wollte durch diese Bemerkung sich dagegen äußern, daß, wenn weitere Ansiedelungen stattfinden, sie auf diese Weise den betreffenden Gemeinden schädlich sind. Es ist eine Bemerkung, die allerdings zum Gegenstande gehört, und die sich auf Anführung von Gründen beruft; er wollte nur dagegen Protest einlegen, daß dieß nicht wie auf die frühere Weise, auf Kosten der Gemeinde geschähe.
Abg. Nadler. Ich schließe mich dem Antrage an, welcher bezweckt, diesen Gegenstand vorwörtlich an das Ministerium kommen zu lassen. In unserem Vaterlande, nämlich in Böhmen, ist die Bevölkerung in manchen Gegenden so stark, daß die Auswanderungslust nicht sollte gehindert werden, sondern man ihr vielmehr sollte Schütz angedeihen lassen, namentlich in den Gebirgsgegenden. Es wäre zweckmäßig, wenn der hohe Reichstag beschließen wollte, wenigstens bevorwarten diesen Gegenstand an das Ministerium kommen zu lassen,
Präs. Ich bitte den Antrag schriftlich zu formuliren.
Abg. N ad l er. Er schließt sich ganz dem Antrage des Abg. Borrosch an.
Abg. Borrosch (liest seinen formulirten Antrag): "Der hohe Reichstag möge die Petition der 16 in die Bukowina eingewanderten Bauernfamilien dem Ministerin kräftigst anempfehlen, um jenen Einwanderern durch Betheilung mit noch freiem Grundbesitze auf einer der Staatsherrschaften zur Selbständigkeit zu verhelfen."
Präs. Wird der Antrag unterstützt? (Unterstützt.)
Abg. Dylewski. Ich bitte ums Wort. Ich bin gegen den Antrag. Ich frage, ob das freie Gründe oder Staatsherrschaften sein sollen; dann wundere ich mich, wie man dem Ministerium die Verfügung über die Staatsherrschaften einräumen soll. Das soll ja Gegenstand des hohen Reichstages sein, und derjenigen, die Eigenthümer davon sind; das ist eine Verwirrung von Begriffen glaube ich. Vielleicht ist die Sache ganz ungegründet; freie Gründe gibt es, so viel ich weiß, dort nicht, weder in Galizien noch in der Bukowina. Der Abg. Czuperkowicz beschwert sich gerade, daß die Regierungsbehörden Gemeindegründe an Coltnisten verschenkt; das ist nicht möglich. Und sind das Staatsgüter, so muß der Staat und der Repräsentant des Staates, der hohe Reichstag, oder vielmehr der Landtag im Lande dazu die Bewilligung geben; aber daß das hohe Ministerium Sachen verschenken und Rechtsbeziehungen schaffen könne, die in so offenem Widerspruche mit dem Kudlich'schen Antrage stehen, ist, wie ich glaube, vor der Hand jetzt gefährlich.
Präs. Mir wurde vordem Abg. Czuperkowicz der Antrag selbst gestellt, der auf den Gegenstand hier Bezug nimmt; er geht dahin: "Es sei auf dieses Gesuch, welches von der, Kommission (Allgemeiner Ruf: Laut!) — es fei auf dieses von der Commission so eben in Vortrag gebrachte Gesuch seine Rücksicht zu nehmen, weil dadurch die Eingebornen gefährdet werden, indem Untertanengründe eingezogen und unter die Ansiedler vertheilt wurden." Wird dieser Antrag unterstützt? (Zahlreich unterstützt.)
Abg. Brauner. So sehr mir auch das Schicksal von 16 Familien meiner Landsleute zu Herzen geht, da sie in weiter Ferne der Noth, vielleicht der Verzweiflung preisgegeben find, kann ich mich doch nicht dem Antrage des Abg. Borrosch anschließen, und bin vielmehr der Ansicht, die der Abg Dylewski angedeutet hat. Es ist alleedingstraurig, wenn 16 Familien auf Grundlage unserer alten unbestimmten Vorgänge während der absolutistischen Regierung nach 10 Jahren noch in der Hoffnung in ein fremdes Land gezogen sind, daß auf dem alten administrativen Wege, der sie irregeführt hat, ihnen Hilfe werde; deßhalb aber darf die Frage der Kolonisation, welche bisher für so manche Nation verletzend behandelt wurde, gegenwärtig nicht von dem constitutionellen Standpuncte verrückt werten.. Es ist dieses eine Frage der Verfassung, und diese liegt uns jetzt schon nahe genug zur Lösung vor, daß wir nicht mehr in die Rechte der Nationen einzugreifen brauchen in einer Weise, wie eine absolutistische Regierung es that. Ich glaube, wir könnten vielmehr (wir Böhmen wenigstens) über das Schicksal, welchem jetzt diese 16 in der Bukowina besinnlichen Familien preisgegeben sind, nähere Erkundigungen einziehen, und mittlerweile ihnen selbst Hilfe verschaffen, bis dahin wenigstens, als das Kolonisationsprinzip im Einverständnisse mit der Nation als dem Eigenthümer des Landes auf konstitutionellem Wege festgestellt sein wird. (Beifall.)
