Dritte votberathende Sitzung.

Den 12. Juli 1848, Vormittags 9 1/4 Uhr.

Präs. Ich habe den §. 2 der provisorischen Geschäftsordnung des Herrn Abg. Neuwall in Vortrag zu bringen. Der 2. §., welcher schon gestern vorgelesen würde, lautet dahin (der 2. §. wird vorgelesen); ist gegen die Fassung dieses Paragraphes etwas zu erinnern?

Ein Abg. Im ersten Theile heißt es. Daß die Versammlung sich in 9 Abtheilungen theilt.

Fischhof: Es ist schon amendirt vorgelesen worden.

Lasser. Ich stelle den Antrag, daß bei dem dritten Satze dieses Paragraphes die Theilung der Abgeordneten jedes einzelnen Gouvernements gleichfalls durch das Los stattfinde, damit jeder Anschein von Parteilichkeit vermieden werde; ich beantrage daher, daß das Wort: "durch Wahl" mit den Worten: "durch das Los" verwechselt werde.

Fischhof. Ich unterstütze dieses Amendement, ich glaube, daß wenigstens späterhin die Wahl entscheiden mag, aber in diesem Augenblicke, wo es gilt, die Wahlen zu verifizieren, muß jeder Schein von Parteilichkeit vermieden werden, und es würde immer parteilich scheinen, wenn die Herren einer Provinz unter einander diejenigen bestimmen würden, die in die einzelnen Sectionen hineinkommen.

Es mag zum Theil durch das Los, zum Theil durch die Wahlen entschieden werden, was gewiß im Vorhinein die Glaubwürdigkeit unserer Sectionen, wenn nicht ganz aufheben, doch vermindern würde.

Prokopcyc. Weil auf der rechten Seite die eineisten Herren Deputirten der deutschen Sprache unkundig sind, so wäre ich der Meinung, daß man ihnen die Anträge und Motionen, bevor sie zur Abstimmung gebracht werden, summarisch und in der Kürze in ihrer Muttersprache sagt, da sie doch als wirkliche Mitglieder der hohen Reichsversammlung betrachtet werden.

Wenn sie aber die Sprache nicht verstehen, in der verhandelt wird, so werden sie als abwesend betrachtet, selbe wissen nicht, ob sie aufstehen oder sitzen bleiben sollen.

Abg. Mayer. Ich muß bemerken, daß wir nicht bloß Abgeordnete in der polnischen Mundart hier haben, daß auch Czechen, Mährer, Rutener und Italiener verschiedener Mundarten da sind; wenn wir einmal eine Verdolmetschung zulassen, hören unsere Versammlungen auf, möglich zu seyn. Sie werden ein wahrer Babylonischer Thurmbau. — Immer würden 6 oder 7 Verdolmetschungen eintreten müssen, dann müßte sich die Kammer auflösen. Jeder der kommt muß die Eigenschaften, die von einem Deputirten gefordert werden, in die Kammer mitbringen, also auch die Möglichkeit eines Verständnisses, hat er sie nicht, so ist es seine Sache, sie sich auf eine andere Art zu verschaffen; dasselbe könnten auch wir Mährer verlangen. (Beifall.)

Füster. Ich stimme ganz mit dem überein, was mein verehrter Herr Vorsprecher gesprochen hat.

Ich erachte es als eine Gewissensfache, daß beim Reichstage Jedermann, der als Deputirter darin sitzt, vollständig der Sprache kundig ist, in der verhandelt wird, doppelte Verhandlungen können unmöglich stattfinden, das hat in der Welt nie statt gefunden und kann auch jetzt nicht statt finden.

Wer der Sprache nicht fähig ist, in der verhandelt wird, soll sich nach seiner eigenen moralischen Ueberzeugung verpflichtet fühlen, sich diese zu verschaffen oder so bescheiden seyn, einen andern Ausweg oder Rücktritt zu bewerkstelligen. Schon am ersten Tage war es auffallend, ein solcher babylonischer Reichstag kann unmöglich stattfinden. Wir müssen schnell zum Ziele gehen.

