Úterý 13. února 1849

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Achtundachtzigste (XXXVI.) Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages in Kremsier am 13. Februar 1849.

Tagesordnung.

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 12. Februar 1849.

II. Zweite Lesung der Grundrechte. 

Vorsitzender: Präsident S m o l k a.

Minister: Thinnfeld.

Anfang: 10  1/2 Uhr.

P r ä s. Nachdem die erforderliche Anzahl Abgeordneter versammelt ist, erkläre ich die Sitzung für eröffnet. Der Schriftführer Cavalcabó wird das Protokoll der gestrigen Sitzung verlesen.

Schriftf. Cavalcabó (liest das Protokoll der Sitzung vom 12. Februar).

Präs. Ist in Bezug auf die Fassung des Protokolls etwas einzuwenden? (Nichts.)

Nachdem gegen die Fassung des Protokolles nichts eingewendet wird, erkläre ich es für richtig aufgenommen.

Es sind neu gewählte Abgeordnete eingetroffen, und zwar der Abgeordnete für den Wahlbezirk Leutomischl in Böhmen, Dr. Franz Šwestka. Er hat sich mit seiner Legitimationsurkunde ausgewiesen, die Wahlacten sind noch nicht eingesendet. Dieser Herr Abgeordnete wurde der 2. Abtheilung zugelost. Ferner der für den Wahlbezirk Weißwasser in Böhmen gewählte Abg. Johann Kliebert hat sich ebenfalls mit seiner Legitimationsurkunde ausgewiesen. Die Wahlacten sind bereits eingelangt. Der Herr Abgeordnete wurde der 4. Abtheilung zugelost. Der Herr Schriftführer der 5. Abtheilung wolle demnach die Wahlacten im Vorstandsbureau in Empfang nehmen.

Ferner der für den Wahlbezirk Jungbunzlau in Böhmen gewählte Abg. Moriz Deym hat sich mit seiner Legitimations- Urkunde ausgewiesen, er würde der 5. Abtheilung zugelost, und der Schriftführer der 6. Abtheilung wolle die Wahlacten im Vorstandsbureau in Empfang nehmen.

Weiteres, der für den Wahlbezirk Bruck an der Leitha gewählte Abg. Franz Pillersdorff. (Großer, sich wiederholender Beifall.) Derselbe wurde der 3. Abtheilung zugelost.

Es sind bereits vor einigen Tagen der Wahlact und das Wahlzertifikat unmittelbar an den Vorstand eingelangt. Der Schriftführer der 4. Abtheilung wolle dieselben im Vorstandsbureau erheben.

Dann der für den Wahlbezirk Neutimschein gewählte Abg. Franz Teltschik wurde der 9. Abtheilung zugelost, er hat sich ebenfalls mit seiner Legitimation ausgewiesen; der Schriftführer der 1. Abtheilung wolle die Wahlacten in Empfang nehmen.

Alle diese Herren können, falls sie anwesend sind, an der heutigen Berathung bereits Theil nehmen.

Der Herr Vorstand der 5. Abtheilung ersucht, daß die Herren Mitglieder dieser Abtheilung morgen sich um 9 Uhr versammeln möchten, um zwei vorliegende Wahlacte prüfen zu können. Der Herr Vorstand des Ausschusses für Schulwesen und Unterricht ersucht die Herren Mitglieder, morgen um 5 Uhr Nachmittag sich zu versammeln. Der Herr Vorstand des Ausschusses zur Prüfung der Angelegenheit des Abg. Kaim ersucht, heute Nachmittag um 5 Uhr sich zu versammeln. Es ist eine Interpellation angemeldet.

Abg. Strobach. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Mitglieder der 6. Abtheilung auf übermorgen zu einer Sitzung, Behufs der Prüfung eines Wahlactes einzuladen.

P r ä s. Ich ersuche die Mitglieder der 6. Abtheilung, übermorgen um 9 Uhr Früh sich zu versammeln.

Es hat der Herr Abg. Weigl eine Interpellation an das Ministerium der Finanzen angemeldet, wollen der Herr Abgeordnete dieselbe verlesen?

Abg. Weigl. Ich bitte meine Interpellation vom Herrn Schriftführer vorlesen zu lassen.

Schriftf. Streit. (Liest.)

Interpellation

des Abg. Anton Weigl des Mährischtrübtuer Wahlbezirkes an den Herrn Minister der Finanzen. Es ist zwar zu erwarten, daß das alte, einen freien Staatsbürger so erniedrigende und verderbliche Steuereinhebungssystem ebenfalls geändert werden wird.  Leider ist dieß noch nicht geschehen, und in der That, es wäre die höchste Zeit hiezu.

