Pondìlí 11. záøí 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Vierzigste Sitzung des constituirenden Reichstages am 11. September 1848.

Tagesordnung:

I. Ablesen des Protokolle vom 7. September.

II. Bericht des Petitionsausschusses.

III. Berathung über den SelingerStrasser'schen Antrag.

IV. Motivirung des Antrages des Abg. Brestel auf Niedersetzung einer Commission für die Beziehungen der auf dem Reichstage vertretenen Länder zu den übrigen Theilen der österreichischen Monarchie.

V. Motivirung des Antrages des Abg. I o n a k auf  Niedersetzung eines volkswirtschaftlichen Ausschusses.

VI. Ankündigung von Anträgen.

VII. Anklage des Abg. Sierakowski gegen das vorige Ministerium.

Hofloge leer.

Vorsitzender: Präsident Strohbach.

Auf der Ministerbank: Dobhoff, Latour, Bach, Krauß, Schwarzer, Hornbostl Anfang um halb 11 Uhr.

Präs. Die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl der Deputaten ist bereits anwesend; ich erkläre die Sitzung für eröffnet, und ersuche den Herrn Schriftführer das Protokoll über die letzte Sitzung ablesen.

Schriftf. Streit verliest das Protokoll vom 7. d. M.

Präs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?

Borrosch. Ich bitte, meinen Protest vorlesen zu dürfen.

Schriftf. Streit. Er kommt in das nächste Protokoll.

Präs. Zuvor müssen wir uns überzeugen, ob das jetzt vorgelesene Protokoll richtig aufgenommen sei, dann werden die Proteste und Gegenerklärungen abgelesen werden.

Diejenigen Herren, welche für die Genehmigung dieses Protokolles sind, wollen aufstehen. (Die Majorität erhebt sich.)

Ich ersuche, die eingelegten Proteste und Gegenerklärungen vorzulesen.

Schriftf. Streit. Der Abg. Borrosch hat das Ersuchen gestellt, daß ihm gestattet werde, seinen Protest selbst vorlesen zu dürfen.

Präs. Es ist nicht vorgeschrieben, wer den Protest vorzulesen hat, es ist daher gar kein Anstand vorhanden. (Borrosch verliest den folgenden Protest.)

(Protest.) Das Ministerium hat aus seine, am 5. d. M. als Interpellation vorgetragenen, aber behufs einer unzweideutigen Antwort zugleich schriftlich überreichten drei Fragepuncte bloß durch Ablesung einer Vertheidigungsschrift erwiedert, von der ich bis heute den 10. d. M. keine für authentisch erklärte Copie zu erlangen vermochte, weßhalb ich mich nur an die Wiener Zeitung vom 8. d. M. halten kann, worin nach der Versicherung des Redacteurs der "officiellen stenographischen Berichte" jenes Actenstück wortgetreu abgedruckt sein soll. Ich finde darin:

I. statt einer befriedigenden Antwort bloß eine diplomatische Erwiderung, die nicht nur, zufolge der angestrebten Vereinbarung sehr verschiedenartiger Begriffe, eine mehrfache Auslegung zuläst, sondern auch dem kaiserlichen Manifeste vom 6. Juni d. J. eine willkürliche Deutung gibt, endlich meinem klar abgefaßten zweiten Fragepuncte einen gegentheiligen Sinn unterlegt, und auf dieses sonderbare Mißverstehen hin eine ganz überflüssige Abwehr beliebt: dem gemäß protestiere ich gegen diese Verletzung des mir als Volksvertreter zustehenden Rechtes, vermöge dessen ich wiederholt auf eine dem Wortsinne der gestellten drei Fragen genau entsprechende Beantwortung dringe, die nur einfach bejahend oder verneinend sein kann.

2) Protestire ich gegen den in jener Erwiderung mir nun auch urkundlich wiederholten Vorwurf, den Reichstag zu einer gesetzgebenden und zugleich vollziehenden Gewalt machen zu wollen, nochmals mit aller Entschiedenheit, und berufe mich auf meine, zu einer solchen Unterstellung durchaus keinen Anlaß gebende Interpellationsbegründung, worin ich weder gegen das Ministerium feindselig aufgetreten, noch meiner Loyalitätspflicht irgend ungetreu gewesen bin. Vermöge derselben erkenne ich in dem kaiserlichen Manifeste vom 6. Juni d. I. neben dem sich von selber verstehenden Vorbehalten des erblichen Thrones eine bedingungslose, in voller Willensfreiheit beschlossene Gewährleistung der am 17. Mai aus gesprochenen Volkswünsche, und folglich zugleich der unbestreitbaren, durch den Reichstag repräsentirten, im Schöpfungswerke der Constitution sich geltend machenden Volkssouveränität.

