratur, was die böhmische Sprache nicht sei und was sie nicht besitze. Weltsprache? Hier müssen Sie schon verzeihen m. H., wenn ich bedenklich den Kopf schüttle. Ich erkenne an, daß die deutsche Sprache über ein größeres Territorium verbreitet ist, daß sie von weit mehr Millionen gesprochen wird, als die böhmische, aber eine Weltsprache möchte ich sie doch nicht nennen. Etwa die französische ist eine; diese wird nicht nur von 36 Mill. in Europa gesprochen, sie wird in allen Welttheilen gesprochen, was sich von der deutschen doch nicht sagen läßt. Außerdem müssen wir ja, wenn wir die Stellung der beiden Sprachen ins Auge fassen, unser Augenmerk auch auf die Stellung richten, die sie in unserem Kaiserthume haben. Wir leben ja in Oesterreich, wir sind ja Oesterreicher und da ist die Stellung eine ganz andere. Im ganzen Kaiserthume gibt es nicht mehr als 8 bis 9 Millionen Deutsche, während die Böhmen mit den sprachverwandten Mährern und Slovaken 7 Millionen zählen. Was die Weltliteratur betrifft, so wird, glaube ich, in diesem h. Hause Niemand sein, der für die deutche Literatur mehr Achtung hätte als ich. Auch den Vorzug erkenne ich ihr vor anderen Literaturen zu. daß sie gestrebt hat, sich der Schätze, welche andere Nationen in ihre Literaturen aufhäuften, durch klassische Uibersehungen zu bemächtigen. (Oho! Heiterkeit links.) Allein m. H., was diesen Punkt anlangt, haben wir bereits glückliche Anfänge in der böhmischen Literatur. Uibersetzungen der Klassiker sind bereits begonnen. Nibersetzungen aus dem Englischen, Französischen, Italienischen und Deutschen sind gleichfalls im Gange. Gönne man der Entwickelung der böh-mischen Sprache noch eine kurze Reihe von Jahren und es wird sich zeigen, daß die Böhmen gleichfalls im Stande sind, sich aller möglichen Literaturschätze anderer Nationen durch Uibertragungen zu bemächtigen. Es wurden vom Herrn Berichterstatter der Majorität auch einige Worte über die Fusion verloren. Nun m. H. wir streben in der That keine solche Fusion an, wie vielleicht H. Dr. Brinz gemeint, wir streben wahrlich nicht an, daß ein Volksstamm an den anderen aufgehe. Unser Streben ist ein aufrichtiges Streben. Jedem Volksstamme soll das volle Recht gewahrt bleiben sich mittelst seiner eigenen Sprache so hoch und mächtig zu entwickeln, als er im Stande ist. Wir streben das gleiche Recht für jeden Volksstamm an. Aber es handelt sich auch darum, daß wir uns gegenseitig verstehen lernen. Das zu begehren hat jeder der beiden Volksstämme das natürliche Recht. Wir berühren uns überall, wie hier im Landtage so bei anderen Gelegenheiten im sozialen Leben. Wir streben demnach an, daß eine Brücke zwischen uns sei, daß wir durch gegenseitiges Verständniß zur aufrichtigen Einigung gelangen. Es wurde in der letzten Sitzung gewarnt vor einer exklusiven nationalen Richtung. Nun m. H. wir verfolgen keine exklusivnationale Richtung, obwohl wir auf dem nationalen Boden stehen. Wir stehen auf einem solchen, wo wir allen anderen Nationen gerne die Hand reichen, wenn nur unsere Nationalität gewahrt bleibt. (Výbornì.) Ich könnte noch manches anführen, indeß die Zeit ist kostbar. Es war fern von mir, Sie etwa überreden zu wollen, diese Kunst verstehe ich nicht. Wenn ich einige Gründe vorgebracht, die beachtenswerth sind, so bitte ich Sie dieselben zu würdigen, und ich empfehle Ihnen das Minoritätsvotum, das ich vertrete:

In den Mittelschulen (Gymnasien und Realschulen) mit böhmischer Unterrichtsprache ist die deutsche Sprache und in derlei deutschen Schulen die böhmische Sprache ein obligater Lehrgegenstand.

Dispensen von der obligaten Erlernung der anderen Landessprache können über Ginschreiten der Eltern oder Vormünder nur für einzelne Fälle aus besonders erheblichen Ursachen und nur von der Landesbehörde ertheilt werden.

Oberstlandmarschall: Gegen den Majoritätsantrag der Kommission sind vorgemerkt: Hr. Tonner, Dr. Cupr, Schulrath Maresch, Pan-kratz, Lambl, Professor Herbst, Dr. Brauner und Dr. Fleischer.

Für den Antrag der Kommission Abgeordneter Sadil, Ich ertheile Hr. Tonner das Wort.

Prof. Tonner: Pánové, po tak výteèných øeèích, jako jsme slyšeli teï, a zejména po øeèi Jeho Magnificence p. rektora Löwe, a po velmi krásné øeèi našeho výteèného Wenziga nebudu Vás pøíliš dlouho mluvením nuditi a vyžádám si jen krátký èas vaší pozorností. Je jisto, že jsme zde 2 národnosti, jedna Vaše pánové, a jedna naše.

Není to vinou ani vaší ani naši tyto dvì národnosti, že jsou zde.

Tak jsme to našli, a tuším že to nezmìníme; nebo i pøi nejlepší vùli nedovedli by jste toho, abychom odtud zmizeli a myslím, že by se to také nám nepodaøilo stran vás.

Je-li to výhoda zvláštní, že jsme tu dvì národnosti, a nebo je-li to na ujmu vlasti, pánové, do toho se pouštìti nebudu. Ale pøe-


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mítejme o tom jak chceme, koneènì se shodneme v tom, že nezbývá nic jiného, než abychom se v tom manželství, a dobrovolném a nebo nuceném snášeli a dobré vùle spolu byli, abychom jeden druhému nepøekáželi, ale mož-ná-li jeden druhému pomáhali.

K tomu jest ale zapotøebí, abychom požívali stejných práv. O tom nebudu mluviti, není o tom žádné pochybnosti.

Dùkaz toho jest, že sami ustaviènì øíkáte, pánové že se nelíbilo vám, jak se zacházelo s námi.

Vy sami pravíte, a z úst nejvýteènìjších øeèníkùv Vašich jsme to slyšeli, že nebažíte po žádné pøednosti, nýbrž, že chcete, abychom s Vámi stáli na rovni. S radosti vìøím slovùm tìm, a nenapadá mì nikdy, abych hledal v tom nìco podezøelého.

Za druhé ale, chceme-li toho dosáhnouti, musíme sobì rozumìti, a to jest právì otázka o kterou se jedná, když mluvíme o školách nebo ve školách máme si zjednati prostøedky, kterými si máme porozumìti. Nejpohodlnìjší zpùsob by byl ovšem, aby jeden národ se nauèil také jazyku druhého národa v zemi.

Pak bychom ovšem mohli sobì porozumìt, a ponìkud to bylo na ten zpùsob asi pøed 200 lety, kde národ Èeský umìl oba jazyky, svùj totiž a nìmecký, kdežto Nìmci umìli jen svùj, èeskému se nepøiuèujíce. Nedá se upøíti, že takovýto zpùsob dorozumìní se byl velmi kusý a nedostateèný.

Nevšímám si toho a nemùže o tom tuto býti mluvíno, že takový zpùsob jest urážlivý a že se neshoduje s pravou snášenlivostí, ale musím zøejmì øíci, že pøi takovém zpùsobu a pøi takové praxi z jedné strany se ukazuje nadutost a pýcha a ta pýcha že uráží stranu druhou.

Jak každá pýcha škodí tomu, kdo ji provozuje, tak i ten zpùsob škodí tìm, kteøí se nechtìjí pøiuèiti druhému jazyku.

Jedná se tedy o lepší zpùsob, totiž abychom umìli oba jazyky, abychom se pøiuèili obìma jazykùm poøádnì.

Jdìme pánové, do takových krajin své vlasti, kde stýkají obì národnosti, a tam se podívejme, kterak od sprostého lidu musíme se uèiti výteèným pøíkladùm zdravého soudu.

Tam Èech, když se musí stýkati s Nìmcem, pøipojí si jazyk nìmecký, aby jak se øíká, Nìmci nemohli ho prodati. Ale Nìmec nahlíží, že takový Èech má mnohem vìtší výhody, než on, který èesky neumí, a aby zase soused èeský nemohl ho prodat, nauèí se také Nìmec èesky. — Tak tam Èech umí mluvit èesky a nìmecky, a Nìmec zase nìmecky a èesky.

Pánové tak by to mìlo býti všudy.

Nechci ale pánové, tím øíci, aby každý obyvatel v celých Èechách oba jazyky musil znáti — to bych žádal pøíliš mnoho, to se ani neodvažuji vysloviti —; v krajinách ryze èeských, kde není žádného stýkání s druhou národností, tam se rolníci a mìštané upokojiti mohou s pøirozeným a mateøským jazykem, a tam není zapotøebí, aby se uèili druhému jazyku.

Ale, pánové, u intelligence jest to nìco jiného. Co se intelligence týká, myslím, že by se mìla pøiuèiti obìma jazykùm, nebo intelligence se nejvíce stýká v celé zemi, a v oborech nejdùležitìjších, ve vyšších oborech lidské èinnosti. O tom musí se nám jednat, aby se intelligenci podala pøíležitost, aby mohla, ano musila nauèiti se obìma jazykùm.

Pøíkladu toho máme dosti. Vždy je mimo naší vlast, ještì mnoho jiných zemí, kde se dvì národnosti nacházejí a kde zapotøebí jest pøiuèiti se obìma jazykùm.

Já poukazuju na Švýcarsko, kde jsou krajiny, v nichž intelligence se uèí tøem jazykùm, totiž nìmeckému, francouzskému a italianskému. Ano jsou také krajiny, kde se uèí ještì ètvrtému jazyku, tak zvanému rhätorománskému, který jest jazyk takový, že se nesmí mìøiti s našim, ponìvadž tam jen nìkolik tisíc poèítá, kdežto lid našeho jazyka poèítá se no nìkolik milionù.

Tedy stavím se na to stanovisko, že jest zapotøebí, aby intelligence umìla oba jazyky.

My Èeši vyhovujeme ode dávna tomu; umíme èesky i nìmecky, pøiznávám, že to nejsou zásluhy naše, ponìvadž jsme se nìmecky musili uèiti, jinak jsme se ani nemohli vzdìlávati; ale pravím, že nyní, kde to nám na vùli ponecháno bude, pravím zøejmì, že i nyní chceme a budeme se uèit nìmecky, a zase upøimnì øeknu, že to uèiníme, protože uznáváme, že je nám to prospìšné a užiteèné každému.

Pánové, krajané naši nìmeètí, jestli rozumíte prospìchu svému, tak i jako my rozumíme prospìchu svému a znáte-li pomìry zemì, jak je to u nás, udìláte stran jazyka totéž co my. Nutit, pánové vás nebude nikdo.

Vždy ani skuteènì nemùžeme Vás nutit ale i kdybychom mohli, neudìlali bychom toho nikdo. My Èechové, kteøí známe co je útisk národní od tolika set let, zajisté se budeme støežiti, abychom podobného høíchu se nedopustili na krajanech svých, a vždy bude pravidlem našeho chování výrok básníka: jenž praví: "Sám svobody kdo hoden, svobodu zná vážiti každou."

Ale pánové nuceni budete pøedce uèiti se èesky; my vás nebudeme nutit, ale pøinutí Vás uèitelka èlovìèenstva, odvìèná jeho nutittelka totiž potøeba.

Ta vás pøinutí a poslechnìte, že skuteènì tak bude.

Jen jeden pøípad bych znal, kde by ne-


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byla potøeba, aby se pøiuèili druhému jazyku, a to by byl ten; jest-li myslíte a máte toho jistotu, že vlast naše nemá žádného jiného povolání, nemá jiné budoucnosti, než aby utonula v budoucí øíši nìmecké resp. pruské, a že naší národnosti nezbývá nic, než aby zanikla a zahynula v nìmecké.

Pak, ale jen tenkráte bych pochopil, že není Vám zapotøebí, uèiti se jazyku èeškému a pak by i nám ubohým Èechùm nìkdy pøestala potøeba, uèiti se vlastnímu jazyku mateøskému.

Ale ten pøípad nebude a vy sami, ani jeden z vás doufám, toho pøípadu se nedomýšlíte; to pravím upøimnì a appeluju na Váš patriotismus rakouský, který tak èasto a skvìle osvìdèujete. Velmi špatnì snášela by se taková dúminka s patriotismem rakouským.

Dále jsem pøesvìdèen, že nemyslíte tak, proto ponìvadž vím, že znáte 19. století a že víte že národy v 19. století nehynou, nýbrž že se vzmáhají a že v životních otázkách je potøebí, aby národ o jehož existencí se jedná, dal své votum.

Nenarážím tímto na suffrage universel našeho století 19., nýbrž myslím tím onen suffrage universel, jejžto v podobných otázkách pra-otcové naši slavné pamìti praktikovali se známým úspìchem.

Tedy ten pøípad svrchu øeèený nebude; a my Cechové jsme tu pánové, a bohdá budeme se progressivnì vzmáhati, jak onehdy velmi vzácný èlen snìmu zejména Jeho Excellenci pan hrabì Leo Thun ukázal, kterak národ náš bìhem 30 let od roku 1835 nesmírný pokrok uèinil, a když pánové, v nepøíznivých okolnostech uèinil takový pokrok, což teprv se dá od nás oèekávat, když nám budou okolnosti ponìkud pøíznivìjší.

Pánové, vy jste sami uznali, že je zapotøebí jazyka èeského v Èechách i pánùm krajanùm nìmeckým a uznali jste to tím, že podlé majoritního návrhu na gymnasium jazyk èeský jest obligátním pøedmìtem.

Tedy pøiznáváte, že ten, který chce se státi lékaøem, knìzem, advokátem anebo úøedníkem v naši zemi, má nutnì zapotøebí, aby se mimo jazyk svùj také ve druhém jazyku, aby se nejen podlé pøíležitosti se jemu pøiuèil, nýbrž aby byl také k tomu nucen i vždy, když se vysloví obligátnost jazyka, není to nic jiného, než nucení.

Nemyslíte také, že prùmyslník, obchodník, že lidé, kteøí vycházeti budou z reálek také mohli by pøijíti do pomìrù takových, kde by jazyka èeského potøebovali? Myslím, že se to stává velmi èasto. Raète se jen vùkol sebe podívat, a pøesvìdèíte se o tom, z vlastní zkušenosti mohu to øíci, kterak v praktickém životì pøibývá potøeby jazyka èeského. Tak pøed 30ti lety by se byl v Praze Èlovìku každý vysmál, kdyby byl pøišel do comptoru, do úètárny obchodní a byl by se chtìl principálovi vykazovati, že umí také èesky. Tu by mu byl tento øekl: Toho nepotøebujem. Ale nyní pánové, povídám vám to z vlastní škušenosti na obchodní škole nabyté, vìci jinak se mají. Nejednou litovali býv. žáci, že so nemuseli uèit na obchodní škole èeskému jazyku, a jdete do pražských komptoirù a dozvíte se, že velmi mnozí principálové, kteøí jinak národnosti naší nepøejí valnì, když pøijímají lidi do úètárny, pøednost dávají tomu, který se zná také v jazyku èeském. A což obchodník, prùmyslník anebo inženýr, stavitel, ti se nestýkají s lidem èeským, ti by nemìli pøijít do styku s lidem kde by jim nutno bylo, aby se znali v druhém jazyku? Pánové myslím, že skuteènì jsem naznaèil dostateènì, že budete toho míti sami potøebí, abyste se uèili Èesky, a konèím øeè s tím dodatkem, že nemám té pretensi, jakobych byl nìco nového øekl, a nýbrž mám jen pre-tensi, abyste uznali, že jsem mluvil upøimnì a poctivì, a snad se tomu jen budete diviti, že se tak pøátelsky starám o Váš vlastni prospìch. Ostatnì nemám pretence, abych úmysl váš zvrátil, vìru, pánové mnì jest to jedno, raète hlasovat, jak chcete, pøijmìte minoritní votum, nebo je zavrhnìte, budoucnost ukáže, že zavrhnete-li je, vìru to nebude na ujmu naši.

Oberstlandmarschall: Herr Abgeordneter Sadil.

Abg. Sadil: Beim §. 4 des vorliegenden Gesetzentwurfes unterscheidet sich der Antrag der Majorität von dem Antrage der Minorität blos in einem einzigen Punkte, daß die Majorität es für hinlänglich ansieht, wenn in den Realschulen blos die Gelegenheit geboten wird, die zweite Landessprache gründlich zu erlernen, wahrend die Minorität darauf besteht, daß auch in diesen Realschulen beide Landessprachen als obligat angesehen werden. Ich muß gestehen, daß ich diesen verschiedenen Ansichten keine besondere Wichtigkeit beimesse.

Wir wollen fortan nur Schulen haben, in welchen die eine oder die andere der herrschenden Landessprachen die Unterrichtssprache bilden soll.

Es werden also Jünglinge beider Nationalitäten Gelegenheit finden, sich in allen Lehrgegenständen in ihrer Muttersprache gehörig auszubilden, und ich sehe nicht ein, warum unter diesen Umständen der Böhme gezwungen werden sollte, schon da die deutsche Sprache und umgekehrt der Deutsche die böhmische Sprache zu erlernen.

In einem Lande, wo zwei Sprachen mit voller Gleichberechtigung herrschen, und wo zwei Nationalitäten untereinander und mit einander gemischt leben, liegt es bei einem Jeden, der sich irgend einem öffentlichen Dienste widmen will, als unab-weisliche Nothwendigkeit vor, und es liegt auch im Interesse eines jeden Geschäftsmannes überhaupt,


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sich beide Sprachen vollkommen anzueignen. Lassen wir diese Nothwendigkeit, diese Interessen walten, sie bestimmen in jeder Hinsicht und in jeder Lebenslage den Menschen immer zu dem, was ihm etwa Roth thut, und eben ein gesetzlicher Zwang oder sonst ein anderer Zwang ist meiner Ansicht nach vollkommen überflüssig.

Jeder Zwang hat etwas Unangenehmes, fast möchte ich sagen, etwas Verletzendes, und nachdem beide Nationalitäten leider noch immer so manche Gelegenheit ergreifen zum Mißtrauen gegeneinander, so finde ich, daß der Majoritätsantrag gerade vielleicht dazu geeignet ist, dieses Mißtrauen zu heben.

Man überlasse es, wie schon in der vorigen Sitzung ein geehrter Redner gesagt hat, dem freien Uebereinkommen, dem freien Willen eines Jeden, er mag ein Deutscher oder Böhme fein, ob er die oder jene Sprache sich aneignen will.

Man kann ohne prophetischen Geist voraussagen, daß nachdem gegenwärtig durch unsere konstitutionelle Einrichtung die beiden Nationalitäten einander im öffentlichen und politischen Leben noch näher wie sonst gebracht worden sind, daß also die Nothwendigkeit desto anschaulicher werden wird, sich beider Sprachen mächtig zu machen, es braucht also, sage ich, keines prophetischen Geistes, um vorauszusagen, daß vielleicht die nächste Generation kaum vorübergehen wird, ohne daß Jeder gleich gut sich in beiden Sprachen auszudrücken und sich ihrer zu bedienen wissen wird.

Wenn aber dennoch Jemand finden sollte, daß sein Kind oder sein Pflegling in Beziehung auf feinen künftigen Lebensberuf nur mit feiner Muttersprache allein auslange, so finde ich das mit meinen Begriffen über die Freiheit des Individuums, nicht recht vereinbarlich, ihn zwingen zu wollen, damit fein Kind auch noch eine andere Sprache, die er nicht mag, erlerne.

Ich werde also für das Majoritätsvotum und, gegen das Minoritätsvotum stimmen.

Was die Gymnasien anbelangt, da sind ohnehin die Stimmen der Minorität und Majorität mit einander einig; und daß bei den Gymnasien namentlich ein solcher Zwang, beide Sprachen zu kennen, nothwendig sei; das hat der Herr Berichterstatter der Majorität bereits auf das Evidenteste dargethan.

Oberstlandmarschall: Hr. Dr. Èupr.

Dr. Èupr: Der Herr Berichterstatter der Majorität hat bereits implicite für das Minoritätsvotum in echt philosophischem Geiste und ganz nach meinem Sinne gesprochen, so daß mir eigentlich nichts Anderes übrig bleibt, als eine kleine Nachlese in mehr populärer Weise zu halten.

Wie bereits mehrmals erwähnt worden ist hat Herr Abg. Prof. Brinz in der vorigen Sitzung von mehreren Standpunkten gesprochen, von denen man die ganze Gesetzesvorlage und insbesondere der §. 4, von dem eben die Rede ist, beurtheilen kann.

Bekanntlich sprach er von dem Standpunkte der schlechthinigen Gleichberechtigung; von dem Standpunkte der Utilität, dann von einem, Amalgamirungs- und Fusionsstandpunkte und später noch einmal von dem Standpunkte der praktischen Phi-losophie und Logik, und endlich auch von einem wie mir scheint, etwas gefährlicheren juristischen Standpunkte, auf welchem es erlaubt sein solle, den Gebrauch der natürlichen angeborenen Rechte, somit natürlich nicht blos den Gebrauch der angeborenen Sprachwerkzeuge, sondern folgerichtig auch den der andern Gliedmaßen eine Zeit lang in suspenso zu lassen.

Nun, wir sehen, es ist von sehr disparaten Standpunkten gesprochen worden, den Standpunkt aber, der nach meinem Ermessen hier zuerst maßgebend sein Zoll, hat der Herr Abgeordnete nicht genannt.

Ich glaube, m. H., wir stehen hier vor einem Schulgesetze, und da muß zuerst der pädagogische Standpunkt maßgebend sein.

Die Pädagogik, m. H., die kennt aber den Zwang, er ist ihr im hohen Grade ganz eigenthümlich ; ohne Zwang kann man den jungen Menschen gar nicht erziehen, und der öffentliche Unterricht ist ohne Zwang gar nicht möglich; Freiheit ziemt ja eben dem Mann.

Alles kommt hier darauf an, daß; dasjenige, wozu der junge Mensch in der Schule gezwungen wird, etwas Gutes und Nützliches ist; das vorausgesetzt, können, wie der Herr Berichterstatter bereits klar auseinandergesetzt hat, sich die Eltern durchaus nicht beklagen, wenn ihre Kinder in der Schule zu irgend einem Gegenstande gezwungen werden, und es kann gar keine, Beeinträchtigung etwa der persönlichen Freiheit sein, wenn man das Kind zur Erlernung z. B. etwa der böhmischen Sprache zwingt; weil man sonst auch zugeben müßte, daß es den Eltern freistehe, die übrigen Lehrgegenstände und den Grad, in wie weit die Kinder darin zu unterrichten seien, zu bestimmen, und es hätte das die Folge, daß jedes Kind nach dem besonderen Wunsche der Eltern oder nach seinen Anlagen ganz anders und nach einem eigenen Lehr-und Studienplane gelehrt und erzogen werden müßte.

Das ist aber eine Absurdität, welche eine öffentliche Erziehung ganz unmöglich machen würde.

Die Freiheit der Eltern kann sich nur darauf erstrecken, sich zu entschließen, irgend einer Lehranstalt ihre Kinder anzuvertrauen. Weiter aber, namentlich in den inneren Organismus der Schule kann sie nicht greifen.

Es ist freilich zu bedauern und hoch zu beklagen, wenn in den Schulen Lehrgegenstände gelehrt werden, die von keinem praktischen Nutzen für das Leben sind, an deren Nutzen fürs Leben man wenigstens zweifeln kann und solche Gegenstände gibt es in der That in unseren Mittelschulen; die altklassische Haarspalterei ist in dieser Richtung be-reits berüchtigt. Welchen unnützen Ballast muß der


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jugendliche Geist mitunter in den Mittelschulen aufnehmen und wie viel Unfug wird unter dem Deck-mantel der sogen, "formalen Bildung" in dem Gymnasium und den Unterrealschulen getrieben. Unsere Jugend lernt 8 Jahre Latein und Griechisch, füllt mit diesem Unterrichte mehr als die Hälfte des Bildungsprozesses aus und wenn sie aus dem Gymnasium austritt, vergißt sie bald darauf; sie kömmt im Leben nicht in die Lage und findet auch leine Freude daran zu einem sogenannten Klassiker zu greifen.

Unsere Jugend lernt alle Spitzfindigkeiten der Mathematik und einen unabsehbaren Wortkram insbesondere im Gebiete der Geschichte und das mit strengem pädagogischem Obligo, M, H., noch Niemand hat gegen diese Ueberbürdung unserer Jugend hier Protest eingelegt, noch ist es Niemandem beigefallen, sich blos deshalb über die Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit zu betlagen; wenn aber es dazu kommen sollte, daß eine moderne Sprache, eine lebende Kultursprache, eine Sprache des Reiches, dem wir als Bürger angehören, eine Sprache des Landes, in dem wir leben, eine Sprache des anderen Volksstammes, an dessen Verkehr wir angewiesen sind, wenn eine Sprache, von der man, was die geistige Gymnastik anbelangt und das ist wohl die formale Bildung, mehr gewinnen kann, als von einer alten Sprache, wenn diese Sprache, sage ich, obligat in die Mittelschule eingeführt werden soll, da erhebt man ein Zetergeschrei und sagt, das Palladium der Familie sei verletzt, die persönliche Freiheit sei mit Füßen getreten.

M. H., ich glaube, wenn man unbefangen und ohne Vorurtheil über den fraglichen Gegenstand nachdenket, so kann unmöglich Jemand in diesem h. Hause sein, der nicht einsehen wird, daß die Kenntniß der anderen Landessprache namentlich für Gebildete sehr nützlich ist. Das Privat-, das öffentliche Leben unseres Landtags selbst belehrt uns darüber. Ich glaube, jene Herren Mitglieder, welche durch die Ungunst der Verhältnisse früher nicht in der Lage waren, die andere Landessprache zu lernen werden gerade am Meisten darauf dringen, daß wenigstens ihre Kinder die Sprache in der Schule u. z. obligat lernen sollen. Sie werden dies aber um so mehr thun, als wenigstens nach meiner Ueberzeugung in den Mittelschulen ein unobligater Gegenstand ein pädagogisches Unding ist. In dem bildungsfähigen Lebensalter, das an den Mittelschulen vorzukommen pflegt, ist nur eines oder das andere möglich, entweder wird ein Lehrgegenstand obligat gelernt oder er wird gar nicht gelernt. Unobligate Lehrgegenstände gehören an die Universität, wo Lern- und Lehrfreiheil herrscht; an der Mittelschule könnten siee viel Unordnung, viele Unzukömmlichkeiten und selbst demoralisirende Tendenzen erzeugen.