Abg. Pienczykowski. Diese Angelegenheit gehört insbesondere meiner Provinz an, und ich habe einige Abgeordnete aus der Bukowina gefragt, welche mir sagten, daß diese Leute an der Straße schon Wohnungen besitzen und sich kleine Ausrodungen gemacht haben, aber daß dieses nicht zur vollen Subsistenz hinreiche, und sie den Wunsch hegen, größere und ansehnlichere Grundstücke zu besitzen, was doch vor der Hand nicht zu Stande kommen kann. Justizminister Bach. Der Antrag des Abgeordneten für Prag hat einen doppelten Zweck: zuerst die Verweisung dieser Petition an das Ministeriurn zur Entscheidung, und nach Befund zur Abhilfe. Gegen diesen Antrag würde das Ministerium von seinem Standpuncte aus keinen Anstand erheben. Bas aber den zweiten Gegenstand betrifft, sich im Principe über die Kolonisation auszusprechen, und daß dem Ministerium eine Vollmacht zu ertheilen wäre, Ansiedelungen auf Staatsgütern zu veranlassen, so muß das Ministerium die Meinung dahin aussprechen, daß es einen solchen Antrag nicht auf diesem Wege zur Erledigung für geeignet erachtet, und würde daher diesen Antrag bekämpfen. (Bravo.) Präs. Wünscht Jemand noch das Wort zu ergreifen? (Niemand.) Will der Herr Berichterstatter das letzte Wort ergreifen? (Nein.) Es liegen drei Anträge vor. Der Antrag der Commission geht dahin: das Gesuch dem Ministerium zur Vorbescheidung zu übermitteln. Dazu wurde ein Verbesserungsantrag vom Abg. Borrosch gestellt.
Abg. Borrosch. Wozu ich mir noch ein Wort erbitten muß; denn was nach mir gesprochen wurde, bringt mich hier gleichsam auf einen falschen Boden, was eigentlich die pensée arriére war. Ich glaube, daß die 16 böhmischen Bauernfamilien nicht bis in die Bukowina kommen kennten bei der damaligen strengen Paßvidirung, ohne nicht auf irgend eine Weise getäuscht worden zu sein, und keineswegs beabsichtige ich hier irgend dem auszuarbeitenden Colonisations Gesetze vorzugreifen, sondern ich wollte nur für diese 16 Familien gesorgt wissen,— auf welche Weise steht mir natürlich nicht zu beurtheilen zu. Ich nehme übrigens meinen Antrag zurück, sobald wir uns unter uns einigen zur Unterstützung, wo ich sehr gerne dabei bin.
P r ä s. Neben dem Antrage des Abg. B o r r o s c h ist noch der des Abg. Czuperkowicz. Dieser geht dahin, das Bittgesuch sogleich zu erledigen und keine Rücksicht darauf zu nehmen. Diejenigen Herren, welche wünschen, daß das Gesuch abweislicht erlediget werde, mögen es durch Aufstehen kund geben. (Minorität.) Nun kommt der Verbesserungsantrag des Abg. Borrosch zum Antrage der Commission. Er geht dahin: "Der hohe Reichstag möge die Petition der sechzehn in die Bukowina eingewanderten Bauernfamilien dem Ministerium kräftigst anempfehlen, um jenen Einwanderern durch Betheilung mit noch freiem Grundbesitze einer der Staatsherrschaften zur Selbständigkeit zu verhelfen. "Diejenigen Herren, Welche diesen Verbesserungsantrag angenommen wissen wollen. wollen es durch Aufstehen kund geben. (Minorität.) Nun kommt der Antrag der Commission, er geht ganz einfach dahin, daß diese Eingabe dem Ministerium zur Bescheidung übergeben werde. Diejenigen Herren, welche für den Antrag der Commission sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Berichterst. Pienczykowski (liest Reichstags Nr. 15). Der nämliche Mathias Giewdona hat auch die erste Bitte, welche ich die Ehre hatte vorzutragen, unterfertiget; unterstützt aber seine Bitte durch seine militärischen Verhältnisse. (Wird gelesen und der Antrag der Commission wird angenommen.) Seichterst. Placke (liest Reichstagsexhibitenzahl 23), ein Ansuchen der Maschinenfabriksarbeitet in Wien: ein besonderes bewaffnetes Corps bilden zu dürfen. Der Antrag des Petitionsausschusses geht dahin, dieses Gesuch dem Ministerium des Innern zur Erledigung nach den bisher gehandhabten Normen über Volksbewaffnung zu übergeben.