3. Weise ich mit gerechtem Unwillen die mir zugemuthete Verdächtigung des Ministeriums zurück. Offen und ehrlich habe ich für die unmotivirte Handlungsweise desselben, und die zweideutigen Äußerungen des Herrn Justizministers, eine unumwundene Erklärung verlangt, und verlange sie noch jetzt. Das Volk, das so lange unterdrückte, so oft getäuschte Volk, welches mit schmerzlicher Sehnsucht sein Heil von dem Reichstage erwartet, darf nicht im mindesten Zweifel über unser unbehindertes Wirken zu seinem Wohle bleiben.

4. Protestire ich gegen mehrere andere, mich betreffende Anschuldigungen, wovon ich nur folgende erwähnen will. Niemals habe ich das Ministerium der Absicht einer gewaltsamen Reichstagsauflösung geziehen, wohl aber pflichtgemäß auf die Gefahr einer Erdrückung durch Reaction oder einer Sprengung durch Anarchie hingewiesen, als auf zwei feindliche und doch sich die Hand bietende Mächte, wenn nicht Freiheitsliebe und Gerechtigkeit im Reichstage walten. Meine Denkschrift über die Entschädigung durch den Staat ist in 400 Exemplaren vertheilt, und ich fordere das Ministerium auf, mir die Stelle zu zeigen, worin ich auch nur entfernt die Besorgnis ausgesprochen hätte, "daß die Mehrheit des Reichstages gegen die Entschädigung gestimmt sein dürfte?. "  Das Ministerium stellt ferner "jede gehabte Influenzirrung jeden Tadel gegen einzelne Abgeordnete", in Abrede, ich habe jedoch bei der Anführung unleugbarer mich selber betroffen habender Tatsachen bloß auf die Mißdeutbarkeit und das Bedenkliche von solchen Mitteln hingewiesen, ohne eine böse Absicht deßhalb vorauszusetzen. Mußte es mich nicht befremden, noch vor den beiden Ministerialreden von vielen Deputaten, die mir mit großer Bestürzung mitgetheilte Kunde zu vernehmen, daß das Ministerium aus der Entschädigung  eine Cabinetsfrage mache? Hat etwa ein Ministerial  Mitglied die mir zugefügte Beleidigung und ein Herr Minister die mir in übelster Laune  denn es war so eben über den 5. Paragraph des Kudlich'schen Collectivantrages bejahend durch Namensaufruf abgestimmt worden  gemachten Vorwürfe, so schnell vergessen?

Das Ministerium kann diesem nicht aus subjektiver Anschauungsweise hervorgegangenen, sondern auf objective Wahrheit gestützten Proteste nichts entgegen fetzen, wohl aber durch Erfüllung der darin gestellten Forderungen volles Vertrauen zu den volksfreiheitlichen Versicherungen einflößen, womit dieses Actenstück reichlich ausgestattet ist. Ich protestire schließlich gegen jede ministerielle Redeweise in gewissen politischen Losungsworten des Tages, die anderwärts einen niedrigen Stand des Freiheitsbaronethers anzeigen.

Wien den 11. September 1848.

 

Alois Borrosch,

Abgeordneter zum Reichstage

Dr. Löhner.

Johann Fischer

Brestel.

Mascha Ignaz

Dr. Zimmer.

Woytech

Johann Eichler.

Friedrich Rauscher.

Franz Redel

Leithner.

Macher.

Joseph Mickl.

Joseph Pucker.

Suppanz.

Joseph Kutschera.

Fußl Ferdinand

Franz Schuselka

Anton Füster.

Meindl.

Polaczek.

Peitler.

Johann Plas.

Krause.

Michael Klausner.

Egydius Fritsch.

Dr. Alois Smreker

Staffa.

Dr. Goldmark.

Lindinger.

Dr. Nadler.

Weigel Anton.

Scherzer.