Ich für meinen Theil bin übrigens von der Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit der anderen Landessprache, sowie auch von dem obligaten Studium derselben an der Mittelschule so sehr überzeugt, daß ich als Schulmann selbst für den Antrag der bereits in dem h. Hause gestellt worden ist, für den sogenannten Utraquismus gestimmt hätte, der doch wesentlich dahin geht, die zweite Landessprache gründlich zu erlernen, indem sie nicht bloß als Lehrgegenstand, sondern als Unterrichtssprache einzelner Lehrgegenstände vorkommen soll.

Ich wäre ganz dafür; es hat mich aber die Erfahrung gelehrt, daß eine solche Spracheinmischung in der Schule sehr leicht die Exekutivgewalt verleiten könnte, auf Kosten der andern Nationalität das Gleichgewicht ihrer Gleichberechtigung zu stören.

Ich will beispielsweise darauf hinweisen, daß hier in Prag eine böhm. Oberrealschule seiner Zeit begründet worden ist.

Diese böhmische Oberrealschule hat man später utraquistisch gemacht und hat die böhmischen Gegenstände bis auf die kleinere Hälfte reducirt. In dieser kleineren Hälfte hat man überdies das Zeichnen und Schönschreiben, wo wenig oder garnichts gesprochen wird, mit ihrer großen Stundenzahl auf-genommen. Es gab in Prag ein Gymnasium, das man als böhmisches Mustergymnasium mit Emphase eingeführt hat und wo allmälig alle Gegenstände in der böhmischen Sprache vorgetragen werden sollten.

Und es ist hier mit dem utraquistischen Unterricht so weit gekommen, daß man zuletzt nur Einen Gegenstand, die Religion, böhmisch gelehrt hat, ohne daß zu gleicher Zeit etwa an den deut-schen Mittelschulen der böhmischen Sprache eine ähnliche Konzession auch nur im Geringsten gemacht worden wäre.

Das sind Bedenken, die ich gegen den sogenannten Utraquismus habe, sonst wäre ich dafür, weil ich glaube, daß die Sprache nicht nur durch die Grammatik, sondern auch durch den Umgang, durch den Verkehr und die wissenschaftlichen Par-tien durch den wissenschaftlichen Verkehr, und dies ist ja der Unterricht, erlernt werden kann. Nun aber, m. H., ein Argument will ich aus diesem Utraquismus ziehen für das Minoritätsvotum. Nachdem der Utraquismus, wie wir es wünschen, gefallen ist, nachdem es vielmehr nicht mehr utraquistische Schulen geben soll, so glaube ich, daß Sie, m. H., nun unbedenklich für das Minoritätsvotum stimmen können.

Da fällt nun jeder Schein eines gesunden Einwandes weg, des Ginwandes, daß nämlich gesagt werden kann, wenn man in einer fremden Sprache einen Realgegenstand hören soll, so geschieht das auf Kosten des Gegenstandes selbst. Dieser Ginwand fällt nun ganz weg, indem die zweite Landessprache blos als Lehrgegenstand gelernt und nicht als theilweise Unterrichtssprache gebraucht wird. Nun ich wünsche natürlich, daß dieser obligate Unterricht nicht nur an Gymnasien, sondern auch an den Realschulen, wie es eben im Minoritäts-votum verlangt wird, gegeben werden soll und dieß


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schon aus dem Grunde, weil ich gar nicht einen Unterschied in dieser Richtung wahrnehmen kann, welcher zwischen dem Gebildeten, der aus der Realschule und dem, der aus dem Gymnasium hervorgegangen ist, vorwalten soll; ich glaube, hier ist kein Unterschied vorhanden. Beide Arten der Gebildeten, die Juristen wie die Techniker, sind eben an beide Volksstämme gewiesen, sie sollen mit beiden Volksstämmen im Lande verkehren und als Gebildete sogar maßgebend auf sie einwirken. Dies kann nur dann geschehen, wenn sie die beiden Landessprachen sprechen.

Nun wie gesagt, m. H., ich habe mich bisher nur auf dem streng pädagogischen Standpunkt bewegt; ich will nur noch mit wenigen Worten einen sehr verwandten Standpunkt, weil überhaupt hier von Standpunkten schon ausgegangen worden ist, berühren, nämlich den politischen Standpunkt. Verwandt sind diese Standpunkte mit einander, denn, was Pädagogik in der Schule, das ist die Politik im öffentlichen Leben

Täuschen wir uns nicht, m. H., die Wogen der Nationalitätsidee und ihre Strebungen gehen noch hoch und dahin, Europa mit Umwälzungen heimzusuchen.

In der That sind es ganz edle mit dem innersten Gefühle zusammenhängende Zwecke, die hier verfolgt werden. Die Tiefe des Gefühles, um das es sich hier handelt, begreift nur derjenige, der in einer solchen Nationalitätsunterdrückung gelebt hat, und diesen Druck selbst verspürt hat. Dies ist eine Stimmung, von welcher der Dichter sagt: "Diese Flammen, sie können nicht vergehn, denn an ihnen zündet sich das Auserstehn." M. H., es ist an Ihnen, vor der Zeit dafür zu sorgen, daß diese Flammen nicht zum Brande ausarten, an Ihnen ist es, dafür zu sorgen, daß die Gerechtigkeit in der Richtung geübt werde, das; sie zugleich zum beiderseitigen Wohlwollen und zum Verständniß der beiden Volksstämme des Landes führt.

Der Streit der Nationalitäten, der da geschlichtet werden soll, kann in der That nur durch ein beiderseitiges Verständniß geschlichtet werden. Was insbesondere unser spezielles Vaterland in dieser Beziehung anlangt, so bringt es schon die ge-ographische Lage mit sich, daß die Böhmen slavischer Zunge die deutsche Sprache mit allem Eifer und mit jedem Obligo lernen werden, aber ich glaube, es ist auch klug und billig, wenn die Böhmen deutscher Zunge auch die böhmische Sprache, wenn auch nicht mit demselben Eifer, doch wenigstens mit demselben Obligo lernen, sobald sie in Böhmen zu den Gebildeten zählen wollen.

Meine Herren, Sie sehen, daß das ganze Problem, welches hier gelöst werden soll und welches uns schon oft hier beschäftigt hat, sich eigentlich um die Grammatik dann um den Umstand dreht, daß die Böhmen slavischer Zunge endlich aufhören, den Deutschen für einen Fremden, für einen Stummen "nìmec" zu betrachten. Das geschieht aber nur dann, wenn der wechselseitige sprachliche Kontakt erzielt wird. Ich glaube, daß die Sache nicht so ganz ohne Wichtigkeit ist, denn ich glaube, daß die Ruhe und der Friede im Lande wesentlich dadurch bedingt wird, wenn es einmal unsere Kinder und unsere Kindeskinder soweit bringen werden, daß jede Ursache irgend eines Streites ganz verschwindet, indem eben keine Spannung, kein Mißverständniß möglich sein wird.

Ich will nur noch berühren, daß ich deßhalb durchaus nicht der Ansicht bin, daß man etwas von seiner Nationalität abstreifen solle, daß man hier ein Amalgamirungs- oder sonstiges Fusions-System vorzunehmen hätte. Ich glaube, daß man sehr gut eine fremde Sprache verstehen und sprechen und dennoch seine eigene lieben und bei seiner Nationalität bleiben kann. Ich gehe vielmehr von dem Grundsatze aus, des Eigene müsse man lieben und das Fremde überall achten, wo es der Achtung würdig ist; um es aber achten zu können, muß man es früher kennen und dazu führt eben das obligate Studium der andern Landessprache in den Mittelschulen. Und aus diesen wie ich glaube nicht geringfügigen politischen Gründen stimme ich für das Minoritätsvotum.

Oberstland marsch all: Herr Schulrath Maresch.

Schulrath Maresch: Nicht das Streben nach einer aura popularis war es, welches die Mitglieder der Kommission, die ein Minoritätsvotum abgegeben haben, veranlaßt hat, eben dieses Minoritätsvotum zu stellen.

Wenn sie sagte, in den Mittelschulen (Gymnasien und selbstständigen Realschulen) ist Gelegenheit zu bieten, die andere Landessprache gründlich und in einer Weise erlernen zu können, daß die Schüler derselben in Wort und Schrift mächtig werden, so hat sie auch keine Abneigung geleitet gegen das Erlernen der 2. Landessprache von Seite der studirenden Ingend.

Im Gegentheil waren es ja diese Mitglieder der Kommission, welche den §. 3 der Vorlage des Landesausschußes beseitigt wissen wollten, und zwar aus dem Grunde, um eine Verständigung zwischen beiden Nationalitäten schon von früherer Zeit her zu ermöglichen, ohne jedoch dabei den Eltern einen Zwang in der Erziehung und dem Unterrichte ihrer Kinder anzuthun.

Dieß ist der Standpunkt der Freiheit, die freie Wahl in der Erziehung der Jugend, welche die Kommissionsmitaglieder veranlaßt und bestimmt hat, in der Kommission ein Minoritätsvotum zu stellen. Bereits bei der Generaldebatte hat einer der Herrn Redner sich darüber freudig ausgesprochen, daß von nun an jeder Unterrichtszwang in der Erlernung der deutschen Sprache aufhören, und dafür dem h. Hause Dankesworte gesagt, daß von nun an die vollste Freiheit in der Ausbildung in der eigenen Muttersprache gestattet werden soll.

Nun auch wir wünschen von unserem Stand-

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punkte aus, daß den Eltern in der Wahl des Unterrichtes ihrer Kinder bezüglich der Sprache die größte Freiheit eingeräumt werde. Wir wünschen, daß kein Sprachzwang in der Schule stattfinden soll und darum auch die Annahme der §.12 und 3 von Seite des Landtages von unserer Seite freudig beglüßt. Wenn in dem §, 3 gesagt wurde, daß ein Unterrichtszwang in den Unterrealschulen, die mit den Hauptschulen verbunden sind, nicht stattfinden soll und wenn hinreichende Gründe dafür angeführt wurden, so gelten meinem Grachten nach diese Gründe auch für die selbstständigen Realschulen. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß der Unterricht in der französischen und englischen Sprache an unsern Realschulen ungleich bessere und raschere Erfolge im Gefolge hatte als der Unterricht in der 2. Landessprache und zwar eben darum, weil ein Zwang hiezu nicht stattgefunden hat. Mir ist gar nicht bange und ich bin fest und vollkommen davon überzeugt, unsere Ingend werde die 2. Landessprache mit eben demselben, ja mit größerem Eifer und größerer Liebe lernen, wie die Fremdsprachen, wenn dieselbe nicht mit Zwang zum Besuche der böhmischen Sprachstunden angehalten, sondern der Besuch dem freien Willen anheim gestellt werden sollte. Ich behaupte, als wenn gerade der bezeichnete Ausweg absoluter Unterrichts-und Lernefreiheit in der zweiten Landessprache das allerbeste Auskunftsmittel wäre, denn das hat man von mehreren Seiten bestritten, allein ich bin der Ausicht, daß dies in der Gegenwart das beste Mittel zur Beruhigung der Gemüther und daß kein ande-rer Answeg dermalen möglich, d r allseitig betriedi-gen kann, als eben die Gestattung der größten möglichsten Freiheit im Besuche des Unterrichtes in der 2. Landessprache. Jede Vermittlung hat bis jetzt nicht zum Heile geführt, sondern zu großen Zerwürfnissen.

Wie die Erfahrung der letztern Jahre gezeigt, ist jeder Zwang vom Schlimmen gewesen und hat häufig gerade das Gegentheil von dem erzielt, was er hervorbringen sollte.

Die Gesetze werden im Verfassungs Staate nicht für lange Jahre gearbeitet, sondern eben für die Zeit, als sie zweckmäßig erscheinen.

Das ist ja das Eigenthümliche des Verfassungs-staates, daß nicht wie im absoluten Staate die Staatsbürger als unmündig betrachtet und als solche behandelt werden und daß jeder Schritt und jede That vorgeschrieben werde. Im Verfassungsstaate gelangt der Wille des Volkes durch die allerhöchste Sanktion über Antrag der Vertreter des Volkes zum Gesetze, aber bei gesichertem Petitionsrecht weiden ebenso gut und ebenso schnell die minder guten Erfolge, die ein Gesetz mit sich bringt, sehr schnell zur Kenntniß der Landesvertretung gebracht und eine Abhilfe in möglichst kurzer Zeit geschaffen, während sonst Jahrzehnte nöthig waren, um eine Abänderung in den gesetzlichen Bestimmungen zu bringen. Sollten sich, wenn der gestellte Antrag von dem h. Hause angenommen werden und die a. h. Sanktion erlangen sollte, diese Bestimmungen nicht als vollkommen zweckmäßig erweisen, so dürfte schon in einer der nächsten Sessionen dieses h. Hauses ein neuer Antrag auf Abänderung stattfinden , man wäre um eine wichtige Erfahrung reicher geworden, und könnte alsdann die zweckmäßige Abhilfe treffen. Das ist also jedenfalls ein wichtiger Grund, warum wir dermalen keinen Sprachzwang einführen, sondern in der Mittelschule gerade wie in der mit der Hauptschule verbundenen Unterrealschule die volle Freiheit des Unterrichtes der zweiten Landes Sprache den Schülern oder resp. den Eltern überlassen sollen. Das also ist jedenfalls ein wichtiger Grund, warum man keinen Sprachenzwang einführen, sondern eben auch in den Mittelschulen gerade so wie in den unteren Schulen eine volle Freiheit des Unterrichtes auch in der Wahl der Unterrichtssprache den Schülern resp. den Eltern überlassen soll. Wird man den Schülern der Mittelschulen gestatten, ohne allen Unterrichtszwang die zweite Landessprache sich anzueignen, und wird man ihnen hiezu die Gelegenheit bieten, dann ist meinem Erachten gemäß genügendes ge-schehen. Die Erkenntniß der Nothwendigkeit wird nicht ausbleiben, und das erkannte Bedurfniß, ist die beste Lehrmeisterin und am meisten behülflich sein, daß die Schüler rasch zur Erlernung der zweiten Landessprache kommen.

Was aus dem Sprachenzwang bisher geworden ist, haben wir erfahren: Mißstimmung zwischen den Lehrern und Schülern, nicht selten eine harte Behandlung einzelner und zwar jener Schüler, welche minder geeignet, Fortschritte in der andern Sprache zu machen, weil sie nicht genug Gelegenheit hatten sich für die andere Landessprache gehörig vorzubilden, Zurückbleiben auch auf anderen Unterrichtsgebieten und eingetretene Unlust zum Studium überhaupt.

Eine andere Folge war, daß die Behörden selbst, die häufige Dispensen ertheilen sollten, in nicht geringe Verlegenheit kamen und daß bei öfteren Dispensen die Lehrer der böhmischen Sprache nicht wenig verstimmt wurden, die Behörden grollten, Differenzen zwischen den Schülern selbst, welche der Unterrichtsstunden losgesprochen waren, während anderen eine Dispens nicht zu Theil wurde. So gab es der Uebelstände viele und die Frucht des Unterrichtes war eine geringe. Wenn ich also an dieser Erfahrung festhalte, kann ich nicht anders als wünschen, daß volle Freiheit gegeben werde und jeder Sprachenzwang vermieden werde Unsere Schüler werden dann die 2. Sprache jedenfalls lieber lernen.

Einzelne Eltern werden nicht in die Nothwendigkeit kommen, erst durch Petitionen die Freiheit ihrer Söhne vom Besuche der böhmischen oder der deutschen Sprachstunden, falls ihnen die Vorbildung dazu fehlt, zu erwirken, die Behörden werden durch derartige Dispensen jede Verlegen-heit den Schulanstalten bereiten und wird demohn-


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geachtet der Unterricht in der 2. Landessprache gedeihen, darum empfehle ich den im Beginn meiner Rede vorgelesenen Antrag zur Annahme.

Ob erstland marsch all: Herr Dr. Pankraz.

Dr. Pankraz: Mein Standpunkt ist derselbe des geehrten Vorredners. Ich bin gegen den obligaten Unterricht in der zweiten Landessprache, und zwar zunächst vom rechtlichen Standpunkt. Ich glaube daß zunächst der Staat nur soweit berechtigt ist, die Freiheit der einzelnen Individuen, welche sich in ihm zu einer Gesammtheit vereinigten zu beschränken, als es die Nothwendigkeit der wechselseitigen Coexistenz erfordert, und ich kann mich nicht überzeugen, daß es absolut nothwendig sei, daß alle Individuen eines und desselben Staates alle Sprachen, die im Staate sind zwangsweise zu erlernen verhalten werden (Bravo!). Hier handelt es sich allerdings nur um einen Theil eines Staates, um ein Land, aber ich weih nicht, ob gerade die Entfernung der Grenzen von der nachbarlichen Provinz so vielen Unterschied macht, immerhin bleiben wir nach dem 26.Feber ein konstitutioneller Gesammtstaat, und was man eben vom böhmischen Landtage bezüglich der Sprache geltend machte, konnte man am Ende auch eben so gut für das ganze Reich geltend machen. Es erscheint mir überhaupt, daß in der bisherigen Debatte der wahre Schwerpunkt etwas verrückt wurde. Das Recht einer Nation im Staate kann wohl allerdings soweit gehen, und geht soweit, daß jede Nation sordern kann, es soll ihr das Mittel gegeben werden, in ihrer Sprache sich auszubilden, es soll ihr ferner ein Mittel gegeben weiden, in einer anderen Sprache, welche ebenfalls koexistirt, sich soweit auszubilden, als es eben diese Nation für sich bedarf. Allein ich glaube nicht, daß einer Nation im Staate das Recht zustehen könne, weil sie da ist, eine zweite zu zwingen, daß sie ihre Sprache lerne. (Sehr gut.) Ich glaube aber die Freiheit eines jeden einzelnen Mitgliedes eines Staates geht soweit, alles dasjenige zu thun und zu üben, wodurch er einen Fremden nicht verletzt, oder einen anderen nicht verletzt und dadurch, daß jemand sich nicht zwingen läßt, eine 2. Sprache zu lernen, verletzt er gewiß nicht die Rechte desjenigen, dessen Sprache zu ler-nen er sich eben nicht will zwingen lassen. Der Herr Berichterstatter der Majorität hat eigentlich das Minoritätsvotum vertheidigende Gründe von legislatorischer Hinsicht zuerst hergenommen, indem er behauptet, der Staat habe das Recht am Gy-mnasium den Sprachzwang einzuführen, und zwar deshalb, weil nämlich dieser Zwang wirklich besteht und seit 1856 eingeführt sei und weil das Gymnasium überhaupt keine freie Lehranstalt sei und die Freiheit der Lehranstalt erst an den Hochschulen beginne. Nun muß ich gestehen, es scheint mir hierin eine Art petitio principii zu liegen. Es frägt sich eben erst, ob der Zwang nothwendig ist in dieser Sache und ob er nützlich ist. Nicht etwa weil er besteht, muß er bestehen, sondern Gesetze werden eben gemacht, wie sie nach den Zeitverhältnissen nothwendig und nützlich sind. Ferner meinte der Herr Berichterstatter, der Staat solle sogar diesen Sprachzwang einführen, und zwar um seines Bedürfnisses willen nämlich weil er Juristen brauche als Beamte. Allein was die Juristen anbelangt, so glaube ich, wird es nie an Leuten fehlen, welche beider Landessprachen mächtig sein werden, um als Beamte verwendet werden zu können, wenn eben Gelegenheit geboten wird, sich auszubilden, wenn gleich dabei sein Zwang geübt und angewendet wird. weil eben diejenigen Leute, welche als Juristen auf eine Beamten- oder sonstige Stelle Anspruch machen wollen, ja dazu schon dadurch allein veranlaßt sein werden, sich die nothwendigen Eigenschaften zu erwerben. Ich glaube daher, daß man mit einem freien Gegenstand der zwei Landessprachen in dieser Beziehung vollkommen auslangen wird, daß in irgend einer Gegend schon bei dem jetzigen Umstande eine Klage vorzukommen wäre, daß man einen deutschen Theologen etwa auf eine böhmische Pfarre oder umgekehrt gesetzt hatte. (Rufe: Ja, ja, wir haben einen.) Mir wenigstens ist es nicht vorgekommen, doch glaube ich, daß man in diesem speziellen Fache in der Theologie selbst die Mittel finden wird, neben den freien Gegenständen der Mittelschule — die weitere Ausbildung in den theologischen Lehranstalten fortzusetzen. Wir sind eben nicht kompetent über die theologischen Studien abzusprechen oder Vorsorge zutreffen; dasselbe findet, glaube ich, bei den Medizinern statt. Auch der Mediziner wird für das Bedürfniß, welches der Staat an die Mediciner stellt, wenn die zweite Landessprache als unobligat besteht, denn in der Regel lassen sich die Mediziner sehr viel daran gelegen sein, daß man ihre Sprache nicht versteht (Heiterkeit), weil das sogar zur Beruhigung des Kranken nothwendig ist; sie haben mit dem Kranken in der populären Sprache und nicht in der technischen zu verkehren; der Berichterstatter meint, der Staat solle ferner im Intresse der Betheiligten die zwei Landesprachen als obligat erklären. Nun was das Interesse der Betheiligten anbelangt, da glaube ich. wird man mit voller Beruhigung die Sorge dafür den Betheiligten selbst überlassen können. (Bravo.)

Der Egoismus das Bedürfniß, sich im Leben fortzubringen, ist hinreichender Bestimmungsgrund zum Entschlusse, diese oder jene Sprache zu lernen, und es wird vollkommen genügen, wenn nur dafür gesorgt wird, daß die Möglichkeit vorliegt, diese Sprache auch wirklich erlernen zu können. Man hat zugleich viel darüber gesprochen, ob der Vater kraft der väterlichen Gewalt beruhigt sei, oder ob er beeinträchtigt, werde, wenn man seine Berechtigung leugnet, die Bestimmung selbst zu treffen, ob kein Kind die zweite Landessprache lernen soll; auch in dieser Beziehung glaube ich, muß man die väterliche Gewalt respektiren; denn das Recht seine Kinder zu erziehen, ist ein durch unser bürgerliches Gesetzbuch anerkanntes Recht des Vaters, es liegt ihm nicht blos die Pflicht ob, den Aufwand zu bestreiten, son-

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dern es ist ihm als ein heiliges Privatrecht die Erziehung überlassen; hier wird aber ein Theil der väterlichen Erziehung gleichsam konfiszirt, und das ist nicht von Recht. Endlich meint man, die liebevolle Einigung beider Stammesgenossen in Böhmen erfordere die Einführung des Sprachenzwanges; nun ich glaube, in der Liebe ist der Zwang das richtige Mittel nicht (Heiterkeit); ich glaube die wechselseitige Zuneigung lätzt sich eben nicht erzwingen, und ich bin fest überzeugt, daß man bei unseren Verhältnissen die liebevolle Einigung am besten dadurch pflegt, wenn man jedem erlaubt zu sprechen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, (Heiterkeit) wenn man Jedem erlaubt, deutsch und böhmisch seelig zu werden, wie es ihm eben gefällt (Bravo, Rufe: Sehr gut links), wenn man ihn nicht zwingt, sich in der anderen Sprache zu bilden und dadurch die Zeit in praktischen Wissenschaften sich auszubilden, zu verlieren (Bravo; Sehr gut). Der Staat wird genug thun, wenn er die Eigenschaften vorschreibt, wie er seine Leute braucht; wer die Eigenschaft seiner Zeit nicht hat, der mag es sich selbst zuschreiben, wenn er nicht ankömmt (Sehr gut.) Es ist nun weiter gesagt worden, es liege im pädagogischen Wesen der Zwang für die Erzichung der Jugend, und darum muß der Sprachzwang eingeführt werden; nun hier verwechselt man eben die Begriffe; ich meinerseits fordere, daß der Vater allein entscheidet, ob das Kind die zweite Landessprache lernen soll; hat der Vater diesfalls entschieden, dann tritt für das Kind wirklich der Zwang ein; es wird also dem pädagogischen Zwecke gar kein Hinderniß dadurch entstehen, aber das Recht des Vaters wird gewahrt.

Auch die Majorität scheint das Recht des Vaters nicht ganz haben übersehen wollen, denn der §. 4, sagt selbst, es kann ja eine Ausnahme geben vom Zwange, nun sagt dieser §. weiter, daß er die Ausnahme der Landesstelle zuweist und nicht dem Willen des Vaters. Wenn ich mir den Vorgang hierbei praktisch denke, so glaube ich, wird doch der Wille des Vaters und nicht der Landesstelle entscheidend sein, denn wenn der Vater bei der hohen Landesstelle um Dispens einschreiten wird, so glaube ich, wird sie ihm nicht füglich die Bewilligung der Dispens abschlagen können. Es wird ungefähr so sein, wie bei der autonomen Gemeinde. Wenn die autonome Gemeinde eine Million beschlossen hat so hat der Landtag Ja gesagt.

Und so würde es auch da werden. Wenn der Vater sagen wird: Mein Kind soll diese Sprache nicht lernen, ich bitte um Dispens, so wird einfach auf das Gesuch geschrieben: "Wird bewilligt."

Man hat nur den Geschäftsgang vermehrt, aber in der Sache wird der Wille des Vaters entscheiden. Bei dem Bestande zweier Nationalitäten in Böhmen glaube ich aufrichtig, daß es kein besseres Mittel zum Frieden gibt, als volle Freiheit in dieser Beziehung einzuführen. Ich sitze auf der Seite des hohen Hauses (auf die linke hinweisend), nicht deshalb, weil sie deutsch ist, sondern weil sie konstitutionell ist, (Bravo!) und von diesem Gesichtspunkte aus beurtheile ich alle wichtigen Fragen und auch diese Frage.

Ich glaube, wenn der Mensch in jeder Beziehung frei ist, ist auch die Nationalität frei. Ist sie frei, so wird sie sich entwickeln, und die Hülfsmittel, wie man sie hier durch das Obligate geben will, blieben immer Krücken, und diese gehören für Krüppel, nicht aber für lebensfähige Personen.

Oberstlandmarsch all: Prof. Lambl.