Präs. Falls die hohe Versammlung sich für diese Art der Erledigung ausspricht —
Abg. Mayer. Es handelt sich gegenwärtig um eine provisorische Verfügung; nachdem aber der Constitutionsausschuß zusammengesetzt ist, und die Entwerfung eines Gesetzes über die Volkswehr eine der
nötigsten ist, deren Notwendigkeit und Dringlichkeit auch durch andere Veranlassung doppelt begründet erscheint: so glaube ich, daß dieses Gesuch dem Constitutionsausschusse, und aus seiner Mitte demjenigen zugetheilt werde, der sich mit dem Entwurfe der dringendsten Gesetze über die Volkswehr und Nationalgarde überhaupt befaßt.
Berichterstatter.Ich erlaube mir die Bitte zu stellen, man möge die Erledigung nicht in die Länge ziehen. Nachdem diese Eingaben schon am 30. Juni eingelangt sind, so wünsche ich ausdrücklich eine baldige Erledigung. (Der Antrag wird unterstützt.)
Abg. Turco. Ich erlaube mir zu bemerken, das Ministerium habe schon wiederholt versprochen, ein Gesetz über die Nationalgarde einzubringen. Deshalb glaube ich, daß auch dießfalls die Bitte an das hohe Ministerium geleitet werde. Denn wenn wir den Ausschuß auf diese Weise beschäftigen, so würde er gar zu viel Zeit brauchen. Das ist meine Meinung.
Abg. Borrosch. Ich wollte nur eher fragen, ob nicht die Patenten in der Nationalgarde, wie sie jetzt besteht, dienen, oder ob sie Teilnehmer sind? Berichterstatter. Nach den eingelangten Berichten sollen sie der Nationalgarde bereits eingereiht worden sein. Abg. Borrosch. Dann bin ich dafür, diese Petition einfach zurückzuweisen, denn je mehr wir den Grundsatz werden geltend machen, besondere Corps der Nationalgarde zu errichten, desto mehr werden wir Prätorianergarden für eine politische oder soziale Willkürherrschaft der Parteien geschaffen haben. Ich hoffe auch das von dem Nationalgardengesetze, daß es nur ein Staatsbürgertum, folglich auch nur eine Bürgerwehr geben kann, geben darf. B e r i c h t e r s t a t t e r. Ich erlaube mir zu bemerken, daß wir dadurch diese angezeigte Absicht erreichen.— Das Ministerium hat wiederholt erklärt, es sei nicht gesonnen, außer der Studentenlegion Sondercorps zu dulden, es wird ein Sondercorps nicht aufkommen lassen. Minister des Innern, Doblhoff. Der Entwurf ist mir nur in so weit bekannt, daß die Hauptgrundsätze, die er enthält, mir gegenwärtig sind. Nach diesen wären die Arbeiter ausgeschlossen von der Nationalgarbe, und die Bildung eines eigenen Corps um so mehr dem allgemeinen Grundsatze widersprechend, als besondere Corps nicht bestehen sollen. Ich glaube, daß dieses Gesuch zurückzuweisen wäre und zur Tagesordnung überzugehen sei. Berichterstatter. Es steht dem Ministerium nichts im Wege, das Gesuch in der Richtung zu erledigen. — Dadurch unterordnen wir die Patenten unter das Ministerium, und überlassen ihm die Verfügung nach bisher gehandhabten Normenjustizminister Bach. Ich erlaube mir eine Bemerkung. Wenn alle Gesuche, welche ein Princip enthalten, das die Reichsversammlung zu verwerfen findet, zur Erledigung an das Ministerium gewiesen werden sollen, so wird dadurch nur die Verantwortlichkeit an das Ministerium gewiesen, während doch der Reichstag das Princip normiert. Ich muß bekennen, daß ich dieß für nicht praktisch, der Reichsversammlung nicht würdig, nicht angemessen erachte. Ich glaube, daß bei derlei Petitionen entweder die sogleich Verwesung durch den Reichstag, oder die definitive Erledigung im bewilligenden Sinne ausgesprochen werde, und eine Verweisung an das Ministerium nur dann stattfinde, wo es sich in Betreff einer von dem Reichstage für unterstützungswürdig erkannten Petition, um eine von dem Ministerium zu erlassende Verfügung handelt. Das Letztere schließt die Anerkennung des Reichstages in sich, daß einer solchen Petition ein berücksichtigungswertes Princip zu Grunde liege, weil der Reichstag bestimmt, das Gesuch zum Gegenstande eines Beschlusses zu machen, und das Ministerium beauftragt wird, darüber weiter zu verfügen.