Secr. Ullepitsch. Es wurde auch die in der letzten Sitzung vom 7. d. M. vom Abg. Hein und mehreren andern Abgeordneten angemeldete Gegenerklärung gegen den Protest des Abg. V i o l a n d eingebracht, sie lautet:

Gegenerklärung des Abg. Hein, und der Mitgefertigten gegen den Protest des Abg. Violand. Auf den vom Herrn Abg. Violand vom 7. Sept. 1848 beim Vorstands Bureau überreichten Protest, bringen wir folgende Gegenerklärung ein: In sofern besagter Protest gegen die Gültigkeit des am 6. und 7. d. im constitutionellen Reichstage durch Abstimmung gefaßten Majorität..  Beschlusses, wodurch der Antrag des Abg. Löhner verworfen wurde, gerichtet erscheint: müssen wir uns dagegen, wie gegen alle und jede künftigen Einstreuungen, wodurch die Gültigkeit irgend eines Kammerbeschlusses anzufechten versucht werden sollte, feierlich und entschieden verwahren, weil durch derartige Vorgänge die Würde und das Ansehen des Reichstages beeinträchtigt, das allgemeine Vertrauen zu demselben untergraben, ja seine ganze Wirksamkeit, sein Bestehen sogar in Frage gestellt, und der Vernichtung zugeführt werden müßte. Übrigens halten wir es für unsere Pflicht darauf hinzuweisen, daß die Majorität, welche sich mit 64 Stimmen herausgestellt, auch dadurch, wenn die mit selber stimmenden, der deutschen Sprache unkundigen 14 galizischen Landbewohner gar nicht, oder wohl gar mit. der Gegenpartei gestimmt hätten, als solche im ersteren Falle mit 50, im letzteren Falle aber mit 36 Stimmen die Oberhand behalten hätte. Schließlich glauben wir noch hervorheben zu müssen, daß die Anklage wegen Influenzirrung einzelner Abgeordneter erst nach dem Ergebnisse der Abstimmung erhalten würde, während der Reichsversammlung dadurch allein auf die Berichtigung irriger Begriffe, und auf die Klarstellung der Frage hinzuwirken, die Gelegenheit geboten werden konnte,  wenn ein angeblich unregelmäßiger  die Echtheit des Willensausdruckes benachteiligender Vorgang vor der Abstimmung zur Kenntniß der Kammer gebracht worden wäre.

Wien den 11 September. 1848

Dr. Hein

Brauner Strasser

Andreas Eckl. Skoda

Prybil Königshofer

Kiemann Hawelka

Schuster Mockry

Anton Kutschera Jonak.

Wenzl Gustav Schopf Scherl

Dr. Ignaz Pawek Stark

Ignaz Steber Placek

Thiemann Doliak

Lasser Gleispach

Dr. C Mayer Szaszkiewicz

Dr. Ganzwohl Rack

Dr. A M Pinkas Cavalcabo Trojan Wiesenauer

Paul Fleischer.

Sitka Dr. Leeb

Neuwall Lubomirski

Helfert Potocki

Ingram Wiser

Call Catinelli

Anton Beck Franz Richter

K Hawlicek Palacki

Leopold Neumann Kudler

Klebelsberg Zdrislaw Zamoyski

Stolz, Thinnfeld

Jos Beck Hellrigl

P r a s Der vorgelesene Protest und die Gegenerklärung wird in das heutige Protokoll aufgenommen Ich ersuche die Wahlen der Functionäre in den Ausschuß zur Prüfung der Reichstagsrechnungen angeben zu wollen.

Streit Gewählt wurden als Vorstand K l e b e l s b e r g, Berichterstatter D e m e l, Schriftführer Mach a

Präs Ferner ersuche ich den Herrn Abg. Hubicki und Stadion jene Herrn bekannt zu geben, welche sie zur Commission gewählt haben.

Hubicki Meinerseits: Borrosch, Schuselka, Krause Karl, Borkowski.

Stadion Hawlicek, Plicker, Doliak, S z a s z k i e w i c z

Präs.:  Ich ersuche die genannten Herren morgen allenfalls die Wahl ihres Präsidenten vorzunehmen und sie sodann bekannt zu geben. Ferner ersuche ich die Wahl aus den Gouvernements für jene Commission bekannt zu geben, welche nach diesem Beschlusse über den Lasser'schen Antrag den Entwurf in Betreff des Entschädigungsgesetzt zu bearbeiten hat.