Wie schwer dieses System auf mancher armen steuerpflichtigen Gemeinde oder Familie lastet, möge Folgendes zum Beweise dienen:

Nach Ausweis des Voranschlages wird bei der Aufteilung der directen, ordentlichen und außerordentlichen Grund , dann Häusersteuern ausdrücklich bemerkt, daß von diesen Beträgen die Einhebungskosten entfallen. Nebst diesen Steuerquoten wird an die Steuerpflichtigen jährlich noch ein veränderlicher Steueramtsunkpostenzuschlag aufgeteilt, und zwar für Bezirksbedürfnisse, Kurrentbelohnungen, Schüblingsbeförderungen, Rekrutierungskosten, Regie u. s. w.

An die zwei Gemeinden Dittersdorf und Poohres im Steuerbezirke der Stadt Mährischtrübrau wurde im Jahre 1848 ein Steueramts  Unkostenzuschlag von 14 fl. 47 1/4 kr. C. M. auch noch darüber anrepartirt. Obgleich dieser Zuschlag von dem Steueramte nicht willkürlich aufgeteilt wird, so nehmen die Gemeinden doch Anstand, die Richtigkeit desselben anzuerkennen, weil diese Beträge im Staatsvoranschlage nicht enthalten sind, und weil sich in jenem Steuerbezirke schon einmal der Fall ergeben hat, daß vor einigen Jahren der damalige Steuereinnehmer betrügerischer Austheilung von 14 fl. C. M. auf 38 fl. C. M. bei den betreffenden Gemeinden gestiegen ist, so konnte die Zahlung durch drei Jahre nicht geleistet werden. Nach Verlauf dieser Zeitfrist würden aber dennoch von dem Steuerbezirke der Stadt Trübau 30 fl. C. M. durch Militärexekution von der Gemeinde Dittersdorf eingehoben.

Die meisten Steuerbezirke haben eigene Erwerbsquellen, welche theils in den Steuereinhebungsperlenten, theils in den Interessen von Activcapitalien (sogenannte Pamatken und Staatsobligationen) bestehen.

Im Wahlbezirke Trugbau werden diese Interessen an einige Gemeinden ausgezahlt an andere nicht. Die beiden erwähnten Gemeinden besitzen an solchen Activcapitalien die Summe von 2779 fl. 22 2/4 kr. C. M, die Staatsschuldverschreibung Nr. 30872 per 183 fl. C. M. á 5 Proc. wurde auch bereits verlost. Sie forderten im Jahre 1848, das Steueramt möge erwirken, daß der ihnen für jenes Jahr aufgeteilte Steueramtsunkpostenzuschlag per 14 fl. 47 1/4 kr. C. M. mit den Interessen des Gemeindevermögens gedeckt werde. Anstatt eines belehrenden Bescheides wurden sie mit vier Mann Militärexekution heimgesucht.  Die Scenen zu schildern, welche in den Familienkreisen zwischen den Unterkunft und Geld fordernden Soldaten einerseits, und zwischen den hungernden Kindern und blutarmen Eltern andererseits abgespielt werden, unterlasse ich, weil solche dem Herrn Finanzminister, wenn nicht aus der Praxis, doch ganz gewiß aus den Studien der Geschichte des Steuereinhebungs-  Systems genügend bekannt sein dürsten.

Ich frage den Herrn Finanzminister nur:

1. Ob die Behörden berechtigt sind, jene rückständigen Beträge, welche keine directen Steuern sind, und als solche auch nicht im Staatsvoranschlage erscheinen, mit Militärexekution einzutreiben?

2. Ob die Interessen der erwähnten Activcapitalien nicht zum Besten der Gemeinde verwendet (anstatt zum Steuersonde sie zuzuschlagen) werden könnten?

3. Ob die bereits verlosten Staatsobligationen den betreffenden Gemeinden zum Behufe der Erhebung und Verwendung der Beträge übergeben werden könnten?

Kremsier, den 13. Februar 1849.

