ländlichen Grundbesitz und die ländliche Bevölkerung drücken, sind so mannigfaltig, so von Provinz zu Provinz, ja von Gegend zu Gegend verschieden, es kommen dabei, will man nicht im Falschwerstahn denen Interesse der Freiheit die Anforderungen des Rechtes geradezu mit Füßen treten, so vielerlei Rücksichten in Betracht, es sind dabei vom Nationalökonotnischen Standpuncte so viele Rücksichten zu beobachten, daß es eine bewunderungswürdige Unkenntnis dieses schwierigen Gegenstände... beweist, wenn man sich schmeicheln wollte, mit einem Sprunge dar oder hinwegzusetzen. (Beifall.)
Es ist also He Frage, wo die Grenze zu ziehen ist in materieller Hinsicht zwischen Demjenigen, was sogleich geschehen soll, und Demjenigen, was einen Aufschub duldet, ja fordert?
Ich glaube, diese Grenze kann nur dadurch gezogen werden, daß wir erklären: alle diejenigen Rechte und Verpflichtungen, welche aus dem Untertranigkeitsverhältnisse als solchem und nur aus diesem entspringen, haben sogleich aufzuhören. Dagegen sowohl die Entschädigungsfrage rücksichtlich dieser, als auch die geeigneten Maßnahmen rücksichtlich der aus ändern Titeln entspringenden Belastungen des ländlichen Grundbesitzes, werde der sorgfältigen und allseitigen Prüfung einer eigenen aus der Mitte dieser Versammlung zusammenzusetzenden Kommission über wiesen. Für die Ziehung dieser Grenze, beziehungsweise für die Hervorhebung der aus dem Unterthannigkeitsverhältnisse entspringenden Lasten als derjenigen, die sogleich aufzuheben sind, sprechen überdies noch zwei Gründe, ein philosophischer und ein historischer; ein philosophischer, weil, wenn wir den Grundsatz aufsprechen, wenn wir die Untertänigkeit im Principe aufheben, wir nothwendig auch die Cohnsequenzen dieses principes zugleich mit aufheben müssen, nämlich die aus dem Unterihänigkeitsverhältnisse, und nur aus diesem entspringenden Lasten. Der historische Grund ist aber der, daß in vielen, und vielleicht, ich weiß es nicht, in den meisten Gegenden, die Naturalrobot als der wichtigste und umfassendste Theil dieser Lasten tatsächlich nicht mehr geleistet wird, daß nur Dasjenige zum Rechtssatz zu werden braucht, was in diesem Augenblicke tatsächlich ohnehin nicht mehr besteht, wenigstens in vielen Gegenden nicht mehr besteht. Ziehen wir diese Grenze nicht, so kommen wir in all das Gewirre der zahllosen Amendements hinein, deren, wenn es so fort geht, bald so viele sein werden als Sterne am nächtlichen Himmel, mit dem Unterschiede, daß die Sterne am nächtlichen Hirnmehl in friedlicher Eintracht neben Einahnderstehen, während von den Amendements eines dem ändern quer über den Weg läuft, oder gar geradezu feindselig entgegensteht.
Von diesem Gesichtspuncte nun bin ich bei der Entwerfung meines Antrages ausgegangen, den ich so frei bin, nun der hohen Versammlung vorzulesen.
"Es wären in Betreff der durch den Kudlich'schen Antrag angeregten Aufhebung des Untertänigkeitsverhältnisses und Entlastung des ländlichen Grundbesitzes folgende drei Maßregeln zu ergreifen:
Erste Maßregel. "Der Reichstag beschließt: Erstens. Das Verhältniß der Gutsunterthänigkeit hört von diesem Augenblicke (Zeitpunct der Kundmachung) auf, und es hat die Bezeichnung "Gutsunterthan" hinfort gänzlich zu unterbleiben.
Zweitens. Alle Rechte und Verbindlichkeiten, welche aus dem Untertänigkeitsverhältnisse als solchem entspringen, find mit diesem Augenblicke (Zeitpunct der Kundmachung) für alle künftige Zeiten behoben. Dieser Beschluß wäre nach dreimaliger in kürzester Frist auseinanderfolgender Lesung zum Gesetze zu erheben und als solches auf die gehörige Art kund zu machen.
Zweite Maßregel. Der Reichstag erläßt einen Aufruf an die gesammte Landbevölkerung, des Inhaltes:
Erstens. Kundmachung des vorgedachten zum Gesetze erhobenen Beschlusses.
Zweitens. Vorbehalt der den betroffenen Theilen gebührenden Entschädigung von Seiten der entlasteten Theile.
Drittens. Mittlerteilige Verfügung, daß die von den bisherigen Obrigkeiten geführte Gerichtspflege und politische Verwaltung von denselben im Auftrage und im Namen der Staatsverwaltung und gegen verhältnismäßige Entschädigung bis zur reinen Organisirung des staatlichen Lebens fortzuführen sei.