Streit für Böhmen: Brauner, Forster, Hawelka, Placek, Uchatzy

Küstenland: Defranceschi, Goriup, Doliak, Facchinetti, Czerne,

Mähren und Schlesien Oheral, Demel, Hübner, Motyka, Kudlich

Illirien: L a n f e n s t e i n (ist noch abwesend., Ambrosch, Dolschein, Langer, Heiß

Steiermark: Pflicker, Cavalcabo, Sturm, M i c k e l, W i e s e n a u e r.

Dalmatien: Petrowich, Radmilli, Grabowaz Micheli, Vitturi, Ivichievich. Präs Diejenigen Gouvernements, welche bisher mit der Wahl nicht fertig geworden sind, wollen dieselbe morgen fortsetzen, und ich ersuche die Herren aus Galizien die Wahlzettel vom Herrn Secretär Streit zu erheben, sie wurden mir gesiegelt übergeben.

Ich mache noch weiteres darauf aufmerksam, daß die vierwöchentliche Frist, für welche der Präsident, der erste und zweite Vicepräsident gewählt worden sind, mit dieser Woche abläuft, und es dürfte die Wahl am Donnerstag vorzunehmen sein Wegen der Wichtigkeit des Actes mache ich die Kammer früher darauf aufmerksam. In Verbindung mit den Wahlen aus den Gouvernements dürfte ein Antrag stehen, der mir eben jetzt überreicht worden ist. Er lautet:,, Antrag des Abgeordneten L h o t t a  In Berücksichtigung, daß es bezüglich der Commissionen zu bearbeitenden Entschädigungsfrage vor Allem auf die speciellen Verhältnisse in den verschiedenen Gegenden der Monarchie ankömmt, die ein Einzelner nicht genau kennen kann, trage ich an, damit es jedem Abgeordneten erlaubt wäre, der Commission besondere Andeutungen bezüglich seines Bezirkes zu machen und den Berathungen der Commission beizuwohnen. Aus dem Standpunkte des formellen Ganges erlaube ich mir zu bemerken, daß ohnehin die gewallten Ausschußmitglieder im Rapporte stehen werden mit den übrigen Herren, und daß es Jedem freisteht Eingaben zu machen, welche der Commission überantwortet werden, übrigens weil es ein formeller Antrag ist, so glaube ich ihn zur Sprache zu bringen, und es durfte Zeit sein, ihn seiner Erledigung zuzuführen Wünscht der Herr Antragsteller etwas zur Motivirung vorzubringen?

Abg Lhotta Die Motivirung ist schon darin.

P r ä s Sollte dieser Antrag unterstützt werden, so bitte ich die hohe Versammlung dieß durch Aufstehen kund zu geben (Wird unterstützt.) Wünscht Jemand das Wort über diesen formellen Antrag? Ich halte ihn rein für einen Zusatzantrag.

Abg. Pienczikowski. Es steht Jedem frei, seine Ansichten petitionsgemäß an das Reichstags Vorstands  Bureau zu übergeben, dieses wird es dann dem Petitionsausschuß übermitteln, und dieser Petitionsausschuß wird es demjenigen Ausschusse übergeben, der dafür besteht. Auf diese Art werden ohne neue Beschlußfassung alle diese Anträge der Abgeordneten an Ort und Stelle gelangen.

Präs. Wünscht noch Jemand das Wort?

Placek. Ich stimme gegen den Antrag, seine Annahme würde die Beratungen des Ausschusses ungemein erschweren, wenn es Jedem frei stünde, denselben beizuwohnen und mitzustimmen. Es ist für das Bedürfnis ohnehin durch den §. 42 der Geschäftsordnung gesorgt, nach welchem es jedem Ausschuß frei steht, Sachverständige zu vernehmen, und es wird ohnehin der ausdrückliche Wunsch der Ausschußmitglieder sein, sich durch Sachverständige zu instruirt.

Präs. Sollte Niemand mehr das Wort wünschen, erlaube ich mir die rein formelle Frage in Anregung zu bringen, welche gestellt und auf den K u d l i c h 's c h e n Antrag bezogen würde, ob dieser Antrag durch die gefaßten Beschlüsse als erledigt anzusehen sei diejenigen Herren, welche dieser Ansicht sind, wollen es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Majorität).

Nunmehr wäre das Verzeichniß der eingelaufenen Eingaben abzulesen.