Schulrath Maresch: Excellenz, ich bitte, ein Wort zur faktischen Berichtigung. Mein Antrag lautet auf Zustimmung für das Minoritätsvotum, d. h. für das von mir vorgelesene in der Kommission gestellte Minoritätsvotum: "nämlich in den Mittelschulen u. s. w., wie ich anfangs gleich vorgelesen habe, damit nicht eine Verwechselung geschehe mit dem Minoritätsvotum des Schulrathes Wenzig,

Oberstlandmarsch all: Ich bitte mir den Antrag schriftlich zu überreichen.

Prof. Lambl: Meine Herren! ich werde mich nicht auf Motive des Rechts oder dergl. einlassen, allein vom Standpunkte der Nützlichkeit werde ich mir erlauben, für den Vorschlag der Minorität im §. 4 zu sprechen. Wenn ich gerade die letzten Worte, welche Dr. Pankratz gesprochen hat, beherzige, so muß mir Eines auffallen, daß diejenigen Herren von jener Seite, der er angehört, für den Zwang im Allgemeinen nicht sind, doch in einer Beziehung, die in dem im §. 4 des Majoritätsvotums die Gymnasien betreffend doch eine zweite Landessprache als obligaten Lehrgegenstand angenommen haben wollen. (Rufe: Nein!) Denn es heißt im §. 4 des Majoritätsvotums: "in Gymnasien ist die 2. Landessprache obligater Lehrgegenstand." Die Herrn haben es damit motivirt, daß das Gymnasium gewissermaßen für die öffentliche Stellung bildet, und daß man es gerade dieser öffentlichen Stellung schuldig ist, die 2. Sprache zu kennen, wogegen dieselben Herren bei den Realschulen den Grundsatz angeführt haben, daß ja dieselben für keine solche öffentliche Stellung bilden, daß zur Versorgung meistens die Kenntniß der 2. Sprache nicht nothwendig, oder nicht zur Pflicht zu machen ist, Ich erlaube mir daher, m. H., wie ich gesagt habe. nur aus dem praktischen Leben einige Argumente für das Votum der Minorität auszusprechen, nämlich ebenfalls für die zwangsmäßige Durchführung des Unterrichtes in der 2. Landessprache. Ich erlaube mir hier auf das Fach zu sehen, welches mir am nächsten steht, nämlich die Landwirhschaft; ich habe, m. H., da einige Erfahrung und ich muß Ihnen, sagen, daß diejenigen jungen Männer bei uns, welche die Realschule oder das Gymnasium absolviren, um sich dem Studium der Landwirthschaft zu widmen, gewöhnlich wenigstens das engere Vaterland Böhmen als Forum ihrer künftigen Karriere vor sich haben, ich sage wenigstens ihr Vaterland, wenn sie nicht vielleicht über die Grenze von


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Böhmen hinaus spekuliren. Nun sind die Verhältnisse in unserem Vaterlande so, daß sowohl der Pächter, als der Beamte, als endlich auch der Eigenthümer sehr häusig in die Lage kommt, zu wechseln, aus einer deutschen Gegend in eine böhmische und umgekehrt verseht zu werden; daraus geht hervor, daß ihm die Kenntniß der 2. Landessprache eben so nothwendig ist, wie die Kenntniß der eisten. Sie werden mir vielleicht dagegen einwenden: "dafür genügt es, wenn er nur die gewöhnliche Konversationssprache versteht und die lernt er in kurzer Zeit," die gewöhnliche Konversation in der zweiten Landessprache lernt man in der That in ganz kurzer Zeit; allein ich bitte Sie, m. H., betrachten Sie die Verhältnisse von heutzutage nicht so, wie die Verhältnisse vor ungefähr 10—20 Jahren. Heutzutage ist selbst das Gebiet der Landwirthschaft nicht ein solches, wo man mit der bloßen Kenntniß der böhmischen oder deutschen Konversations-sprache nicht auskommen könnte, man muß wahrhaftig etwas mehr verstehen. Ich will absehen von der öffentlichen Thätigkeit, z. B. der Thätigkeit in den landwirthschaftlichen Vereinen, zu welchen die gebildeteren Landwirthe doch zunächst berufen sind, zu wirken, davon will ich absehen und will mehr auf das Materielle eingehen, auf die Stellung der jungen Männer selbst; wenn diese einen Posten suchen, so kommt es häufig vor, daß sie diesen nur unter der Bedingung bekommen und ich möchte sagen überall, wenn sie beider Sprachen mächtig sind und blicken Sie, m. H., auf die Fächer, die mit der Landwirthschaft in nächster Verbindung stehen, blicken Sie auf die landwirthschaftliche Industrie haben wir da nicht gerade in der neuesten Zeit Beweise, daß man wirklich sehr schwer einen Posten findet, ohne sich mit der Kenntniß der 2. Landessprache auszuweisen? Ich erlaube mir, Sie aufmerksam zu machen auf eine Erscheinung der neuen Zeit. In vielen industriellen Unternehmungen, welche von Gesellschaften arrangirt werden, kommt es vor, daß alle Schreibgeschäfte, die ganze Buchhaltung, böhmisch geführt werden, sehen Sie den Fall, ein ganz gebildeter Landwirth, ein Industrieller in der Gegend sucht da einen Posten, er kann nicht angestellt werden, wenn er sich nicht mit der Kenntniß der 2. Landessprache ausweist. Sie haben, wenn Sie in der Schule nicht dafür gesorgt haben, daß er die Sprache lerne, ihm die Mittel genommen, eine Anstellung zu finden, vielleicht eine Anstellung. zu der er vermöge seiner Kapacität sehr geeignet ist, vermöge der Sprachkenntniß aber vollkommen ungeeignet werde!

Wenn ich vom Fache der Landwirthschaft weiter fortblicke auf die andern Realfächer, ich will sagen auf den Handel, auf das Fabrikswesen, so werden Sie mir gewiß auch zugeben, daß auch da Kenntniß der böhmischen Sprache und die Kenntniß der deutschen Sprache jetzt gewiß im weiteren Maße nothwendig ist, als ehedem; daß eine gründlichere Kenntniß nothwendiger ist, als es früher der Fall war.

Das werden mir die Herren von der linken Seite bekräftigen.

Die Fabrikanten, Kaufleute fühlen das recht wohl und ich war selbst noch vor kurzer Zeit in der Lage, von einem der Herren von der linken Seite des h. Hauses aufgefordert zu werden, ihm Leute zu schaffen für eine Gegend, die böhmisch war. —

Er selbst hängt der deutschen Partei an, weil er ein Deutscher ist, aber die materiellen Verhältnisse haben ihn gezwungen, Leute böhmischer Zunge aufzusuchen.

Gewiß hätte er seine Stammgenossen gerne auf den Posten gebracht; allein die sprachlichen Mittel haben da gefehlt, ohne welche kein Aufkommen ist. Ich bitte sie, m. H., auch noch auf eine Eigenschaft dieses Gesetzes nicht vergessen zu wollen.

Wir haben schon manches Gesetz in diesem h. Hause zu Stande gebracht, diese Gesetze hatten meist die Natur, daß sie gleich für den Moment galten für uns sowohl als auch für die Zukunft. Dieses Gesetz gilt eigentlich für uns nicht mehr, denn die-jenigen von uns, die der andern Sprache nicht schon mächtig sind, werden sie nicht mehr erlernen. Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmermehr, und eben um dieses Hänschen handelt es sich, wir machen das Gesetz für die Zukunft und die Jugend, m. H., unsern Nachwuchs werden Sie um bedeutende Vortheile bringen, wenn sie den Zwang nicht wollen.

Ich und meine Stammesgenossen würden selbst wenn man es verbieten würde, die zweite Landessprache zu lernen, dieselbe dennoch lernen.

Diesen Vortheil also wollen wir dem Nachwuchs gewahrt wissen.

Ich erlaube mir einen Blick auf die Bemerkung zu werfen, welche bezüglich des Auslandes, bezüglich der Versorgung außerhalb der Grenzen unseres Vaterlandes gemacht worden ist.

Ich spreche zunächst von unserem Kaiserstaate Oesterreich.

Es hat bereits ein Redner vor mir die Bemerkung gemacht, daß in Oesterreich eine Menge slavischer Stämme sind, wenn wir nicht denjenigen Volksstamm allein zählen, zu dem wir uns zunächst zählen, nämlich den èechoslavischen. es ist die Rede von allen Slaven im Kaiserstaate.

GZ ist bekannt, daß die Slaven der übrigen Länder selten in die Lage gelangen, nach Böhmen zu kommen, und hier eine Anstellung zu suchen im Amte oder in technischen Fächern.

Die Fälle kommen häufig vor, daß unsere Landeskinder dahin gehen über die Grenze, und ich erlaube mir zu fragen, welches Mittel diesen denn zunächst ihre Existenz leichter macht, ob nicht die Kenntniß der böhmischen Sprache, welche gleichsam der Schlüssel zum leichteren Verständniß aller übri-


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gen Idiome innerhalb der Grenzen des österr. Kaiserstaates darstellt?

Es ist noch weiter gesprochen worden von der Versorgung, die man auch im Auslande findet, also außerhalb den Grenzen des Kaiserstaates. Ich bin gewiß derjenige, der aus eigener Erfahrung die meiste Achtung geschöpft hat vor der Kultur, die uns von Westen gekommen ist; ich achte namentlich das Verditust des deutschen Volksstammes, die sich derselbe auf indirektem oder direktem Wege gesammelt hat um die Bildung der slavischen Elemente.

Diese Achtung drücke ich offen aus, aber ich bitte Sie, eines nicht zu vergessen. Wenn es sich um die Kultur handelt!

Ich möchte einen Unterschied gemacht wissen, zwischen der Kultur, die wir uns holen, und der Kultur, die wir weiter tragen.

Wir holen uns häufig die Kultur dadurch, daß wir nach Westen reisen, oder Männer ausge-zeichnetet Kapazität von Westen hierher berufen; aber wohin geht der Drang der Kultur wohin drängt sie sich?

Sagen Sie es nicht selbst, sagen es nicht ihre Wortführer, der Drang der Kultur gehe nach Osten?

Nun, m. H., wohin geht der Drang der Kultur, wohin drängt sie sich? Sagen nicht selbst ihre Wortführer, daß der Drang dieser Kultur nach Osten geht?

Sie wird dahin getragen, und, m. H., wir sind die Kulturträger.

Erlauben Sie mir, Sie aufzufordern, uns brüderlich die Hand zu reichen. Bedienen Sie sich desselben Schlüssels, der uns zum Osten führt, der uns den Osten ausschließt; das ist die böhmische Sprache. Das ist der Schlüssel, der uns die Thore des Ostens öffnet, jenes Gebietes, zu dessen Aufklärung wir, wenigstens zum Theil, neben anderen Volksstämmen berufen sind.

Bedienen Sie sich dieses Schlüssels, und ich glaube, Sie werden gut fahren.

Haben Sie aber diesen Schlüssel nickt in der Hand, nicht in Ihrer Macht, legen Sie die Hand aufs Herz, jeder von Ihnen wird Freunde, Verwandte in jenen Gegenden haben, in und außerhalb Oesterreich, und Sie werden wissen, welche Schwierigkeit und Unannehmlichkeit es ihm verursacht, daß er der Sprache nicht mächtig ist und überhaupt nicht in der Lage ist, sie nicht zu erlernen und zu verstehen.

Es haben mehrere Redner Bemerkungen gemacht, daß wir in einem konstitutionellen Staate leben, wo die Freiheit des Individuums in einer andern Weise gewahrt wird, als in dem früheren System.

Dem stimme ich vollkommen bei, die Freiheit der Individuums soll gewahrt werden.

Aber ich bitte nicht zu vergessen, daß es die Staatsbürger nicht sind, die in die Schule gehen, sondern ihre Söhne.

Es ist ganz richtig, daß es das Recht des Vaters ist zu bestimmen, welche Sprache seine Kinder zu sprechen haben.

Jeder Vernünftige, der Vater ist und einen Sohn hat, wird das auch anerkennen. Allein damit ist nicht gesagt, daß dem Vater auch das Recht zustehe, in das ganze Unterrichtssystem im Verlaufe des Unterrichtes mitzusprechen, da hörte ja alle pädagogische Regel auf.

Ich bitte den Vergleich anzustellen, was man zu thun hätte, wenn es Jemand z. B. einfiele, seinem Sohne keine Geographie beizubringen; er könnte sagen: Du wirst dein Lebtag nicht reisen, du brauchst die Geographie nicht.

Wird ein solcher in die Schule kommen können und dem Professor sagen: Ich bitte meinen Sohn von der Geographie zu dispensiren?

Werden Sie für einen Gegenstand von Bedeutung und Wichtigkeit, wie die Geographie es ist, unumwunden dem Unterrichtsgeber das Recht lassen, seinen Sohn zu verhalten, daß ihm dasjenige beigebracht werde, was ihm nothwendig ist, was den Cyclus der Bildung ausmacht; warum wollen Sie das bei der Sprache nicht thun?

Als wenn die Sprache minder wichtig wäre als eine derartige Kenntniß, wie die der Geographie. Abgesehen von dem Vortheile, der uns davon im Allgemeinen erwächst.

Ich muß mir zum Schlusse die Bemerkung erlauben, daß unser Vaterland Böhmen seit jeher den Rnf genießt, im großen Kaiserstaate Oesterreich das intelligenteste Land zu sein?

Wir können uns rühmen, daß zu allen Schichten der großen Männer, welche dem Staate Dienste geleistet haben, immer unser Land ein bedeutendes Kontingent geliefert hat.

Unsere Zukunft liegt nun auch hier darin, wie ich vorher bemerkt habe, daß wir dorthin spekuli-ren, wohin wir unsern Export zu richten haben, auf den Export der Intelligenz.

Sie können eben aber in diesem Export mit uns nicht konkurriren, weil es immer darauf ankommt, daß Sie nicht der Sprache mächtig sind; wir sind Kinder eines Landes; warum sollen wir uns in diesem Punkte trennen?

Das soll nicht sein. So sehr ich weiß, daß ich Sie dadurch zu einer Konkurrenz auffordere, so möchte ich doch in Ihrem eigenen Vortheile Ihnen vorschlagen, daß Sie sich gegen die obligatorische Einführung des Unterrichts in der zweiten Landes-sprache auch in Realschulen nicht sträuben mögen: sollten Sie sich aber dennoch sträuben, so bliebe mir nichts übrig, als, da ich von den Vortheilen überzeugt bin, die Sie dadurch selbst von sich weisen, Ihnen zu sagen: volenti non fit ichuria.

(Bravo.)

Oberstlandmarschall: H. Prof. Herbst.

Prof. Herbst: Ich habe wich für verpflichtet gehalten, mich zum Worte zu melden, zunächst um über den Gang, den die Verhandlungen in der


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Kommission genommen haben, einige bestimmte Mittheilungen zu machen, weil über die Stellung der einzelnen Mitglieder der Kommission leicht eine Unklarheit entstehen könnte.

Es bestanden eigentlich und wesentlich in der Kommission zwei Ansichten, die eine derselben ist im gedruckten Minoritätsvotum ausgedrückt und hält schlechthin an dem L.A.Antrage, wie er gedruckt vorliegt, fest. Dafür sprachen sich 7 Stimmm aus. Dagegen waren 7 andere Stimmen der Meinung, daß in doppelter Beziehung der L.A.Antrag nicht annehmbar sei, weil er das nicht enthält, was in der That praktisches Bedürfniß ist und dagegen etwas enthält, was in einem Gesetze über Gleichberechtigung nicht am Platze ist, man mühte denn das Wort Gleichberechtigung als Gleichheit des Zwanges verstehen. Eine einzige Stimme war für den Kommissionsbeschluß an sich, welche aber in den aufeinander folgenden Abstimmungen die Majorität herbeiführte.

Denn für die Anficht, daß an den Gymnasien der Sprachenzwang eingeführt oder vielmehr beibehalten werden soll, sprach sich eigentlich nur eine Stimme aus, diejenigen 7 Stimmen, welche gegen jeden Sprachenzwang an den Mittelschulen waren, mußten, nachdem ihr Antrag gefallen war, natürlich dafür sein, soviel als möglich von der Freiheit zu retten, damit nicht an den Mittelschulen der Begriff der Freiheit durch ein Gleichberechtigungsgesetz vollständig in Frage gestellt werde. Sie mußten dann nothgedrungen eher für den minder zwingenden Antrag sein und so kam das Votum der Kommis-sion zu Stande, obschon für dasselbe von 15 Mitgliedern nur ein Einziges gewesen war und 7 nach der einen Seite, 7 nach der anderen, dagegen waren

Jene 7 Mitglieder, zu denen auch ich zu gehören die Ehre hatte, waren nun der Ansicht, daß der L.A.Antrag schon darum ganz unzweckmäßig sei, weil er einfach sagt, an Mittelschulen mit böhmischer Unterrichtssprache ist die deutsche Sprache, an derlei Schulen mit deutscher Unterrichtssprache die böhmische Sprache ein obligater Lehrgegenstand. Jene 7 Mitglieder waren der Ansicht, daß ganz etwas Anderes wirklich praktisches Bedürfniß sei, nämlich in das Gesetz aufzunehmen, daß der Unterricht in der zweiten Landessprache an den Mittelschulen eine ganz andere Einrichtung erhalten solle, als bisher. Davon ist im L.A.Antrage, sowie im Antrage der Kommissionsminorität gar keine Erwäh-nung geschehen.

Es ist aber doch eine Erfahrung, die längst gemacht wurde, daß bei dem Unterrichte, wie er an Gymnasien in der anderen Landessprache stattfindet, diese andere Landessprache nicht gelernt werde, daß also damit, wenn man erklärt, die andere Landes-sprache sei obligater Lehrgegenstand, allen den Rücksichten in keiner Weise entsprochen werde, welche bisher von verschiedenen Rednern vielfältig betont wurden. Wenn der Unterricht in der andern Landessprache von rein philosophischem, historischem und literaturhistorischem Standpunkte aus betrieben wird, wie es an den Mittelschulen thatsächlich der Fall ist, so lernt man die Sprache nicht.

Ich sehe nicht ein, wie man alle diese großen Reden und verschiedenen poetischen Floskeln "von geistigen Händedrücken, Vereinigung der Gemüther, Vereinigung des geistigen Lebens u. s. w." daran knüpfen konnte, daß Jemand 8 Jahre an einem Gymnasium Unterricht bekommt in einer Sprache, ohne die Sprache zu erlernen.

Bei der Art und Weise, wie jetzt der Unterricht ertheilt wird, ist es allgemein anerkannt, daß man sie nicht erlernt.

Ich erlaubte mir deshalb in der Kommission den Antrag zu stellen, welcher von 8 Mitgliedern, also von der Majorität, acceptirt wurde, daß über die Beschaffenheit des Unterrichts in der andern Landessprache an den Mittelschulen etwas gesagt werde, weil dadurch nach meiner Ueberzeugung für das praktische Bedürfniß des Landes und seiner Bewohner besser gesorgt wird, als durch den abstrakten Sah, die böhmische Sprache ist für Deutsche obligater Lehrgegenstand.

Deßhalb wurde der Paragraph dahin formulirt: "In den Mittelschulen, Gymnasien und selbstständigen Realschulen sei die Gelegenheit zu bieten, die zweite Landessprache gründlich und in einer Weise zu lernen, daß der Schüler derselben in Rede und Schrift mächtig wird." Darauf hätte sich nach der Ansicht jener 7 Mitglieder der ganze Inhalt des §. 4 zu beschränken und ich habe mit die Freiheit genommen, nachdem wir darauf verzichteten, ein Minoritätsvotum einzubringen, wozu wir berechtigt gewesen wären, den Antrag, daß dieser Sah an die Stelle des §. 4 stehen solle, Sr. Exc. dem Herrn Oberstlandmarschall als meinen Antrag, mit dem auch die Mitglieder jener Minorität einverstanden sind, zu überreichen. Diesen Antrag zu begründen ist meine Aufgabe. Ich betrachte mich als Berichterstatter jener Minorität, obschon wir auf ein Minoritätsvotum verzichten, weil die Antragstellung von mir ausging und wir in dem Berichterstatter der Kommission, der zur entgegengesetzten Ansicht gehört, unseren Vertreter nicht finden können. Ich erlaube mir daher, nachdem die Nichtigkeit der Textirung unseres Votums am Tage liegt, indem dadurch einem offenbaren, allgemein gefühlten Bedürfnisse nach Aenderung des Unterrichtes in der 2. Landessprache abgeholfen werden kann und nachdem ich in dieser Richtung zur Begründung gar nichts beizufügen habe, weil es sich von selbst vertheidigt, sogleich zur Rechtfertigung der Thatsache überzugehen, warum wir von den anderen zwei Sätzen im §. nichts aufgenommen wissen wollen. Zuerst muß ich mich gegen die Worte des Herrn Berichterstatters wenden, welche er als selbstständige Gründe und nicht blos als Widerlegung von Einwendungen vorgebracht hat. Sie bestehen aus folgenden: 1) Es sei gar kein neues Gesetz, es sei


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2) der Staat berechtigt ein solches Gesetz zu er-lassen, weil das praktische Bedürfniß des Staates, weil das praktische Bedürfniß der Betheiligten und weil es patriotisches Bedürfniß des Landes sei. Nun das erste Argument ist: "Es ist ja gar kein neues Gesetz, der Organisationsentwurf enthält schon eine Bestimmung der anderen Landessprache und das Staatsministerium hat in einem an die Gemeinderepräsentanz von Eger gerichteten Erlasse ausgesprochen: Es müsse dabei verblieben werden. Nur bei den Unterrealschulen wird eine Ausnahme zugestanden. In dieser Beziehung könnte ich erwahnen, daß es so gar nichts besonders ist, wenn das in dem Organisationsentwurf enthalten ist, es versteht sich auch von selbst, daß das Staatsministerium nicht anders antworten konnte und die Frage würde nur die sein, ob mit Freude die Erledigung von Seite der betreffenden Kommune aufgenommen wurde, eine Frage, die ich mit positiver Gewißheit zu verneinen im Stande bin. Aber bei der gesetzlichen Lage der Dinge tonnte kaum etwas anderes erwartet werden, als daß auf eine Aenderung des fraglichen Gesetzes hingewirkt wird.

Mit demselben Rechte hätte der Herr Berichterstatter sagen können, der Utraquismus sei beizubehalten, denn er ist ja im bestehenden Gesetze in dem Organisationsentwurfe und in vielen Erlässen des Ministeriums ausgesprochen; darum aber was im bestehenden Gesetze begründet ist, handelt es sich ja gar nicht, wenn man mit bestehenden Gesetzen brechen will, wenn das bestehende Gesetz den Sprachzwang nach vielen Richtungen aufstellt, so will man das eben ändern, indem mau ein Gesetze über die Gleichberechtigung der Sprachen und Nationalität erlassen will. Wenn die bestehenden Gesetze dem vorhandenen Bedürfnisse, dem Recht der Nationalitäten entsprechen würden, so wäre kein Grund vorhanden an eine Aenderung dieses Gesetzes zu schreiten, insoweit kann darin offenbar kein Grund für den Kommissionsantrag liegen. Man kann nicht sagen, warum wehret ihr euch gegen den Sprachzwang, er ist ja in den bestehenden Gesetzen begründet, da könnte man ebenso gut sagen: Warum wehret man sich gegen das, daß jemand in einer andern als der Muttersprache der Unterricht ertheilt werde. Das ist ja auch in einem bestehenden Gesetze begründet, dies Argument ist daher vollkommen hinfällig, aber etwas anderes ist richtig, wenn man ein Gesetz über Gleichberechtigung der Sprache in der Volks- und Mittelschule einführen will, so hat man entschieden die Absicht den bestehenden Gebrechen und Beschwerden abzuhelfen. Nun scheint es mir ein sonderbares Vorgehen, Gebrechen und Beschwerden immer nur auf der einen Seite finden zu wollen (Bravo!) immer zu thun als wenn nur eine Nationalität die beinträchtigte wäre (Unruhe im Centrum) und als ob die andere Nation Grund gehabt hätte sich vollkommen befriedigt zu finden. Gerade das zwangsweise Sprachenlernen, auch dort wo man nicht selbst freiwillig sich dazu bequemen will, ist eine Hauptbeschwerdegrund, welcher von deutscher Bevölkerung nicht minder entschieden, als von der böhmischen Bevölkerung erhoben wird. (Oho im Centrum) (Bravo links). Das wissen natürlich wir am besten, die wir die deutsche Bevölkerung zu vertreten berufen sind. (Bravo links). Das ist eine Hauptbeschwerde der deutschen Bevölkerung. Wenn man durch ein Gesetz abhelfen will, muß man beiden Theilen abhelfen, nicht das ganze Maß des Unrechtes, von dem ich übrigens gern anerkennen will, daß es gehäuft wurde, auf der einen Seite finden wollen; sondern man muß nach beiden Seiten abhelfen und beiden Theilen gerecht sein. Darum kann ich, wenn Etwas sich als Unrecht und als unzweckmäßig darstellt, ob schon es in den bestehenden Gesehen begründet ist, darin noch keinen Grund sehen, warum nicht abgeholfen werden soll, sonst müßte man ja entschieden gegen das ganze Gesetz stimmen.

Der Herr Berichterstatter hat weiter die Meinung ausgesprochen: "Der Staat sei hiezu berechtigt." Obwohl der Einspruch des aus dem Rechte der Eltern abgeleitet wird, nicht der einzige Einwand ist, der gegen die Ansicht, wie sie im Kommissionsbericht ausgesprochen ist, erhoben wurde, so will ich doch auch daraus eingehen. Der Herr Berichterstatter meint, das Gymnasium sei der Ort des Lernzwanges, dort sei das Recht des Staates viel prägnanter als anderswo. Nun dagegen könnte ich mehreres einwenden. Einmal scheint dabei die Verwechslung einzutreten zwischen dem bestehenden Gesetzesrechte und zwischen demjenigen, was zum Gesetze werden soll. Wenn einmal das Gesetz besteht, so hat der Staat das Recht, dieses Gesetz zu vollziehen, und alle Staatsbürger und auch die Eltern müssen sich dem bestehenden Gesetzesrechte fügen, das ist etwas selbstverständliches. Von einem Zweifel daran kann im Rechtsstaate keine Rede sein. Aber um diese Frage handelt es sich hier nicht, sondern es handelt sich um die Frage, wie soll das Gesetz lauten? Nicht welches Necht kömmt dem Staate aus dem als schon zu Stande gekommenen vorauszusehenden Gesetze zu, sondern: wie soll das Gesetz lauten? Und da soll man nicht auf das natürliche Necht der Eltern, auf die Erziehung Rücksicht nehmen? Der Herr Berichterstatter sagt freilich, die Eltern haben das Recht die Kinder in die Schule zu schicken, oder nicht, aber wenn sie sie dorthin schicken, hört jedes weitere Recht auf. Ja, wenn das Gesetz einmal so besteht, wenn die Ordnung eingeführt ist, dann muß jeder, der die Anstalt benutzen will, sich der bestehenden Ordnung fügen. Allein das ist nicht in der Frage, die Frage ist, welche Ordnung soll eingeführt weiden.

