Pátek 19. dubna 1861

Dr. K r á s a: Es ist eine bedauerliche Thatsache, dasß ein Gegenstand heute in diesem Saale verhandelt wird, von dem besser angenommen worden wäre, er wäre in jener Sitzung abgemacht worden, in welcher Se. Hochwürden der hochwürdigste Bischof von Budweis ebenso klat als überzeugend gesprochen hat. Der hochwürdige Bischof hat dazumal erklärt, er müßte als Priester und Bischof sprechen, daß an den Stufen des allerhöchsten Thrones die Bitte vorgebracht würde, Se. Majestät geruhe über eine heillose Vergangenheit den Schleier der Vergessenheit zu ziehen. Umsomehr befremdend ist es, meine Herren, wenn über diese Frage, über die Frage des Vergebens und Vergessens, über eine Farge, welche dermal in die Geschichte so schwer einfällt, wenn über eine solche Frage auch dermalen Bedenken in diesem hohen Hause erhoben werden, nachdem doch klar ist, daß dazumal mit Ausnahme von 4 oder 5 Stimmen das ganze Haus für Vergeben und Vergessen aufgestanden ist. Meine Herren, die Gefahren von innen und von außen für das Reich sind groß. Vergessen wir auf die große Aufgabe, welche die einzelnen Landtage haben, nicht, vergessen wir darauf nicht, und treten Sie diesem Antrage bei. Gehen Sie an die Stufen des Thrones, bitten Sie daselbst um Vergebung und Vergessen, und Manches wird anders werden. Es wird vielleicht eine traurige Zukunft , welcher wir entgegen gehen, paralysirt werden. Meine Herren, Phrasen in diesem wichtigen Augenblicke sind ebenso verwerflich als verderblich, ich wiederhole es: verwerflich und verderblich. Es handelt sich um eine Zeit, wo unterschiedliche Mißgriffe paralysirt werden müssen, welchen kurzsichtige Räthe der Krone das Reich ausgesetzt haben. Von diesem Gesichtspunkte aus, meine Herren, muß ich Sie inständigst bitten, dem Antrage des Hrn. Abgeordneten von Semil und Eisenbrod und den beredten und wirklich christlichen Worten des Bischofs von Budweis sich anzuschließen, und Ihre Session nicht früher zu vollenden, bevor nicht an die Stufen des Thrones die Bitte für Vergebung und Vergessen gelangen wird; und meine Herren, Böhmen war zum wiederholtenmale der Knotenpunkt, von welchem sich die Geschichte des Reiches ausgesponnen hat. Wir stehen möglicher Weise jetzt an den Stufen einer solchen Zeitperiode, und ihre Verantwortlichkeit ist es, die Zukunft zu beschwören, welcher wir entgegen gehen; meine Herren, möge Ihr Beschluß ausfallen wie er wolle, es ist Ihre Pflicht für das Land den Antrag zu stellen, der für Vergeben und Vergessen spricht. (Bravo!)

Oberstlandmarschall: Graf Clam hat um das Wort gebeten, er tritt das Wort ab.

Graf Franz T h u n: Nein, ich habe mich früher gemeldet. Es war schon früher meine Absicht, über diese einen so schwierigen Gegenstand betreffende Debatte einige Worte zu verlieren. Die Worte des Rednerts vor mir haben mich in meiner Absicht noch bestärkt.Was die formelle Berichtigung der Versammlung betrifft, den Gegenstand noch einmal in die Debatte zu bringen, so kann darüber nach den Worten des geehrten Vorredners keine Frage bestehen, noch ein anderer Grund ist es, warum diese nicht in Frage gestellt werden kann. Es ist durch die von dem Herrn Abgeordneten Klaudi hervorgehobene Möglichkeit, duurch die Art, wie sie gestellt wird, der Bitte ein ganz anderer Charakter gegeben.