Secr. liest das Verzeichniß der Eingaben vom 7. und 8., worunter auch eine Eingabe des Ministeriums des Innern ist, betreff der von Sr. Majestät erfolgten Sanction, der von dem Reichstage vorgelegten Beschlüsse über die Aufhebung des Untersthansverbandes, welche der Präsident mit der Bemerkung: es dürfte die hohe Versammlung interessirt, diese Note zur Kenntniß zu nehmen, ablesen läßt, sie lautet:

"Seine Majestät der Kaiser haben den vorgelegten Beschlüssen des constituirenden Reichstages über die Aufhebung des Unterthänigkeitsbandes und die Entlastung des bäuerlichen Besitzes die Sanction ertheilt, und das hiernach unterbreitete Gesetz mit der beistimmenden Fertigung versehen.

Ich beehre mich Euer Wohlgeboren in der Anlage mehrere Exemplare des Patentes vom 7. dieses Monates hierüber zur gefälligen Verkeilung unter die Hrn. Reichsdeputirten mit dem Beifügen zu übermachen, daß unter Einem die legale Kundmachung dieses Gesetzes in allen, auf dem Reichstage vertretenen Ländern verfügt worden ist. Wien am 6. September 1848 Doblhoff.

An Seine des Herrn Reichstagspräsidenten von Strohbach Wohlgeboren.

Präs. Es liegt ferner ein Antrag vor, der eigentlich die Ergänzung des Constitutionsausschusses für die Zeit beabsichtigt, als der Abg. Fischhof von Wien abwesend sein wird. Es handelt sich um die Wahl eines Ersatzmannes, ich bitte diesen Antrag zu lesen, damit die hohe Kammer über die Zulässigkeit sich ausspreche. Streit liest:

Hohe Reichsversammlung  In Anbetracht, daß es im Interesse der Gesammtheit liegt, das große Werk des Constitutionsausschusses so sehr als thunlich beschleunigt, so bald als möglich fertig zu sehen:

In Betracht, daß der Abgang jedes einzelnen Mitgliedes dieser Commission bei dem Umfange der Aufgabe schon eine fühlbare Lücke veranlassen und deren Vollendung verzögern müsse  wolle die hohe Reichsversammlung genehmigen: daß das Gouvernement Niederösterreich statt des auf unbestimmte Zeit von hier entfernten Mitgliedes für Matzleinsdorf, einen Stellvertreter in den Constitutionsausschuß erwähle.

Der Abg. für Baden Krause.

Diesem Gesuche schließen sich an: Fürnkranz m. p. K. Brestel m. p.

Ignaz Mascha m. p. Joh. Eichler m. p.

Michael Macher m. p. Georg Bauer m. p.

Joseph Purker m. p. Joseph Fischer. m. p.

Andreas Heigel m. p. L. Neumann m. p.

Franz Schuselka m. p. Pillersdorf m. p. Ferdinand Füßl m. p. Dr. Schmitt m. p.

Ferd. Rauscher m. p. Neuwall m. p.

Aut. Füster m. p. I. S. Scherzer. m. p.

Präs Wünscht einer der Herren Antragsteller diesen Antrag allenfalls zu motiviren? Ich glaube eine Motivirung dürfte entfallen, weil schon die Gründe hier angeführt worden sind. Sollte dieser Antrag unterstützt werden wollen, so bitte ich es durch Aufstehen kund zu geben.

(Gehörig unterstützt.)

Diejenigen Herren, die sich für Annahme dieses Antrages aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben.

(Majorität dafür.)

Daher ersuche das dießfällige Gouvernement, allenfalls die Wahl eines Ersatzmannes vorzunehmen.

Palacky. Ich bitte um's Wort  Derselbe Fall, welcher hier bei dem Abg. Fischhof stattfindet, findet auch statt bei mehreren andern Mitgliedern des Constitutionsausschusses, namentlich, so weit ich mich jetzt erinnere bei Herrn Pfretschner und Hrn. Alois Fischer. Herr Pfretschner hat einen Urlaub von 14 Tagen erhalten, es wäre daher zweckmäßig, wenn anstatt seiner von demselben Gouvernement ein Substitut für diese Zeit wenigstens gewählt würde, und ebenso anstatt des Herrn Fischer, von dem ich mit Leidwesen sagen muß, daß er vielleicht gar nicht ein einziges Mal noch hier in den Sitzungen erschienen ist, indem er fortwährend in Aufträgen des Ministeriums außerhalb Wien verweilt.