Aber ich gehe weiter, wenn das Gymnasium der Ort des Lernzwanges ist, so ist noch viel entschiedener die Voltsschule der Ort des Lernzwanges, denn da steht den Eltern nicht einmal das Recht frei, ob sie die Kinder hinschicken wollen oder nicht,


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sie müssen sie hinschicken. Folgt aber daraus, daß die Volksschule der Ort des Lernzwanges ist, daß der Staat das natürliche Recht habe, welchen sich die Eltern auch fügen müssen, die Unterrichtssprache an den Volksschulen zu bestimmen? Würde es aber Herr Berichterstatter als Recht anerkennen, wenn der Staat gesagt hat, an der Volksschule soll eine der Muttersprache des Kindes fremde Sprache die Unterrichtssprache sein, würde er das nicht als gegen die Rechte der Familie, gegen die Rechte der Eltern laufend ansehen? Daraus also. weil an be-stimmten Schulen eine Kategorie von Zwang im Lernen besteht, folgt noch nicht, daß der Gesetzgeber mit diesen Schulen und namentlich hinsichtlich der Sprache un diesen Schulen, wird thun können, was er will. Das ist eine Behauptung, die mit der angeführten entschieden in gar keinem Zusammenhange steht.

Ich gehe nun zur weitern Frage über, ob der Staat das. was er thun darf auch thun soll, weil ein praktisches Bedürfniß dafür spricht. Ich muß vorausschicken, daß die ganze Argumentation auf einer falschen Voraussetzung beruht, und daß er überhaupt ein ungerechtfertigter Gesichtspunkt ist, den man in die Sache immer und immer wieder hineinbringt.

Man sucht die Sache darzustellen, als würde von der Seite, welche gegen den Sprachzwang in den Mittelschulen ist und welche sich für die Freiheit auf diesem Gebiete ausspricht, als würde von dieser Seite die Meinung getheilt, daß es nicht wünschenswerth und nicht zweckmäßig sei, wenn Angehörige dieses Landes beider Sprachen sich zu bedienen im Stande sind. Das ist ganz falsch und unrichtig, und alle Argumentationen, die darauf gebaut werden, sind hinfällig. Es handelt sich um die Frage, wie wird gedachter Zweck besser erreicht und das werde ich später besprechen. Aber es kann und wird Niemand bestreiten, daß es zweckmäßig sei, wenn möglichst viele Personen in diesem Lande beider Sprachen so viel als möglich mächtig find. Aber, es führen verschiedene Wege zu diesem Zwecke und daß gerade derjenige Weg, der vom Berichterstatter der Minorität vorgeschlagen wird, der Weg des Zwanges, der richtige sei, scheint mir eine Vorstellung, die im konstitutionellen Staate nicht so leichthin ausgesprochen werden sollte; denn da sollte man den Weg der Freiheit lieber wandeln, bevor man den Weg des Zwanges beschreiten will. Was aber insbesondere einige von diesen angeblichen Bedürfnissen betrifft, insbesondere die praktischen Bedürfnisse der Betheiligten, so hat Herr Dr. Pankratz darauf hingewiesen, daß einerseits den Betheiligten es dann doch am besten überlassen bliebe zu beurtheilen, was ihr praktisches Bedürfniß sei, und ich verstehe unter den Betheiligten dabei nicht sowohl die Kinder als die Eltern, welche die Kinder bei der Wahl ihres Berufes, bei der Frage, welcher spezielle Beruf ihnen frommt, nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes, sie zu bestimmen berufen sind. Dr. Pankratz hat aufmerksam gemacht auf eine Hin-terthüre, welche durch die Möglichkeit von Dispensen auch in dem Minoritätsantrage gelassen ist.

Auf welcher andern Grundlage soll eine solche Dispens ertheilt werden, als auf der Grundlage des Wunsches der Eltern; oder soll vielleicht die Landesbehörde auch in der Beziehung bevormundend einschreiten, daß sie beurtheilt, ob er zu seinem künftigen Berufe die Kenntniß der anderen Landessprache braucht? soll sie vorzuschreiben befugt sein, daß er nur diesen bestimmten Beruf in der Folge ergreifen dürfe? Was wird anderes einen Anhaltspunkt für die Gewährung der Dispens geben als das Ansuchen des Vaters? Und es wird in letzter Linie, wie ein Kollege bemerkt hat. doch wieder nur den Eltern die Entscheidung anheim gegeben, aber nur auf einem Umwege.

Aber auch noch aus einem andern Gesichtspunkte möchte ich entschiedener behaupten: es steht der Behörde die Entscheidung nicht zu, weil sie jedenfalls auf das Ansuchen der Eltern Gewicht legen muß;, nicht deshalb, weil es den Eltern freisteht, ihre Söhne zuletzt gar nicht an das Gymnasium zu schicken, aber deshalb, weil ihnen das Recht zusteht, und man sie nicht hindern kann, ihre Söhne außer Landes an Gymnasien oder Realschulen zu schicken; eine Erscheinung, die nicht eine Ausgeburt der Fantasie, sondern eine Thatsache ist. Wir wissen, daß am Gymnasium in Budweis die Zahl der deutschen Schüler von Jahr zu Jahr abnimmt; man hat eine verschiedene Erklärung der Gründe gesucht, aber die Erscheinung ist leicht dadurch zu erklären, daß die Zahl der deutschen Schüler aus dem südlichen Böhmen an den Gymnasien in Oberösterreich und Baiern fortwährend zunimmt; daran wird kein Gesetz die Eltern hindern können, außer man wird vorschreiben müssen, daß der böhmische Landesangehörige, auch wenn er außerhalb Böhmens seine Bildung sucht, verpflichtet sei, böhmisch zu lernen oder man wird ihm verbieten müssen, anders wohin zu gehen. Daß dieselbe Erscheinung in noch weit ausgedehnterem Maße bei den gewerblichen Mittelschulen stattfindet, ist eine Thatsache, so allgemein bekannt, daß sie nicht in Abrede gestellt werden kann, und soll etwa die Nothwendigkeit, die Kinder außer Land zu schicken, das gepriesene Mittel sein, um dieses Band der geistigen Innigkeit und ähnliche Fantasiegebilde herbei zu führen? Das scheint mir wahrhaftig nicht der rechte Weg dazu.

Das patriotische Bedürfniß, auf welches hingewiesen wurde, fühlen wir alle, und es sind sehr wahre Worte, welche der Herr Berichterstatter gesagt hat, wenn er meint, das Gefühl der gegenseitigen Achtung und Gerechtigkeit sei nothwendig. Ganz gewiß, aber man muß das Recht auf jeder Seite achten. Man muß sich durch das Gefühl einer Erbitterung von Jahrhunderte langem Drucke, welcher, ich verkenne es gewiß nicht, auf der Sprache und der Nation gelastet hat, nicht zu dem anderen Extreme leiten lassen. Wir waren 100 Jahre gedrückt, jetzt

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ist an euch die Reihe gedrückt zu werden. (Oho im Centrum). Das ist eine Bemerkung, die man gerade früher gemacht hat, und die daher allerdings einige Wahrheit für sich haben mag, ohne daß deshalb in so lärmenden Exklamationen auszuweichen nothwendig ist. Uebrigens möchte ich den Herren noch etwas zuerwägen geben; wenn Ihnen die Bemerkung etwas zu drastisch klingt, so werde ich Sie auf etwas anderes aufmerksam machen.

Es ist immer gesagt worden: Wir Böhmen slavischer Zunge werden schon deutsch lernen, mit Eifer lernen und Herr Dr. Èupr hat hinzugefügt, auch die anderen werden, wenn nicht mit solchen Eifer, so doch lernen; wahrscheinlich hat er gemeint, sie müssen es lernen. Aber nun frage ich, warum dieser große Eifer auf der anderen Seite? Wenn man die Dinge, wie sie natürlich sind, nimmt, so ist dieser große Eifer auf der einen Seite, mit voller Anerkennung, daß die slavischen Brüder die innigste Zuneigung zu den Deutschen haben, gewiß nicht darin zu suchen, daß sie deutsch lernen wollen aus Liebe zu ihren deutschen Brüdern, sondern sie lernen es, weil sie es nothwendig brauchen.

(Heiterkeit).

Auch jetzt noch bei aller Aufhebung des gesetzlichen Sprachzwanges sind sie durch eine noch wichtigere Macht zur Erlernung genöthigt, das ist die Macht der Verhältnisse. Das können die Herren nicht in Abrede stellen, daß für einen großen Theil der deutschen Bevölkerung Böhmens diese Macht der Verhältnisse durchaus nicht vorhanden ist, welche sie zwingen würde, die böhmische Sprache zu erlernen.

Man will also dasjenige, was auf der einen Seite durch die Macht der Verhältnisse herbeigeführt wird, auf der anderen Seite durch den Zwang des Gesetzes herbeiführen und insofern ist meine frühere Bemerkung richtig, wenn man es auch nicht zu-gestehen will; daß dies aber nicht das Gefühl der gegenseitigen Anerkennung, der gegenseitigen Ächtung und Gerechtigkeit zu steigern im Stande ist, werden doch die Herren zugeben.

Wenn man dagegen jeden frei fein läßt, jedem den freiesten Spielraum für die Entwickelung seiner Kräfte läßt, das wäre eine Achtung des Rechtes, eine Anerkennung der Gerechtigkeit, aber der Begriff der Achtung und Gerechtigkeit schließt den Zwang aus und will nicht anders, als auf dem Wege der Freiwilligkeit Propaganda machen. Dies zur Widerlegung der Gründe, welche von dem H. Berichterstatter dargestellt wurden.

Ich habe aber auch noch die positiven Gründe nachzuweisen, welche uns zur Stellung des Minoritätsvotums bestimmten und welche zeigen werden, daß ick Recht hatte, wenn ich sagte, die Frage dürfe gar nicht so gestellt werden, ob die Kenntniß der 2. Landessprache nothwendig und wünschenswerth sei, weil darüber kein Zweifel besteht, sondern sie muß gestellt werden, welches ist der zweckmäßige Weg dazu.

Ist wirklich Gelegenheit zur Erlernung der 2. Landessprache und zwar in einer Weise geboten, daß man in Schrift und Sprache ihrer mächtig werden könne? aber nicht, daß man einfach, was bisher bestand, fortbestehen läßt, nämlich den Zwang in der Weise, wie er bisher bestand.

Die positiven Gründe, die uns zur Stellung des Minoritätsvotums bewogen, waren erstens, daß die ganze Frage in das gegenwärtige Gesetz nicht gehört.

Das gegenwärtige Gesetz, überschrieben "über die Durchführung der Gleichberechtigung beider Landessprachen in den Volks- und Mittelschulen" kann nichts enthalten, was mit der Frage über die Gleichberechtigung beider Landessprachen nicht das Mindeste gemein hat. als höchstens, daß eine gewisse formelle Gleichheit des Zwanges herbeigeführt wird, eine formelle Gleichheit sage ich, denn eine materielle kann man diese Gleichheit nicht nennen, weil Verhältnisse, welche auf der einen Seite ohnehin wirken würden, auf der anderen Seite nicht in gleichem Maße vorhanden sind.

Also ist ein Paragraph, welcher einen formell gleichen Zwang durchzuführen beabsichtigt, in einem Gesetze über die wirkliche Gleichberechtigung nicht am Platze; denn die Gleichberechtigung, wie ick sie als Jurist auffasse, ist die gleiche Freiheit; jedes Recht nämlich ist Freiheit, freilich durch das Gesetz begränzte, aber Freiheit ist das Wesen des Rechtes; es kann niemals im Zwange bestehen; was hier vorgetragen, wird, hat nicht das Wesen des Rechtes, sondern des Zwanges. Es ist ferner im Widerspruch mit dem Grundsatze, auf welchem der angenommene §. 3 beruht. Dieser angenommene §. 3 will ganz richtig, daß wir uns gegen das Eindringen des obligaten Erklärens einer Sprache in einen Kreis er-klären, wohin sie nicht gehört, daher hat sein Inhalt in der That mit der Gleichberechtigung der Sprachen zu thun, damit nicht eine Sprache auf Kosten der anderen, auf Kosten der Muttersprache gepflegt werde, darum gehört der §. 3 in das Gesetz und nur ähnliche Bestimmungen können ohne einen inneren Widerspruch in dem §. 4 Platz greifen. Aber dies ist leine ähnliche Bestimmung, sondern eine gerade entgegengesetzte; es ist also schon an sich nicht richtig, in dieses Gesetz alles hineinzubeziehen, was von einer bestimmten Seite gewünscht wird, umsoweniger dann, wenn sich so viele Stimmen im Lande mit aller Entschiedenheit gegen die Aufnahme dieses Grundsatzes in das Gesetz hören lassen, als deren treuer Ausdruck und nicht mehr, wir hier unsere Stimme abgeben.

Es wäre aber weiter der §. in der Weise, wie ihn die Minorität vorschlägt, deshalb nicht anzunehmen, weil er ohne Zweck und Erfolg ist. Der H. Berichterstatter hat zwar angeführt, er habe mit alsolvirten Gymnasiasten gesprochen, also wahrschein-lich mit Studenten, welche nur am Gymnasium die böhmische Sprache erlernt hätten und dieser Sprache vollkommen mächtig seien. Freilich scheint sein Ur-


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theil bedenklich, weil er sagt, er habe selbst in sich, nicht die Gabe, die Richtigkeit dieser Behauptung zu beurtheilen und mir scheint darum schon um so bedenklicher, weil, wenn den Mitgliedern der Gymnasialprüfungskommission von dem Kandidaten versichert wird, er sei der böhmischen Sprache vollkommen mächtig, immer der Hintergedanken auf Seitedes Kandidaten sein kann, daß ihm das Bedingung einer Anstellung ist. Es ist also wohl etwas mehr, als die Angabe und die Versicherung des Kandidaten zur vollen Konstatirung der Thatsache, daß es blos am Gymnasium möglich war, die böhmische Sprache zu erlernen nothwendig. Allein das scheint mir sicherlich übersehen worden zu sein, es hat auch früher, wo gar kein Unterricht aus der böhmischen Sprache am Gymnasium gegeben wurde, der Deutschen nicht wenige gegeben und es sitzen mehrere derselben in diesem h. Hause, welche blos durch eigenen Fleiß ohne allen Unterricht am Gymnasium sich die böhmische Sprache in Wort und Schrift mächtig gemacht; daraus also, daß ein einzelner Kandidat gesagt hat, ihm habe der Unterricht am Gymnasium die vollkommene Kenntniß der böhmischen Sprache verschafft, daraus folgt noch nichts.

Aber noch mehr, dieser Gymnasiast wird höchst wahrscheinlich in einer Stadt mit gemischter Bevölkerung gelebt haben, und richtiger hätte er sich wahrscheinlich so ausgedrückt: Ich habe während der acht Jahre, die ich in Prag zugebracht, die böhmische Sprache erlernt, aber nicht am Gymnasium und durch das Gymnasium, und das ändert den Sachverhalt gewaltig.

Man kann also aus diesem vereinzelten Beispiele nichts gegen die Richtigkeit der Behauptung folgern, daß bisher die Art und Weise des Unterrichts zu nichts gefühlt hat.

Ich kann mich nur dem anschließen, daß in Zukunft, wie es vor dem Jahre 1856 an den Gymnasien war, wo man erst ein Experiment mit der obligaten Sprache gemacht hat, die Freiheit zweckmäßiger wäre, und wann gesagt wird, die Eltern sind unklug, so ist das positiv nicht wahr.

Ich weise hin auf die Beispiele in Böhmen, gerade an den Sprachgrenzen, wo die Kinder von Eltern, die nicht Beamte oder Geistliche aus ihnen machen wollen, ins entgesetzte Sprachgebiet geschickt werden, um die Sprache zu erlernen, und zwar zu dem Behufe, um die gewöhnliche Umgangssprache zu kennen, wo sich die Ueberzeugung von dem, was dem Kinde zweckmäßig ist und frommt, auch in den untersten Schichten der Bevölkerung in einer Klarheit ausspricht, daß man wahrlich nicht sagen kann, daß die Eltern in Böhmen so weit zurück seien, daß es der beständigen Bevormundungen der Ge-setze und Behörden bedürfe, was den Kindern Noth thut.

Man wird sagen müssen, die Eltern weiden darauf bestehen, wenn das Bedürfniß vorhanden ist, und ich glaube, es ist in großem Maße vorhanden. Aber man braucht deswegen nicht zu zwingen, schon deshalb nicht, weil das Gefühl des Zwanges ein hartes, und auf die Länge unerträgliches Gefühl ist, und weil es das Gegentheil von dem hervorruft, was mau dabei bewirken will, weil, wenn man die Sprache zu erlernen gezwungen wird, und zwar in der Weise, daß das einen nachtheiligen Einfluß auf den Calcül hat, und man dadurch das wenigste thue, um dem Kinde für eine Sprache Liebe abzugewinnen.

Denn jenes Gefühl der Brüderlichkeit, der Aussöhnung, der wechselseitigen Befriedigung ist durch diesen Sprachenzwang niemals genährt worden auf keiner Seite, und die Beibehaltung dieses Nestes desselben, während jeder andere Rest des Sprachenzwanges "beseitigt wird, müßte auf der anderen Seite das Gefühl von Zurücksetzung und nicht das Gefühl der Befriedigung hervorrufen.

Es ist endlich jener Zwang noch aus dem Grunde bedenklich, weil man dabei immer nur die Verhältnisse bestimmter Orte und insbesondere Prags im Auge hat.

In gemischten Bezirken und besonders in Prag ist weniger daran gelegen, wenn die andere Landes-sprache als obligat erklärt wird, weil da für jeden Einzelnen die Gelegenheit geboten ist, nicht blos in der Schule, sondern auch durch die Uebung, im Umgang sich diese Sprache eigen zu machen.

Da sind jene großen Schwierigkeiten der Erlernung der Sprache nicht vorhanden, wie an andern Orten, und daher ist es ungerecht, etwas was in Prag ohne große Schwierigkeit ausführbar ist, auf jene Gegenden zu übertragen, wo eine kompakt deutsche Bevölkerung ungemischt zusammenwohnt, und wo man nicht die mindeste Gelegenheit hat, jemals die böhmische Sprache zu üben, wo dem Schüler bei Erlernung der Sprache unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen, und wo dadurch, daß die Schüler die Ueberzeugung haben, daß sie keinen großen Vortheil von der Erlernung haben werden und andererseits die Ueberzeugung hegen, daß sie ihnen die größten Schwierigkeiten verursacht; das Gefühl der Unlust hervorrufen wird und nicht den Zweck, die Sprache zu erlernen, sondern vielmehr das entgegengesetzte erreicht wird.

Es ist eine oft bestätigte Erfahrung, daß der Sprachzwang, die Obligaterklärung der andern Lan-dessprache für den Schüler der einen Nationalität den Erfolg hat, daß er im Lernen zurückbleibt, darum zurückbleibt, weil für ihn — und es tritt das besonders in Gegenden mit reiner Bevölkerung hervor — weil für ihn die Erlernung der anderen Landessprache weit größere Schwierigkeiten hat, weil ihm nicht im Umgang Gelegenheit geboten wird, von der andern Sprache Gebrauch zu machen.

Unlängst ist das Faktum öffentlich mitgetheilt worden, daß an einem bestimmten Gymnasium des südlichen Böhmens, wenn man das Verhältniß der Vorzugsklassen mit einander vergleicht, das ausfallendste, unbegreiflichste Mißverhältniß stattfindet

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zwischen den Schülern deutscher und böhmischer Nationalität.

Das Verhältniß der Vorzugsklassen der Schüler deutscher Nationalität zu denen böhmischer, ist, wenn man die Zahl berücksichtigt 1:4, so also, daß auf beiläufig 4 böhmische Schüler, gleiche Zahlen vorgesetzt, ein deutscher Schüler eine Vorzugsklasse hat; bei den zweiten Klassen ist das Verhältnis gerade das umgekehrte; eine weit kleinere Anzahl deutscher Schüler hat mehr zweite Klassen, als die bei Weitem größere Anzahl böhmischer Schüler.

(Heiterkeit.)

Ich habe nicht eine so geringe Meinung von der deutschen Nationalität, daß ich glaube, daß die deutschen Schüler weniger fähig sind als die böhmischen; aber merkwürdigerweise ist dieses Verhältniß erst eingetreten seit dem I. 1856 (Hört, hört) nämlich seit jenem Jahre, wo die böhmische Sprache an dem betreffenden Gymnasium als obligat erklärt wurde; der Zusammenhang zwischen beiden Thatsachen ist ein sehr leicht zu erklärender, sehr leicht zu erklären darum, weil ja der böhmische Schüler, mögen die Verhältnisse sein wie immer, doch leichter im Stande ist, mit genügender Kenntniß der deutschen Sprache an das Gymnasium zu kommen, als der deutsche Schüler mit der Kenntniß der böhmischen Sprache in das Gymnasium gelangt, weil dem Letzteren die Erlernung der zweiten Landessprache eine große Schwierigkeit verursacht, die ihn im Lernen zurückhält.

Was ist aber der Erfolg der zweiten Fortgangsklasse? das Zurückbleiben in den Studien. Wenn nun dieses Zurückbleiben auch nur bei einem Theile der Schüler deßhalb eintritt, weil gleich anfangs die andere Landessprache obligat erklärt ist, so möchte ich doch sagen, daß die angebliche formelle Gleichberechtigung, die in der Gleichheit des Zwanges besteht, materiell zu nichts Anderem, als zur Ungleichheit führen muß, die in einem Gesetze über Gleichberechtigung entschieden wegbleiben sollte.

Das, m.. H., sind die Gründe, die wohl erwogenen, von jeder Animosität und jedem Parteistandpunkte freien Gründe, welche die 7 Mitglieder der einen Seite zur Stellung ihres Antrags bewogen haben. Ich glaube, nachdem so viel an das Gefühl appellirt wurde, an das Gefühl der Rechtlichkeit und der Brüderlichkeit, daß doch dieser Appell nicht einseitig gemeint sein kann; mir scheint, es sollen doch die berechtigten Wünsche des anderen Theiles der Bevölkerung des Landes auch einigermaßen berücksichtigt werden. Man wolle nicht übersehen , daß von unserer Seite nicht die mindeste Schwierigkeit gemacht wurde, allem demjenigen abzuhelfen, was von der anderen Seite als Beeinträchtigung und Verletzung der Nationalität bezeichnet worden ist; wir haben nicht den mindesten Anstand genommen, und die Hand dazu gegeben, daß die böhmische Unterrichtssprache an böhmischen Lehranstalten auf das Ausgedehnteste eingeführt werde (Heiterkeit); aber dann sollte auch demjenigen abgeholfen werden — es ist wahrhaftig ein billiges Verlangen — was von Seite der deutschen Bevölkerung des Landes als eine Zurücksetzung und Beeinträchtigung angesehen wird.

Dadurch wird das Erlernen der böhmischen Sprache im Lande nach meiner Ueberzeugung nicht erschwert werden. Der Vernünftige wird wissen, was seinen Kindern frommt und er wird, wenn ein zweckmäßigerer Unterricht in der andern Sprache geboten wird. gewiß die dargebotene Gelegenheit benutzen. Aber man wird nicht generalisiren und auf das ganze Land etwas ausdehnen wollen, was nicht ohne Unbilligkeit für einen Theil des Landes ausführbar ist. Ich glaube daher mit Beruhigung des Billigkeitsgefühles der Mitglieder des h. H. vertrauen und den Antrag empfohlen zu haben, durch welchen die Gleichberechtigung des Sprachgebrauches in Volks- und Mittelschulen nicht im Entferntesten angegriffen wird. Unser Antrag lautet dahin an die Stelle des §. 4 den Satz zu stellen: "In den Mittelschulen, den Gymnasien und den selbständigen Realschulen sei Gelegenheit zu bieten die 2. Landessprache gründlich und in der Weise zu erlernen, daß der Schüler derselben in Rede und Schrift mächtig ist." Dies und nichts anderes (Bravo! links).

Oberstlandmarschall: Herr Dr. Brauner!

Dr. Brauner: Meine Herren! wenn in einer parlamentarischen Versammlung über einen Gegenstand recht viel, ich möchte sagen schon zu viel gesprochen wird, so ist dies einerseits ein Compliment für den Gegenstand selbst, daß er von hohem Interesse sein muß, andererseits aber bleibt es immerhin in Frage gestellt, ob das Zuvielbesprechen dem Gegenstand zum Vortheil gereicht. Ich will wenigstens nicht dazu beitragen durch zuviel des Redens eher die Verdunkelung als die Klarmachung des Gegenstandes veranlaßt zu haben und vermeide daher alles, was bereits gesagt worden ist.

Ich stelle mich dabei auf einen Standpunkt, der zwar im Allgemeinen angedeutet, aber wie mir scheint nicht genug ausgebeutet worden ist. Ich bin nicht Didaktiker, es ist daher nicht der didaktische und auch nicht der pädagogische Standpunkt. Ich bin aber Jurist und mein Standpunkt ist der Standpunkt des Rechts und zwar des öffentlichen Rechtes. Meine Herren! wir müssen Böhmen so betrachten, wie es die Macht der Verhältnisse seit Bestand seiner Geschichte, also seit mehr als 1000 Jahren geschaffen hat. Böhmen ist und bleibt eine eigenthümliche Individualität, ein festgeschlossenes Ganze nicht nur in seiner geographischen Lage, in seinen territorialen Verhältnissen, sondern auch in der Zusammensetzung seiner Bevölkerung; seit nahezu einem Jahrtausend ist Böhmen von 2 Völkerstämmen, einem slavischen und einem germanischen bewohnt, die neben einander bestehen. Das Verhältniß dieser 2 Völkerstämme ist wenigstens vom


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Standpunkt der neuen Geschichte und dem der Gegenwart angesehen kein Verhältniß der Kolonisten zu den Ureinwohnern, (Bravo!) auch kein Verhältniß der Eroberer zum Eroberten, sondern das Verhältniß ist ein sociales, welches sich eben durch die Macht der Verhältnisse herausgebildet hat. Das Verhältniß ist ein eigenes und Niemand darf glauben dazu berechtigt zu sein Böhmen nach seiner Bevölkerung in ein Deutschböhmen und in ein böhmisches oder slavisches Böhmen zu scheiden. (Bravo! links.)