Wir dürfen das Volk nicht bestehlen, Zeit ist Geld, und das Volk gibt Geld, und Zeit ist mehr jetzt in dieser Sache als Geld. Daß doppelte Verhandlungen stattfinden, ist unmöglich, und ich stimme vollkommen darin überein, daß die Verhandlungssprache nur die Deutsche sei, und es werden Alle damit übereinstimmen, weil sie die Dringlichkeit einsehen. Ich weiß, es ist delicat und kitzlicht; ich will nicht Nationalitäten vor den Kopf stoßen, aber Einigkeit des Reichstages erfordert eine Sprache und diese finden wir nur in der Deutschen; weil der Czeche den Polen, der Pole den Südslaven u. s. w. nicht versteht, so sind sie doch gegen die Deutschen in einem gewissen Nachtheile, und wir sind doch immer die überwiegenden. (Beifall.)

Ambrosch. Ich erlaube mir zu bemerken, daß es ein Fehler der vorigen Wahlordnung ist, daß die Sprache nicht bestimmt ist; diesem ist es zuzuschreiben, daß viele der Deutschen Sprache Nichtkundige hier erscheinen, und es ist zu wünschen, daß sogleich bei der Prüfung der Wahlen schon Rücksicht auf die Sprachverschiedenheit genommen wird, und daß vielleicht darin Individuen, welche der Deutschen Sprache nicht kundig sind, als nichtbefähigt zu amoviren wären. (Allgemeines Nein!)

Abg. Neuwall. Dagegen erlaube ich mir zubemerken, daß es kein Hinderniß als das geben kann, was im Gesetze vorgesehen wird, kein Gesetz kann rückwirken sondern nur im vorhinein; wenn wir das Gesetz rückwirken machen, stoßen wir die frühere Wahlordnung an. Diese Herren Deputirten sind mit Recht da, sehen sie, daß sie ihren Zweck nicht erreichen, so muß ihnen ihre Pflicht und ihr Gewissen gebieten, freiwillig abzutreten von dem Platze, dessen Obliegenheit zu erfüllen sie außer Stande sind.

Präs. Über die Incidenz-Frage scheint wohl die Uebereinstimmung der großen Mehrheit unzweifelhaft. Ist jedoch eine Abstimmung beliebig, so bitte ich, sich zu erklären.

Mayer. Ich beantrage, es möge die Frage in eine bestimmte Form gestellt werden, und zwar: Die Geschäftssprache der Reichsversammlung ist Deutsch.

Bilinski. Ich erlaube mir einzuwenden, bevor der Reichstag nicht constituirt ist, können wir über eine so wichtige Frage nicht entscheiden.

Wir wollen es als Zugeständniß gelten lassen, aber von rechtswegen nicht entscheiden, bloß weil die Verhandlungen stattfinden, und alle dabei interessirt sind.

Mayer. Ich erlaube mir zu bemerken, daß ich mich gegen das Wort "Zugeständniß gelten lassen," feierlich im Vorhinein verwahren müsse.

Secr. Kudlich. Ich glaube meine Herren, wir können doch provisorische Beschlüsse fassen, wie überhaupt alle Beschlüsse, die wir hier fassen können, provisorisch sind; ich glaube, daß wir auch den provisorischen Beschluß fassen können, daß die deutsche Sprache die Geschäftssprache seyn soll.

Ein Deputirter. Wie verhält es sich denn mit einer Abstimmung, wo viele Herren Deputirte gar nicht verstehen, was der Gegenstand der Abstimmung ist, wo sich die Majorität auf eine Weise verstärken kann, worüber sie sich keine Rechenschaft geben kann, oder wir bleiben auf dieselbe Art in der Minorität.

Kudlich. Dann können sie mit ihrem Gewissen nicht abstimmen. Wenn die Wähler solche Wähler gewählt haben, welche ihre Interessen nicht vertreten können, so ist es ihre eigene Schuld; sie haben Mittel gewählt, durch welche sie ihre Zwecke nicht erreichen.