P r ä s. Ich glaube durch den eben gefaßten Beschluß ist das Princip selbst angenommen worden, das Princip, daß Ersatzmänner in solchen Fällen eintreten dürfen.

Falls die hohe Kammer dieser Auffassungsart ihre Zustimmung gibt, bitte ich es gleichfalls Borrosch. Ich bitte um das Wort. Ich glaube es müßte doch in jedem speziellen Falle das vorgetragen werden, weil es sonst zu der Consequenz führen könnte, daß endlich ein Ausschuß nach und nach aus lauter Ersatzmännern bestehe, ursprünglich wird aber durch die Wahl gerade den Vertrauensmännern für diesen speciellen Fall ihr Anrecht, Commissionsmitglieder zu sein, gegeben, dagegen nicht immer auch den Ersatzmännern.

Präs. Ich glaube der Beschluß wurde in dem Sinne gefaßt, daß die Wahl eines Ersatzmannes nur für die Dauer der Abwesenheit von Wien zu gelten habe, dann erlischt sie aber an und für sich, weil dann jedes Mitglied des Ausschusses verpflichtet sein wird, nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung den Sitzungen des Ausschusses beizuwohnen. Nur in diesem Sinne ist auch der Beschluß gefaßt worden.

Abg. Dilewsky. Ich bitte den Herrn Präsidenten überhaupt an die Mitglieder dieses Ausschusses eine freundschaftliche Ermahnung zu erlassen, daß sie die Wichtigkeit ihrer Aufgabe würdigen und begreifen, es fei für uns großer Zeitverlust und großes Opfer wenn wir auf ihre Arbeiten warten.

Ich habe gehört, daß selten mehr als die Hälfte zusammenkommt, und daß Donnerstag gar keine Sitzung stattfinden konnte wegen Abgang der Mitglieder.

Präs. Ich erlaube mir zu bemerken daß es mir nicht zusteht eine Erinnerung ergehen zu lassen, übrigens dürfte diese Bemerkung das ersetzen, was von mir in Anspruch genommen wurde.

Abg. Kautschitsch. Ich habe als Vicevorsteher bereits vor 14 Tagen den Antrag schriftlich überreicht, der Constitutionsausschuß wünsche, damit er sich täglich versammeln und länger beisammen bleiben könne, daß die öffentlichen Sitzungen nur viermal in der Woche abgehalten werden. (Präsident: Nur zwei Mal war der Antrag) täglich nach den öffentlichen Sitzungen wurden auch im Constitutionsausschusse Sitzungen gehalten, wir waren meistens Abends bis halb 10 Uhr beisammen. Die Vorberathungen zu diesem Constitutionsausschusse sind von sehr erheblicher und wichtiger Art, diese sind aber uns unmöglich, weil die öffentlichen Sitzungen täglich fast bis 3 Uhr dauern. Die Mitglieder sind auch in andern Ausschüssen, einige waren im Recrutirungsausschusse, andere sind in dem Petitionsausschusse, wieder andere in dem Finanz Ausschusse, und jetzt sind einige in dem Entschädigungsausschusse ernannt worden, dadurch ist es geschehen, daß es den Mitgliedern nicht möglich war, täglich im Ausschusse zu erscheinen, und so mag es Donnerstag auch geschehen sein, daß wir nicht vollständig beistimmen waren und nicht berathen konnten. Wir haben seither täglich fleißig gearbeitet bis auf den verunglückten Donnerstag. Damit wir nun im Stande sind, fortgesetzt und mit einein großen Zeitaufwande zu arbeiten, bin ich gezwungen, daß ich meinen schriftlich überreichten Antrag nun mündlich wiederhole, daß es dem hohen Reichstage gefallen wolle, wöchentlich nur vier Sitzungen zu halten, damit wir in den übrigen Tagen in mehreren Ausschüssen zu verschiedenen Zeiten vollständig zusammenkommen könnten.

Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß wir von dem eigentlichen Gegenstand abgewichen sein dürften. Mir ist der Antrag bekannt, und so viel ich mich erinnere, wurde der Antrag dahin gestellt, daß die öffentlichen Sitzungen zweimal in der Woche abgehalten werden sollen, ich wollte diesen Gegenstand heute am Schlüsse der Sitzung zur Sprache bringen, weil bisher diesem Antrage aus dem Grunde nicht stattgegeben wurde, daß noch immer der Antrag des Abg. Kudlich in Verhandlung war, und eine Unterbrechung wäre dazumal nicht wünschenswerth gewesen. Ich werde mir dann am Schlusse der Sitzung bei der Feststellung der Tagesordnung erlauben, den Antrag neuerdings zur Sprache zu bringen. Falls niemand Abg. Trojan steht auf, Präsident zu ihm.)

