Støeda 17. dubna 1861

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Wünscht noch Jemand das Wort?

F ü r t h: Ich erlaube mir den Stadnpunkt zu beleuchten, von dem ich bei Stellung meines Antrages ausgegangen bin. Von dem Momente, als wir in diesem Hause durch die Unverantwortlichkeit der Abgeordneten die Redefreiheit beschloßen, ist es dringend geboten, daß das Land die Gesinnungen und die Ansichten seiner Vertreter ihrem vollne Wortlaute nach kennen lernt; das Land soll die Gesinnungen und Worte seiner Vertreter beurtheilen, die öffentliche Meinung soll über uns richten. Diesem kann aber nur entsprochen werden durch freie Veröffentlichung der Landtagsdebatten. Wenn in diesem Hause Anträge gestellt werden, so werden die Verhältnisse unseres Landes, werden die Zustände desselben gewiß in würdiger Weise, aber offen, frei und ohne Rückhalt ausgesprichen.

Dieser Veröffentlichung aber könnten etwa die bestehenden Gesetze zuwider stehen, und es ist eine nothwendige Konsequenz der Freiheit oder vielmehr der Unverantwortlichkeit der Abgeordneten, daß auch die freie Veröffentlichung der Landtagsdebatten Statt finde. Wenn man bei Motivirung meines Antrages so weit geht, so wird man bei jedem Antrage auf dieses oder jenes Gesetz hinweisen können, und auf diese Weise auch der Antrag auf Unverantwortlicheit und Unverletztlichkeit der Landtagsabgeordneten, von dem Forum des Landtages hinweggezogen werden.

So wenig wir uns denken könne, daß dieses hohe Haus ohne Unverantwortlichkeit und Unverletzlichekti tajen könne, ebenso wenig können wir uns denken, daß die freie Veröffentlichung der Landtagsdebatten nicht gestattet werde.

Die Verhandlungen, die in diesem Hause gepflogen werden, bringen in die Oeffentlichkeit, es wird somit Alles, was hier gesprochen wird, an die Oeffentlichkeit durch Tradizion der Worte gebracht.

Ist es nicht besser, daß die Presse auf authentischem Wege, was ausgesprochen worden sit, und dieses ist dann eine Schranke jeder uibertreibung. In diesem Sinne habe ich meinen Antrag gestellt, und erhalte ihn aufrecht.

S t e f f e n s: Ich bitte ums Wort. Die Begründung, welche der Herr Vorredner für seinen Antrag vorgebracht hat, widerlegt sich gang einfach dadurch, daß die Landtagsverhandlungen ihrem ganzen Wortlaute nach, durch die stenographischen Protokolle mitgetheilt werden.

Diese stenographischen Protokolle aber sind der getreueste Abklatsch dessen, was gesprochen wird. Es ist daher eine weitere Mittheilung nicht mehr möglich. Es hat jeder, der nachdrucken will, was hier verhandelt ist, die so zu sagen photographirten Reden vor sich, und kann daraus entnehmen, was er schreiben will, und was er verantworten will, auch drucken oder nicht.

Landesgerichtspräsident v. W a i d e l e: Eich erlaube mir, auf die ungeheuere Tragweite dieser maßregel aufmerksam zu machen. Es ist nicht ganz gleichgiltig, wenn man von Unverantwortlichkeit und Unverletzlichkeit für das, was im Saale gesprochen wird, spricht, und etwas ganz anderes, wenn man von unbedingt schrankenloser Veröffentlichung dieser Sachen, die hier verhandelt werden, spricht und verhandelt. Ich erlaube mir, auf das Beispiel eines in politischer Beziehung hochgebildeten Volkes hinzuweisen. Im Königreiche Großbrittanien ist es ein alter ganz unbestrittener Satz, daß jeder Drucker, der dasjenige veröffentlicht, was im Hause der Abgeordneten, oder im Hause der Peers vorgekommen ist, dafür einstehen muß, daß er beurtheile, ob er sich einer Gesetzübertretung dadurch schuldig macht oder nicht. Ich glaube, dasjenige, was uns durch die Jahrhunderte in dieser Richtung von den Engländern vorgezeichnet worden ist, dürfte uns auch zu einigem Nachdenken anregen.