Deputirter. Aber wenn es heißt aufstehen oder sitzen bleiben, so müssen diese Herren doch eines von beiden thun, und dadurch ist die Abstimmung schon herbeigeführt.

Pfarrer Gregor Czarkir. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß bei der Wahlordnung in den Provinzen gar nicht der Grundsatz ausgesprochen wurde, daß die Verhandlungen des Reichstages nur in der deutschen Sprache vor sich gehen werden; folglich ist ihre Wahl als ganz gesetzt und rechtmäßig anzuerkennen; wie sich jetzt der Fehler herausstellt, muß man darüber nachdenken, diesen gut zu machen, ohne der Rechtsgültigkeit der Wahlen nahe zu treten, und ein Mittel ausfindig zu machen, um diese Herren Deputirten von den Verhandlungen wenigstens summarisch in Kenntniß zu setzen.

Abg. Brestel. Dem widerspreche ich vollkommen. Meine Ansicht ist die, daß nur derjenige abstimmen kann, der an den Verhandlungen, an der Discussion Theil genommen. Es ist Niemand im Stande, selbst der, der den Gegenstand, über den verhandelt wird, vollkommen inne hat, abzustimmen, der nicht die Discussion vollkommen kennt; nun ist es aber unmöglich, die Reden der einzelnen Mitglieder und die vollständige Discussion Denjenigen zu überfetzen, die der Deutschen Sprache nicht kundig sind, denn wie mit Recht der Herr Redner vor mir bemerkte, muß man, wenn man dieß den Herren Polnischen Deputirten zugesteht, dieß auch den Czechischen, dasselbe können die Mährischen Deputirten, die hier sind, die Italienischen Deputirten, die hier sind, dasselbe können auch die wenigen Wallachischen Deputirten, die hier sind, verlangen, daß ihnen die Discussion übersetzt wird, das ist eine vollständige Unmöglichkeit. Wenn man ihnen die Discussion nicht übersetzt hat, nützt es nichts, wenn man ihnen den Antrag summarisch übersetzt. Der Deputirte kann mit Recht und Gewissen nicht abstimmen, weil er an der Discussion nicht Theil genommen hat. Man kann die Rechtsgiltigkeit der Wahlen allerdings nicht in Frage stellen, denn in der Wahlordnung kommt keine Bedingung vor, daß der Gewählte der deutschen Sprache kundig sein müsse, also können wir in dieser Beziehung nicht anfechten, aber wir können erklären, daß es eine Unmöglichkeit ist, in 5 — 6 Sprachen zu verhandeln. Aber da Jeder voraussetzt, daß in derjenigen Sprache, der die größte Anzahl der anwesenden Mitglieder mächtig ist, daß also in Deutscher Sprache verhandelt werden muß, so muß daher ein solcher, der dieser Sprache nicht mächtig ist, eine Wahl nicht annehmen, denn man soll kein Amt übernehmen, das man nicht geregelt verwalten kann, das ist die Pflicht eines redlichen Mannes, und sieht man, daß man ein Amt übernommen hat, das man nicht verwalten kann, so ist es die Pflicht jedes Einzelnen, von diesem Amte zurückzutreten; wir können ihn nicht zwingen, aber an sein Ehrlichkeits- und Redlichkeits-Gefühl appellieren, daß er sein Amt zurücklegt, damit die Wähler in ihrem Rechte nicht gekränkt werden, denen man nicht vielleicht vorgestellt hat, daß ihr Abgeordneter Deutsch sprechen muß, und wenn sie erfahren, daß ihre Rechte nur durch einen Deutschredenden sich vertreten lassen, so werden sie gewiß eine neue Wahl vornehmen; wir können ihnen nicht vorschreiben, aber wir können erwarten, daß sie auf indirecte Art zu diesem Beschlusse kommen werden. (Beifall.)

Schaschkin. Ich bemerke nur, daß so lange der Grundsatz, daß nur Deutsche Sprache die Verhandlungs-Sprache des Reichstages ist, nicht gesetzlich festgestellt sein wird, wir auf keine Weise diesen Herren Deputirten, die der Deutschen Sprache nicht kundig sind, zumuthen können, von ihrem Rechte, in dem sie nun einmal sind, freiwillig zurückzutreten. Uebrigens ich greife Niemanden vor, und habe nur meine individuelle Meinung ausgesprochen.