Präs. Es wird diese Interpellation dem Finanzministerium zugemittelt werden.  Es wurde heute unter die Mitglieder des hohen Hansels der bereits in Drück gelegte Antrag des Abg. Sidon vertheilt, des Inhaltes: "Der hohe Reichstag beschließt, einen eigenen Ausschuß für religiöse und kirchliche Angelegenheiten zu kreieren, in welchen aus jeder Abtheilung und aus jedem Gouvernement ein Mitglied gewählt werden soll" welchen derselbe in einer Sitzung der vorigen Woche gestellt und begründet hat. Es wäre heute zufolge des §. 51 der Geschäftsordnung ohne Debatte zu beschließen, ob der Antrag an die Abtheilungen zur Vorberathung zu verweisen, unmittelbar in Vollberathung zu nehmen, auf unbestimmte Zeit zu vertagen oder gänzlich zu verwerfen sei. Im ersten und zweiten Falle dürfte die Berathung vor drei Tagen nicht stattfinden. Da der Herr Antragsteller dießfalls bei seiner Begründung keinen Antrag gestellt hat, überlasse ich es ihm oder sonst einem Mitgliede der hohen Kammer dießfalls einen Antrag zu stellen.  Der Herr Antragsteller ist nicht anwesend? (Ruf: Nein!)

Abg. Brestel. Ich beantrage einfach die Annahme des Antrages es kann ja keine Discussion darüber stattfinden, da es eine reine Formrage ist.

P r ä s. Ich ersuche des ungeachtet sich darüber auszusprechen, ob er an die Abtheilungen zur Vorberathung zu verweisen, in Vollberathung zu nehmen, oder sonst nach Vorschrift des §. 51 der Geschäftsordnung zu behandeln sei, indem dieß der vorgeschriebene Geschäftsgang ist.

Abg. Brestel. Ich beantrage also die Vollberathung.

Abg. Hawelka. Ich stelle den Antrag, ohne Debatte den Antrag einfach zu verwerfen.

Abg. Neuwall. Ich unterstütze den letztern Antrag deswegen, weil der eigentliche Zweck der Commission schon vorüber ist, da wir bereits an dem bezüglichen Paragraphe der Grundrechte stehen; wäre er früher gekommen, so wäre der Zweck ein ersichtlicher gewesen, aber jetzt, nachdem er zu spät kommt, glaube ich, brauchen wir keine Rücksicht mehr darauf zu nehmen.

Präs. Ich bitte, ich kann über den Gegenstand selbst keine Debatte zulassen, und nur einfach die gestellten Anträge zur Abstimmung bringen.

Es liegen zwei Anträge vor. Der eine bezweckt die Verwerfung dieses Antrages, der andere, daß er in Vollberathung genommen werde. Ich werde jenen Antrag, der auf Verwerfung geht, zuerst zur Abstimmung bringen.

Abg. Prato. Ich glaube, der Antrag auf Verwerfung dieses Antrages kann nicht zur Abstimmung kommen.

Abg. S t r o b a c h. Keine Debatte.

Abg. Prato Aber das ist ja ein totschlagender Antrag, und kann deßhalb nicht zur Abstimmung gelangen.

Präs. Ich kann mich nicht anders als an die Vorschrift des §. 51 der Geschäftsordnung halten, nach welcher bei der jetzt behandelten Vorfrage auch solche Anträge zulässig sind, indem die betreffende Stelle des §. 51 lautet: "Es ist in der nächsten Sitzung ohne Debatte zu beschließen, ob er an die Abtheilungen zur Vorberathung zu verweisen, unmittelbar in Vollberathung zu nehmen, auf unbestimmte Zeit zu vertagen oder gänzlich zu verwerfen fei. " Nachdem nun der Antrag auf gänzliche Verwerfung gestellt wurde, muß ich ihn zur Abstimmung bringen, da dieses zufolge des § 51 der Geschäftsordnung zulässig ist, und muß denselben als einen den Gegenstand gänzlich beseitigenden Antrag vor Allen zur Abstimmung bringen; sollte er fallen, so kömmt der vom Abg. Brestel gestellte Antrag zur Abstimmung. Diejenigen Herren, welche der Ansicht beipflichten, daß dieser Antrag gänzlich zu verwerfen sei, wollen aufstehen (Geschieht.) Es ist die Majorität. Der Antrag ist beseitigt.