Sie wünschen das Wort.

Abg. Trojan. Es handelt sich um die Wahl mehrerer Substituten zum einstweiligen Ersatze mehrerer beurlaubten Reichstagsglieder, welche zugleich dem Constitutionsausschüsse angehören. Ich habe bemerkt, daß dein vorhin gesagten dießfälligen Beschlusse, welcher jetzt zugleich die Anwendung auf mehrere andere Fälle erleiden soll, die Deutung gegeben werden wolle, als ob ein neues Mitglied als Ersatzmann gewählt werden und der Substitut unmittelbar in den Constausschuß treten solle. Ich besorge da ein Mißverständniß. Man hat sich ja schon früher einmal gegen neue Wahlen in ähnlichen Fällen ausgesprochen; ich wenigstens habe nicht dahin gestimmt; es wäre auch ein ganz anderes Princip, das wir hiermit ausstellen möchten. Ich glaube es ist keinem Bezirke das Vertrauen zu Theil geworden, daß er etwa unmittelbar in dem Constausschusse vertreten sein solle, sondern es gilt persönlich nur denjenigen Abg., für welchen sich das Vertrauen des ganzen Gouvernements durch die Wahl der anwesenden Deputirten aussprach: Ich glaube nur in diesem Sinne kann  die Wahl eines neuen Abg. stattfinden, nur in diesem Sinne kann auch ein neuer Substitut in unserm Reichstage kommen, die Abgeordneten des bezüglichen Gouvernements aber haben allein den Substituten für den Constausschuß zu bestimmen, gleichwie die ursprüngliche Wahl dahin aus dem Reichstage selbst nach den Gouvernements Statt hatte. Natürlich könnte ich leicht ergeben, daß der Ersatzmann nicht das Vertrauen der Abgeordneten seines Landes genießt, wenigstens nicht in dem Maße wie der Gewählte; s kann daher wohl nur bei der bisherigen Regel bleiben.

Präs. Wenn ich nicht irre, so handelt es sich um ganz etwas anderes, nämlich um einen Ersaß man, aus der Versammlung selbst in den Constausschuß. So viel mir bekannt ist, wurde das Ansuchen wegen eines Ersatzmannes für Abgeordnete schon durch einen hohen Kammerbeschluß, und über Anregung des Abg. Trojan abgelehnt. Ich glaube, es dürste schon Zeit sein zur Abstimmung zu schreiten, falls Niemand das Wort wünscht. Ich stelle die Frage, soll auch außer den Substituten für den Abg. Fischhof noch ein Substitut, in dem Constausschüsse, und zwar für den Abg. Pfretschner gewählt werden. Diejenigen Herren, welche sich für die Wahl des Substituten aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben.

(Majorität.)

Es liegen einige Urlaubsgesuche vor, und den Abg. Joseph Schlegel, Forcher und Hagenauer, habe ich den Urlaub bewilliget, weil er nicht 3 Tage über schreitet, und die Gründe triftig waren. Dagegen liegen noch andere Urlaubsgesuche vor, welche den Zeitraum überschreiten.

Schriftf. Ullepitsch. Vorerst mache ich der h. Kammer die Mittheilung, daß sich bis zum heutigen Tage 374 Abg. gemeldet haben, und hievon 30 auf Urlaub abwesend sind. Es liegen nun neuerlich folgende Urlaubsgesuche vor: (er liest die Urlaubsgesuche der Abg. Wagner um vierzehntägigen; Ant. Kutschera ebenfalls um einen vierzehntägigen, und des Joseph Konopka gleichfalls um einen vierzehntägigen Urlaub vor, welche ohne Anstand bewilligt werden.) Endlich liegt auch noch das Urlaubsgesuch des Abg. Abraham Halpern aus Stanislawow folgenden Inhaltes vor; (er verliest dasselbe.)

Präs. Ich glaube, es wird nicht nöthig sein, das Kranken  Zeugniß vorzulesen, weil schon früher das Ablesen solcher Belege abgelehnt würde.