Neuwall. Ich glaube nicht, daß wir dieß den Herren zumuthen müssen, es muß aber ihrer Redlichkeit und ihrem Gewissen überlassen bleiben, übrigens, wenn wir auch nur provisorisch, können wir uns für das Provisorium provisorische Regeln und Normen vorzeichnen. In diesen können wir auch aussprechen, daß so lange dieses Provisorium dauert, nur die deutsche Sprache Geschäftssprache sei. Wir behalten es dem constituirenden Reichstage vor, dieses Provisorium zu beseitigen oder umzuändern.

Prokopcyc. Aber wenn sie die vorgebrachten Gegenstände nicht verstehen, so können sie eine andere Gesinnung haben und entgegengesetzte Stimme abgeben, und eben diese Verhandlungen und gegenwärtige Discussion verstehen sie gar nicht.

Brestel. In Betreff des Abstimmens erlaube ich mir eine einzige Bemerkung: Dadurch daß diese Herren Deputirten sitzen bleiben, stimmen sie ab, aber man kann immer die Vorsicht brauchen, die Gegenprobe machen zu lassen, zuerst die Probe durch Aufstehen, und dann auch die Gegenprobe durch Aufstehen, denn wenn sie bei der Probe sitzen und auch bei der Gegenprobe sitzen bleiben, wird man recht gut entnehmen können, wo die eigentliche Majorität ist.

Goldmark. Ich erlaube mir die Bemerkung: daß jeder der Herren Sprecher, damit der Geschäftsgang nicht gestört werde, seinen Namen nennen möge, wie soll das Protokoll geführt werden?

Abg. Fischhof. Ich glaube, wir sollten den Herren Deputirten bemerkbar machen, sie sind eigentliche Taubstumme (mehrere nein!). Sie hören und sprechen nicht, sie haben die zwei vorzüglichsten Eigenschaften eines Deputirten nicht, sie sind in derselben Lage, wie ein Deputirter, der zu Ende der Discussion hereinkommt, ich glaube, daß ein Deputirter, der gegen das Ende kommt, und nur ohne die Discussion gehört zu haben, den Schlussantrag des Herrn Präsidenten hört, unmöglich abstimmen kann.

Abg. Mayer. Wir sollten diese Herren Deputirten doch nicht mit Taubstummen vergleichen; es sitzen Leute, wie es sich gestern beim Aufrufe gezeigt hat, unter ihnen, die der deutschen Sprache vollkommen mächtig und desselben Standes, wie die Nebensitzenden sind. Es ist daher möglich, daß sie durch ihre eigenen Leute in Kenntniß dessen versetzt werden, was verhandelt wird; überlassen wir es ihnen, wie sie sich verständigen, wie sie sich in die Möglichkeit versetzen, an den Verhandlungen Theil zu nehmen. Ueberlassen wir es ihnen, ob sie abstimmen oder nicht, aber wenn ihre Stimmen nicht mitgezählt werden, so soll nach einem früheren Vorschlag durch eine Probe und Gegenprobe abgestimmt werden, dagegen muß ich protestiren, wir werden sonst nie eine Majorität der Kammer herausbringen, denn in der Majorität werden sie jeden Falls mitgezählt, und wir werden sehr oft bei der Probe und Gegenprobe in der Minorität bleiben.

Ich stelle den Antrag, daß abgestimmt werde.

Die Verhandlungssprache des Reichstages sei Deutsch.

Safka (in gebrochenem Deutsch.) Ich bin nicht zufrieden, weil die galizischen Bauern die deutsche Sprache nicht verstehen, wie kann der Bauer etwas antworten und berathen, wenn er es nicht versteht. Es soll die hochwürdigste Kammer Dolmetscher geben, auf eine andere Art kann der Bauer gar nicht antworten.