Auch ich weiß es sehr wohl, daß es eine sehr höchst undankbare Aufgabe ist, daß man gewissermaßen seine Popularität aufs Spiel setzt, wenn man gewissen Momenten der Zeitrichtungen in irgend einer Weise entgegen zu treten trachtet, auf Aufforderung eines beliebigen Herrn Deputirten. Es ist hier ihre Pflicht, in dieser Frage einstimmig zustehen, es ist die Pflicht, die das Herz jedem einzelnen Deputirten diktirt. (Bravo!) Denn wenn ich weiß, daß ich den Tadel des großen Publikums riskire, desto mehr ist es meine Pflicht und Schuldigkeit zu reden, was nach innigster Uiberzeugung ich mir selbst und meinem Lande schuldig bin. So viel über die formelle Frage. Gehen wir jetzt auf die materielle ein. Ich bin gewiß für die möglichste Gnade, für die größte Ausdehnung derselben, sowohl was die Strafbemessung als auch was die Individuen betrifft, für möglichste Nachsicht aller jener Vergehungen , die nur das Gewächs, das nothwendige Erzeugniß einer aufgeregten Zeit gewesen sein mögen. Dem ungeachtet glaube ich doch, daß die Worte, die der gewesene Herr Minister Graf Thun gesprochen, eine sehr ernste Erwägung verdienen. Ich möchte der Versammlung noch das nahe legen. So viel ich weiß, ist jedem politischen Vernrecher in jedem Momente gestattet, um eine Amnestie bei Sr. Majestät einzuschreiten. Ebenso jedem politischen Verbrecher, der amnestirt worden ist, gestattet, um Nachsicht der politischen Folgen, die nach der Amnestie zurückgeblieben sind, einzuschreiten. Warum sollen wir es übernehemn, für alle politischen Verbrecher, während uns der Charakter sowohl ihres früheren Verbrechens als namentlich ihr, möglicher Weise geänderter Charakter, und ihre Folge der Strafe, die vielleicht viele von ihnen noch als ungerecht ansehen, erbitterte Gemüthsstimmung unbekannt ist.

Ich sehe gerade darin, da es jedem Einzelnen frei steht, die allerhöchste Gnade in Anspruch zu nehmen, nicht ein, warum der Landatg für alle in Masse um Gnade einschreiten soll. Daß eine solche Bitte in dieser Ausdehnung Sr. Majestät willkommen sein würde, das gesteh ich, ist mir gerade zu unverständlich; wir setzen dann Se. Majestät in die Lage, zu erwägen, welchen Einzelnen der vielen in der Kathegorie Begriffenen kann ich, meine Pflicht als Regent, dem Besten des Landes gegenüber diese Bitte gewähren? Wir werfen die Verantwortung dann auf Se. Majestät allein nur allen denjenigen gegenüber, die Er von dieser Gnade auszuschoießen gezwungen ist, während Se. Majestät zu einer ähnlichen Entschiedung einer kumulativ gestellten Bitte gar nicht veranlaßt wird, wenn diese kumulative Bitte gestellt wird.

Ich bin in derselben Lage, in der Se, Excellenz der Herr Graf Thun, der gewesene Minister, ist. Ich bitte die Herren, es in Erinnerung zu halten, sonst hätte ich damals gerade so gesprochen wie jetzt. Ich war in der Sitzung, wo die Frage zur Sprache gekommen ist, nicht anwesend, weil ich an das Bett gebunden war. Es war der einzige Tag, wo ich nicht an der Sitzung Theil genommen habe, in der Meinung, daß gar Nichts, sondern nur Persönlichkeiten Betreffendes, vorkommen könne. Der Antrag war in seiner Fassung damals als Anhängsel gestellt, als Inzidenzpunkt. Es scheint mir deßhalb, weil Niemand auf eine so allgemeinen Antrag gefaßt sein konnte, da augenscheinlich eine Uiberraschung gewesen zu sein, abgesehen von der formellen Berichtigung der Frage zu sprechen. Jeder der Anwesenden, wie er auch damals gestimmt haben mag, mag jetzt seine Stimme nach dem besten Wissen und Gewissen mit Rücksicht auf alle Aufklärung, die er heute vielleicht in einem größeren Grade als damals erhalten hat, abgeben.

Oberstlandmarschall: Graf Clam-Martinitz hat das Wort.

Graf C l a m - M a r t i n i tz: Die Gründe, die mich bestimmen, vor der hohen Versammlung in dieser Angelegenheit um das Wort zu bitten, sind ganz dieselben, welche von dem Herrn Vorredner hervorgehoben worden sind. Es ist eine Appelazion an das Gefühl mit so bestimmten Worten in dieser Versammlung erfolgt, daß es nothwendig ist, sich diesem gegenüber auszusprechen. Es ist gesagt worden, Phrasen sind gerade in diesem Augenblicke verderblich; sind nun Argumente, die in aller Ruhe und Leidenshcfatslosigkeit angegriffen sind, weniger Phrasen, als einfache Appelazion an das Gefühl und die Hinweisung auf die mögliche Folgen. Meine Herren! ich weiß es eben so gut zu würdigen wie der Herr Vorredner, ich bin mir dessen vollkommen bewußt, daß dieses mißliebige Amt uns schwere Uiberwindung kostet, in einer solchen Frage, wo die Wogen des Gefühles höher gehen, um ruhigen Gedanken und Argumenten Eingang zu verschaffen.