Dilewsky. Es dürfte vielleicht dieses Zeugniß aussagen, daß der Abg. für längere Zeit nicht im Stande sein wird, seine Stadt zu vertreten; es wäre daher vielleicht besser, den Abg. darum zu bitten, daß er um einen Stellvertreter einkomme.

Präs. Die Wahl eines Stellvertreters dürfte nicht gestattet sein, er müßte um Enthebung ansuchen, damit eine neue Wahl eintrete. Aus diesem Grunde dürfte immerhin das Zeugniß in der Richtung abzulesen sein. (Schriftführer Ullepitsch verliest das Krankenzeugniß, worauf der angesuchte 24 tätige Urlaub bewilligt wird. 

Hawliczek. Ich habe eine Interpellation an den Präsidenten des Hauses zu stellen: Es ist uns heute ein Pamphlet vertheilt worden, unter dem Titel: "Treue Darstellung der Angelegenheiten in Croatien" als Manuscript gedruckt, und für die Mitglieder des Reichstages bestimmt. Ich habe dieses Pamphlet gelesen, und daraus ersehen, daß es nicht auf Veranlassung des Hauses gedrückt und vorgelegt worden ist. Ich stelle daher im Interesse der Wahrheit an den Herrn Präsidenten die Anfrage: von wem dieses Pamphlet herrührt, und wer es vertheilt hat.

P r ä s. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß die Verkeilung der Drucksorten an das hohe Haus nicht in meiner Thätigkeit liegt, sondern in jener der Hrn. Ordner, zufällig ist soeben derjenige Herr nicht anwesend, der die Verkeilung zu veranlassen pflegt, nämlich der Herr Abg. Podlewski. Ich werde mich bemühen die Interpellation zu beantworten, sobald ich die erforderlichen Notizen erhalte.

Der Abg. Borrosch wünscht das Wort.

B o r r o s c h. Ich stelle an das Gesamtministerium die Anfrage, ob meine letzte Interpellation begründet war? ob ich mich mit der darauf gegebenen Erwiderung des Gesamtministeriums zufrieden stellen kann? ob ich nicht in meinem heutigen Proteste vollkommen gerechtfertigt bin? da es in dem ersten Reichstagsgesetze heißt: "Wir haben über Antrag unseres Ministerrathes in Übereinstimmung mit dem constituirenden Reichstag beschlossen und verordnen wie folgt: u. s. w. Ich frage: ob es nicht heißen soll: "Wir sanctioniren folgenden Uns von Unserm Ministerrathe vorgelegten Reichstagsbeschluß. " Ich glaube in der Interpellationserwiderung selber vom Ministerin als zugegeben gelesen zu haben, daß der Reichstag beschließe. (Großer Beifall.)

P r ä s. Ich erlaube mir den Hrn. Abg. nur zu bemerken, in sofern es sich hier um eine Verhandlung über den eingelegten Protest handelt, dürfte es nicht zulässig sein, weil darüber jede Verhandlung ausgeschlossen ist, und das dürfte vielleicht in den Worten gelegen sein, als der Abg. die Frage stellte, ob der eingelegte Protest gerechtfertigt sei. Dieß will ich nur in formeller Beziehung bemerkt haben.

B o r r o s c h Das ist eine neue Interpellation, zu deren Beantwortung ich wieder zweimal 24 Stunden Zeit gebe.

Doblhoff. Ich bitte nur die Interpellation uns mitzutheilen, weil ich diese Frage nicht vollkommen verstanden habe.

P r ä s. Abg. Goldmark hat eine Interpellation angemeldet.

J o n a k. Ich erlaube mir zu bemerken, daß ich die Ehre hatte, in der letzten Sitzung eine Interpellation anzumelden, und lediglich durch den Ruf auf Tagesordnung gehindert wurde, diese Interpellation zu stellen. Ich erlaube mir daher das Prioritätsrecht für meine Interpellation anzusprechen.

Präs. Darauf muß ich erwiedert, daß eben für die letzte Sitzung auch vom Abg. Goldmark eine Interpellation angemeldet war, und daß eine Vormerkung über die Minuten der Anmeldung nicht geführt werde. Übrigens ist das Institut der Anmeldung ein ganz überflüssiges, weil darüber in der Geschäftsordnung keine Bestimmung enthalten ist, indem es jedem Mitgliede frei steht, zu interpelliren, ohne daß eine Anmeldung vor der Sitzung zur Sprache kommen müßte. Ich bitte daher, daß die Herren unter sich den Prioritätsstreit ausmachen


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