Bittner. Ich stelle den Antrag, indem so viele der Herren Polen der deutschen und polnischen Sprache mächtig sind, daß sie aus ihrer Mitte einige Herren wählen, die ihnen, was gesprochen wurde, erklären, um wenigstens einen Begriff zu haben, wozu Dolmetscher? wenn wir sie ihnen geben, müssen wir sie auch den Böhmen und den andern geben.

Fischhof. Dann sind wir in den Händen der Dolmetscher, denen es einfallen könnte, einige Argumente zu unterschlagen oder anders zu färben, bann wurde die Meinung dieser Herren von dem Dolmetscher abhängen.

Bittner. Dagegen konnte ich nun einwenden, daß die Verhandlungen in deutscher, böhmischer und polnischer Sprache gedruckt werden, wenn nun diese Herren sehen, das der Dolmetsch sie belogen hat, werden sie ihn entfernen.

Fischhof. Die Abstimmung ist aber dann schon geschehen und kann nicht mehr widerrufen werden.

Smolka. Es ist rein unmöglich, daß eine Kammer, in welcher 9 Sprachen Sprechende sitzen, sich mit Dolmetschen verständigt, es können dann die Abgeordneten einer jeden Nationalität fordern, daß ihnen ein Dolmetsch beigegeben werde; übrigens ist es unmöglich, daß eine Rede in demselben Geiste und Sinne, als sie gehalten ist, verdolmetscht wird, es kann zwar die Schlussfrage, wie sie der Herr Präsident zur Abstimmung bringt, genau verdolmetscht werden, aber ob sich jemand dafür oder dagegen erklärt, hängt von der Argumentation ab, und dazu gehört der Vortrag, die Action, die Betonung, das ist der Dolmetsch nicht zu geben im Stande, übrigens würde es bei jeder Verdolmetschung eine Discussion geben, ob richtig oder unrichtig verdolmetscht wurde; wenn nun dieß in 9 verschiedenen Sprachen geschieht, so bringt die allergeringste Frage einen Verlauf von einigen Tagen hervor, es ist unmöglich, daß Dolmetscher zugezogen werden. (Beifall.)

Präs. Wünscht noch Jemand darüber zu sprechen?

Kudlich. Ich glaube, wenn auch in der Wahlordnung definitive die deutsche Sprache nicht alt Geschäftssprache angeführt ist, so wird es doch seyn müssen, weil sich dieses Erfordernis von selbst versteht.

Wir haben verschiedene Bestimmungen in der Wahlordnung, z. B. das Alter von 24 Jahren, weil sich diese Bedingung nicht von selbst versteht, aber daß der Deputirte deutsch verstehe, schreiben und lesen könne, ist eine Bestimmung, die sich von selbst versteht. (Mehrere nein.)

Deswegen, weil es ein nötiges Mittel ist, daß der Reichstag zur Wirksamkeit kommt, weil wir nicht in mehreren Sprachen verhandeln können.

Fischhof. Ich glaube den Antrag des Herrn Dr. Mayer unterstützen zu müssen, wir können nicht sagen, der Abgeordnete muß deutsch verstehen, wenn dieß nicht in der Wahlordnung bestimmt ist, aber für uns in der Geschäftsordnung können wir bestimmen, daß unsere Geschäftssprache die deutsche sei, das ist unser Hausrecht, das wir üben können. Wir sollten wenigstens die provisorische Bestimmung treffen, die provisorische Geschäftssprache ist die deutsche.

Mussil. Ich muß bemerken, unsere Beschlüsse beruhen auf der Voraussetzung, daß über die Hälfte der Reichstags-Mitglieder vorhanden ist. Wenn aber, wie ein Herr Redner bemerkte, die der deutschen Sprache unkundigen galizischen Abgeordneten, Taubstummen gleichgehalten werden sollen, so könnten wir selbe auch nicht als gegenwärtig ansehen, und wir wären dann auch nicht beschlußfähig. Um dieses Bedenken zu beheben, und um in unseren Verhandlungen fortschreiten zu können, ist es nothwendig, daß einstweilen jenen Deputirten, wie es schon einmal geschah, auch heute im Kürzen gesagt werde, um was es sich handelt. Die Sprachfrage jedoch, sollte man auf sich beruhen lassen, bis die Böhmen eintreffen, da sie wegen der in Böhmen verspäteten Wahlen bisher noch nicht da sein können, und es ungerecht wäre, dieselben von der Theilnahme an der Sprachfrage auszuschließen.