Ich stimme mit dem Antrage meines verehrten Herrn Collegen überein, daß zur Tagesordnung übergegangen werde.
Berichterstatter. Wir kennen die Ansicht des Ministeriums bloß aus den Äußerungen, die hier gemacht worden sind, nicht aber als Reichstag, weil dem Reichstage diese Ansichten nicht in Form eines Gesetzes vorgelegt, worden sind, daher glaube ich wiederholt, daß dieses Gesuch dem Ministerium zur Erledigung zu übergeben wäre.
Abg. Borrosch. Ich will bemerken, daß ich es der Würde des Reichstages, der die Volkssouverainität repräsentirt, also unverantwortlich ist, höchst unwürdig finde, einem verantwortlichen Ministerium die Verantwortung für Prinzipienfragenerledigungen anheim zu stellen. Wir dürfen es nicht zu unserem Sündenbocke machen, sondern müssen den Muth haben dieß selbst zu thun.
Berichterstatter. Wir haben ausdrücklich gesagt, daß wir ein Gesetz über die Volkswehr noch nicht votiert haben, und über diesen speciellen Fall unserer definitiven Bestimmung nicht vorgreifen wollen.
(Vielseitiger Ruf zur Tagesordnung.)
Präs. Es liegen drei Anträge vor. Der erste ist der der Keunmission, und geht dahin, daß das Gesuch dem Ministerium zur Erledigung gegeben werde. Ein zweiter Antrag ist der des Herrn Borrosch, der das Gesuch von hier aus zurückgewiesen wissen will, und der dritte Antrag des Herrn Ministers Doblhoff geht dahin, daß zur Tagesordnung übergegangen werde. Der Antrag auf Tagesordnung hat den Vorrang vor allen übrigen, daher werde ich diesen Antrag zur Abstimmung bringen.
Abg. Rieger. Ich bitte ums Wort. Ich glaube, daß hier in dieser Frage der Antrag zur Tagesordnung noch zu früh sei, weil dadurch das Gesuch gar nicht erledigt würde; wir müssen doch früher etwas darüber sagen. Ich stimme mit dem Antrage des Herrn Borrosch überein, daß es ab» gewiesen werde, und zwar, weil wir dem Ministerium, welches verantwortlich ist, durch die Auswälzung dieses Gegenstandes in Unpopularität bei der arbeitenden Classe bringen würden, denn es hat jedenfalls etwas Gehässiges an sich. Es wäre daher edler von uns, wenn wir diese Verantwortung selbst übernehmen, und sagen, daß keine besondere Garde mehr bestehe und keine neue errichtet werde.
Abg. Brauner. Ich bin ganz einverstanden im Principe mit den Herren Borrosch und Rieger; aber ich glaube, daß der Grundsatz, der die Abweisung rechtfertiget, im Reichstage auszusprechen wäre. Wir brauchen uns nicht an beide Extreme zu halten, es gibt noch eitlen Mittelweg, und zwar das Gesuch an den Ausschuß zu verweisen, mittlerweile aber die Erledigung in der Art hinauszugeben, daß der Reichstag sich noch nicht in der Lage befindet, sich über das Princip auszusprechen, und daß seiner Zeit die Erledigung erfolgen wird.
Abg. Lasser. Wenn der Petitionsausschuß die Kiengabe an das Ministerium zu überweisen erachtet, so folgt daraus noch nicht, daß es in unserer Absicht liegt, das Ministerium zum Sündenbock des Reichstages zu machen, sondern daß die Erledigung administrativ erfolgt. Der Reichstag hat die legislativen Erledigungen zu erlassen, und damit hat man sich noch nicht beschäftiget. Es fällt dem Reichstag als solchem anheim, das Substrat der Eingabe entweder als nicht berücksichtiget ad acta zu legen, oder zur administrativen Erledigung dem Ministerium zuzuweisen. Im letzten Wege wird es nicht gehen. Die Thatsachen, die vorliegen, zeigen uns, daß die Arbeiter in der Nationalgarde bestehen, wie dieß an der Gloggnitzer Bahn der Fall ist, und ich muss daher im Namen des Ausschusses in vorhinein sagen, daß es dem Ministerium zur Erledigung in Nationalgardengelegenheiten nach Maßgabe der bisherigen Normen gegeben werde.