Es ist, m. H. und bleibt, man mag sagen was man will, für beide Volksstämme dasselbe geschlossene Ganze, dasselbe gemeinsame Vaterland. Es ist in dieser Beziehung ähnlich der Zusammensetzung des österreichischen Kaiserstaates überhaupt, welchen wir, wenn wir auf die Verhältnisse und ihre Macht zurückiehen, vor allem im Auge haben müssen. M. H. Böhmen ist auch kein Schleswig, welches einem siegreichen preußischen Feldmarschall zu Füßen liegt. Böhmen ist ein einheitliches Land und althergebrachten verfassungsmäßigen Verhältnissen.

Ich bin nicht der Anschauung meines geehrten H. Kollegen, des Dr.. Pankraz, daß man die verfassungsmäßigen Verhältnisse Böhmens erst vom Jahre 1848 oder vom Jahre 1860 herleiten könnte.

Böhmen ist verfassungsmäßig gewesen, so lange seine Geschichte reicht. Böhmen ist mit verfassungsmäßigen Rechten an die Dynastie Oesterreichs und so zum österreichischen Staatsverbande gelangt und wenn es auch lange traurige Epochen gab, wo die verfassungsmäßigen Rechte Böhmens schweigen muß-ten, so sind sie deshalb doch nicht todt geschwiegen worden und der Regenerirungsproceß vom Jahre 1860 war eben kein neu schaffender, sondern nur ein restituirender gewesen. (Bravo!) Aus diesem Gesichtspunkte erscheint mir jeder Volksstamm in Böhmen, der deutsche wie der böhmische berechtigt vom Staate, von der Gesetzgebung sowol, als von der Exekutive Maßregeln und Anstalten zu fordern, welche den Menschen, der für seinen praktischen Beruf im öffentlichen Leben eine Ausbildung sucht, nicht nur Gelegenheit, sondern auch — verzeihen Sie mir den Ausdruck, auf die Jugend paßt er — selbst einen zwangs weisen Impuls geben, sich die Sprachen beider Stämme des Landes anzueignen. (Dotzauer: Das wäre nicht schlecht!)

Schon als ich die Ehre hatte vom Sitze des Berichterstatters das erste Mal über diesen Gegenstand zu sprechen, habe ich bemerkt, daß wir einen sozialen Zustand anstreben sollen, in welchem es dem slavischen Böhmen möglich wird, sein Recht, den geistlichen Trost, den Unterricht in der Schule, die Hülfe beim Arzt ebenso in Eger zu suchen und zu sinden, wie dem Deutschen in Chrudim! und das m. H. ist die Anforderung des sozialen Rechtes, gegen welches alle übrigen Argumente, verzeihen Die mir den Ausdruck, in Sophistereien zerfallen. (Bravo, Výbornì!) und m. H. die deutsche wie die böhmische Bevölkerung Böhmens trägt solchen Rücksichten Rechnung und ich habe schon, als ich das erste Mal die Ehre hatte, über diesen Gegenstand zu sprechen, darauf hingedeutet, daß wenn wir eine suffrage universel über diese Frage abhalten würden, wir nicht verlegen zu sein brauchen ein Verdict im Sinne des Minoritätsantrags das Resultat von dem suffrage universel zu erhalten.

Meine Herren, nicht von einem Geiste, wie er sich in einzelnen Versammlungen oder Gesellschaften kundgibt, sondern von einem Geiste und von einer Auffassung gehe ich dabei aus, die mir bekannt ist, daß sie der ländlichen Bevölkerung unseres gemeinsamen Vaterlandes eigen ist.

Nur momentane, seien es zufällige, seien es absichtliche Irreleitungen einer gesunden Auffassung können darin Störung veranlassen.

(Oho und Bravo links.) Erlauben Sie mir, meine Herren, diesfalls auf ein geschichtliches Moment hinzudeuten.

Ich bin zwar nicht Historiker von Fach. aber ich kenne die Geschichte meines Vaterlandes, und es ist mir wiederholt darin ein sehr bezeichnender Umstand aufgefallen.

Böhmen, m. H., war von jeher ein sehr rühriges, ein vielbewegtes Land. ein rühriges Land, m. H., ist es trotz der ungünstigen Verhältnisse, trotz mancher traurigen, langen Epoche, die über seine Fluren und über die Häupter seiner Bevölkerung hinweggeganger ist, noch immer geblieben. Die Rührigkeit in der böhmischen Geschichte stellt sich heraus in einer Masse von Kriegen der verschiedensten Art.

Die Geschichte von Böhmen hat im Verhältnisse zur Größe des Landes eine ungeheuere Masse solcher gewaltsamen Ereignisse aufzuweisen. Es waren dynastische Kriege, es waren territoriale Kriege, es waren namentlich Religionskämpfe, welche mit einer Ausdauer, einer Hingebung gekämpft worden sind, wie sie der alten Geschichte der Griechen und den Kriegen der Punier mit den Römern Ehre machen könnte.

(Heiterkeit. Zischen links.)

M. H. Unter allen diesen Kriegen der verschiedenartigsten Motive, welche auch häufig soziale gewesen sind, gibt es und gab es in der Geschichte Böhmens doch keinen Krieg zwischen der deutschen und der böhmischen Bevölkerung des Landes als solchen.

M. H., das ist in einer so bewegten Geschichte, in einer so weitreichenden Geschichte immerhin ein bemerkenswerthes Moment.

Es ist nicht blos von historischem Interesse mit Rücksicht auf die Vergangenheit, sondern auch von hohem Interesse für den Denker mit Rücksicht auf die Gegenwart und die Zukunft.

Denn, m. H.. daran knüpft sich jedenfalls die Reflexion: Was nicht da gewesen ist in Jahrhunderten, auf welche die moderne Welt — ob mit Recht oder Unrecht, will ich vor der Hand dahin


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gestellt sein lassen — als auf Jahrhunderte der Barbarei zurücksieht, das sollten wir wohl volle Ursache haben, auch für die Gegenwart und Zukunft zu vermeiden, nämlich alles, was Konflikte herauszubeschwören geeignet wäre, nämlich soziale Feindseligkeiten zwischen den zwei Volksstämmen Böhmens.

(Oho!)

M. H. Durch jenen Zwang, welchen das Mi-noritätsvotum in Anspruch nimmt für die Ginführung der Gleichberechtigung der Sprachen in der Schule, durch diesen Zwang, seien Sie dessen überzeugt, wird man keine Motive feindseligen Gegen-einanderstehens veranlassen, wenn man sich nicht eine besondere Mühe gibt, solche Motive zu erkünsteln.

Der Abg. Dr. Pankratz hat auch den rechtlichen Standpunkt, welchen ich bezeichnet, hervorgehoben, aber leider zu einseitig, denn er hat mehrden privatrechtlichen Standpunkt betont, als er an den Grundsatz appellirte, daß jeder Mensch von seiner Freiheit der Gesellschaft so viel zu opfern schuldig ist, als sich eben mit dem Nebeneinander-sein seiner Nebenmenschen verträgt, oder was dazu nöthig ist.

Nun, m. H., ein solch enger Standpunkt würde uns nicht weiter führen, als wo wir eben waren.

Wir brauchen nur in die nächste Vergangenheit zurückzusehen. Ich weiß mich in Böhmen keiner Periode zu erinnern, wo es verpönt gewesen wäre böhmisch zu lernen, und wo der Deutsche gar keine Gelegenheit gehabt hätte, das Böhmische zu lernen, selbst auch m der Schule, eine solche Zeitperiode gab es nicht,

(Oho! Rufe links: O ja!)

und dennoch m. H., wohin führt das? Es führt das zu einem Zustande, welcher die Gleichberechtigung zur modernen Phrase machte, dabei aber für den größten Theil der Landesbevölkerung zu einem Stück Brod, welches hoch in der Luft hing, dem Hungrigen aber unzugänglich war.

(Výbornì.)

M. H., das war die Macht der Verhältnisse, welche besonders Professor Herbst hervorgehoben hat.

Die Verhältnisse sind nicht etwas vom Himmel herabgefallenes, die Verhältnisse entwickeln sich aus dem Menschen und aus dem gesellschaftlichen Menschenleben.

Wenn wir nur ein Jahrhundert in der europäischen Kulturgeschichte zurückblicken, so nehmen wir auch Verhältnisse wahr, aus denen man kaum berechtigt gewesen wäre vorher zu sagen, daß der deutsche Volksstamm mittelst seiner Sprache, mittelst seiner Literatur sobald so hoch stehen würde, wie er gegenwärtig, steht.

M. H.! Es ist wohl noch nicht ein Jahrhundert vorüber, als der preutz. König Friedrich, den man den Großen nennt, die deutsche. Sprache in seiner deutschen Residenz noch nicht als kulturberechtigt anerkannte, sondern das Französische als Kultursprache selbst seines Staates gefördert und benützt hat.

(Bravo.)

Ich will, m. H., nicht auf die Zeiten zurückgehen, wo die Römer auf die Germanen herabgese-hen, als wären sie eben für ewige Zeiten zur Barbarei verdammt, nicht auf die Zeit des schon modernen Franzosenthums, welches eben auch dem deutschen Elemente gar keine Zukunft, gar keine Berechtigung zuerkennen wollte.

Ich will dies nur angedeutet haben, um zu zeigen, daß ohne menschliches Zuthun sogar ohne Bewußtsein die Verhältnisse sich ändern, daß die Verhältnisse zu Mächten heranwachsen u. dgl., Niemand unter uns im Stande ist vorherzusehen, wie bald ein solches Wachsen von Seite des slavischen Elementes sich zeigen wird, welches am Ende be-rechtigt sein wird vielmehr zu fordern, als ihnen bisher gewährt worden war.

Ja ich glaube sogar, m. H., es haben sich bereits solche Zustände herangebildet und gestaltet, daßwir Böhmen iedenfalls mehr zu fordern berechtigt sind als wir haben, und zwar nicht von der Staatsgewalt allein, sondern auch von dem andern Volksstamme des Landes, welchem zunächst kein Zwang auferlegt, sondern blos eine Maßregel näher gebracht werden soll, um seinem und unserem sozialen Bedürfnisse zu genügen.

Denn, M. H.! Wer es gerade für zweckmäßig erachtet, als Vater seine Familie von der Gefahr durchaus fern zu halten, an der deutschen Mittelschule auch böhmisch lernen zu müssen oder umgekehrt, wer von böhmischer Seite eine Gefahr darin erblicken würde, daß sein Sohn in der Mittelschule auch das Deutsche nicht nur wird erlernen können, sondern es erlernen müssen, dem bleibt immer noch die Möglichkeit offen, solcher Starrheit zu folgen.

Er wird stets Gelegenheit finden, eine solche exklusive Richtung einzuhalten.

Das aber, m. H., sind seltene Ausnahmen, die Regel wird die Richtung nach dem praktischen Bedürfnisse und dem gesunden Sinne der Bevölkerung des Landes sein.

Ich weise deshalb noch einmal darauf hin: Ist es überhaupt kein Unglück, irgend eine Sprache mehr, und zwar eine Sprache, die man täglich brauchen kann, erlernen zu müssen, so ist das auch der Fall bei der deutschen Bevölkerung des Landes mit der böhmischen Sprache; denn sei es auch, daß der Deutsche sagen kann, meine Sprache ist eine moderne Weltsprache, sie wird von nahezu 40 Millionen gesprochen, die böhmische Sprache jedoch sei nicht Weltsprache, so ist sie doch die Sprache einer wichtigen Völkerfamilie in Oesterreich und man kann sagen, sie ist der Schlüssel zu einer Sprachenfamilie, welche an Einfluß, Ausdehnung und Berechtigung für die Zukunft jedes benachbarte Element


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übertrifft; und schon in dieser Beziehung ist es m. H. ja erwünscht und geboten, Anstalten zu eröffnen zu erhalten, in welchen der zum praktischen Menschen sich ausbildende Jüngling nicht nur Gelegenheit haben, sondern auch veranlaßt wird, diese Sprache erlernen zu müssen.

Es wurde auch auf eine gewisse Abneigung hingewiesen, welche sich hin und wieder gegen das obligate Erlernen der böhmischen Sprache an Gymnasien in deutschen Städten kund gab; namentlich wurde gesagt, daß jene Ministerialentscheidung, mit deren Inhalt uns der H. Berichterstatter bekannt gemacht hat und welche sagt, die Staatsgewalt sei nicht im Maße berechtiget, das obligate Studium der böhmischen Sprache an den Realschulen ebenso festzuhalten, wie an den Gymnasien, daß diese Ministerialentscheidung in der Stadt Eger mit Mißfallen ist aufgenommen worden.

M. H., ich weiß freilich nicht über die Stimmung von Eger in der Jetztzeit aus unmittelbarer Wahrnehmung zu berichten; aber es gab eine Zeit, die eben nicht sehr fern ist, wo ich jener Gegend ziemlich nahe stand in einem öffentlichen Berufe und seit dem bin ich der Stimmung dieser Gegend immer mit einiger Vorliebe gefolgt; ich habe aber noch nicht wahrgenommen, daß etwa außer einzelnen Manifestationen extreme Ansichten und eine solche allgemeine Mißstimmung sich kund gegeben hätten. Im Gegentheile, es sind nicht viele Jahre her, als in Eger selbst zu einer Zeit, wo die Regierung das Erlernen der böhmischen Sprache ganz vernachlässigte, die Vertretung der Stadtgemeinde und der Umgegend selbst daran dachte und ich glaube sogar materielle Opfer dafür brachte, um einen geregelten Kurs für die Erlernung der böhmischen Sprache in Eger ins Leben zu rufen. Ich glaube, so etwas bestehet noch heut zu Tage.

Was das Verhältniß von Budweis betrifft, auf welches ebenfalls hingedeutet wurde; so ist mir aus eigener Anschauung nichts Näheres bekannt, aber ich glaube, daß der Umstand, wenn in letzter Zeit das numerische Verhältniß der deutschen Gymnasialschüler zu den böhmischen für letztere ein etwas günstigeres geworden ist, eben nicht einer Auswanderung der Gymnasialschüler deutscher Zunge zuzuschreiben ist, sondern einem Umstande, der eben auch aus der Macht der Verhältnisse entstanden ist, nämlich, m. H., einer gewissenhafteren und gerechteren Klassifikation der Schüler nach der Muttersprache. Wir wissen, m. H., daß die Stimmen, die sich in Böh-men überhaupt darüber kund gaben, daß man bei derlei Zählungen der Schüler nicht sehr gewissenhaft namentlich für den böhmischen Volksstamm es veranlaßte, daß man, als das Interesse dafür größer geworden ist und die Bevölkerung dabei eine strenge Kontrolle übt, da gewissenhafter vorzugehen ansing.

Ich gehöre auch einer Gegend an, meiner Geburt und bisherigen Ansässigkeit nach, welche eine zunächst zweisprachige ist und ein derlei Ober-Gymnasium hat. Es ist die Grenzgegend zwischen Böhmen und Mähren, die Stadt Leitomischl. Auch da ist ein Abnehmen jenes Verhältnisses seit einiger Zeit bemerkbar, aber nicht deswegen, weil die deutschen Studirenden auf deutsche Anstalten gehen. Sie gehen in die ihnen bequemste Anstalt, die die nächste ist, wo ihre Eltern Verbindungen haben, wo sie billiger leben, nämlich nach Leitomischl und nur in einer gewissenhafteren Konskription liegt dieser Grund. Und so, glaube ich, könnten wir von Stadt zu Stadt, wo ein Gymnasium ist und sich diese Verhältnisse alterirt haben, gehen und wir würden denselben Grund finden, keineswegs aber den, daß aus lauter Furcht vor der böhmischen Grammatik die deutschen Knaben entlaufen wären nach Oesterreich, Bayern oder gar nach Preußen.

Dieses Gespenst fürchte ich nicht, auch wenn die Gleichberechtigung in den Schulen nach dem Minoritätsvotum angenommen und durchgeführt wird. —

Obeistlandmarschall: H. Dr. Fleischer!

(Rufe: Schluß.)

Es ist Schluß der Debatte verlangt.

Ich bitte die Herren, die für Schluß der Debatte sind, aufzustehen.

(Geschieht.)

Schluß der Debatte ist mit Majorität angenommen.

Herr Dr. Fleischer war schon früher vorgemerkt.

Dr. Fleischer. (Der Anfang der Rede ist unverständlich, der Redner verfügt sich hinunter von seinem Platze.) Meine Herren! Der Gegenstand, welchen wir heute verhandeln, erschien mir von Seite der deutschen Partei sowohl im allgemeinen, (Laut) so wie auch speciell als Vertreter einer ganz deutschen Stadt, welche nahe daran war (Oho) Gefahr zu laufen, um ihre notorische deutsche Nationalität gebracht zu werden, dieser Gegenstand schien mir wichtig genug, heute mich zum Worte zu melden. Nachdem aber die beiden Herren Berichterstatter und die 8 vorhergegangenen Redner die Nachsicht und Geduld des h. Hauses in Anspruch genommen haben, leiste ich wohl im allgemeinen auf das Wort Verzicht, kann aber doch nicht umhin in Kürze zu bemerken, daß die Absicht meiner heutigen Rede dahin ging, einen ähnlichen Antrag wie ihn Herr Abge-ordneter Herbst gestellt hat, zu stellen. Ich wollte deshalb sowohl gegen das Gutachten der Majorität als gegen das der Minorität sprechen.

Ich hätte auch gegen so manche Herren Redner gegen das was sie für das Obligate beider Landes-, sprachen vorgebracht haben, vorzubringen. Herr Dr. Herbst hat aber auch dies für mich gethan und hat alles gesprochen, was darüber zu sprechen wäre. Zuletzt blieb noch der Herr Dr. Brauner übrig. Der Herr Dr. Brauner hat aber so viel Erinnerungen aus altslavischen Verhältnissen vorgebracht, daß ich als Deutscher nicht im Stande bin, ihm auf dieses Feld zu folgen und ich begnüge mich damit, zu erklären, daß ich für den Antrag des Herrn Prof. Herbst und gegen alles Obligatorische wie auf den Gy-


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mnasialstudien wie auf den Realschulen stimmen werde. (Bravo.)

Oberstlandmarschall: Es find folgende Redner eingetragen und zwar alle gegen den §. 4 des Majoritätsantrags. Nun scheint mir ...

Graf Leo Thun: Ich bin auch eingetragen Excel. Ich melde mich für den Majoritätsantrag.

Oberstlandmarschall: Also für den Antrag. Es sind die Abgeordneten Dr. Brinz, Gf. Thun, Prof. Grohmann. Dr. Hanisch, Prof. Jelinek, Dr. Schmeykal, Sladkovský, Grf. Zetwitz, Dr. Rieger, Dr. Herbst eingeschrieben.

Sladkovský. Ich bitte Excel, ich bin für das Minoritätsvotum. Ich würde ersuchen . . .

Oberstlandmarschall: Also für das Minoritätsvotum, somit aber gegen das Majoritätsvotum.

Prf. Jelinek. Ich bitte Excel, ums Wort zur Wahl der Generalredner. Ich glaube es find 3 verfchiedene Ansichten in der Generaldebatte geltend gemacht worden. Der formelle Umstand, daß die eine Seite des Hauses kein Minoritätsvotum angemeldet hat, dürfte nicht verhindern, nach Schluß der Debatte, daß sie als gleichberechtigt behandelt würde mit jenen Herren, die den Minoritätsantrag angemeldet haben. Es würde der Sache entsprechen, daß sowohl ein Redner für das Majoritätsvotum ferner ein Redner für das Minoritätsvotum, welches im Berichte abgedruckt ist, endlich für die Minorität, deren Antrag Herr Prf. Herbst eingebracht hat, zum Worte gelassen werden.

Oberstlandlmarschall: Die Bemerkung des Herrn Prf. Jelinek scheint mir allerdings berücksichtigungswürdig. Ich glaube auch, das h. Haus wird keinen Anstand nehmen, statt zwei Generalredner 3 zu hören.

Graf Zettwitz: Ich bitte, ich habe einen besonderen Antrag gestellt, Excellenz.

Oberstlandmarschall: Ich bitte das Amen-dement wird vorgelesen werden, aber sie müssen sich der einen oder andern Seite anschließen. Ich werde jetzt die Herren auffordern, sich zu erklären, für welchen Antrag sie sich eingeschrieben haben, ob für den Antrag des Herrn Prf. Herbst oder für den Antrag der Majorität oder für den Antrag der Minorität. Herr Prof. Brinz.

Prof. Brinz: Für den Antrag des Herrn Prf. Herbst.

Oberstlandmarschall: Excel. Graf Thun für den Antrag der Majorität.

Graf Thun: Für den Antrag der Majorität.

Oberstlandmarschall: Herr Pf. Grohmann.

Dr. Grohmann: Für den Antrag des Herrn Professor Herbst.

Oberstlandmarschall: Herr Dr. Hanisch!

Dr. Hanisch: Für den Antrag des Herrn Prof. Herbst.

Oberstlandmarschall: Herr Professor Jelinek!

Prof. Jelínek: Für den Antrag des Herrn Prof. Herbst.

Oberstlandmarschall: Herr Dr. Schmeykal!

Dr. Schmeykal: Gleichfalls für denselben.

Oberstlandmarschall: Herr Abgeordneter Sladkovský!

Abgeord. Sladkovský: Für den Antrag des Herrn Schulrath Wenzig.

Oberstlandmarschall: Graf Zettwitz!

Graf Zettwitz: Für ein Amendement zum Antrage des Herrn Schulrath Wenzig.

Oberstlandmarschall: Herr Dr. Rieger!

Dr. Rieger: Für das Minoritätsvotum des Herrn Schulrath Wenzig.

Oberstlandmaischall: Der Herr Prof. Herbst natürlich für seinen Antrag.

Ich ersuche die Herren Abgeordneten Professor Brinz, Grohmann, Dr. Hanisch, Prof. Jelinek und Dr. Schmeykal und Prof. Herbst sich über die Wahl eines General-Redners zu vereinigen, ferner für das Minoritätsvotum die Herren Abgeordneten Sladkovský, Graf Zettwitz und Rieger. Ich werde dazu die Sitzung auf 10 Minuten unterbrechen. (Die Sitzung wird um 2 Uhr 45 Minuten unterbrochen, und um 3 Uhr wieder aufgenommen).

Für den Antrag des Prof. Herst ist Prof. Vrinz als Generalredner gewählt worden; für den Minoritätsantrag Herr Abgeordnete Sladkovský; für den Majoritätsantrag Graf Leo Thun.

Ich werde zuerst den Herrn Prof. Brinz das Wort geben.

Prof. Brinz: Ich bitte in Betreff der Geschäftsordnung eine Bemerkung machen zu dürfen, der letzte Redner hat für den Antrag des Prof. Herbst gesprochen, es war Dr. Fleischer.

Oberstlandmarschall: Ich glaube, daß hier 3 Anträge vorliegen und derjenige, welcher sich am weitesten vom Majoritätsantrage entfernt, ist der des Prof. Herbst und deshalb wollte ich dem Herrn Prof. das Wort geben; für den Minoritätsantrag ist der Abgeord. Sladkovský, für den Majoritätsantrag Graf Leo Thun.

Prof. Jelinek: Darf ich mir eine Bemerkung erlauben, Excellenz.

Oberstlandmarschall: Herr Prof. Jelinek.

Prof. Jelinek: Für die Majorität hat das letzte Wort der Herr Berichterstatter, für die Minorität hat das letzte Wort der Herr Berichterstatter der Minorität. Es dürfte also im Interesse der gleichmäßigen Vertheilung der Redner liegen, wenn die Redner für den Herbstschen Antrag, wo nur ein einzelner Redner existirt, unmittelbar vor diesen beiden Rednern zum Worte gelangen wird.

Oberstlandmarschall: Gleichsam als Vertreter des Antrages? Ich nehme keinen Anstand auf diese Bemerkungen einzugehen und werde dem-nach Se. Excellenz den Grafen Thun bitten, das Wort zu ergreifen.


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Graf Leo Thun: Herr Prof. Herbst hat der Versammlung Aufschlüsse gegeben, (Wird unter-brochen vom Oberstlandmarschall.)

Oberstland marschall: Ich bitte noch einen Augenblick sich zu gedulden; bevor der Herr Redner das Wort ergreift, habe ich noch bekannt zu geben das Amendement des Herrn Graf Zetwitz und zwar als Zusatz zum Minoritätsantrage zum letzten Ab-satze des §. 4.

Graf Zetwitz: Zur 2. Alinea.

Oberstlandmarschall: Zur 2. Alinea sowol zum Minoritäts- als zum Majoritätsantrag, denn es ist für beide dasselbe, dieses Amendement lautet: Die Dispens von der Erlernung derselben wird über Einschreiten der Eltern und Vormünder in jedem speziellen Falle von der Landesbehörde ertheilt.

Osvobození od uèení se druhému jazyku zemskému udìluje se k žádosti rodièù a poruèníkù v každém pøípadì od zemského úøadu.

Graf Leo Thun: Herr Prof. Herbst hat der Versammlung Aufschlüsse gegeben über die Stimmverhältnisse, durch welche das Majoritätsvotum entstanden ist. Ich erlaube mir diese Aufschlüsse nur mit einer Bemerkung zu ergänzen, daß nämlich jene eine Stimme, welche Herr Prof. Herbst als diejenige angedeutet hat, die eigentlich allein für das Votum m seinem ganzen Inhalte war, die meinige war; insofern also liegt mir allerdings insbesondere ob, dieses Majontätsvotum zu rechtfertigen, zumal auch der Herr Berichterstatter nicht in Beziehung auf diesen Punkt der Majorität angehört.

Herr Prof. Herbst hat jedoch noch weitere beachtenswerthe Aufschlüsse über die Entstehung des Majoritätsvotums gegeben und insbesondere hervorgehoben, daß von seinen Meinungsgenossen und ihm speziell, jene Worte in Vorschlag gebracht worden sind, welche sich in dem §. heute befanden, nämlich die Worte: die 2. Landessprache sei zu lehren "gründlich und in einer Weise, daß der Schüler derselben in Rede und Schrift mächtig werde" und er hat sie darauf aufmerksam gemacht, wie er, wenn er auf der einen Seite, zwar dem Antrage, den schon der Landesausschuh gestellt hatte, den Unterricht in der 2. Landessprache obligat zu machen, nicht beitreten kann, durch diesen Beisatz der eigentlichen Sache mehr geholfen hat, als es durch den anderen geschehen wäre, er hatte in dieser Sache das Ei des Kolumbus gefunden. Diese Worte, sobald sie ins Gesetz aufgenommen sein werden, werden die Beschwerden beseitigen, die bisher in dieser Beziehung bestanden haben.