Mayer. Wir sprechen deutsch, erklären wir, daß wir auch in Zukunft deutsch sprechen wollen.

Prohaska. Ich glaube nicht, daß wir darüber definitiv abstimmen können, es fehlt ja eine ganze Provinz, wir haben von Böhmen nicht eine Gemeinde, welche ihren Abgeordneten hergeschickt hätte, es fehlen die Abgeordneten von 4,000.000, auch sie werden kommen.

Brestel. Wir entscheiden nur provisorisch, ist der Reichstag constituirt, wo alle Deputirten aus den Provinzen vorhanden seyn werden, so kann darüber definitiv entschieden werden. Ich glaube neuerdings an die hohe Versammlung die Aufforderung stellen zu sollen, die Verhandlung zu schließen und abzustimmen, ob die Geschäftssprache die deutsche sein soll. (Ruf nach Abstimmung.)

Präs. In der Natur der Sache liegt es, und die Erfahrung aller Reichstagsverhandlungen bestätigt es, daß nur in einer Sprache verhandelt werden kann. Diejenigen, welche diese Sprache nicht verstehen, mögen die Mittel sich zu verständigen, selbst finden, der Reichstag scheint hiezu keinen Beruf zu haben. Die Frage wäre demnach so zu stellen: "Soll es provisorisch angenommen werden, daß die Verhandlungssprache des Reichstags die deutsche ist, wobei es denjenigen, die sie nicht verstehen, überlassen bleibt, sich über den Gang der Verhandlungen selbst zu unterrichten." Da das Aufstehen und Sitzen bleiben keine verläßliche Probe gibt, so ersuche ich die hohe Versammlung, die Beistimmung zu diesem Antrage mit Aufheben der Hände an den Tag zu legen.

Mayer. Ich erlaube mir zu ersuchen, ob der Nachsatz: "wobei es ihnen überlassen bleibt, sich über den Gang der Verhandlungen selbst zu unterrichten" auch Gegenstand der Abstimmung ist. Ich beantrage, daß bloß die nackte Frage zur Abstimmung gebracht werde. Die Geschäftssprache ist deutsch, ohne das zu erwähnen, dag die Mitglieder sich verständigen können.

Prohaska. Was werden die in der Provinz sagen, wenn diese Herren Deputirten nach Hause kommen; sie werden sagen, das sie bloß zu diesen Zutrauen haben.

Mayer. Ich bin selbst Provinziale und selbst Slave und sage: Wir sind nicht als Deputirte der Provinzen, sondern als Deputirte der ganzen Monarchie da, (Beifall) die Provinzialen werden kommen und ich bin überzeugt von ihrer Loyalität, sie werden in der Mehrzahl, es werden wohl einige unter ihnen seyn, die es nicht thun, aber in der großen Mehrzahl werden sie diesen Beschluß annehmen. Sie werden in (hier wird der Hr. Abg vom allgemeinen Beifall unterbrochen.

Smreker. Ich bin selbst Slave, aber ich unterstütze diesen Antrag um so mehr, weil sonst der Reichstag ein Unmöglichkeit wird. Wir sind hierher gekommen, das Glück der Volker zu begründen, ob in dieser oder jener Sprache; die einzig mögliche Sprache ist die deutsche, durch die Abstimmung über diese Frage würde der Nationalitätenkampf hervorgerufen. Es war ein Fehler der Regierung, daß sie nicht die deutsche Sprache bei der Wahl zur Bedingung gemacht hat, wir sollen diesen Fehler nicht büßen, wir werden uns eben durch die Sprache einigen. (Beifall.)