Ein Abg. Es handelt sich hier um die administrative Verfügung bei Anwendung des provisorischen Nationalgardegesetzes auf das Gesuch. Nachdem es sich um eine administrative Verfügung handelt, so muß es allerdings dem Ministerium zugewiesen werden zur Erledigung. Der Reichstag hat roch nicht das Princip bezüglich der Nationalgarde ausgesprochen, und so lange das nicht geschehen ist, bleibt es bei dem alten provisorischen Gesetze, und nach dem hat das Ministerium seine Verfügungen zu treffen.
Ein Abg. Das ist der Abtrag der Commission.
Minister des Innern, Doblhoff. Ich möchte mir nur eine Bemerkung erlauben, daß es sich nach meiner Überzeugung hier nicht um eine Administrativverfügung, sondern um ein Princip handelt. Was das Beispiel betrifft bezüglich der Gloggnitzer Eisenbahnarbeiter, daß dort eine Nationalgardecompagni aus Arbeitein bestehe, so ist dieß ein Vorgang, der hier keine Anwendung findet. Es ist das keine eigentliche Nationalgardecompagnie, sondern eine Art Bewaffnung zum Schutze der Anstalt für den Fall der Gefahr eines Angriffes; eine Arbeitercompagnie bilden sie nicht. Auch in anderen Fabriken hat man Arbeiter, die bewaffnet sind, und zwar für den Fall als Gefahr für die Fabrik wäre, aber fönst verrichten sie keinen Nationalgardedienst, was sie ja auch nicht könnten, da sie durch die ganze Woche beschäftiget sind. Präs. Es liegen nunmehr vier Anträge vor. Erstens der Antrag der Commission, dann der des Abg. Borrosch, welcher dahin geht, das Gesuch von hur aus zurückzuweisen. Ich erlaube mir die Unterstützungsfrage zu stellen. Diejenigen Herren, welche sich für die Unterstützung aussprechen, daß dieses Gesuch alsogleich zurückgewiesen werde, wollen dieß durch Aufstehen kund geben. (Wird unterstützt.)
Dann ist noch ein weiterer Antrag des Abg. Brauner, er lautet: "Da sich der Reichstag über das Princip der Einheit der Nationalgarde, oder über die Zulassung von Sondercorps nicht ausgesprochen hat, wäre das Gesuch dem Ausschusse für das definitive Nationalgardegesetz zu überweisen, und hievon die Bittsteller zu verständigen."
Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstutzt.)
Von diesen Anträgen muß ich zunächst den Antrag auf Tagesordnung zur Abstimmung bringen.
Abg. Trojan. Dr. Mayer hat auch einen Antrag gestellt.
Abg. Mayer. Der vorgelesene Antrag ist mein Antrag ohne Begründung. Ich habe die Verweisung an die Commission beantragt, jedoch ohne Begründung.
Präs. Ich bringe zuerst den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung zur Abstimmung; darüber muß sich die Versammlung selbst aussprechen, ob der Antrag stattfinden föhne oder nicht. Diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. Ich erlaube mir den Antrag des Abg. Borrosch zur Abstimmung zu bringen, weil er zunächst alle anderen behebt. Der Antrag geht dahin, daß dieses Gesuch von hier zurückgewiesen würde. — Diejenigen Herren, weiche sich dafür absprechen, wollen es durch Aufstehen fund geben. — Ich bitte, stehen zu bleiben, da die Abstimmung zweifelhaft ist, — ich glaube, es ist die Majorität.
Abg. Borrosch. Es ist hier ein Zweifel entstanden; ich habe ausdrücklich gefragt, ob sie der Nationalgarde eingereiht sind, und es wurde mir mit Ja beantwortet; ich bin nur gegen die Sondercorps.
Berichterst. Das ist heute schon im Petitionsausschüsse erwähnt worden.
Präs. Ich werde die Gegenprobe vornehmen, damit wird die Sache abgethan sein. Ich bitte diejenigen Herren, welche gegen den Antrag des Abg. Borrosch sind, sich zu erheben. (Es ist Majorität gegen den Antrag.)
Präs. Ich werde nun den Antrag des Abg. Brauner vortragen.
Ein Abg. Nun folgt der Antrag des Abg. Mayer.
Präs. Ich muß früher den Antrag des Abg. Brauner vorlesen, damit ich sagen kann, in wie ferne der Antrag des Abg. Mayer von dem Antrage des Abg. Brauner abweicht.
Abg. Brauner. Ich will über die Priorität durchaus nicht absprechen, aber es muß ein Mißverständniß sein, denn ich habe den Herrn Redner Mayer nicht wohl vernommen.
Präs. Der Antrag des Abg. Brauner geht dahin: "Da sich der Reichstag über das Princip der Einheit der Nationalgarde oder über die Zulassung von Sondercorps nicht ausgesprochen hat, wäre das Gesuch dem Ausschusse für das definitive Nationalgardegesetz zu überweisen und hievon die Bittsteller zu verständigen."