Viertens. Bekanntgebung, daß es sich der Reichstag nächst dem Verfassungswerke als den wichtigsten Gegenstand angelegen sein lasse, auch für die Ausgleichung und Behebung der übrigen die Freiheit des ländlichen Grundbesitzes beschränkenden Lasten die zweckdienlichen Maßregeln baldmöglichst zu treffen.
Dritte Maßregel.
Der Reichstag fetzt für jedes Gouvernement eine Commission von drei Mitgliedern zusammen, welche erst abgesondert die eigentlichen Verhältnisse ihres Landes zu berathen und sodann in eine gemeinschaftliche Commission zusammen zu treten haben, um — unter Rücksichtnahme auf die sämmtlichen über den Kudlich'sehen Antrag eingelangten und unterstützten Abänderungs-, Verbesstrugs und Zusatzvorschläge — vor den Reichstag die Vorlage eines umfassenden Gesetzes über Aufhebung oder Ablösung der sämmtlichen, den ländlichen Grundbesitz belastenden Einschränkungen zu bringen."
Ich habe nur über zwei Puncte dieses Antrages einige Worte zu verlieren. Erstens über die Worte: "Dieser Beschluß wäre nach.... kundzumachen." Das verkehrliche Mitglied für Zell am See hat in dieser Versammlung wiederholt hervorgehoben, daß die zwei ersten Absätze des Kudlich'schen Antrages einen Gesetzentwurf enthalten, und daß man sich aus diesem Grunde an den §. 84 der Geschäftsordnung halten müsse. Es scheint, daß diese Hervorhebung bei der Versammlung nicht die gehörige Würdigung gefunden hat, ich glaube aber, daß darüber nicht der geringste Zweifel obwalten könne. Ich will die hohe Versammlung nur auf die Analogie eines Falles aufmerksam machen, welcher bereits in diesem Hause vorgekommen ist. Wir haben den Antrag des verirrten Mitgliedes für Schwatz, betreffend die Unverletzlichkeit der Reichstagsmitglieder und die Unverantwortlichkeit ihrer Meinungsäußerung. Diesen Antrag hat bekanntlich das Ministerium auf sich genommen. Hätte das Ministerium diesen Antrag nicht auf sich genommen, so befände sich derselbe gegenüber dieser Versammlung gerade in dem Verhältnisse, in welchem sich gegenwärtig der Kudlich'sche Antrag befindet; es würde vielleicht der Zweifel angeregt werden, ob es sich hier um einen Gesetzentwurf handelt oder nicht. Nun hat aber das Ministerium diesen Antrag zu dem seinigen gemacht, und das Ergebniß seiner Mühe der Versammlung vorgelegt, und über dieses Ergebniß ist, so viel ich weiß, kein Mensch in Zweifel, daß es einen Gesetzentwurf enthält. Nun frage ich: hätte das Ministerium den Antrag des verkehrlichen Mitgliedes für Schwatz nicht auf sich genommen, wäre er dadurch etwas anderes geworden? Oder wird etwas zu einem Gesetzentwürfe nur dadurch, daß es vom Ministerial diesem Haufe überkommen wird? Ist nicht vielmehr Gesetzentwurf alles Dasjenige, was als verbindliche Norm für die Staatsbürger in die Öffentlichkeit treten soll? Und enthält nicht der Kudlich'sche Antrag in seinen ersten zwei Puncten, beziehungsweise mein Antrag in der ersten Maßregel, solche Bestimmungen? Wenn die hohe Versammlung beschlossen haben wird: "Das Verhältniß der Gutsunterthänigkeit hört von diesem Augenblicke auf"— wird das kein Gesetz sein? Wenn die Versammlung beschlossen haben wird: "Alle Rechte und Verbindlichkeiten, die daraus fließen, sind für alle künftige Zeiten aufgehoben" — wird das etwas anderes sein als eine verbindende Norm für den Staatsbürger? Ist aber dieses, dann verweise ich auf den §. 84 der Geschäftsordnung, nach der wir uns bei der Berathung aber einen Gesetzentwurf halten müssen. Oder warum sonst haben wir so viel Zeit und Schmeiß verwendet, warum sonst soll es dem Staate so viel Geld kosten, um über 14 Tage an der Geschäftsordnung zu arbeiten, wenn wir uns daran nicht halten wollen? Wozu sonst haben so viele gewissenhafte Mitglieder der Kammer mit so viel Aufmerksamkeit und Sorgfalt darüber gewacht, daß kein Pünktchen über dem "Befehle? Wozu sonst hat das verkehrliche Mitglied für Bonn so viel Witz und Scharfsinn entwickelt, um alle die zahlreichen Lanzen zu brechen, welche von allen Seiten gegen seine Paragraphe eingelegt wurden? Wozu sonst sind wir einen halben Tag über den §. 