Safka. (Gebrochen deutsch.) Ich spreche nur ein Wort. Ich bitte die hochwürdigste Kammer, es zeigt sich auf diese Art, sie brauchen keinen von Galizien hier, wir sind umsonst hieher gekommen. Wozu brauchen sich hier so viele einzufinden und unsere Reise hat schon so viele Kosten gehabt und umsonst Ich danke schön, wenn Alles deutsch, wer wird polnisch seyn? (Ruf nach Abstimmung.)

Präs. Der Antrag wird demnach einfach gestellt seyn, der Reichstag verhandelt in deutscher Sprache. (Mehrere Herren Abgeordnete rufen: provisorisch.)

Alle Beschlüsse sind provisorisch.

Mayer. Durch den Titel: provisorische Geschäftsordnung ist der Beschluß schon provisorisch.

Präs. Ich bitte die hohe Versammlung durch Händeaufheben (der Herr Präsident wird unterbrochen und trägt auf den Wunsch der Versammlung die Schlusfrage noch einmal vor: Der Reichstag verhandelt in deutscher Sprache).

Strasser. Meine Herren, es ist immer die Frage von der Abstimmung. Wer soll abstimmen? — alle anwesenden Herren Deputirten, welche die Vermuthung der Giltigkeit und Rechtsbeständigkeit der Wahlen für sich haben. Soll bloß die Linke oder auch die Rechte abstimmen? Wenn alle abstimmen sollen, so muß eben diesen Herren nur als Auskunftsmittel in ihrer Muttersprache verdolmetscht werden, was verhandelt wird (geringer Beifall von der Gallerie), sonst können sie weder durch Aufhebung der Hände, noch durch Aufstehen ihr Votum abgeben.

Bieletzky. Dadurch wird die Rivalität der Nationalitäten hervorgerufen. Ich bin der Ansicht, daß man factisch die deutsche Sprache als die Geschäftssprache annimmt.

Neumann. Es versteht sich von selbst und bedarf keines Beweises, daß es in jeder Versammlung ein Mittel der Verständigung geben muß, und dieses ist der Natur der Sache nach die deutsche Sprache, welche das Medium ist, sich zwischen den einzelnen Nationalitäten zu verständigen.

Wir wollen nichts Unbilliges, in Schule und Localbehörden soll jede Provinz ihre Nationalsprache haben, (Beifall) aber hier muß es ein allgemeines Verständigungsmittel geben, und dieses kann nur die deutsche Sprache seyn. Ich stimme vollkommen mit dem Herrn Abg. Brestel überein, daß man die Rechtsgiltigkeit dieser Wahlen nicht anfechten könne; glaube aber, daß es in dem eigenen Interesse der Provinzen liegt, daß sie Männer wählen, welche dieses Medium besitzen, d. h. die der deutschen Sprache mächtig sind. Ich sehe nicht ein, warum wir in einem Momente über etwas abstimmen sollen, das die Empfindlichkeit der Provinzen reizen kann, und daß wir etwas beschließen sollen, das in vorhinein als unnütz erscheint. (Beifall.)

Mayer. Ich muß bemerken, daß, wenn wir dieses Princip nicht aussprechen, wir alle Tage die Zeit, die wir heute damit verloren haben, wieder verlieren dürften; denn wir werden bei der geringsten Verhandlung wieder die Frage der Verdolmetschung haben, und heute und jeden Tag dieselbe Frage wiederkehren sehen; ich glaube, daß alle Nationalitäten einverstanden sind, daß es ein Medium der Verständigung geben müsse, und da wir unsere Nationalsprache in Schule und Gerichtsverhandlung gewährt wissen wollen, so werden wir uns doch nicht abhalten lassen, öffentlich anzuerkennen, daß wir als Gebildete ein Medium der Verständigung zwischen verschiedenen Nationalitäten suchen und dieses in der deutschen Sprache gefunden haben, wodurch keine Nationalität verletzt wird.