Abg. Rieger. Es müßte erst entschieden sein, daß der Verfassungsausschuss auch ein Gesetz für die Nationalgarde zu entwerfen habe; da gesagt wurde, daß das Ministerium selbst ein solches Gesetz vorlegen werde, so glaube ich, daß das nicht nöthig wäre.
Präs. Es herrscht eine doppelte Differenz zwischen dem Antrage des Abg. Mayer und jenem des Abg. Brauner. Der Abg. Braunerwünscht, daß dieses Gesuch dem Ausschusse für das definitive Nationalgardegesetz zugewiesen würde, wahrend der Abg. Mayer dasselbe dem Constitutionsausschusse zugewiesen haben will. Ferner der Abg. Brauner hat seine Begründung angeführt, während der Abg. Mayer keine Begründung wünscht.
Abg. Hawliczek. Ich glaube, daß diese beiden Anträge sich leicht vereinigen lassen könnten.
Präs. Ich bitte, die Debatte ist schon geschlossen. Ich bringe zuerst den Antrag des Abg. Brauner zur Abstimmung.
Abg. Brauner. Ich vereinige mich mit dem Antrage auf Verweisung an den Verfassungsausschuß. Nach meiner Ansicht ist es eine Verfassungsfrage, wie und auf welche Grundlage die allgemeine Volkswehr gebildet wird. Abg. Mayer. Daß die Frage in den Verfassungsausschuss gehöre, erhellet schon daraus, daß unter den Menschenrechten auch das geordnet werden muß, wie und welche Theile der Volkswehr bestehen. Es müssen die allgemeinen Grundsätze festgesetzt werden, die Ausführung und Durchführung derselben kann Gegenstand einer Vorlage von Seite des Ministeriums sein; das Ministerium wird aber den Gesetzesverschlag nicht früher machen können, als durch die Verfassungsurkunde die obersten Grundsätze bereits bestimmt und beschlossen sind. Ersteres ist der hohe Gegenstand der legislativen Gewalt, für Letzteres kann ein Vorschlag von der Exekutivgewalt gemacht werden.
Präs. Ich bringe den Antrag zur Abstimmung, Diejenigen Herren, welche wünschen, daß dieser Gegenstand dem Verfassungsausschüsse zur Erledigung übergeben werde, wollen aufstehen, (Wird fast einstimmig angenommen.)
Was die Begründung selbst anbelangt, so erlaube ich mir zu bemerken, daß nach dir Geschäftsordnung solche Anträge ohne Begründung zu übergeben sind. Jetzt geht der Antrag weiter dahin, daß hievon die Bittsteller zu verständigen wären. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, daß dieß zu geschehen habe, wollen aufstehen. (Majorität ist dafür.)
Dadurch ist der Antrag der Commission behoben.
Berichterst. Plaček. Reichstags Nr. 97. Ascher Wappenstein aus Wien überreichte am 24. Juli 1848 dem Reichstage den Entwurf einer Constitution und eines Finanzsystems, welches sich von Wucherunterstützung fern halten solle.
Der Antrag des Petitionsausschusses geht einstimmig dahin, daß diese Eingabe dem Ausschusse zur Entwerfung der Constitution zuzustellen sei.
P r ä s. Wünscht Jemand das Wort? (Niemand.) Falls die hohe Versammlung mit diesem Antrage einverstanden ist, bitte ich, es durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Wird angenommen.)
Berichterstatter. Reichstags Nr. 155. Bitte der Bürgerschaft der Schutzstadt Libochowitz im Leiteritzer Kreise in Böhmen vom 27. Juli 1848 um Behebung der auf den städtischen Gründen zu Gunsten der Obrigkeit haftenden Verpflichtungen. Der Petitions- Ausschuß hat einstimmig beschlossen, den Bittstellern zu bedeuten, daß sie die Ergebnisse der dielfälligen Verhandlungen zu gewärtigen haben, und nach den feinenzeitigen allgemeinen Gesetzen ihre Ansprüche geltend machen können; die Eingabe selbst aber wäre der zu bildenden Commissär über den Kudlich'schen Antrag zur allfälligen Benützung zu übergeben.
Präs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? Falls die hohe Versammlung für diesen Antrag ist, so bitte ich es durch Ausstehen kund zu geben. (Angenommen.) Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Polaczek zum Vortrage zu schreiten.