Er hat Ihnen dargelegt, daß es eine längst gemachte Erfahrung sei, daß bisher durch den Unterricht, wie er bisher an den Gymnasien ertheilt worden ist in der anderen Landessprache, keine Erfolge erzielt worden sind; gewiß wird es anders werden, sobald nur jetzt diese Worte im Zusatze stehen; wahrscheinlich wird bisher die Weisung so gewesen sein, daß die Sprache gelehrt werden muß in der Art, daß der Unterricht nicht gründlich sei, und der Schüler nicht in Rede und Schrift derselben mächtig werde; sollte dieses nicht sein, so müßte freilich der Grund, daß der Unterricht unzweckmäßig ertheilt worden ist, in der mangelhaften Befähigung und Uebung der Lehrer bestanden haben, auch das wird aber ohne Zweifel augenblicklich anders weiden, sobald im Gesetz bestimmt ist: so muß der Unterricht ertheilt werden, und es weiden in der That dadurch die Erfolge ganz anders werden. Ja noch größere Wunder wird der Gesetzestext wirken, denn Hr. Prof. Herbst hat gleichzeitig auseinander gesetzt, daß die Erlernung der böhmischen Sprache an den Gymnasien in den geschlossenen deutschen Gegenden auf "beinahe unüberwindliche Schwierigkeiten" stoße, weil an diesen Orten keine andere Gelegenheit zur Uebung in dieser Sprache sei. Nun nach seiner Ansicht wird aber künftig, wenn der Sprachunterricht frei gegeben und nur mit dieser Bestimmung empfohlen wird, derselbe sehr erfolgreich sein, folglich wird diese Bestimmung auch die Schwierigkeit, die er in dieser Beziehung angedeutet hat, ohne Zweifel augenblicklich beseitigen. Unter diesen Umständen erscheint es in der That als ein himmelschreiendes Unrecht, daß man dennoch der deutschen Bevölkerung oder vielmehr nicht nur der deutschen Bevölkerung, sondern daß man der gesammten Bevölkerung einen Zwang auflegen will, dadurch, daß man die 2. Landessprache für obligat erklärt; und mehr noch als ein schreiendes Unrecht ist es, dem der Hr. Abg. Pankratz hat bewiesen, daß es in direktem Widerspruch steht mit dem bürgerlichen Gesehbuche; denn da befindet sich ein §., welcher die väterliche Gewalt begründet und dagegen verstößt ein solcher Zwang. Es ist in der That unbegreiflich, wie die österreichische Regierung das bisher nicht hat erkennen können. Seit dem Jahre 1811 besteht das bürgerl. Gesetzbuch und bis auf den heutigen Tag ist die Bevölkerung slavischer Zunge in Böhmen fortwährend gezwungen worden die deutsche Sprache zu lernen, (Bravo) und dieser offene Widerspruch mit dem bürgeil. Gesetzbuch hat 50 Jahre bestanden. Es ist hohe Zeit, daß diese Verhältnisse geändert weiden; deßhalb hat man uns zugerufen, den Betheiligten möge man es überlassen und keine Bevormundung mehr in dieser Beziehung üben. Ich bin nun wirklich selbst der Meinung, wo es sich nur um den Nutzen handelt, den die Betheiligten aus dem Sprachunterrichte ziehen, möge man keine Bevormundung üben; sie ist nicht nothwendig, da möge man die Freiheit walten lassen und das ist zum Theil mit einer der Gründe, die der eigentlich ganz allein stehenden Meinung unterliegen , die ich vertreten habe und die das zufällige Stimmverhältniß zum Majoritätsbeschluß werden ließ.

Ich werde mir erlauben, darauf am Schlusse meiner Bemerkungen zurückzukommen.

Bezüglich des Gymnasialunterrichts bin ich aber

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nicht der Meinung, daß es sich nur um die Betheiligten handelt, sondern ich glaube vielmehr, es handelt sich um eine Einrichtung, welche die Erfüllung von bürgerlichen Pflichten vorbereiten und ermöglichen soll und von diesem Standpunkt aus bin ich mit der Nöthigung zu diesem Unterrichte am Gymnasium einverstanden und wenn sich das begründen läßt, dann, scheint mir, ist es einfach Sache der Vaterlandsliebe, diese Einrichtung nicht als Bedrückung anzusehen. Nun ist aber allerdings in unserer Zeit überhaupt der Begriff der Vaterlangsliebe mancherlei Gefahren ausgesetzt, die in früheren Jahrhunderten nicht bekannt waren. Seit die menschliche Gesellschaft in ihrer Entwickelung soweit gediehen ist, um feste staatliche Verhältnisse zu begründen, hat man immer die Vaterlandsliebe als die höchste politische Pflicht anerkannt d. h. die Anhänglichkeit an das staatliche Gebilde, dem man angehört und die volle Opferwilligkeit für das Beste und das Gedeihen dieses staatlichen Gebildes. Die rationalistischen Richtungen des vorigen Jahrhunderts haben in dieser Beziehung den Gemüthern eine andere Richtung gegeben und großentheils sind kosmopolitische Tendenzen an die Stelle der Vaterlandsliebe getreten; und als eine Reaktion gegen diese Verflüchtigung naturgemäßer Gefühle ist das in der Natur begründete Verhältniß der Stammesgenossenschaft zu einer Geltung gelangt, die man früher nicht kannte und heute ist es dieses Gefühl der Stammesgenossenschaft, das Nationalgefühl, das in vielen Gemüthern einen gewissen Vorrang besitzt! selbst über die Vaterlandsliebe, als den Inbegriff! der Aufopferung für ein bestimmtes Land ohne Rücksicht auf die Stammesverschiedenheit seiner Bevölkerung.

Wer von diesem Gefühle ergriffen ist, kann selbst in dem Lande, in welchem mehrere Stämme neben einander leben, das Begehren aufstellen und vertreten, daß auch der öffentliche Unterricht eine exclusiv nationale Färbung annehme. Er kann da-mit den Beifall von andern erlangen, die eben nur in Beziehung auf das Prinzip der nationalen Richtung mit ihm übereinstimmen, im Uebrigen aber durch ihre nationale Richtung zu politischen Konsequenzen getrieben werden, die mit den Seinen in direktem Widerspruch stehen. Auch solche können derlei Vertheidigungen eines exclusiv nationalen Unterrichtszweckes zujubeln: auch solche können ihm zujubeln, denen es an fast allen Fäden mangelt, die uns andere unzerreißbar an das Vaterland fesseln, denen es fehlt an Familientraditionen, denen es fehlt an dem mächtigen Bande der Jugendeindrücke, fehlt an dem Gedanken, daß die Zukunft ihrer Nachkommen gebunden ist an das Geschick des Landes; auch solche, welche vielleicht nur durch beinahe zufällige Verhältnisse in eine, wenn auch nicht vorübergehende, so doch wenigstens leicht lösbare Verbindung zum Lande gekommen sind. Ja, am Ende könnten selbst solche zustimmen, die eine national Richtung verfolgen, deren Schwerpunkt außerhalb des Reiches liegt,

(Oho!)

sei es schon nach der einen oder anderen Himmelsgegend hin.

Alle Diejenigen, welche dieser Gemüthslichtung angehören, haben von vornherein vollkommen Recht, wenn sie unbedingt Einsprache dagegen erheben, daß die nationalen Schulen, die sie einzurichten gesonnen sind, oder vielmehr, daß den diese Schulen besuchenden Schülern auferlegt würde, auch noch andere Sprachen als ihre Muttersprache zu lernen.

Indessen will ich gerne zugeben, daß nicht dieser Standpunkt allein gegenüber steht den Ansorderungen, welche das Majoritätsgutachten stellt. Es ist vielmehr auch in der Debatte ein anderer Grund dagegen erhoben worden, die höhere Idee der Frei-heit und nebstbei der weitere Grund der Erfolglosigkeit, der angeblichen Erfolglosigkeit eines Unterrichtes, der auferlegt wird und der nicht mit aller Freiheit genossen wird. Man gibt zu, es sei ganz gewiß wünschenswerth, daß in Böhmen auch die 2. Landessprache von Allen erlernt werde, allein nur genöthigt soll man dazu nicht werden.

Meine Meinung ist, in Bezug auf jene Kreise, welche ihre Bildung im Gymnasium suchen, ist es nicht blos wünschenswerth, sondern mehr als wünschenswerth.

Einer der Uebelstände, welche der erste Redner in der Generaldebatte hervorgehoben hat und der heutzutage thatsächlich besteht für die Bevölkerung slavischer und nicht für die Bevölkerung deutscher Zunge ist der, daß, während der Deutsche, wohin immer er in Böhmen kommen mag, für die Bedürfnisse des Körpers und Geistes Hülfe findet, es für die Bewohner slavischer Zunge, wenn sie in deutschen Gegenden sich aufhalten, nicht der Fall ist. Der Deutsche, der in einer böhmischen Gegend wohnt und erkrankt, wird immer den Arzt finden, der ihn versteht und in seiner Sprache mit ihm sprechen kann.

Nicht umgekehrt der Kranke böhmischer Zunge. Und wenn er auf dem Sterbebette liegt in einer deutschen Gegend, und jener Redner hat einen solchen Fall geführt, der thatsächlich in Teplihtz vorgefallen sei, findet er nicht den Geistlichen, der den letzten Trost ihm reicht, und derjenige endlich, der an den Beamten sich wenden muß, wird häufig nicht von demselben verstanden.

Das sind alles Verhältnisse, denen der deutsche Böhme, wenn er in einer böhmischen Gegend des Landes wohnt, niemals ausgesetzt ist. Nur dem Bewohner slavischer Zunge ist das traurige Schicksal bereitet, im eigenen Vaterlande in der Lage sich zu befinden, der sonst jedermann nur in der Fremde ausgesetzt zu sein pflegt.

(Sehr gut!)

Diesem Uebel abzuhelfen ist meines Grachtens eine bürgerliche Pflicht und da handelt es sich nicht um "die Betheiligten".


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Nicht der Geistliche in Teplitz braucht in feinem eigenen Interesse die böhmische Sprache; nicht der Arzt in einer deutschen Gegend braucht die böhmische Sprache, um sich lohnenden Erwerb zu verschaffen und nicht der Beamte in seinem Interesse braucht die böhmische Sprache; denn die Regierung, wenn sie nicht einen doppelsprachlich gebildeten Be-amten findet, ist doch genöthigt, jenen obwohl nur einer Sprache mächtigen anzustellen.

Man kann nicht sagen, es handle sich darum, die Betheiligten für sich sorgen zu lassen. Die Betheiligten in solchen Fällen sind Glieder der Bevölkerung, denen gar keine Wahl in dieser Beziehung zusteht. Sondern darum handelt es sich, Vorsorge zu treffen, daß diejenigen, die in eine gewisse Region des höheren geistigen Lebens im Lande emporsteigen, in eine Region, welche sie befähigt, bürgerliche Pflichten zu erfüllen und welche ihnen diese bürgerlichen Pflichten auferlegt, in der Lage fein werden, ihnen der Gesammtheit ihrer Landsleute gegenüber zu entsprechen.

Man sagt nun aber, das wird nicht dadurch erreicht, daß im Gesetze die Verpflichtung zur Erlernung der böhmischen Sprache an Gymnasien ausgesprochen wird, ja, man hat noch mehr gesagt und ich gebe vollkommen zu, daß darin ein gewisses Maß von Wahrheit liegt, welches auch auf mich nicht ohne Eindruck geblieben ist. Nicht daran ist gelegen, auszusprechen, daß an einem Gymnasium, in Brür z. B., die böhmische Sprache gelehrt und gelernt werden müsse, sondern daran, daß Derjenige, der durchs Gymnasium durchgeht, wirtlich die böhmische Sprache erlerne. Das wird nun leichter ge-schehen, wenn der Lehrer solche Schüler sich gegenüber hat, die diese Sprache gerne lernen.

Wenn z. B. an einem Gymnasium in einer Klasse 30 Schüler studiren, und unter diesen gibt es 15, die bereitwillig sind, die böhmische Sprache zu erlernen, und 15 andere, die keine Lust dazu haben und dem Befehle widerstreben, so wird ohne Zweifel der Lehrer mit den 15, die Lust haben, mehr ausrichten, wenn er sie allein vor sich hat, als wenn er sich auch mit den 15 befassen muß, die nicht lernen wollen.

Man weih, es wird der Sache mehr gedient sein in dieser Beziehung, wenn die 15, die Lust haben, allein sind.

Schließlich scheint mir aber doch in Beziehung auf die ganze Frage der Freiheit das Entscheidende zu sein, daß alle Welt darüber einig ist, nicht dem Schüler könne die Freiheit eingeräumt werden, nur zu lernen, was er eben lernen will.

Insolange der Mensch erzogen wird, muß er lernen was ihm vorgeschrieben wird, und denjenigen, die für ihn zu sorgen haben, nicht ihm muß die Wahl überlassen werden.

Ich wundre mich sehr, wie dieser natürliche und unzweifelhafte Satz immer wieder aus dem Gedächtnisse der H. Redner entschwindet, und wie sogar ein Redner, der seinem ganzen Berufe nach dem Schulwesen angehört, doch immer wieder in diese Verwirrung der Begriffe hineingerathen ist, und gesagt hat:

Die Freiheit muß dem Schüler überlassen werden.

(Bravo.)

Allerdings wer mit größerer Sorgfalt in die ser Beziehung seine Worte abwägt, der sagt, daß den Eltern die Freiheit zugestanden werden müsse. Nun muß ich mir aber erlauben zu bemerken, in Beziehung auf die Frage des Erfolges des Unterrichtes kann nur von Wichtigkeit sein, ob der Lernende Luft hat oder nicht; hat er nicht Lust dazu, dann ist es gleichgiltig, ob er durch einen Befehl, der von seinen Eltern gegeben wird, oder durch einen Befehl, der auf dem Gesetze beruht, gezwungen wird.

Für diese Frage also ist die Frage der Frei-heit der Eltern vollkommen gleichgiltig. Es bleibt nichts anderes übrig als die Frage: Ob es wahr ist, daß der Paragraph des bürgerl. Gesetzbuches von der väterlichen Gewalt verstanden werden muß, daß die gesetzliche Nöthigung ein Eingriff in das Recht der Eltern ist.

In dieser Hinsicht ist es wieder eine sonderbare Sache, ein ebenfalls offenbar richtiger Gedanke, welchen der Herr Berichterstatter gleich in seinen einleitenden Worten vorgetragen hat, in der wei-teren Diskussion weiter keine Berücksichtigung gefunden hat.

Es ist einfach der Gedanke: In dieser Hinsicht wird die zweite Landessprache an Gymnasien nicht anders dastehen als die griechische Sprache. Wenn man es gerechtfertigt findet den Eltern gegenüber, daß das Kind durch das Gesetz gezwungen werde, griechisch zu lernen, warum wäre es ein Eingriff in das Recht der Eltern, wenn das Kind genöthigt wird, die zweite Landessprache zu lernen, Es bleibt nur die Frage zu beantworten, welche der Herr Prof. Herbst angestellt hat: Ist ein vernünftiger Grund dazu? Allerdings das ist allein entscheidend.

Die entscheidende Frage ist die: Ist die Ansicht richtig, die ich mir erlaubt habe auszusprechen, die. Nöthigung sei deshalb berechtigt, weil es sich um die Erfüllung einer bürgerlichen Pflicht handelt, oder ist diese Ansicht eine unrichtige.

Mir scheint nun der vorbin erwähnte Umstand, daß wirklich die Bevölkerung slavischer Zunge in Böhmen, wenn sie sich in einer deutschen Gegend aufhält, sich nicht selten in der Lage befindet, von denjenigen, welche vor allen den Beruf haben, den allgemeinen Bedürfnissen der Bevölkerung Abhilfe zu schaffen, wegen der sprachlichen Verschiedenheit diese Hilfe nicht finde, rechtfertiget jene Ansicht, denn dieser Umstand ist hervorgegangen aus Maßregeln der Regierung, aus unseren vorbestandenen politischen Verhältnissen.

Es war bekanntlich nicht immer so. Daß es heute so ist, ist in der That eine Folge davon, daß

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sehr lang? Zeit, wie es heute von allen Seiten un-bedingt anerkannt wird, die Berücksichtigung der böhmischen Landessproche eine zu geringe war, eine zu geringe deshalb, weil in der That die Regierung ihr das nöthige Gewicht nicht beigelegt hat. Wenn dieser Zustand eine Folge von Regierungsmaßregeln und politischen Zuständen, in denen wir uns bewegt haben, war, so kann nicht in Abrede gestellt werden, es sei eine berechtigte Forderung, daß die Gesetzgebung diesen Uebelständen abhilft.

Dann würde es sich noch um die Frage handeln, ob das vorgeschlagene Mittel ein geeignetes sei.

Nun, m. H., ich werde nicht behaupten, und kein Mensch, der bei gesundem Verstande ist, kann es behaupten, daß dadurch allein, daß der Unterricht an dem Gymnasium als obligat erklärt wird, auch die Wirkung, die wir zu erreichen wünschen, immerund überall erreicht werden wird.

Aber so weit zu gehen zu behaupten, daß dieses Mittel völlig wirkungslos sein werd, zu behaupten, es werde ein wirkungsloses sein, als das Mittel, blos die Möglichkeit des Unterrichtes auf-zustellen, diese Behauptung, glaube ich, wird bei ruhiger Ueberlegung nicht aufrecht erhalten werden können.

Wenn in der deutschen Bevölkerung das Bewußtsein besteht, und in dem Matze als in der deutschen Bevölkerung das Bewußtsein besteht, dem gemeinsamen Vaterlande Böhmen anzugehören, das Bewußtsein, deßhalb auch Pflichten erfüllen zu müssen in Folge dieser Gemeinsamkeit, dann, meine ich, werden vielleicht einzelne Fälle eintreten, besonders im Anfang, wo es als eine Neuerung der deutschen Bevölkerung gegenüber erscheint — denn der Bevölkerung slavischer Zunge gegenüber ist es etwas Altes — daß man es vielleicht anfangs als eine Bedrückung ansehen wird

Aber ich habe das Vertrauen zur deutschen Bevölkerung, daß es im Ganzen genommen nicht der Fall sein wird.

Denn eben von einer Bedrückung könnte nur dann die Rede sein, wenn die Vorschrift eine unmotivirte wäre, wenn das Begehren gestellt würde nicht aus Rücksichten des allgemeinen Wohles des Landes, sondern lediglich aus Rücksichten des Interesses der slavischen Bevölkerung. Nicht das ist es aber. was sich behaupten läßt; denn, wenn auch in den Fällen, die ich angegeben habe, nämlich in dem Falle, wo ein Theil der böhmischen Bevölkerung in einer deutscher Gegend wohnt, eine Abhilfe zu suchen, im Interesse dieser Bevölkerung liegt, so ist es denn doch ein vollkommen berechtigtes Interesse, abgesehen davon, daß es sich nicht allein darum handelt, sondern meiner Uiberzeugung nach der noch allgemeinere Werth darin liegt, daß alle, die sich auf jenen Grad der humanen Bildung erheben, die das Gymnasium geben soll, sie mögen der einen oder der andern Nationalität angehören, dem Ideenkreise und dem Fortschritte der geistigen Entwicklung des andern Stammes nicht fremd bleiben sollen. Wenn ich deshalb ein wesentliches Gewicht gelegt habe auf die Stellung der Geistlichen, der Aerzte und Beamten, die aus dem Gymnasium hervorgehen, so war es mir nicht blos darum zu thun; ich meine auch diejenigen, welche durch das Gymnasium gehen und nicht in diese Stellung kommen, haben die bürgerliche Pflicht, sich in die Lage zu sehen, daß sie nicht fremd seien der geistigen Bewegung jenes Theiles der Bevölkerung, der der anderen Landessprache angehört. Der Hr, Professor Herbst hat uns wol gesagt, für die böhmische Bevölkerung ist die Nothwendigkeit der Erlernung der deutschen Sprache eine Folge der bestehenden Verhältnisse und weil das für die böhmische Bevölkerung ist, will man es für die deutsche Bevölkerung zum Gegenstande des Zwanges machen. Ich verkenne nicht, daß ein gewisses Maaß von Wahrheit darin liegt, daß die Stellung der böhmischen Bevölkerung zur deutschen Sprache eine wesentlich andere ist, als die Stellung der deutschen Bevölkerung zur böhmischen Sprache. Allein die Stellung beider zu dem gemeinsamen Vaterlande gegenüber ist dieselbe und insofern das Motiv der gesetzlichen Nöthigung der Grund aus dem Bedürfnisse des gemeinsamen Vaterlandes genommen ist, scheint mir jener Grund kein Gewicht zu haben. Nebenbei möchte ich mir erlauben, darauf aufmerksam zu machen, daß bisher die Verhältnisse allerdings so gestaltet waren, daß es für die böhmische Bevölkerung eine absolute Nothwendigkeit war, die deutsche Sprache zu erlernen. Allein daß die Verhältnisse so waren, ist eben zum Theil eine Wirkung von der Richtung der Gesetzgebung, die jetzt von der andern Seite selbst nicht mehr als zulässig erkannt wird. Wenn die Entwicklung der böhmischen Sprache fortschreitet in dem Maaße, in dem wir sie thatsächlich unter unseren Augen fortschreiten sehen, so kann man nicht behaupten, daß es auch künftighin allgemein der Fall sein werde; es werden auch aus den böhmischen Gymnasien Leute hervorgehen,' die in ihrem eigenen Interesse nicht absolut der deutschen Sprache mehr bedürfen. (Zustimmung.) Ich werde gleichwohl immer sagen, im Interesse ihrer weitern Bildung bedürfen sie der Kenntniß der deutschen Sprache. Allein da müssen diejenigen, die die Idee der Freiheit so hoch halten, doch zugeben, daß man es jenen überlassen müsse, darüber selbst zu entscheiden, denn deßhalb sie zur Erlernung der deutschen Sprache zwingen zu wollen, das wäre Bevormundung, die man nicht üben soll. Abgesehen davon haben die Verhältnisse sich schon zum Theile geändert und werden sich wahrscheinlich noch ändern in einer Weise, daß man nicht mehr sagen kann, wie man es noch vor 10 Jahren hat sagen können, die Verhältnisse legen der böhmischen Bevölkerung die Nothwendigkeit auf, deutsch zu lernen. Diesen Zuständen gegenüber nehme ich es als eine sehr wünschenswerthe Thatsache auf, wenn der böhmische Landtag die Erlernung beider Landessprachen für eine bürgerliche Pfticht erklärt, für eine wie für die


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andere Nationalität. Mag heute diese Pflicht nicht in gleichem Maaße unterstützt werden durch Gründe des eigenen Interesses bei der deutschen Bevölkerung in Böhmen, so wird doch in nicht ferner Zukunft diese Unähnlichkeit wenigstens in bedeutendem Maaße verringert weiden. Ich meine also, wir sollen in dieser Angelegenheit uns ein Beispiel nehmen an dem schlichten Verstände und der Besinnung der Landbevölkerung.

Sowie bei ihr heute noch das Bestreben besteht, ihre Kinder in eine andere Gegend zu schicken, damit sie der andern Sprache mächtig werden, wie dieses Gefühl hervorgeht aus dem Bewußtsein zwar auch des Interesses, aber gewiß auch aus der Tradition und aus dem Gefühle der Zusammengehörigkeit, so möge auch der Landtag sich diesen Gesichtspunkt vor Augen halten, und immerhin diese bürgerliche Pflicht für die Zukunft für alle Klassen der Bevölkerung gesetzlich zu erklären. Ich habe nur noch zu rechtfertigen, warum ich bei diesen Ansichten doch dafür gestimmt habe, und durch meine Stimme es dabin geführt habe, daß es als Majoritätsantrag dem Landtage vorgelegt wurde, bezüglich der Realschulen die Sache anders zu machen. In dieser Beziehung möchte ich mir, obwohl zum wesentlichsten Theile der Herr Berichterstatter die Gründe angegeben hat, erlauben, noch einiges beizufügen. Erstens einmal scheint mir in der Natur des Gymnasialunterlichtes eine Verschiedenheit gegenüber der Realschule begründet. Der Lehrplan für die Gymnasien ist und muß seiner innern Natur nach ein viel strenger gebundener sein, als der der Realschulen. In den Realschulen wird man selbst in Bezug auf Gegenstände, welche den eigentlichsten Bestandtheil des Lehrplanes ausmachen, dem Schü-ler gegenüber wenigstens in den höheren Klassen schon eine Verschiedenheit zulassen und es sind derlei Anträge schon wiederholt gestellt worden. Man wird den, der sich der Mechanik zuwendet in einem geringern Maße sich mit der Chemie be-schäftigen lassen u. s. f. Das sind alles Verschiedenheiten, die in Bezug auf das Gymnasium nicht stattfinden. Die Folge davon ist, daß am Gymnasium Gegenstände, die nicht als obligat erklärt werden, in eine durchaus ungünstige Stellung gelangen, und zwar in eine Stellung, die dem Schüler die Erlernung derselben eigentlich unmöglich macht. Es ist eine bekannte Sache, wie vielerlei verschiedene Gegenstände am Gymnasium gelernt werden und wie schwierig es ist, für sie alle die nöthige Zeit zu gewinnen, und wenn der Lehrkörper nicht mit sich wohl zu Rathe geht, und mit Beziehung auf die Beschäftigung, die nicht in den Lehrstunden, sondern außerhalb derselben gegeben werden, bezüglich der Ertheilung von Aufgaben u. s. w. in sehr gutem Einverständnisse ist, so liegt am Gymnasium die Gefahr nahe, daß die Schüler überbürdet werden.

Wenn nun ein Gegenstand als nicht obligat erklärt ist, so wird man nie verlangen, daß der Lehrkörper in gleicher Weise darauf bedacht sei, Acht zu geben darauf, daß es den Schülern an der nöthigen Zeit nicht gebreche, um den Gegenstand zu erlernen, und ich glaube, das ist ein wesentlicher Grund, warum immer der Unterricht in der zweiten Landessprache, wenn er nicht als obligat erklärt wird im Gymnasium, sehr schwer ein Resultat wird erreichen können. Es ist nothwendig, wenn man überhaupt der Ueberzeugung ist, daß d,e zweite Landessprache erlernt werden soll, sie obligat zu machen, damit der Lehrkörper dafür Sorge trage, daß sie nicht stiefmütterlich behandelt werde. Noch in anderer Beziehung aber unterscheiden sich Gymnasien und Realschulen. Das Gymnasium hat nicht die Wirkung, daß diejenigen, welche es absol-viren, sofort in einen Erwerb bringenden Beruf übergehen.