Neumann. Meine Herren! Krain hat eine Bevölkerung von 800.000 Seelen, größten Theils Slaven, und dennoch hat es, wie ich von bewährten Männern erfahren, auch nicht einen hergeschickt, welcher nicht der deutschen Sprache kundig wäre. Derselbe Fall findet bei der Provinz Statt, welche der verehrte Herr Redner vor mir repräsentirt, und würde zweifellos bei der Provinz stattfinden, deren Repräsentanten wir in einigen Tagen erwarten. Sie sehen, daß gerade diese Provinz das größte Bedürfniß der Einigung und des Verständnisses erkennt, und schon in vorhinein. Das gethan hat, was wir hier Alle wünschen und bedürfen. Ich zweifle nicht, daß die große und schöne Provinz, deren Repräsentanten hier sitzen (er deutet auf die polnischen Herren Deputirten), wenn sie diesen Umstand einsieht, in ihrem eigenen Interesse Männer des Vertrauens wählt, die zugleich der Sprache mächtig sind, in der wir hier verhandeln. Ich erlaube mir hier den großen Unterschied anzuführen, der zwischen uns und Frankreich besteht, weil Frankreich öfter als Exempel citiren wurde. Ich habe mich fleißig erkundigt, ob in Frankreich ein Gesetz über die parlamentarische Sprache besteht, und man war nicht im Stande eines aufzuweisen. Es besteht keines, weil der Franzose voraussetzt, das derjenige, der im Reichstage erscheint, der französischen Sprache mächtig ist; meine Herren, der Baske, der Breton, der Elsasser und der Corse sprechen alle französisch ohne ein Gesetz; aber es besteht ein großer Unterschied zwischen uns und Frankreich, die Departements haben kein selbstständiges Leben, sie hängen von der Hauptstadt ab. Gehen Sie nach dem Elsaß, meine Herren, Sie werden die deutschen Kinder vor einem französischen Schullehrer sitzen sehen, den sie gar nicht verstehen, Sie werden den Bauer vor einem Advocaten und Richter sehen, den er nicht versteht. Solche Ungerechtigkeiten wollen wir bei uns nicht begehen. (Beifall.)

Eben, weil wir hier im Sinne der Vereinigung, wie ein verehrter Herr Deputirter zu meiner Rechten sehr wohl bemerkte, dasitzen, müssen wir auch das einzige Mittel dazu auffinden, und ich bin daher wie gesagt, überzeugt, daß ohne alles Gesetz die Provinzen in ihrem eigenen Interesse nur Männer herschicken werden, die das Mittel der Verständigung, die Kenntniß der deutschen Sprache besitzen, und daß es ihnen wohl nicht einfallen wird, dieses Mittel zu entfernen; sie werden nicht remonstriren, sie werden Männer schicken, die der deutschen Sprache mächtig sind, das ist meine volle Überzeugung, und ich hoffe, sie wird mich auch nicht täuschen. (Großer Beifall.)

Safka. (Gebrochen Deutsch.) Wer ist schuld, daß in Galizien der Bauer nicht Deutsch? bloß die Herrschaft. Von jeher und bis 15. Mai hat man uns so bedrückt und beschwert, wie es nur immer möglich war, der Bauer in Galizien hat keine Wohnung, keine Kleidung — nichts, alles hat ihm die Herrschaft in Galizien zu entreißen gesucht, er hat nichts zu leben und kann daher nicht in die Schule gehen, die Bewohner von Galizien müssen viele Sachen anderswo kaufen. Also bitte ich die hohe Kammer, sich selbst zu erklären, warum wir Niemanden haben, der die deutsche Sprache versteht.

Schönhansel. Derselbe Fall kann in Böhmen stattfinden, daß mehrere herkommen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, es ist in der Wahlordnung nicht bedingt worden, daß die deutsche Sprache unumgänglich nothwendig sei.

Neuwall. Ich erlaube mir den Antrag des Herrn Dr. Neumann (er verbessert sich: des Herrn Abgeordneten Neumann) zu unterstützen: ich glaube, daß wir gar nicht in eine formelle Abstimmung darüber eingehen sollten, denn daß die deutsche Sprache die Geschäftssprache sei, versteht sich von selbst.



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