Abg. Polaczek. Stephan Goj. Reichstagsabgeordneter, Überreicht dem Reichstage seine schriftliche Erklärung in Betreff der im Züge befindlichen Verhandlung übet die Aufhebung der Unterthänigkeit, bezüglich der Auflösung der Robot gegen Ersatzleistung. (Liest den Bericht des Ausschusses, dessen Antrag dahin geht, die hohe Reichsversammlung wolle beschließen, es sei der Antrag des Abg. Goj. ad acta zu legen )
Präs. Wünscht Jemand das Wort? Diejenigen Herren, die sich für die Hinterlegung des Antrages ad acta aussprechen, wollen dieß durch Aufstehen kundgeben. (Angenommen.)
Abg. Polaczek. Reichstags Nr. 25. Die Reichtagsabgeordneten des Täschner Kreises in Schlesien überreichen eine ihnen von dem israelitischen Vorstande zu Tuschen zugekommene Petition.
In dieser von M. Glesinger und Ignaz Pollak im Namen des Vorstandes der jüdischen Corporation des Täschner Kreises gefertigten Petition wird der Druck, den die Juden in den österreichischen Staaten durch die gegen die Juden bestehenden Ausnahmegesetze zu erleiden haben, geschildert, und um Abhilfe durch Behebung dieser Ausnahmegesetze gebeten. (Liest den Bericht des Ausschusses, welcher beantragt, die hohe Reichsversammlung wolle beschließen, es sei die Eingabe des Vorstandes der israelitischen Corporation im Täschner Kreise dem zur Entwerfung der Constitutionsurkunde zusammengesetzten Ausschusse zur Einsichtnahme und Berücksichtigung zuzuweisen.)
Eine ähnliche Eingabe der Israelitengemeinde von Libochewitz, sub Reichstags Nr. 222, wird von dem Ausschüsse mit demselben Antrage vorgelegt.
Präs. Wünscht Jemand das Wort? Falls die hohe Versammlung sich für die Verwesung dieser Eingaben an den Constitutionsausschuß ausspricht, so wolle sie dieß durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.) Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Tomicek zum Vortrage zu schreiten.
Abg. Tomicek. Reichstags Nr. 36: die Nachbauen der Gemeinde Rabukow des Gutes D o m a r s, Buntlauer Kreises in Böhmen, bitten, der hohe Reichstag möge sich ihrer annehmen, damit eine ihnen angeblich entzogene Hustweide im Ausmaße von 51 Joch, 125 Quadratklaftern ihnen wieder zurückgegeben werden möchte. (Liest den Bericht des Ausschusses mit dem Antrage desselben, es wäre dieses Gesuch an das Ministerium des Innern abzugelten.)
Präs. Der Antrag des Ausschusses geht dahin, daß diese Eingabe an das Ministerium des Innern zur Erledigung übergeben würde. Wünscht Jemand das Wort? — Falls die hohe Versammlung sich für den Antrag des Ausschusses ausspricht, so wolle sie es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.)
Abg. Tomicek. Reichstags. Nr. 266. Johann L h o t a, Reichstagsdeputierter des H o r i c e r Be z i r k e s in Böhmen und subst. Magistratsratz in Nachtod, überreicht Aufklärungen in Betreff seiner Wahl zum Reichstagsabgeordneten. (Liest den Bericht des Ausschusses mit dem Antrage, diese Eingabe an die betreffende Abtheilung behufs der Prüfung der Wahl zuzuweisen.)
Präs. Wünscht Jemand das Wort? Falls sich die hohe Versammlung für die Verweisung der Eingabe an die betreffende Abtheilung behufs der Prüfung der Wahl ausspricht, so wolle sie es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.)
Nun sind alle Berichte des Petitionsausschusses vorgelesen und zur Erledigung gebracht worden. Den dritten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet die Verhandlung über den Bericht des Finanzausschusses. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter zum Vortrage zu schreiten.
Abg. Pillersdorff. Meine Herren, der §. 45 der Geschäftsordnung verpflichtet mich, über den Bericht des Finanzausschusses die Berathung zu eröffnen. Die Anträge Ihres Finanzausschusses, welche ich Ihnen vorzutragen die Ehre hatte, wichen darin von den Vorschlägen des Herrn Finanzministers ab, daß Ihr Ausschuß 1. den von dem Ministerium verlangten außerordentlichen Credit durch eine bestimmte Summe zu begrenzen anträgt;
2. sich gegen die Aufbringung dieser Summe durch die Nationalbank erklärt;
3. der Zuweisung einer Spezialhypothek für das aufzunehmende Staatsanleihen seine Zustimmung versagt hat;
4. jede gezwungene Verwendung der auszugebenden Casseanweisungen ausschließt.
Wo das Vermögen der Staatsbürger in Anspruch genommen, oder dem Staate eine neue Last aufgebürdet wird, kann dieses nicht in ciaer unbestimmten Größe geschehen.