Der nächste Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist die Fortsetzung der zweiten Lesung der Grundrechte, namentlich die Berathung über die §. 13, 14 und 15, und zwar die Generaldebatte. Es haben sich weiterhin als Redner einschreiben lassen, dagegen: der Herr Abg. Leopold Neumann; dafür: die Herren Abg. Wildner und Kudler und zwar der Abg. Kudler hier, er hat demnach das Recht, vom Platze aus zu sprechen. Es sind wieder zwei Verbesserungsanträge bezüglich der in Verhandlung stehenden Paragraphe vorgelegt worden, und zwar Einer vom Abg. Kapuszczak zum §. 1 3, er ist ein Zusatzantrag und soll nach dem ersten Absätze des §. 13 folgen, lautend:,, Die Religionsfunktionen müssen unentgeltlich verrichtet, und die gegenwärtig bestehende Stola  Taxe aufgehoben werden. " Zum §. 15 hat der Herr Abg. Kauski einen Verbesserungsantrag gestellt, er lautet:,, Jede Religionsgesellschaft ist den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen, die Lehre aber und der Gottesdienst derselben darf vom Staate durch keine Präventivmaßregeln beirrt werden  Die geistliche Disciplin, so wie die Wahl der Vorsteher (Kirchenvorsteher) ist außerhalb des Einflusses des Staates.  Jede Religionsgesellschaft verwaltet und verwendet selbstständig ihr Vermögen unter der Leitung und Aufsicht ihrer Synoden. "  Nachdem in der gestrigen Sitzung der Abg. Szaszkiewicz zuletzt gesprochen, hat der Abg. Brestel das Wort. 

Abg. Brestel. Ich habe mit dem Abg. Tomek getauscht.

Abg. T o m e k. Meine Herren! Ich werde mich so wie alle verehrten Vorredner in den Schranken der Generaldebatte halten; ich werde nur von einem allgemeinen Gesichtspunkte über die bezüglichen Paragraphe reden, und zwar von demjenigen, welcher unsere Competenz in den Angelegenheiten betrifft, auf welche sich diese Paragraphe beziehen. Ich gehe von dem Grundsatze der Religionsfreiheit, als von einem Axiom aus; ich werde zur Begründung desselben nichts vorbringen vor einer Versammlung, welche in allen ihren Beschossen die Menschenwürde so glänzend anerkannt hat, welche die persönliche Freiheit garantirt, das Assoziationsrecht gewährleistet hat. Es versteht sich dieser Grundsatz als Axiom von selbst. Ich will mir auch nicht einbilden, daß diese Versammlung die Glaubensfreiheit so etwa sich vorstellen werde, wie sich unser Criminalgesetzbuch die Gedankenfreiheit vorgestellt hat; denn die Gedankenfreiheit war uns bisher in unserm Strafgesetzbuche auch zugesichert, nur durfte sie sich freilich bloß auf Gedanken, nicht aber auch auf Worte, auf die Äußerung ausdehnen. Wenn wir also von Glaubensfreiheit reden, so müssen wir darunter die Freiheit der Religionsübung nothwendig mitverstehen. Wir müssen sie darunter ebenso verstehen, wie wir uns die Gedankenfreiheit und die Pressfreiheit seit den Märztagen als Eins denken. In der Anerkennung der Religionsfreiheit liegt gegen den Staat, bezüglich gegen die Reichsversammlung, kein Grund zu Vorwürfen wegen Indifferentismus. Wir anerkennen dadurch, daß jede Religion gut ist; jede Religion ist gut, weil jede, wenn sie überhaupt eine Religion ist, das Sittliche, das rein Menschliche in dem Menschen pflegt und hegt.

Dadurch ist Niemanden benommen, seine Religion für die bessere zu halten, er darf es nur Niemanden verwehren, wenn er die seine ebenfalls für die beste hält. Der Staat wird, wenn er von dieser Ansicht ausgeht, nichts desto weniger seine Rechte und seine Pflichten kennen, er wird nichts als Religion anerkennen, was nicht Religion ist, er wird Secten, welche unter der Maske der Religion staatsgefährliche Absichten liegen, so wie rechtswidrige Vorgänge oder öffentliche Unsittlichkeit nicht deswegen gestatten, weil sie sich Religion nennen. Der Staat wird sich darüber gar kein Urtheil anmaßen, ob eine Religion gut ist, ihm wird es aber wohl zustehen zu unterscheiden, ob Etwas wirklich Religion oder ob es etwas ganz Anderes ist. Die in dem §. 14 ausgesprochenen Grundsätze verstehen sich wohl als einfache Consequenzen aus dem §. 13. Es wird nur von der Weisheit dieser Versammlung abhängen, wie weit sie meinen wird, daß diese Sätze ausdrücklich aufzunehmen sind, ob etwas mehr oder auch etwas weniger zweckmäßig wäre. Die Hauptschwierigkeit scheint wohl der §. 15 zu bilden. Er hat auch im Constitutionsausschusse die Hauptschwierigst gebildet; das sieht man daraus, daß uns der Constitutions  Ausschuß in diesem Paragraph eben rein nur auf ein erst künftig zu erlassendes Gesetz angewiesen, in der Sache selbst aber nichts bestimmt hat. Es ist wohl begreifbar, wenn es Paragraphe in unsern Grundrechten gibt, welche gewisse Grundsätze aufstellen, und die weitere Ausführung derselben späteren Gesetzen überlassen, das ist in den Paragraphen von der Gemeinde, von der Aufhebung der Fideicemmisse des Lehen  Wesens und dergleichen wiederholt der Fall; es werden dort überall Grundsätze ausgesprochen, und nur die Ausführung dem spätern Gesetze vorbehalten; hier ist aber keiner ausgesprochen.