Wenigstens ist das in den allerseltensten Fällen möglich. Wer das Gymnasium durchgegangen hat, muß noch eine geraume Zeit in anderer Weise sich bemühen, bis er eine materiell lohnende Stellung erzielen kann. Eine Folge davon ist, daß viele Schüler erst wenn sie an das Ende der Gymnasialstudien kommen, sich klar machen, was sie durch ihre Studien erzielen wollen. Wenigstens ist in den unteren Klassen des Gymnasiums eine große Mehrzahl in der Lage, daß sie nicht wissen, welchen Beruf sie wählen werden. Anders ist es an den Realschulen. Die Realschulen führen großen Theils unmittelbar in eine lohnende Thätigkeit hinüber. Es ist eine bekannte Thatsache, daß talentirte und fleißige Schüler der Realschule häusig unmittelbar, nachdem sie die Schule absolvirt haben, in eine lohnende Verwendung übertreten können; und mit eine Folge dieses Umstandes ist es, daß die Mehrzahl oder wenigstens eine viel größere Zahl als in den Gymnasien schon, wenn sie in die Realschule eintritt, vor Augen hat, welches Ziel sie verfolgen will. Nun können aber zwei Fälle stattfinden, entweder ist das Ziel, welches die Realschüler anstreben ein solches, in welchem die Kenntniß der 2. Landessprache für,die eigene Existenz nothwendig ist; und wenn das der Fall ist, wird es keines gesetzlichen Zwanges bedürfen, dann wird auch das eigene Interesse dazu treiben, diese Sprache zu erlernen und es erden die Realschüler in jene Kategorie treten, von der man sagen kann: Sie sind "die Betheiligten," dann mag man es immerhin ihrer eigenen Ueberzeugung überlassen. Es kann aber auch der Fall sein, daß die Realschüler schon mit der Absicht in die Schule treten, einen Weg zu gehen, auf welchem ihnen für ihr Interesse die zweite Landessprache nicht nothwendig ist; nicht nur in dem Falle, den der Herr Berichterstatter erwähnt hat, wenn der Schüler die Absicht hat, ins Ausland zu gehen, sondern betrachten wir auch den Fall, wo ein Fabrikant in einer deutschen Grenzgegend Böhmens seinen Sohn in die Realschule schickt, um ihm dann die Leitung seiner Fabrik zu übergeben, deren Handelsbeziehungen vielleicht viel mehr nach Außen, als nach dem


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Innern des Landes sich bewegen. Ich glaube, da kann man nicht sagen, daß das eigene Interesse es erfordert, daß er die zweite Landessprache erlerne, wenigstens nicht unter den jetzigen Verhältnissen. Zugleich muß der Realschüler aus materiellen Gründen sich oft sehr beeilen, die Realschule zu absolviren, weil eben unmittelbar nachher ihm eine lohnende Verwendung in Aussicht steht.

Unter solchen Umständen nun einen Schüler deshalb nicht aufsteigen zu lassen, weil er, obgleich er in allen anderen Gegenständen der Realschule einen sehr guten Fortschritt gemacht hat, in der 2. Landessprache zurückbleibt, das ist ein Vorgang, von dem es mindestens begreiflich ist, wenn er in den Gemüthern einen sehr ungünstigen Eindruck macht. Ich bin also der Ansicht, daß bezüglich der Realschüler die Gründe für den Zwang, für die Nöthigung zur Erlernung der zweiten Landessprache bei weitem nicht so prägnant, so rechtfertigend sind, wie für die Gymnasien, und daß auf der anderen Seite auch Rücksichten der Klugheit zu größerer Vorsicht in dieser Beziehung nöthigen. Deshalb stimme ich also dafür, daß an den Gymnasien die zweite Landessprache obligat sei, an den Realschulen aber nicht.

In keiner Weise aber kann ich mich mit dem Amendement des Herrn Grafen Zedtwitz einverstanden erklären, welches aussprechen will, sie soll obligat sein, jedoch streichen will die Worte der Vorlage: "daß die Dispens nur ertheilt werden soll aus besonders erheblichen Gründen," Ich meine, in der That diese Worte sind strenge zu deuten. Wenn ich für die Gymnasien die Erlernung der zweiten Landessprache als patriotische Pflicht ansehe, dann soll meines Erachtens Niemand davon befreit werden, als solche, bei denen eben dieser Umstand nicht eintritt. Wenn ein Fremder in Böhmen sich aufhält und seinen Sohn studiren läßt, dann ist keine Ursache, ihm die patriotische Pflicht aufzuerlegen, oder. wenn Jemand durch seine Berufsstellung übersetzt wird aus einem anderen Lande mit einem Sohne, der schon in eine höhere Klasse des Gymnasiums kommt, der also in den unteren Klassen den Unterricht in der Sprache nicht erhalten hat, dann wird ein guter Grund sein, ihn zu dispensiren, weil er den Unterricht, wie er in den höheren Klassen ertheilt wird, nicht verstehen kann. Meines Erachtens sollte die Berufung auf solche außerordentliche Fälle beschränkt sein. Wenn man die Sache so stellen wollte, es sei die Pflicht der Erlernung als Regel auszusprechen, es sei aber der Statthaltern die Macht zu geben, immer dann zu befreien, wenn die Eltern es wünschen, dann scheint es mir, wäre es allerdings richtig, was der Herr Abgeordnete Pankratz dagegen eingewendet hat, als eine unnöthige Vermehrung der Geschäfte. Dann sage man einfach, nicht die Statthalterei hat es zu bestimmen, sondern es wird der Freiheit überlassen. Aus diesem Grunde kann ich mich dem Antrage des Herrn Grafen Zedtwitz nicht anschließen.

Oberstlandmarschall: Herr Sladkovsky.

Abgeord. Sladkovsky.: Meine Herren! der Gesetzentwurf, über den der hohe Landtag eben verhandelt, theilt sich auffällig in 2 verschiedene Theile; der erste Theil derselben reicht bis §. 3 und ist ein, so zu sagen, negativer Theil des Rechtes der Gleichberechtigung, während dem wir im §. 4 zum positiven Theil, zu einem positiven Moment des Rechtes übergehen sollen. Ich weiß, daß dagegen schon von vielen Seiten Ginwendung erhoben worden ist, gerade bezüglich des Rechtsstandpunktes, daß es eine Verletzung des Rechtes sei, weil das Recht nur eine Beschränkung der Freiheit insoweit verlange, als es zur Existenz nothwendig ist.

Nun aber, meine Herren, ich weiß auch, daß diese Theorie des Rechtes heutzutage so ziemlich veraltet ist; es ist schon ziemlich lange her, meine Herreu, seit man sich auf diese Theorie beschränkt hat, und wenn die Gesellschaft wirklich nach dieser Theorie konstruirt werden sollte, würde sie sich. wahrscheinlich nicht auf derjenigen Stufe befinden, auf der sie sich heute befindet.

Wenn, meine Herren, das Recht nicht weiter gehen sollte, als daß es dem Industriellen den Schuß seiner Produkte, seiner Fabrikate und daß es allenfalls dem Urproduzenten den Schuß seiner Rohprodukte sichert, wenn man nickt weiter kommen sollte, nämlich dahin, daß das Recht schon in feinem Begriffe diesen beiden Produzenten zugleich den Austausch, den Kauf, den wechselseitigen Genuß ihrer Produkte sichern würde; wo, meine Herren, würde dann trotz allen Rechtes die Gesellschaft stehen und würde da das Recht überhaupt für die Menschheit von irgend einem Belange sein?

Dies ist, glaube ich, schon seit einer Reihe von Jahren in der neuesten Zeit wirklich auch zum Bewußtsein derjenigen gelangt, welche überhaupt über den Begriff des Rechtes nachgedacht haben, und so ist man auch in der neuesten Zeit, glaube ich, ziemlich allgemein schon zu der Ueberzeugung gelangt, daß in dem Begriffe des Rechtes nicht blos ein negatives, sondern auch ein positives, daß in dem Begriffe des Rechtes nicht blos ein abstoßendes und auseinandertretendes, sondern auch ein verbindendes und anziehendes sein muß, daß dasjenige Recht, das blos auf die negativen Momente sich beschränkt, wenn wir auf diesem Rechte blos bis heute stehen würden, würde die Menschheit anstatt in Gesellschaft in tausend und abermals tausend Waldhöhlen vertheilt sein, aus welchen der Eine den Anderen anlauern, aber niemals der Eine mit dem Andern in Verkehr treten würde.

Ich glaube also vor Allem hier nachgewiesen zu haben, daß, wenn man darauf hingewiesen hat, daß der §. 4 eine Verletzung des Rechtes sei, daß man nicht von einem richtigen Begriffe, sondern von einem zu engen Begriffe des Rechtes ausgegangen ist und gerade so, meine Herren, wie das Recht nicht blos ein allgemeines, nicht blos ein negatives, sondern auch ein positives Moment in sich halten muß,


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so muß es auch mit dem Begriffe der Gleichberechtigung, mit dem Begriffe des gleichen Rechtes zweier verschiedenen Sprachen und zweier verschiedenen Nationalitäten sein.

Auch hier kann man freilich auf verschiedenen Stufen stehen bleiben, daß man sich auf die Abwehr der Gewalt beschränkt; man kann dabei bleiben, daß man sagt, wir wollen dir in das Recht deiner Sprache keinen Eingriff thun, du darfst aber auch in das Recht unserer Sprache, in den Kreis unserer Nationalität keinen Eingriff thun, man kann sich auch darauf beschränken; allein ob damit der Begriff der Gleichberechtigung schon so abgegränzt ist, daß, wenn man später zur Kenntniß kommt, daß mit der Durchführung dieses Begriffes die Gleichberechtigung man niemals zu einem friedlichen Verkehr, zu einem friedlichen Austausche zweier nebeneinander lebenden Nationalitäten gelangen könnte, wenn man dann weiter geht und sagt, wenn wir mit Anderen leben und im friedlichen Verkehr mit Anderen stehen sollen, so sehen wir vor Allem ein, es sei nothwendig, daß es ein Mittel zur Annäherung gebe, daß es nothwendig ist, daß wir uns verstehen lernen, und daß wir die Mittel zur Verständigung uns wechselseitig aneignen. Wenn man so weit gelangt ist, ist man nicht zum Zwange im allgemeinen Sinne des Wortes gekommen, denn ich werde später darauf zurückkommen, daß der Zwang in einem gewissen Sinne des Wortes ein integri-render Bestandtheil und selbst ein Merkmal untrennbar vom Begriffe des Rechtes ist.

Ich glaube also, daß, wenn man sich überhaupt auf den Rechtsstandpunkt beruft, daß man nicht damit auslangen würde, wenn man noch aus dem, was wir hier gehört haben, wenn man daraus schließen wollte, daß der §. 4 die Verletzung eines Rechtes ist; man hat gesagt, es hört hier die Gleichberechtigung auf, hier fängt der Gleichzwang an.

Das, meine Herren, ist eben zugleich wirklich, das äußert sich bei jedem Rechte; gleiches Recht, gleiche Pflicht, heißt es ja, und das ist das wahre Recht, die wahre Gleichberechtigung.

Wenn also irgend eine Pflicht schon erkannt ist, daß irgend eine Pflicht von den Mitgliedern der Gesellschaft getragen werde, und da jede Pflicht auch ein Zwang ist, muß auch der Zwang gleich sein: insofern widerspricht es nicht, daß es ein glei-cher Zwang ist, und es handelt sich nur darum, ob dieser Zwang nothwendig und zum Fortschritte und zur Wohlfahrt unseres Landes und der dasselbe bewohnenden Nationalitäten, ob es dazu unumgänglich nothwendig ist.

Und in dieser Beziehung, m. H., glaube ich, daß es wirklich schwerlich irgend einem Zweifel unterliegen kann, daß, so lange wir nicht dahin gelangen werden, daß wir es für die erste und heiligste Pflicht anerkennen, daß wir einander verstehen leinen, und daß wir behufs der Möglichkeit der wechselseitigen Verständigung uns wechselseitig bemühen, so wie jedes Recht auch die wechselseitige Pflicht in sich schließt; wenn wir nicht dahin gelangt sein werden, daß wir jeder die Hälfte der Brücke zu bauen suchen, über die wir uns die Hand reichen sollen, dann wird die Brücke so lange unausgebaut bleiben, so lange wir zu dieser Ueberzeugung nicht gelangen.

Es handelt sich nun vorzugsweise nach dem bereits Gesagten darum, nachzuweisen, ob, wenn schon ein Zwang, eine persönliche Beschränkung da im allerbesten Sinne des Wortes vorhanden ist, ob diese Beschränkung eine nothwendige ist. ob sie wirklich zum Fortbestande der Gesellschaft oder wenigstens zur rascheren Fortbildung und Wohlfahrt unumgänglich nothwendig ist, und da gehen die Interessen der verschiedenen Anträge dahin auseinander, der eine dahin, es sei nothwendig, daß auf den Mittelschulen überhaupt dieser Zwang der Erlernung jeder Landessprache obligatorisch vorgeschrieben sei, während eine andere Ansicht dahin ging, es sei dies nur auf Gymnasien nothwendig.

M. H.! Daß man hier, wenn man von der elementarischen Erlernung einer Sprache spricht, hier dies nicht verwechseln kann, wenn in einer früheren Sitzung davon gesprochen wurde, daß man sich in einer Sprache auszubilden habe, in diesem oder jenem Fache, indem man dieses oder jenes Fach in einer Sprache erlernt; darüber glaube ich hinweg gehen zu können, das versteht sich von selbst.

Es handelt sich darum, nachzuweisen, wenn wir gleich unsere Rechtssphären so weit nebeneinander gestellt haben, und das Verlangender Nationalität dadurch gesichert haben, daß wir jeder Nationalität ihre Sprache als Unterrichtssprache in der Schule garantiren, und daß wir sagen, auch das, was auch als gefährlich von einer oder der andern Nationalität betrachtet werden könnte, nämlich das Utraquistische im Unterrichte herausgemerzt zu haben, und allen Verdacht entfernt zuhaben, daß auf eine Proselytenmacherei ausgegangen weiden solle, so frage ich, ob wir in der Befreiung und in erzwungenen Erklärung des Rechtes so weit gehen wollen, daß wir uns selbst dagegen sträuben, daß beide, jeder in seiner Schule die Sprache des Andern lerne, um einst, wenn sie ins Leben treten, gemeinsam unter einander verkehren können.

Ich glaube, diese Besorgniß so weit zu trei-ben, ist etwas übertrieben, und wenn diese Besorg-niß früher oder später wachsen sollte, so würde sie zu sehr traurigen Folgen führen.

Wie ich schon früher erwähnt habe. und wie von einem viel früheren Redner schon bewiesen worden ist, so unterliegt es keinem Zweifel, und ich glaube mich weiter verbreiten zu dürfen, daß das Obligatorische der andern Landessprache auf Gym-nasien unmöglich dahin gedeutet weiden kann, daß man die andere Nation durch die Nothwendigkeit, daß die Studierenden an Gymnasien auch die andere Sprache erlernen, gefährden wolle.

M. H.! Es ist ja wirklich nicht in Miede zu


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stellen, daß Gymnasium (so schön es auch gesagt ist daß das Gymnasium für sich selbst Selbstzweck ist, daß die Wissenschaft Selbstzweck ist, wissen wir doch endlich alle, diese selbstständigen Zwecke endigen mit etwas Praktischem;) so namentlich das Gymnasium, wie schon hier erwähnt worden ist. führt in der Regel zu einer öffentlichen Stellung, möge es in diesem oder jenem Zweige einer öffentlichen Stellung sein, und zwar zu einer solchen Stellung, wo derjenige, der in dieselbe eintritt, verpflichtet ist, allen Angehörigen des Landes gerecht weiden zu sollen, allen Angehörigen des Landes in beiden Sprachen zu Diensten stehen zu können.

Man sagt freilich, das wird freiwillig geschehen. Jeder, der das Bedürfniß einsieht, wird selbst die Sprache lernen.

Aber, m. H., indem er in das Gymnasium tritt, hat er schon erklärt, daß er eine solche öffentliche Stellung einnehmen will; er hat sich des angesprochenen, natürlichen Rechtes der Freiheit begeben; indem er eintritt, weih er, daß er aus der Anstalt in eine öffentliche Stellung eintreten will, welche es ihm zur Pflicht macht, beider Sprachen mächtig zu sein.

Es kann schon in dieser Beziehung nicht mehr die Rede davon sein, daß ihm ein Zwang angethan werde, auch den Eltern nicht; denn die wissen ebenfalls, wenn sie das Kind dieser Anstalt anvertrauen und es dort aufwachsen lassen, daß es sich einem Berufe widmen werde , in dem es beider Landessprachen mächtig sein soll.

Nun sagt man, allenfalls liehe sich das noch zugestehen für die Gymnasien, aber für die Realschulen wäre das bei Weitem zweifelhafter, u. z. wird bemerkt, daß es sich hier um selbstständige Realschulen, um solche wahre Mittelschulen handelt, die als Uebergang zur polytechnischen Hochschule zu betrachten sind.

Nun, m. H., das weiß ich wohl, aber ich glaube, es ist kein Geheimnitz, daß auch aus diesen Schuten der größte Theil in eine solche öffentliche Stellung übertritt, wenn nicht unmittelbar aus der Realschule, wenigstens aus dem Polytechnikum, wo er ganz in derselben Lage ist, wie diejenigen, die vom Gymnasium und dann von der Universität in eine öffentliche Stellung getreten sind.

Aus den Realschulen und aus dem Polytechnikum wissen wir, daß die Schüler häufig Finanzbeamte, Postbeamte, Baubeamte, Ingenieure, über-haupt verschiedene öffentliche Beamte werden, und m. H., diese sind gerade in derselben Nothwendigkeit und verpflichtet, beide Landessprachen zu kennen.

Man sagt, sie werden das thun, wenn sie wis-sen, daß sie es brauchen; aber im praktischen Leben zeigt es sich anders.

M. H.! In der Regel geschieht es nicht, wenn nicht die Verpflichtung auferlegt ist; erst dann wenn man um ein Amt ansucht und es antritt, da kommt man dann mit Entschuldigungsgründen: Wir waren nicht angehalten, wir bedauern es, wir haben es nicht gelernt, wir weiden es nachtragen später; aber elementarische Kenntnisse, so viel Sprachkenntniß wenigstens, damit er sich verständigen kann, damit er nothwendigen Falles sich auch schriftlich mittheilen kann, das, m. H., kann man verlangen, daß Jeder, der überhaupt an einer Anstalt, wie ein Gymnasium oder eine Realschule ist, aus derselben in die öffentliche Stellung mitbringe.

Und selbst die übrigen, die aus den Realschulen nicht gerade in eine öffentliche Stellung als Beamte treten, wie ich früher angeführt habe, die leben jetzt unter solchen Verhältnissen und in einem solchen Stande, wo sie eben als gebildete Leute, wo-hin als ein Theil der Intelligenz schon durch unsere politischen Verhältnisse ganz gewiß berufen sind, auch öffentlich mitzuwirken, entweder als Mitglieder der Gemeindevertretungen oder Mitglieder der Handelskammer oder endlich als Mitglieder dieser h. Versammlung. Ich frage, m. H. ob das wirklich etwas zum Verständniß und zur Versöhnung führendes sein kann, wenn z. B. in dieser h. Versammlung irgend Jemand in seiner Muttersprache seine Ansicht zu vertheidigen beginnt und der andere Theil des Hauses in der Mehrheit in demselben Augenblicke sich zu entfernen anfängt und nicht wieder erscheint, bis diese Rede beendigt ist, und eine Rede in der andern Sprache geführt wird (výbornì, Bravo!) Ich sage das in der besten, aufrichtigsten Meinung. Ich weih, wie wir jetzt hier sind, können wir uns nicht, die Pflicht auferlegen, was wir nicht haben, nachzutragen. Allein m. H. wir sollen darauf bedacht sein, wenigstens den Grundstein dazu zu legen, daß in Zukunft dieser Nibelstand immer mehr schwinde; denn ein Uibelstand ist es, der auf Seite derjenigen, die in dieser Weise ihre Sprache mißachtet oder wenigstens nicht beachtet sehen, denn ich kann nicht voraussetzen, daß es Mißachtung wäre, die nur zur Verbitterung führen muß; und wenn diese Verbitterung dahin führt, daß man gerade sich vornimmt, um das Recht seiner Sprache zu schützen, immer in derselben zu sprechen und von der andern sich immer entfernen wird, wo wird da ein Verständniß, eine Einigung, der Friede und die Eintracht wirklich sein? (Výbornì.) Ich glaube, wir können wirklich ohne spitzfindige Deutungen und wenn wir uns ehrlich ans Herz greifen, nicht anders erklären, als daß wir wirklich Einer dem Andern nicht nahe treten, ja daß es unsere Pflicht ist, dazu beizutragen, daß eine wahre Verständigung eintreten könne, und daß dazu unumgänglich nothwendig ist, die Jugend schon dazu zu verhalten.

Man hat eben auch darauf hingewiesen, daß es eine besondere Schwierigkeit für Deutsche hat sich die andere Sprache anzueignen. M. H., ich sehe wirklich nicht ein, worin diese Schwierigkeit, wenn man die Sache näher betrachtet, lugen soll? Entweder ist der Studirende in einem Orte, wo die 2. Landessprache zugleich im Umgange vorkommt, nun dann ist eben zugegeben worden, daß es, dann


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eine Spielerei für denselben ist, sich aus dem Umgange schon die Sprache anzueignen, und da es unmöglich schwer fallen könne, wenn er in kurzer Zeit sich die Umgangssprache angeeignet hat, das Bischen Regel und Grammatik in der Schule nach-zutragen und sich anzueignen. Wenn dieß aber nicht der Fall ist m. H., so ist es eben umgekehrt. Der-jenige deutsche Real- oder Gynmasialschüler, der z. B. in einem Orte studirt, wo nur deutsch gesprochen wird, wird in den 8 Jahren, wenn er auch böhmisch, so wenig als man sich vorstellen kann lernt, sich doch einen kleinen Fond von Worten verschafft und angeeignet haben, er wird eine kleine Kenntniß von der Konstruktion der Sprache sich verschafft haben, und wenn er endlich in die Hochschule, was sein endlicher Beruf ist, wenn er in die Technik und Universität kömmt und wenn er in denjenigen Ort kömmt, wo er diese bisher in den Schulen nur nebenbei gelernte Sprache, obwol obligatorisch, zu-gleich als Umgangssprache findet, wie lange wird es dauern, daß er in der Umgangssprache so fest sein wird, daß man sagen kann, er ist ihrer mächtig in Wort und Schrift, ohne daß er sich dabei anstrengt? Ich glaube diese Befürchtung, daß es eine Schwierigkeit ist, daß es vielleicht eine allzugroße Anforderung an die deutsche Jugend wäre, diese Schwierigkeit und dieser Ginwand, wenn man sie näher ansieht, schwinden auch gänzlich zusammen.

Es ist von verschiedenen Rednern verschiedenes noch bemerkt worden, worüber ich mir ebenfalls noch einige Bemerkungen, jedoch kurz, zu machen er-lauben werde.

Es wurde gesagt, es werde durch §. 4 ein Theil der Rechte der Eltern konfiscirt. Nun, m. H., ich glaube, schon aus dem frühern ist nachgewiesen, daß man wirklich den Eltern nicht nahe tritt. Denn wenn die Eltern ihre Kinder in eine Schul-anstalt geben, wo sie wissen, daß sie zu ihrem öffentlichen Leben vorbereitet werden, so begeben sie sich eben das Rechtes, zu bestimmen, was die Kinder zu erlernen haben und unterordnen sich den Verfügungen, wie eben die Schulen eingerichtet sind. um eben die Eleven für diesen Beruf ausbilden zu können.

Es ist ferner gesagt worden: In der Liebe sei der Zwang kein angezeigtes Mittel, Das ist wahr, m. H., aber den Keim legen zu künstigem Guten und jemanden zwingen, das, glaube ich, ist zweierlei; es ist eben nur so lange ein Zwang und die Kinder werden eben nur so lange es als Zwang ansehen, so lange sie finden werden, daß ihre Eltern es dafür ansehen.

Wenn aber die Eltern zu einer reiferen Ueberlegung und zur reiferen Ueberzeugung gelangen, daß sie den Kindern damit Gutes erweisen, wenn sie sie dazu anhalten, sowie sie sie zu allem Andern anhalten, auch eine zweite Landessprache zu erlernen, so werden es die Kinder nicht für ein ungeeignetes Mittel der Liebe in spätern reifern Jahren erklären, sondern sie werden dafür dankbar sein, sowie sie für Vieles und überhaupt alles Andere dankbar sind, wozu sie in frühern Jahren angehalten wurden, ich will nicht sagen, gezwungen, da dieser Ausdruck ungeeignet ist, weil bei Minderjährigen überhaupt in dieser Beziehung nie von einem Zwange, sondern nur von einer Leitung die Rede fein kann.

Auch in dieser Beziehung, wie ich früher bemerkt habe daß, wenn die Eltern etwas für gut, wenn die Eltern etwas für den Keim der künftigen Wohlfahrt des Kindes ansehen werden, ebenso, m. H., ebenso und mehr noch muß dieser Zwang, von dem hier gesprochen wurde, den gänzlichen Schein eines Zwanges verlieren, sobald er von den dazu berufenen Vertretern des Volkes für das nothwendige Mittel zur Verständigung beider Nationalitäten anerkannt und als solches eben empfohlen wird, dann ist es nicht mehr ein Zwang, sondern es ist eben, weil Sie, m. H., die Organe derjenigen sind, die Sie zu vertreten haben, der Wille derjenigen, die Sie hier vertreten, der erklärt, wir wollen, daß die Jugend sich dasjenige aneigne, was zur Verständi-gung nothwendig ist und damit ist der Sache gänzlich aller Schein des Zwanges genommen.

(Bravo!)

Es ist aus dem praktischen Leben ein Beispiel hier angeführt worden, wie nachtheilig das Obligatorische der 2. Landessprache auf die Unterrichtssprache wirken könne und zwar ist namentlich auf Budweis hingewiesen worden mit dem Bedeuten, es habe sich herausgestellt, daß seit jener Zeit, wo daselbst die böhmische Sprache als obligater Gegenstand eingeführt worden ist, sich auffallend die Zahl der deutschen Studirenden vermindert habe und es sei wahrzunehmen, daß dieselben nach Oesterreich namentlich auswandern, um an denjenigen Gymnasien zu studiren, wo sie dort nicht gezwungen sind, eine Sprache zu erlernen, deren Kenntniß ihnen nicht nothwendig scheint.