Jeder Staatsaufwand muß gerechtfertigt und mit den Kräften des Staates in Einklang gebracht werden; es ist nicht Mangel an Vertrauen in die Regierung und ihre Organe, es ist nur die durch die Pflicht gebotene Sorge für das Nationalvermögen, was die Volksvertretung bemüßiget, dieß zu bewilligen, was als strenges Bedürfnis nachgewiesen ist.
Ebenso wenig wurde der Finanzausschuss von Zweifeln in die Solidität und in die Mittel des Bankinstitutes geleitet, als er gegen die Aufbringung des Bedarfes aus den Kräften dieses Institutes Bedenken erhob. Die Bank hat durch ihre Geschäftsführung in schwierigen Perioden hinreichende Beweise ihrer großen Hilfsquellen und des fest begründeten Vertrauens, welches sie genießt, an den Tag gebracht.
Dieses Vertrauen zu bewahren, gehört ebenso zu den wichtigsten Angelegenheiten der Regierung, wie zu den ernstesten Aufgaben des Reichstages. Ihr Ausschuß hat nur diese Sorge betätigen wollen, indem er Ihnen die Kräfte dieses Institutes mit kluger Zurückhaltung zu schonen empfohlen hat, auf welches Handel und Industrie, um zu einer fegensreichen Entfaltung ihrer Thätigkeit zu gelangen, ihre Erwartungen und Ansprüche stellen. Das Vertrauen des Volkes wird sich diesem Institute um so inniger anschließen, je mehr die Nationalversammlung die Unabhängigkeit seiner Stellung achtet, und seine Hilfsquellen mit Mäßigkeit und Behutsamkeit in Anspruch nimmt.
Hypotheken für die Verpflichtung des Staates sind immer nur eine schwebende Stütze für ein loses Vertrauen. Der Schuldenstand des Staates ist groß, und die daraus entspringende Last eine schwere Bebürdung der Zukunft; allein groß find auch die Hilfsmittel unseres gesegneten Vaterlandes. Eine durch den Willen des Volkes gestärkte Regierung und die redliche Gesinnung derselben werden sie so zu benützen wissen, daß die Last allmälig verschwindet, und die erwerbende Thätigkeit nicht gelähmt wird. Eine Schuldenlast von 900 Millionen ist ein trauriges Vermächtnis einer verhängnisvollen Vergangenheit; allein, ihm dient zur Hypothek ein Gründbesitztum von 50 Millionen Jochen eines fruchtbaren Bodens, und ein bewegliches Vermögen, welches diesem im Werthe nicht nachsteht. Wie dürfen auch nicht vergessen, daß die Nation größtentheils sich selbst schuldet, und was sie dem Staate dafür steuert, wieder in die Hände zurückfließt, welche Arbeit hervorrufen und den Fleiß belohnen. Kehrt das Vertrauen zurück, wie es unter dem Schutze glücklicher Institutionen rückkehren muß, so wird Zufriedenheit und Wohlstand das Bindungsmittel sein, welches Individuen frühere Unbilden vergessen macht, und Nationalitäten zu einem engen Bande vereint.
Diese Betrachtungen werden Ihren Beschluß erleichtern, in einer Anleihe die Hilfsmittel zu suchen, welche die Regierung unerläßlich bedarf. Ihr diese Mittel entziehen, hieße, ihr Verlegenheiten bereiten und ihre Kräfte schwächen, und doch kann nur eine starke Regierung die Interessen des Volkes würdig und mit Erfolg vertreten. Die Erläuterungen des Herrn Finanzministers haben gezeigt, daß er selbst den neu auszugebenden Casseanweisungen keine gezwungene Verwendung zu geben beabsichtiget. Jeder Zwang in der Benützung des Kredits widerstrebt so sehr der Natur des Kredits, und ist von so bedenklichen Folgen begleitet, daß Ihr Ausschuß die Überzeugung derselben in die Ihnen vorgeschlagenen Beschlüsse aufnehmen zu müssen glaubte. Eine nachträgliche Besprechung zwischen Ihrem Ausschusse und dem Finanzminister hat zur Übereinstimmung in allen diesen Puncten geführt, nur erklärte derselbe eine zeitliche Aushilfe bei der Bank nicht entbehren zu können, da die bevorstehenden Zahlungen nicht aufschiebbar sind, und die Zuflüsse durch eine Kreditsmaßregel nur allmälig disponibel werden können. Er hat sich jedoch selbst geneigt gezeigt, die durch ein Ubereinsommen mit der Bank sicher zu stellende temporäre Aushilfe aus den Einzahlungen, welche durch