Die Schwierigkeit liegt in der eigentümlichen Zusammensetzung derjenigen Gesellschaft, welche man Kirche nennt. Ich glaube allerdings, daß sich die Schwierigkeiten, die hier vorgeschwebt haben, durch diejenige Ansicht lösen lassen, welche die Kirche als eine Association nimmt. Es ist aber in der Kirche eine engere und eine weitere Association, es ist an der Kirche eine sogenannte geistliche und eine weltliche Seite zu berücksichtigen. Zur geistlichen rechne ich die Religionslehre, die Liturgie, die Kirchendisziplin. Diese Gegenstände werden, wo es eine Kirche gibt, überall von einer priesterlichen Association geleitet; kein Glaube, wenn er eine Kirche begründen soll, kann natürlich ohne eine Autorität sein; diese Autorität liegt überall in einer priesterlichen Corporation. Diese priesterliche Corporation hat eine Art geistigen Eigentumsrechtes darauf, welches der Staat ihr eben so wenig Beschränken kann, wie er der gemeinschaftlichen Redaktion einer Zeitschrift vorschreiben kann, was sie aufnehmen, wen sie zu ihrem Mitarbeiter nehmen, wie sie überhaupt die Leitung ihrer Geschäfte führen soll.

Diese Ansicht greift in Niemandes Rechte ein, wenn wir nur wirklich den Grundsatz der Religionsfreiheit im Auge behalten; die Corporation der Geistlichkeit bietet ihr geistiges Eigenthum an, sie kann Niemanden zwingen, davon Gebrauch zu machen. Niemand, der davon nicht Gebrauch machen will, hat gegen sie eine Verrichtung, so wie auch sie dann gegen Niemanden eine Verpflichtung oder ein Recht hat. Wenn ich von diesem Gesichtspunkte die Petitionen der Bischöfe, welche uns vorliegen, betrachte, so finde ich wirklich nicht, warum wir, wenn sie in diesem Sinne gemeint sind, irgend etwas davon verweigern sollten. Der geistlichen Corporation soll die Religionslehre, die Liturgie, so wie auch die kirchliche Disciplin, wenn sie wirklich eine kirchlichedisciplin ist, unumschränkt zustehen; unter einer kirchlichen Disciplin kann ich mir freilich nicht eine denken, welche mit Anwendung von physischen Zwangsmaßregeln verbunden ist, oder welche den weltlichen Arm zu ihrer Execution braucht. Ich glaube also, soweit sich die Petitionen der Bischöfe auf diesen Punkt beziehen, hat es keinen Anstand, sie zu bewilligen; der Staat aber, wie gesagt, kennt seine Rechte, er wird sich in diesen weder durch die katholische Religionsgesellschaft, noch durch irgend wen Anderen Eingriffe gefallen lassen.