Es sit gewiß sehr wahr, daß man wissen soll, und es festgestellt sein soll, was jeder Vertreter im Hause spricht, und was er thut, wie er seinen Pflichten nachkömmt; dafür eben ist gesorgt.

Die Oeffentlichkeit desjenigen, was hier vorgeht, ist gewahrt in jeder Beziehung. Aber daß man übergreift in das Gebiet der Presse, das, glaube ich, ist von großem Bedenken; das muß dem Reichsgesetze vorbehalten werden. Und in dieser Beziehung ist ein formelles Bedenken der Kommission vorgebracht worden, ganz genügend, um die Frage zu beantworten. Ich trage daher auf Schluß der Debatte an, und glaube, auf dasjenige hinweisen zu müssen, was formell dagegen vorgebracht worden ist.

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Wird der Abtrag auf Schluß der Debatte unterstützt? (Dr. Klaudi erhebt sich.) Herr Dr. Klaudi hat sich früher schon gemeldet, ehe der Antrag auf Schluß der Debatte gemacht worden ist. Ich kann aber das Wort nicht mehr geben, es ist der Schluß der Debatte beschlossen worden, und ich muß zur Abstimmung schreiten.

Dr. Klaudi: Ich glaube den Stellvertreter des Herrn Oberstlandmarschalls darauf aufmerksam machen zu können, daß nach der Geschäftsordnung, wenn die Debatte geschlossen ist, die eingeschriebenen Redner einen Generalredner für sich zu wählen haben. Wenn ich mich also zum Worte gemeldet, also eingeschrieben bin, so glaube ich, daß man mir das Wort gewährt, weil ich der einzige Generalredner bin, der sich nur selbst wählen kann. Wird übrigens die Versammlung anders beschließen, so werde ich mich dem Beschluße fügen. Ich glaube aber an die Geschäftsordnung appeliren zu dürfen.

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Ich muß bemerken, daß die Einschreibung wohl nicht in der Art verstanden werden kann. Die Bestimmung der Geschäftsordnung ist, daß diejenigen Herren, welche Reden halten wollen, sich früher beim Präsidium melden und eingeschrieben werden, und allemn übrigen bei der Debatte vorgezogen werden.

Dr. Rieger: Erlauben, das ist ja ein Umsturz unserer Geschäftsordnung; ich glaube nicht, daß der Präsidentenstellvertreter das Recht habe, unsere Geschäftsordnung zu ändern. Es kann gar nicht die Frage sein, daß der Abgeordnete Dr. Klaudi das Recht habe, zu sprechen. (Präsidentenstellvertreter Dr. Wanka: Woher?) Weil er sich vor dfem Schluße der Debatte gemeldet hat. Ich bitte das hohe Haus, darüber abzustimmen, ob es in dieser Weise zu verstehen ist; denn, meine Herren! dadurch begeben wir uns eines wichtigen Rechtes. Es braucht Jemand nur den Antrag auf Schluß der Debatte zu stellen, und Niemand darf mehr sprechen.

Prof. P r i n z: Ich bitte ums Wort in dieser Beziehung; ich glaube mich deutlich zu erinnern, daß es öfters vorgekommen ist, daß von mehreren Seiten das Wort vorher begehrt war, aber nach Ruf zum Schluß der Debatte, von dieser oder jener seite des Hauses eine Aueßerung nicht merh zugelassen worden ist.

Fürst Karl A u e r s p e r g: Ich muß hier auf §. 35 aufmerksam machen. Der unterscheidet vollkommen zwischen eingeschriebenen und solchen Rednern, die sich durch Aufstehen gemeldet haben. Abgeordnetetr Dr. Klaudi hat sich nicht eingeschreiben lassen, er hat sich durch Aufstehen zu erkennen gegeben. Die §§. 34 und 35 der provisorischen Geschäftsordnung lauten:

"Die Redner werden in der Reihenfolge dergestelt zum Worte gelassen, daß ein Redner dagegen den Anfang macht und so lange es möglich ist, zwischen Rednern dafür und dagegen abgewechselt wird. Jedem Redner steht es frei, seine Stelle in der Reihenfolge einem eingeschriebenen oder auch einem anderen Mitgliede abzutreten, insoferne dieser Redner oder das Mitglied nicht schon über diesen Gegenstand gesprochen hat.Wer zur Rede aufgefordert, nicht anwesend ist, verliert das Wort."