Ich verwahre mich auch gegen die Unterstellkung, als ob ich in orgend einer Weise entgegen wirken wollte, den Regungen der Gnade bei Sr. k. k. Apostolischen Majestät, unserem allergnädigsten Kaiser und König, daß ich irgendwie störend oder hindernd eintreten möchte.

Ich glaube, nachdem die überwiegende Mehrheit des Hauses von mehreren Vorrednern angegriffen worden ist (- "es war beinahe einstimmig gegen 4 bis 5 Stimmen"; wenn mich mein Gedächtniß nicht trügt, war es die überwiegende Majorität, aber nicht Einstimmigkeit - ) wiederholen zu müssen, daß die Wünsche und Gefühle der überwiegenden Majorität Seiner Majestät ausgesprochen würden, es möge in dieser Angelegenheit der Weg der Gnade betreten werden. Ich glaube nun, nachdem es sich um die Form handelt, daß das gänzliche Fallenlassen des Beschlußes außer Frage kommt; ich muß zurückkommen auf die Bedeutung, welche sowohl der Antragsteller selbst, als auch einer der Unterstützer, nämlich der Abgeordnete für Senil und Eisenbrod, und der Deputirte Dr. Klaudi dem Antrage selbst gegeben hat, und welche ihm eine wesentlich veränderte, ich möchte sagen, eine restringirte Bedeutung gegeben hat. Herr Dr. Rieger hat selbst gewiße Personen, Jene, welche sich dem Gesetze nicht unterworfen haben, von seinem Antrage als ausgeschlossen bezeichnet. Der Herr Dr. Klaudi meint, der Antrag sei so allgemein, daß Seiner Majestät, dem kaiser, die freie Wahl anheim gestellt sei. Ich glaube, je allgemeiner, desto umfassender, unbeschränkter ist er eigentlich. Indem wir Alle bitten, geben wir Nachdruck, und die Stiimme des Landtages fällt für Alle in die Wagschale, nihct für die Einzelnen. Wenn es so gemeint ist, in diesem Sinne nämlich, würden beinahe die Bedenken schwinden, Seiner Majestät den Wunsch des Landtages auszusprechen: Es möge Seine Majsstät ... der Gnade für würdig finden. Das wird, glaube ich, gegen die frühere Formulirung des Antrages eine wesenttiche Aenderung sein. Ich erlaube mir nur noch mitbRücksicht auf dieses zurückzukommen, was vom Herrn Dr. Klaudi gesagt worden ist, es sei ein unbetrittenes Vorrecht, die Ausübung der Gande, und es könne von keinem Parlamente oder Versammlung mit hineigeredet werden. Es ist hier ein moralischer Druck, ein moralisches Gewicht, welches durch solche in allgemeinen Worten gefaßte Beschlüßeeines Lanstages in die Wagschale gelegt wird. Es ist zu berücksichtigen und bei Formulirung des Antrages wohl zu erwägen. Ich würde daher mit Rücksicht auf die verschiedenen Stimmen, welche in dieser Beziehung laut geworden und welche dahin gegangen sind, den Antrag durch die allgemeine Formulirung eigentlich eher zu restringiren oder vielmehr präziser zu fassen, darauf zurückkommen, ob nicht in dieser bestimmten Interpellazion, welche in einem Theile von dem Auftragsteller ausgegangen ist, in der Formulirung des Antrages nicht ein mehr präziser Ausdruck gewählt werden könnte. Ich glaube, es dürfte dem kein Anstand entgegen stehen. In Beziehung auf die übrigen Formfragen glaube ich, ist es besser, nicht wesentlich darauf einzugehen; nachdem wir mitten in der Debatte darüber sind und verschiedene Meinungen und Richtungen ausgesprochen haben, glaube ich, ist es besser, die wesentlichen formellen Fragen nicht mehr zu ventiliren, nachdem wir zur Tagesordnung gegangen isnd.


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