Der Staat wird, wo sich geistliche Übergriffe, zum Beispiel hinsichtlich der Erziehung geltend machen wollten, sein Wort hinein reden, weil das eben sein Recht ist. Dasselbe wird er thun, wenn sich die kirchliche Disciplin anderer Mittel bedienen wollte, als welche wirklich kirchliche Mittel sind. Es gibt aber an der kirchlichen Gesellschaft auch eine weltliche Seite zu berücksichtigen. Zu dieser rechne ich die Verwaltung des Kirchenvermögens, und die Wahl der Kirchenvorsteher. Ich kann mir unter dem Worte Kirchenvermögen nicht ein Eigenthum der geistlichen Corporation in der Kirche denken. Es ist unschwer, per absurdum zu beweisen, daß das Kirchenvermögen kein Eigenthum der geistlichen Corporation in der Kirche, sondern eben ein Eigenthum der Kirche ist. Wenn es anders wäre, so müßten wir uns auch eine geistliche Corporation denken können, welche reich mit Gütern dotiert ist, aber keine Bekenner hat, wie zum Beispiel die englische Staatskirche in Irland. Unter Kirchenvermögen kann ich mir nichts anders vorstellen, als ein Vermögen, welches die Bekenner einer Religion dazu bestimmt haben, die Zwecke, welche mit dem Religionsbekenntnisse verbunden sind, daraus zu bestreiten, und ihren Kirchenvorstehern daraus die ihnen gebührende Belohnung zu geben; dadurch haben sich aber die Bekenner dieser Religion nicht des Rechts entschlagen, künftighin einen Einfluß auf die Verwaltung ihres Vermögens zu üben; denn es muß ihnen ja zustehen, darauf zu sehen, ob das Vermögen wirklich zu den Zwecken verwendet wird, zu welchen sie es bestimmt haben, und nicht zu Zwecken, welche ihnen vielleicht geradezu entgegen wären Wenn also die bischöflichen Petitionen, die uns vorliegen, die Verwaltung des Kirchenvermögens für sich ansprechen, so liegt es nicht in unseren Befugnissen, auf ihre Wünsche Rücksicht zu nehmen; es liegt nicht in unseren Befugnissen, weil wir dadurch Privateigentumsrechte, nämlich die Rechte der Laien beeinträchtigen würden.

Die Schwierigkeit also, welche in dieser Frage liegt, liegt wesentlich in der Begriffsverwirrung zwischen Kirche und geistlichen Corporationen in der Kirche. Ein ähnliches Bewandtniß wie mit der Verwaltung des Kirchenvermögens hat es auch mit der Wahl der geistlichen Vorsteher. Es ist wohl ein Recht der geistlichen Corporation, was ihr nicht benommen werden kann, zu bestimmen, unter welchen Bedingungen sie Jemand in ihre Mitte, also zur Theilnahme an ihrem geistigen Eigenthums aufnehmen will oder nicht. Es gebührt aber auch den Laien (Bravo), sich denjenigen zu ihrem Kirchenvorsteher zu wählen, zu welchem sie unter den Befähigten das größte Zutrauen haben. (Bravo! Bravo!)

Dieses Recht, meine Herren, ist von der Kirche stets anerkannt worden; wie könnte denn sonst das Institut unseres bisherigen Patronats bestehen? Das ist ja die Theilnahme der Laien an der Wahl der Kirchenvorsteher. (Bravo, Bravo), freilich im mittelalterlichen Sinne. Es ist das Recht der Wahl der Kirchenvorsteher auf eine solche Weise bisher ausgeübt worden, welche nicht den Verhältnissen unserer Zeit entspricht, welche also wieder auf ihren ursprünglichen Stand zeitgemäß zurückzuführen ist. Diese zwei Gegenstände also, die Verwaltung des Kirchenvermögens und die Wahl der Kirchenvorsteher, sehe ich als solche an, zu denen die Kirchengemeinden, mögen sie nun Lokalgemeinden, oder Diöcesalgemeinden sein, ein Recht der Theilnahme haben, und unsere Reichsversammlung hat natürlich das Recht, sowie sie das geistige Eigenthum der geistlichen Corporationen unberührt läßt, ebenso das Eigenthum der weltlichen Corporation zu wahren. (Beifall.)

So weit die bischöflichen Petitionen, die uns vorliegen, die Verwaltung des Kirchenvermögens und die ausschließliche Wahl der Kirchenvorsteher beanspruchen, sind wir nicht berechtiget, ihnen zu willfahren. Die Theilnahme der Laien an diesen zwei Dingen hat bisher in vielfacher Weise der Staat ausgeübt, nicht die Geistlichkeit; es ist dieß ganz natürlich in einem Lande, wo der Staat und die Kirche zusammenfallen, weil vielleicht nur eine Religion besteht, oder weil es eine Staatskirche gibt. So lange wir von dem Begriffe einer Staatskirche ausgehen, können wir das wohl einräumen, daß der Staat das Recht der Laien in dieser Hinsicht vertrete. Nachdem wir uns aber zur Religionsfreiheit bekennen, so müssen wir eine Trennung der Geschäfte des Staates von dem Geschäfte der Kirche, respective der geistlichen und weltlichen Corporation in der Kirche anbahnen. Trauen wir es uns wegen praktischer Hindernisse nicht zu, eine solche Trennung durchzuführen, wozu wir allerdings das Recht haben, so bitte ich Sie, die Aufsicht, welche der Staat bisher ausgeübt hat, nicht aus den Händen fahren zu lassen. Wollten Sie die Petitionen der Bischöfe, wie sie sind, anerkennen, so wären höchstens Sie der Mühe überhoben, ein Gesetz wegen Abschaffung der Ligorianer oder Jesuiten zu erlassen, denn Sie hätten an die Stelle der ganzen bisherigen katholischen Kirche einen großartigen Jesuitenorden gesetzt, wie ihn die Welt bisher nicht gesehen. (Großer Beifall.)