Nun, m. H., ich glaube, wenn von dieser merkwürdigen Erscheinung irgend Jemand Kenntniß haben sollte, so müßte es jedenfalls der Bürgermeister jener Stadt sein.

Nun, m. H,, derselbe ist ja Mitglied dieser h. Versammlung und ich berufe mich auf denselben für meine Behauptung, daß die Behauptung des H. Prof. Herbst in dieser Beziehung nicht richtig gewesen sei. Es ist im Gegentheil festgestellt, daß in den letztern Jahren namentlich die èechische Jugend vom Budweiser Gymnasium abgezogen sei und zwar namentlich nach Pisek und nach den umliegenden Gymnasien, wo mehre Gegenstände auch in böhmischer Sprache vorgetragen werden und nach Neuhaus, und nicht die deutsche Jugend; und in dieser Beziehung, glaube ich, das zum Beweise dessen anführen zu können, was meine Anficht ist, daß die Gymnasien ihre Schüler behalten würden, wenn man in jeder Gegend nebst der nach der Bevölkerung eingeführten Unterrichtssprache der zweiten Landessprache dadurch gerecht würde, daß man sie

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wenigstens den Kindern leitend anempfehlen würde als ein ihnen nothwendiges Mittel ihres Fortkommens.

Der Antrag, für den ich spreche, ist daher der Antrag der Minorität, wie, er vom Berichterstatter H. Schulrath Wenzig schon verfochten worden ist und ich erlaube mir noch hinzuzufügen, daß ich beauftragt bin, Einiges noch zur Vertheidigung eines Antrages, der diesen Antrag der Minorität modi-siziren will, hinzuzufügen.

H. Gf. Zettwitz will nämlich den Antrag der Minorität in folgender Weise modifizirt wissen: "Dispensen von der Erlernung der andern Landessprache sind über Einschreiten der Eltern oder Vormünder von Fall zu Fall von der Landesbehörde zu ertheilen."

Dieser Antrag unterscheidet sich vom Antrage der Minorität dadurch, daß er nämlich die Worte "aus besonders erheblichen Ursachen" ausgelassen haben will. Damit nicht etwa die Besorgniß entstehen möge, daß Dispensen auf Ansuchen der Eltern großen Schwierigkeiten unterliegen würden, daß sie vielleicht in den äußersten und seltensten Fällen ertheilt würden, daß selbst vielleicht manchmal eine begründete Ursache nicht hinreichen würde, um eine Dispens zu erwirken, will er das "aus besonders erheblichen Gründen" weggelassen wissen und nur sagen, daß Dispensen von der Erlernung der andern Landessprache über Einschreiten der Eltern oder Vormünder von Fall zu Fall von der Landes-Be-hörde ertheilt werden; im Vertrauen, daß gewiß in dieser Beziehung die Landesbehörde mit Unparteilichkeit vorgehen werde und daß die ihr vorgeführten Gründe, wenn sie auch nicht immer wichtig genug sein sollten, in Bezug auf das Allgemeine — doch wichtig genug in Beziehung auf die einzelnen Familien.

Ich für meinen Theil trage die für diese Ansicht sprechenden Gründe nur im Namen des H. Antragstellers vor und erlaube mich für meinen Theil dahin zu erklären, daß ich mich nur eventuell für den Fall, als der Minoritätsantrag in der Fas-ung, wie er vorliegt, nicht angenommen werden sollte. dem Antrage des Grafen Zettwitz anschließen würde.

Nun, m. H.! ich weise noch darauf hin, daß es sich bei dem §. 4 darum handelt, ob wir wechselseitig unsern guten Willen zeigen wollen, zur Verständigung desjenigen beizutragen, was die Grundbedingung derselben ist. Es läßt sich nicht in Ab-rede stellen, m. H., daß alle die Gründe, welche dagegen angeführt worden sind, gegegen das Obligatorische, daß diese wirklich mehr oder weniger so gewunden und so gezwungen sind, daß jedenfalls auf den ersten Augenblick der Sache angesehen werden muß, daß, wenn man aufrichtig, und wenn man ohne Zwang zu Werke gehen sollte, man diese Gründe niemals hervorheben würde und sie niemals aufgefunden hätte; denn ich habe schon nachgewiesen, es geschieht und kann keinem von uns an der Nationalität Unrecht geschehen; im Gegentheile, es kann nur zum Guten führen. Ich sehe also nicht ein, warum man in dieser Beziehung dasjenige, was bloß zum Guten und zwar zum Guten beider, Nationalitäten führen kann, warum man dasjenige nicht zur Pflicht und zwar in dem Maße, daß sie es wird betreiten können, und daß sie nicht überbürdet wird, warum man dieß nicht zur Pflicht machen wollte. Es sind, m. H., in diesem h. Hause sehr viele hochwichtige Fragen, hochwichtig, nicht nur für dieses Land, sondern auch für das ganze Reich verhandelt worden, und ich glaube, es werden noch andere solche Fragen neuerdings in Verhandlung kommen.

Ich mache Sie aufmerksam darauf, m. H., daß dieser §. des vorliegenden Gesetzes wirklich eine Brücke sein kann, über die hinüber wir allen solchen künftigen schwierigen Fragen getrost ins Auge sehen, und über die dann gewiß wir zu einer glück-lichen Lösung hinüber kommen werden. Wenn gar nichts Anderes in diesem §. sein würde, m. H., so beurkundet sich darin der gute Wille, und m. H., wo der gute Wille ist, da erweckt es auf der anderen Seite Vertrauen, und wo auf beiden Seiten Vertrauen und guter Wille ist, da wird und muß man sich einigen auch in den schwierigsten Fragen. Ich will also nicht dafür sprechen, und will Sie nicht beschwören, daß Sie diesen Autrag annehmen, denn endlich, wenn er wirklich nicht angenommen wird, so stehe ich doch gewiß des festen Glaubens, daß er früher oder später doch wieder zur Annahme und Geltung gelangen muß; allein daß es je eher desto besser ist, das glaube ich, m. H., daran wird Niemand von Ihnen zweifeln, und deßhalb empfehle ich Ihnen nochmals das Minoritätsvotum zur Annahme, so, wie es vorliegt.

Oberstlandmarschall: Herr Professor Brinz.

Prof. Brinz: Es sind für den Majoritätsantrag, so wie für den Minoritätsantrag, vertreten durch den Herrn Schulrath Wenzig viele und vielerlei Gründe vorgebracht worden, und nach meiner Erfahrung pflegt das keine gute Sache zu sein, deren Erhärtung so viele Gründe braucht, als ihrer vorgetragene worden sind. (Heiterkeit.) Ich kann nicht umhin zu bekennen, daß mich wohl am meisten von allen vorgebrachten einer von denen gewundert hat, die mein sehr geehrter, unmittelbarer Herr Vorredner gebrauchen zu müssen meinte; nicht bloß um dessen willen, was er damit behauptet hat, son-dern, daß es gerade dieser Mann ist, der ihn vorgebranyhat. Es ist der Grund von dem positiven und negativen Inhalte eines Rechtes, angewendet auf die gegenwärtige Frage. Diese Theorie nimmt sich gerade so aus, als wenn Jemand behauptet, der Gläubiger, der eine Forderung hat, hat das negative Recht, der Schuldner, der verpflichtet ist, zu zahlen, der hat das positive Recht. Das ist in seinem Wesen das Argument: diejenigen §§., die da besagen, jede Nationolität hat das Recht, ihre Sprache an allen Unterrichtsanstalten zur möglichsten


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Entfaltung zu bringen, enthalten ein negatives Recht; der andere Satz: Eine Nationalität ist ge-zwungen, die Sprache der andern zu lernen; das ist der positive Inhalt eines Rechtes. (Sehr gut links).

Viel anders hat wenigstens auf mich gewirkt, was der Herr Vorredner an zweiter Stelle vorgebracht hat. Es kommt der Wahrheit des Grundes, warum man so sehr auf dem obligaten Unterricht besteht, möglichst nahe. Ich begreife vollkommen jene Verhältnisse, welche das Centrum, und was mit ihm zusammenhängt, dazu drängen muß, in dieser Richtung aufzutreten und zu stimmen. Allein, m. H.! ich glaube, man ist wesentlich im Irrthume, wenn man glaubt, daß dasjenige, was man in letzter Instanz zu erreichen wünscht, dadurch er-reicht wird, daß man einen diktatorischen § in diese Gruvdveste der Gleichberechtigung aufnimmt. Ich darf wenigstens schließen, daß in Böhmen und in Deutschböhmen es noch manchen Mann gibt, der so denkt und fühlt, wie ich, so kann ich erklären, daß das der Weg nicht ist, auf dem man die Gintracht befördert. (Unruhe im Centrum.)

Auffallend, wenn auch nicht in jenem hohen Maaße, war mir auch das Argument Sr. Excellenz des Herrn Grafen Thun, indem er auf das Wesen einer Bürgerpflicht hinauskam, die dahin gehen soll, daß man überhaupt eine andere Sprache leinen solle. Meine Herren! Ich frage Sie, wo kommt das vor? Wo in der Welt existirt diese Theorie, (Unruhe im Centrum) daß man aus Bürgerpflicht eine fremde Sprache zu lernen hat? Soviel ich weih, ist es überall der Nutzen, das Interesse, die Nachbarlichkeit, die dazu bewegt, aber die Theorie von einer Bürgerpflicht ist mir vollkommen fremd. Wollten Sie behaupten, wie es der Fall zu sein scheint, daß es eine solche Pflicht gäbe, dann könnte es nicht bles in Böhmen sein, es müßte beispielsweise auch in Ungarn sein und es mühte die Bürgerpflicht dazu führen, daß nicht blos die eine oder andere, sondern daß beliebig viele Sprachen gelehrt werden mühten. Auch das historische Gebiet ist betreten worden und ich glaube, daß es keine ungetheilt angenehmen Empfindungen und Erinnerungen waren, die gerade von hier aus in einem Theile der Anwesenden erweckt worden sind. Denn Sie wissen, schon in der ersten Session ist gewisser Landtagsbeschlüsse gedacht worden, in deren Ideen Zusammenhang gerade dieser historische Boden, der betreten worden ist, unser Einen sehr leicht einzutreten verleiten kann. Ich will diesen Punkt nicht weiter verfolgen. Der betreffende Herr Redner hat gesagt, er sei kein genauer Kenner der Geschichte und damit will ich entschuldigen, was er in dieser Beziehung vorgebracht hat. Aber wenn er sagt, daß Böhmen von jeher ein geschlossenes Land war und dieß schon seit 1000 Jahren, so darf ich der Vervollständigung seines Gedankens wegen beifügen, daß es vielleicht 700 und 800 Jahre doch auch schon in einen größeren Kreis hineingehört hat und daß wir in Böhmen in der Gravitation gerade im Centrum Böhmens aufzugehen und allein aufzugehen nicht verpflichtet sind und daß gar keine Ursache bestände, etwa einen Nordböhmen anzuklagen, um deßwillen, weil seine Gravitation mehr südlich ginge, daß sie nicht stehen bliebe in Mitte des Landes (Rufe: nördlich). Auch, m. H., wenn Sie nördlich glauben oder, wenn sie mich nöthigen noch nach Westen meinen Blick zu richten, vielleicht mit mehr Grund und mit mehr staatsrechtlicher Berechtigung (Rufe: Centrum Oho und links Bravo), als man ihn nach Osten richtet, so habe ich auch nichts dagegen. (Heiterkeit. Bravo.)

Meine Herren! es kommen wie mir scheint und sowie ich glaube zwei verschiedene Einstimmigkeiten auf verschiedenen Seiten dieses Hauses vor. Wir haben uns nicht herausgenommen zu behaupten, daß Ihr Votum nicht im Ganzen und Großen mit den Anschauungen der Bevölkerungen identisch sei, welche sie vertreten. Ich glaube es hätte dürfen unterbleiben, daß man uns vorgerechnet hat, ein suffrage universelle auf deutscher Seite würde ein ganz anderes Votum zu Tage fördern als wir dasselbe vertreten. (Rufe: gewiß!) Und wenn dieses der Fall ist, wie gleichwohl Jemand zu behaupten wagt (große Heiterkeit) dann m. H. begreife ich am allerwenigsten, warum sie so sehr auf dem Zwange bestehen, denn dann wird es sich gewiß von selbst machen. (Bravo!) Es werden in der nächsten Session ganz andere Leute kommen, als wir sind, um diesen Punkt zu repariren. (links: sehr gut.)

Uebrigens ich bin auch genöthigt, mich des Mandates eines meiner Freunde zu entledigen, der bei dem Schließen der Debatte nicht mehr zum Worte gelangen konnte. Es ist der Abgeordnete für Eger, der mich verpflichtet hat, mitzutheilen, daß jener Ministerialbeschluß, wonach der Obligatuntrrricht in der anderen Landessprache eingefühlt wurde, dort allgemeine Unzufriedenheit hervorgerufen hat. Ich selbst bin nicht ausgegangen mir Zeugnisse zu sammeln in dieser Beziehung, aber den Bemerkungen manches Familienvaters habe ich mich doch nicht verschließen können, daß er wirklich und wahrhaft bedrängt ist, gerade durch den Umstand, daß sein Kind um dieses einzigen Lehrgegentandes willen zurückbleibt. Es ist den Eltern nun einmal und mau kann sie darum nicht tadeln, daran gelegen, daß ihre Kinder gute Fortgangsplätze ein-nehmen und es kann sich bei dem Unterschiede, den mein verehrter Freund Herbst hervorgehoben hat, wirklich sehr leicht ereignen, und ereignet sich auch oft, daß ein Knabe durch diesen Umstand in dieser einen Richtung zurückbleibt und weder für sich selbst die Freude am Lernen hat, noch auch seinen Eltern dieselbe Freude verursacht. Ich kann bestätigen, daß ich das nicht einmal, daß ich das zehnmal gehört habe, (Links: sehr gut).

Ebenso muß ich noch nebenbei zur Steuer, so viel als möglich, zur Steuer der Wahrheit, um einen Vorredner auf dieser Seite gegen jenen direk-


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ten Widerspruch nach meinen Kräften in Schuß zu nehmen, bemerken, daß ich auf einer Reise nach Linz vor 2 oder 3 Jahren von der Thatsache gehört habe, daß wirklich viele aus böhmischen Schu-len an das Gymnasium nach Linz kommen.

Nun aber erübrigt mir noch Giniges zu bemerken, entgegen dem Referate des sehr geehrten Herrn Berichterstatters. Es sind einige Punkte wie mir scheint, von wesentlicher Bedeutung für die vorliegende Frage. Er hat wirklich gründlich, wie er zu Werke zu gehen pflegt, die Frage aufgeworfen: "Ist denn die legislative Gewalt überhaupt berechtigt, eine Verordnung oder Bestimmung zu erlassen, wie wir zu erlassen im Paragraph 4 vorhaben." In dieser Richtung meine Herren glaube ich, muß man wohl unterscheiden, ob es sich darum handelt, unter die Gegenstände am Gymnasium einen einzuführen, der vom praktischen oder didaktischem Zwecke aus eingeführt wird, oder von einem anderen Standpunkte aus.

Ich halte es in der That für eine disputable Frage, ob nicht etwa der Unterricht in einer slavischen Sprache an den Gymnasien um der sprachlichen Bildung willen, um jenes erweiterten Gesichtskreises willen, den heutzutage der Philologe braucht, ob nicht wirklich deßhalb eine slavische Sprache gelehrt werden soll.

Allein es ist das ein Gegenstand, der, wenn man vom didaktischen Standpunkte ausgeht, nicht blos für Böhmen gilt, sondern für alle deutschen Länder der Monarchie, und es wäre das Etwas, was überhaupt, wie mir scheint, in ganz Deutsch-land ins Auge gefaßt werden könnte, und es ist bekannt, wie sehr von bedeutenden Sprachforschern auf die slavischen Sprachen als nochwendige Ergänzung ihrer Forschungen rekurrirt werden müßte.

Aber das ist ein Gegenstand, den wir, glaube ich, gar nicht auszumachen haben.

Etwas ganz anderes ist es, wenn sich die Frage erhebt, ob vom nationalen Standpunkte aus die legislative Gewalt berechtigt sei, eine derartige Bestimmung zu treffen, und da glaube ich einfach nein sagen zu müssen.

Eine solche legislative Gewalt, die da auf der Basis der Gleichberechtigung erwachsen und eingeführt ist, auf der Basis der Gleichberechtigung der Nationalitäten, kann vom Standpunkte der Nationalitäten nicht einen Satz in die Gesetzgebung einführen wollen, der eben das Recht paralisirt, verkümmert und beeinträchtigt.

Der Berichterstatter hat, soviel mir schien, es nicht vermocht, meine Behauptung aus der Generaldebatte, daß dieser Gesetzentwurf sich auf verschiedenen Standpunkten bewege, zurückzuweisen, er hat vielmehr koncediren müssen, es ist wahr, es sind darunter viele Standpunkte.

Wäre der Entwurf, so wie er ursprünglich konzipirt war, in dieses hohe Haus gekommen, so hätte es noch einen Standpunkt mehr gegeben.

Ich will jenen Standpunkt, der selbst etwas Monströses hatte, nämlich die Einrichtung von Nationalitäts-Kommissionen, nicht weiter verfolgen, aber wenn der Herr Berichterstatter meint, es gereiche diesem Gesetzentwurfe gerade zum Ruhme und zum Lobe, daß er verschiedene Standpunkte vertrete, so muß ich schon bekennen, das ist Geschmacksache. (Heiterkeit.)

Ich ziehe das Ginsache und Gerade vor, und suche so lange als möglich, etwas zu vermeiden, was den ersten Schritt, den ich thue. zur Hälfte wieder aufhebt und nothwendig wieder aufheben muß.

Ich wiederhole, es thut mir leid, wenn der Gesetzentwurf — wir wissen ja nicht, wie die Abstimmung ausfällt, wie er vielleicht nach einer Aenderung des § 4 zur Annahme kommt — nicht alle Theile befriedigt; aber ich erlaube mir im Voraus darauf hinzuweisen: Dieser Gesetzentwurf ist nicht von dieser Seite des Hauses ausgegangen, wir können und wollen ihn nicht verantworten.

Aber nachdem ein Gesetzentwurf zur Gleichberechtigung der beiden Sprachen in der Schule proponirt worden ist, wollen wir ihn annehmen, Sie aber bitten, einfach dabei zu verbleiben: "Es sei nichts Neues dieser Zwang zur Erlernung der andern Landessprache." Das ist richtig, mau hat diesen Gegenstand auf einem anderen Wege obligat gemacht, aber, m. H., etwas Neues ist doch in dieser Sache, nämlich, daß dieses Haus heute zum ersten Male, wo es sich um die Lösung eines Nationalitäten-Problems handelt, bei dieser erstern Gelegenheit, anstatt die Gleichberechtigung zu schaffen, bereits in ein anderes Gebiet hinüberstreist,

(Rufe.- Oho im Centrum.)

und in dieser Beziehung muß ich an einen Vorgang in diesem h. Hause mahnen, der, glaube ich, ein sehr erhellendes Licht auf die gegenwärtige Situation werfen konnte, nämlich an den Vorgang bei der Debatte , welche aus Anlaß des Palacklý schen Antrages, betreffend die Wahlreformen, vorkam.

Es ist an dieser Stelle, wo man sich die Behauptung oder die Befürchtung auszusprechen erlaubte:

"Es möchte bei einer Wendung der Nationalitäten vielleicht eine Nationalitätwehre geschehen."

Es wurde diese Bemerkung erwidert von einem der eisten Redner des Centrums mit Erinnerungen an das Jahr 1848 bis 1849.

Dort hätten sich liberale Männer von beiden Seiten verabredet, und es sei für sie als selbstverständlich vorgekommen, daß in Nationalitätssachen niemals eine Majorität entscheiden solle.

Nun, meine Herren, wenn in dem gegenwärtig fraglichen Paragraph doch irgend etwas von Nationalitätsfrage steckt, was meines Erachtens doch nicht wohl zu beseitigen ist, dann ist der heutige Tag die erste Gelegenheit gewissermaßen, jene Verheißungen


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wahr zu machen, hier ins Leben treten zu lassen, was doch gewiß der einzige Weg zu dem definitiven Auskommen sein wird.

(Rufe: Sehr gut!)

Ich bin am Schluße angelangt, und habe nur noch dem Herrn Schulrath Wenzig für seine freund-liche Bemerkung zu danken, die er der deutschen Sprache in Bezug auf die Eigenschaft einer Literatursprache hat zu Theil werden lassen, indem er her-vorhob, daß in der deutschen Literatur sich vortreffliche und klassische Uebersetzungen fremder Sprachen befinden.

(Bravo.)

Ich will ihm ebenso wenig gram sein, wenn er der Ansicht ist, daß die deutsche Sprache keine Weltsprache ist.

(Bravo.)

Wir hier fühlen durchaus nicht den Drang, den ein anderer Redner hoch oben im Centrum ausgesprochen hat, wenn er uns einlud, die deutsche Kultur in fremder Sprache nach Osten zu tragen. Wir sind, wie wir schon oft bewiesen haben, still bescheidene Leute,

(Oho! im Centrum.)

Angehörige einer Nation, die, wie Sie sagen, gar keine kosmopolitische Bedeutung hat, und das, wor-um wir einzig und allein bitten, ist uns im engen Gehege unserer Muttersprache so lange zu belassen, bis uns nicht Nutzen und freier Entschluß aus demselben hinaustreibt.

(Bravo.)

Oberstlandmarschall: Ich werde die gestellten Anträge vorlesen, und die Frage bezüglich der Unterstützung stellen.

Zuerst kommt der Antrag des Prof. Herbst.

Landtagssekretär Schmidt liest:

"An die Stelle des §. 4 der Majorität sei zu sehen als §. 4:

"In den Mittelschulen (Gymnasien und selbstständigen Realschulen) ist Gelegenheit zu bieten, die zweite Landessprache gründlich und in einer Weile zu erlernen, daß die Schüler derselben in Rede und Schrift mächtig werden/

Místo §. 4. votum vìtšiny budiž v §. 4. postaveno: Pøi školách støedních (gymnasiích a samostatných školách reálních) má se dáti pøíležitost nauèiti se druhému jazyku zemskému dùkladnì a tou mìrou, aby ho žáci slovem a písmem užívati umìli.

Oberstlandmarschall: Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist hinreichend unterstützt.

Es kommt das Amendement des H. Grafen Zetwitz.

Landtags-Sekretär Schmidt liest: Eventuell als letzter Satz des Minoritäts- od. Majoritätsvotums: "Dispensen von der Erlernung der anderen Landessprache sind über Ginschreiten der Eltern od. Vormünder von Fall zu Fall von der Landesbehörde zu ertheilen."

Eventuelnì co peslední vìta k návrhu vìtšiny neb menšiny stojiž: Osvobozeni od uèení se drahému jazyku zemskému budiž na žádost rodièù neb poruènikù v každém pøípadu od zemského úøadu udìleno.

Oberstlandmarschall: Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist hinreichend unterstützt.

Es ist mir ferner noch ein eventueller Antrag im Verlaufe der heutigen Sitzung übergeben worden vom H. Hofrath Taschek.

Landtags-Sekretär Schmidt liest: "Für den Fall, als der 1. Absah des Majoritätsvotums in §. 4. angenommen werden sollte, hätte der 2. Sah zu lauten: "Im Untergymnasium ist die 2. Landessprache außerordentlicher, unobligater, im Obergymnasium dagegen ordentlicher, obligater Lehrgegenstand.

Eventuelní návrh: pro pøípad, kdyžby se první vìta, majoritou navržena, pøijala, a zde vìta tato stojí:

Pøi nižším gymnasium jest druhý jazyk zemský pøedmìtem mimoøádným, neobligátním; pøi vyšším gymnasium pøedmìtem øádným neb povinného vyuèování.

Oberstlandmarschall: Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung sind, wenn der Schluß der Debatte beschlossen wird, die noch beabsichtigten Nebenanträge vorher entgegen zu nehmen und vorzulesen. Es ist mir dieser Antrag erst nachträglich zugekommen; indem ich daher die Unterstützungsfrage an das Haus stelle, muß ich sie auch darauf ausdehnen, ob das h. Haus überhaupt die Aufnahme des Amendements für zulässig hält. Ich bitte daher Diejenigen, die den Antrag unterstützen, die Hand aufzuheben.

(Geschieht.)

Der Antrag ist hinreichend unterstützt.

Die Zeit ist soweit vorgerückt, daß ich den H. Berichterstattern wohl erst für morgen das Wort verleihen kann.

Ich habe noch eine Mittheilung an das hohe Haus zu machen. Die Mitglieder der Grundzertheilungskommission werden für Morgen 6 Uhr Nachmittags zu einer Sitzung eingeladen.

Die nächste Sitzung Morgen, Anfang 10 Uhr.

Tagesordnung: Fortsetzung der Debatte über das Gesetz bezüglich der Gleichberechtigung beider Landessprachen im Schulunterricht.


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Dritte Lesung des Straßenkonkurrenzgesetzes.

Belicht der Budgetkommission über den Antrag des H. Dr. Rieger wegen Verwendung der Ueber-schüsse vom J. 1860.

Bericht über den Voranschlag des I. 1865.

Bericht der Kommission über den Antrag des H. Prof. Herbst wegen Abänderung des §. 18 der Landtagswahlordnung und endlich Wahlbericht des Landesausschusses.

Ich erkläre die Sitzung für geschlossen. (Schluß der Sitzung 4 Uhr 50 Minuten.)

August Ritter v. Eisenstein,

Verifikator.

Franz Wokoun,

Verifikator.

Franz Èupr,

Verifikator.


Berichtigung.

In dem Berichte über die 31. Sitzung.

Auf Seite 8, 25. Zeile von oben soll heißen statt "Beweis" — "Ausweis."

Auf Seite 9, 12. Zeile von oben soll heißen statt "22 %" — 33 9/22 %.

Korrigenda

Stenographischer Bericht über die 35. Sitzung vom 11. Mai 1864.

Seite 31, links 13. Zeile von unten: statt Psychologie = Physiologie.

Seite 32, links 31. Zeile von oben: statt für die Abweisung und = für die Abweisung aus Kompetenz-Rücksicht

und Seite 32, rechts erste Zeile von oben: statt weil die Petition sowohl der Studierenden als auch der Aerzte vollkommen gerecht ist = weil er der Petition sowohl der Studierenden als auch jener der Aerzte vollkommen gerecht wurd.


Aus der Statthalterei-Buchdruckerei in Prag.


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