§. 35. "Wenn keine Redner eingeschrieben sind, oder die Reihe der Eingeschriebenen erschöpft ist, so wird vom Präsidenten den übrigen Mitgliedern das Wort in der Reihenfolge, wie sie durch Aufstehen unter Angabe des Namens sich melden, ertheilt. Jeder Redner hat nach Erlanegn des Wortes von seinem Platze aufstehend und gegen den Präsidenten gerichtet, zu sprechen. Der Präsident hat das Recht, alles, was zur Leitung der Debatte und der Abstimmung, der Aufrechterhaltung der Ordnung nothwendig ist, sitzend zu sprechen."

Es ist also ganz deutlich, daß ein Unterschied sei, ob man ein eingeschriebener Redner sei, oder ob man durch Aufstehen sich gemeldet habe.

Dr. R i e g e r: Ich glaube nicht, meine Herren, es ist dies eine wichtige Prinzipienfrage, unter der wir Alle heute oder morgen leiden werden. Werden sie diese Vorgänge gut heißen, ich überlasse es ganz ihrer Einsicht, aber es diene männiglich zur Warnung, daß, wenn er sprechen will, er seine Bitte darum an den Präsidenten immer nur in der Weise richte: ich bitte mich als Redner einzuschreiben; oder um sicherer zu gehen, daß er hinzutrete und sich selbst einschreibe. Es wird ein amusanter Anblick sein, wenn wir Alle uns hin verfügen, um uns einschreiben zu lassen.

Dr. K l a u d i : Ich erkläre, um diese unerquickliche und unamusante Debatte abzuschneiden (die Sache spricht für sich; bei jenen Herren, die dagegen sind, gegen sich), auf´s Wort zu verzichten. Den Antrag, den ich der Kommission gestellt habe, und der in der Minorität geblieben ist, den bvitte ich vorzulesen, und bitte das Haus, über diesen Antrag abzustimmen. Ich enthalte mich jeder weitern Rede und Begründung; denn diese Dinge sprechen für sich und gegen sich. Die Landesordnung und ihren Wirkungskreis , in wie weit man Gesetze geben oder die Iniziative ergreifen kann, das kennt wohl jeder von uns selbst sehr gut, und ich brauche daher nicht weiter zu reden. Ich verzichte auf´s Wort, und bitte, jetzt die Amendements, welche ich der Kommission gestellt habe, vorzulesen.

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Es war der Abtrag auf Schluß der Debatte gestellt. Er ist angenommen worden. Der Herr Dr. Klaudi wünscht, daß gegenwärtig sein Antrag gelesen werde.

Dr. R i e g e r: Es bleibt dabei.

B r o s ch e: Ich habe ja um´s Wort gebetebsn. Ich bin ja dort gewesen, ich war sogar beim Präsidium und habe darum gebeten. (Präsidentenstellvertreter: Das habe ich nicht gehört.) Meine Herren, das, was der Herr Professor Prinz gesagt hat, ist allerdings wahr. Mit meinen Gefühlen hat sich das nie vereinigt, daß Jemanden das Wort genommen werden soll, wenn er sich gemeldet hat, und ich mache für meine Person keinen wesentichen Unterschied, ob man eingeschrieben ist, oder ob man die Hand erhoben hat.Das hat vielleicht Bezug auf jene Herren, die nicht gekannt sind. Aber hier in dem Saale, in den Verhältnissen, wo wir stehen, wo das hohe Präsidium uns Alle kennt, und wenn ich mich gemeldet habe, mein Name Brosche hingeschrieben worden ist, so bin ich, wie ich meine, auch eingeschrieben; da finde ich keinen wesentlichen Unterschied. Aber es sit, fast möchte ich sagen, barbarisch, wenn Jemand sich zum Worte gemeldet hat, und ein Anderer, der eben spricht, dabei Antrag auf Schluß der Debatte stellt, daß er Eine bis 11/2 Stunden warten muß und dann erst nicht zum Worte kommt. Ich finde daher diesen Gegenstand, den der Herr Dr. Rieger beantragte, sehr richtig, und ich habe mir nur gedacht in meiner sonstigen Bescheidenheit, daß das der usus ist, habe das aber sehr traurig gefunden. (Bravo!)


Související odkazy