Präs. Der Abg. Prato hat jetzt das Wort.

Abg. Prato. Meine Herren, ich war der Ansicht, daß der Grund, warum die hohe Versammlung eine allgemeine Debatte über die §. 13, 14 und 15 zu eröffnen beschloss, von der Nothwendigkeit hergeleitet worden wäre, sich zuförderst über die Grundsätze zu vereinigen, nach welchen diese überaus wichtige Frage behandelt werden müßte, sich über den Standpunkt zu orientieren, von welchem sie betrachtet werden soll; ich erwartete in diesem Sinne Belehrung von den Rednern, die vor und nach mir das Wort ergreifen sollten. Doch zu meiner großen Verwunderung sprachen die meisten Redner theils ausschließlich über einzelne Paragraphe, einer sogar so partiell, daß er nur die bukowinische, griechische Kirche berücksichtigte, andere benützten diese Gelegenheit, um über die katholische Hierarchie, die sie irrtümlicherweise mit der Kirche verwechselten, ihre bitterste Galle auszulassen. Wie oft habe ich derlei Fillippica schon früher gehört und gelesen! Schlagen Sie die Tischreden Luthers auf, und nehmen Sie die französische Enzyklopädie zur Hand. Meine Herren, bei den Artikeln: "Kirche, Hierarchie, Bischof, Papst" werden Sie noch geistreichere Angriffe theils gegen Hierarchie, theils wo auch gegen die Kirche finden. Gibt es aber in dieser hohen Kammer Einen, der die Ansichten jener Schriftsteller, die sich auf eine solche Weise über die Kirche und Hierarchie ausgesprochen haben bis in ihre letzten Consequenzen theilt? Ich glaube es nicht, und wolle Gott behüten, daß unser Vaterland der Schauplatz der Verwirklichung jener Grundsätze werden sollte, wie es im vorigen Jahrhunderte in Frankreich der Fall war. Im französischen Parlament im Jahre 1790 sprach man mit noch feurigern, geistreicheren Phrasen von der Despotie der Bischöfe und dem Drucke des niederen Klerus, und man nahm sich vor, die Kirche auf ihren alten Grundfesten zu reconstruiren. Man wollte den Cultus an die Constitution anlehnen, damit der eine wie die andere das Wohl des Staates begründe. Der Entwurf ging dahin, die Bistümer auf die Zahl der Departements zu reducirt, die Bischöfe sollten vom Volke ernannt werden, man beabsichtigte die Aufhebung der Capitel und die Ersetzung der faulen Domherren durch Vikare; und dieser Entwurf nach Ansicht der französischen Volksmänner vom Jahre 1790 trat weder dem Dogma noch dem Cultus der Kirche nahe. Was war die Folge davon? Der französische Klerus, der sich zum Verkaufe seiner Güter, zur Ablösung des Zehnts ohne Entschädigung bequemte, widersetzte sich mit Kraft dieser letzten Anmaßung, machte gemeinsame Sache mit dem Adel und den Feinden der Revolution, und blieb ihr Feind immerfort von jenem Augenblicke an; und was folgte weiter, als die Revolution siegreich aus diesem Kampfe hervorging? Wurde von ihr die Kirche gebessert in ihrer Disciplin? halfen dazu wenigstens jene Bischöfe, die Mitglieder der Kammer waren und die der Revolution treu blieben? wurde der Entwurf vom Jahre 1790, dem der gestern hier vorgeschlagene Entwurf so ähnlich, wurde er wirklich ausgeführt? Meine Herren, der traurige Ausgang ist Ihnen zu bekannt. Drei Jahre später wurde das Christentum abrogirt, die Kommune stellte den Cultus der Vernunft, der Ausschuß der öffentlichen Sicherheit den Cultus des höchsten Wesens auf, und damit jede Erinnerung an eine Kirche verschwinde, wurde die Woche, deren erster Tag an die Auferstehung des Herrn erinnerte, aufgehoben und in Dekaden verwandelt, und der Tag des Herrn hieß "primidi"; unverschämte Dirnen wurden auf die Altäre gestellt, und ein großer Theil einer Nation, die als die gebildetste in Europa galt, verfiel in einen Taumel, dem man kaum in der Geschichte wilder indianischer Stämme begegnet. Zu so etwas führt, meine Herren, die Reform einer Kirche von Seite des Staates. (Oh! Oh!)

Wohlan denn, gehen Sie zurück in die Geschichte, und finden Sie mir, meine Herren, irgend ein Beispiel, daß irgend ein Versuch von Seite des Staates geglückt hätte, irgend eine Reform, sei sie auch noch so nothwendig gewesen, in der Kirche zu vollbringen  Sie werden keines finden. (Oho! oho!) Was war vernünftiger z. B. als die Abstellung der Missbräuche, die im byzantinischen Reiche mit kirchlichen Bildern getrieben würden. Der Kaiser Leo der Isaurier konnte eine Hilfe von der Kirche nicht erwarten, und legte selbst Hand ans Werk, und was entstand daraus? die Ikonoklosten mit allen den Consequenzen eines langwierigen Religionskrieges. Sehen Sie nach England, meine Herren, möchten Sie unsere, wenn auch noch so schadhafte Hierarchie mit der englischen Epischopalkirche verwechseln? ich glaube kaum, und die englische Epischopalkirche ging doch aus den Reformen Heinrichs des VIII., Elisabeths und ihrer Nachfolger hervor. Ich würde Ihre Geduld zu sehr ermüden, wollte ich alle Thatsachen anführen, welche das Unpraktische der staatlichen Maßregeln in rein kirchlichen Angelegenheiten bezwecken. Männer, die für die Freiheit glühen, darunter ein Mann, der mit ausgezeichneter Beredsamkeit und Wärme immer bis jetzt die Interessen des Volkes gegen Übergriffe von oben vertrat, sprachen sich gegen die Freiheit der Kirche aus, die doch der Urquell der wahren Freiheit ist, weil sie befürchten, sie möchte von der Freiheit Mißbrauch machen. 

Meine Herren, diejenigen, die dem Volke die Freiheit entziehen wollen, sprechen auch nicht anders, auch sie sagen, das Volk wird die Freibett missbrauchen. Mit welcher Partei soll ich es halten, mit welcher Partei soll ich stimmen? Mit derjenigen, welche der Kirche die Unabhängigkeit versagt, weil sie dieselbe für übermütig hält, oder mit derjenigen, welche dem Volke die Freiheit entziehen will, weil sie es als unmündig erklärt? Ich halte es mit keiner von beiden, denn ich will die Freiheit für Alle, ich will die Freiheit von oben bis unten, ich will die Freiheit nicht bloß für mich, ich bin nicht so anmaßend zu sagen:,, Laßt mich frei, denn ich bin mündig, jenen aber will ich nicht frei haben, weil er unmündig oder übermütig ist"; nein, ich sage: ich will frei sein, weil das mein gutes Recht ist, und ich will die Übrigen frei haben, seien sie Individuen, Kirchengesellschaften, weil ich gerecht sein will.

Die Memoranda der verschiedenen Bischöfe flößen gewissen Herren die größte Besorgniß ein. Ich habe sie gelesen, und zu wiederholten Malen gelesen. Was begehren sie denn so Enormes, diese Organe der Kirche? In mehr oder weniger Worten sagen sie: Gebet Gott was Gottes ist, und wir und unsere Her den wollen dem Kaiser das geben, was des Kaisers ist. Das ist, meine Herren, der langen Rede kurzer Sinn, und ich finde wahrlich darin nichts so Anstoßendes. Doch Eines berührte mich unangenehm, vorzüglich in einem dieser Actenstücke, und das war das wiederholte Jammern über die bereits unter Kaiser Joseph dem Zweiten eingezogenen Kirchengüter. Ich will die Kirche arm haben (Beifall), die Kirche war ursprünglich arm, und da die Kirche arm war, gab es wenige Arme; die Kirche wurde reich, und als die Kirche reich wurde, da gab es Arme überall. Darum wünsche ich nicht, daß die Kirche reich sei, denn ihr Reichtum wird nicht lange so ihr Eigenthum bleiben, auf daß es gleichmäßig vertheilt werde nach den kanonischen Satzungen, so lange die Kirche nicht vollständig frei sein wird. Ist die Kirche aber frei, sind einmal die Hemmnisse entfernt, die von Seite des Staates ihr entgegengesetzt wurden, dann werden die wichtigen notwendigen Reformen von selbst eintreten, aber diese müssen von der Kirche selbst ausgehen, und nicht wo anders herkommen.

Man sagt, die Kirche knechtet, die Kirche


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