84 gesessen, haben Verbesserungsanträge über Verbesserungsanträge angehört und unterstützt, haben bann den ganzen Paragraph zur neuerlichen Redaction übergeben, haben endlich diesen neuerlichen Paragraph angenommen?! Wozu sonst, frage ich, wenn wir uns gleich jetzt im ersten Falle nicht daran halten wollen? Meine Herren, das hieße den Völkern, deren Interessen wir hier vertreten und die jeden unserer Schritte mit aufmerksamen Augen verfolgen, ein schlechtes Beispiel, das hieße ihnen ein großes Ärgernis geben, wenn sie uns nachsagen dürften, wir halten 14 Tage über eine Geschäftsordnung berathen, bloß darum, um uns nicht daran zu halten. Meine Herren! ich sage es, wir sind es Der hohen Wichtigkeit des Gegenstandes, den wir hier berathen, schuldig, daß wir die Bestimmungen darüber nicht anders als in der Form eines Gesetzes aus unserer Mitte in die Öffentlichkeit treten zu lassen. Wir find es uns selbst, im Interesse unserer eigenen Würde schuldig, daß wir diesen Gesetzentwurf nicht anders als auf gesetzlichem Wege heraustreten lassen, daß wir dabei nicht dasjenige Gesetz übertreten, welches wir uns selbst gegeben haben. Man wage es nicht, uns einschüchtern zu wollen durch Drohungen, mögen sie von Außen her auf diese Versammlung kommen oder aus dem Inneren, wo immer her. (Zischen.)
Vicepräs. Ich bitte, das dürfte nicht zur Begründung gehören.
Abg. Helfert. Ich wollte nur jagen, daß die Millionen, welche durch viele hundert Jahre unter dem Joche der Untertänigkeit geseufzt haben, uns doch wohl 4 bis 5 Tage (und mehr braucht es nicht) gönnen werden, um den Gesetzentwurf in gehöriger Weise in die Öffentlichkeit bringen zu können.
Der zweite Punct, welchen ich zu besprechen habe, ist der Vorbehalt der den betroffenen Theilen gebührenden Entschädigung von Seiten der entlasteten Theile. In voraus muß ich mich erklären, daß ich nicht nur mit dem Antrage des verehrten Mitgliedes für Teschen einverstanden bin: daß es gewisse Lasten gebe, die ohne Entschädigung aufgehoben werden müssen, sondern ich erkläre, daß ich dasjenige, was dort nur beispielsweise angeführt wurde, auf das Princip zurückführen will, daß alle diejenigen Lasten ohne Entschädigung aufgehoben werden sollen, welche nicht auf dem Rechte, sondern auf einem Unrechte beruhen, oder auf einem solchen Rechte, welches unserer Zeiten unwürdig ist, nämlich der Leibherrlichkeit.
Was in Bezug einer Beschlußnahme gesagt wurde, muß ich als ein Princip zurückführen, nämlich: ob alle diejenigen Lasten ohne alle Entschädigung aufzuhören haben, welche nicht auf einem Rechte oder Unrechte beruhen. Im Übrigen aber wage ich nach den Reden, die in der gestrigen Versammlung hier gefallen find, es aufzusprechen: daß, wenn diese hohe Versammlung die Robot für aufgehobenerklärt, daß sie zugleich erklären müsse, daß Entschädigung gebühre, Entschädigung Demjenigen, der verliert, Entschädigung von Demjenigen, der gewinnt.
Das verkehrliche Mitglied für St. Veit hat gestern den Antrag gestellt, daß über die Frage durch Namensaufruf abgestimmt werde; meine Herren, es ist dieß der zweite Fall, daß in derselben Kammer (Ruf: zur Sache).. Meine Herren! ich weiß dann nicht, was zur Sache gehört.
Abg. Brettel. Ich glaube, daß die Geschäftsordnung einem Amendementisteller nur das Recht zugesteht, sein Amendernent zu begründen. Wir sind noch nicht in Diskussionen übergegangen. Dadurch, daß ein Jeder vorn Gegenstande abschweift, dadurch begründen wir eine Discussion, und die Andern, welche sich rechtmäßig als Redner eingeschrieben haben, sind dadurch in ihrem Rechte gekränkt. Eine vernünftige Begründung eines Amendement ist nur dann möglich, wenn ein jeder in Kürze sein Amendement begründet, und so ist auch dieses in der Geschäftsordnung vorgeschrieben; denn sonst könnten wir drei bis vier Tage verlieren, ohne zu einem Resultate zu gelangen.
Vicepräs. Ich muß mir erlauben, der Abg. Brettel hat nicht das Wort gehabt.
Abg. Helfert. Es ist der Ruf zur Sache gefallen, doch weiß ich nicht, was ich außerhalb der Sache gesagt habe. Ich erlaube mir, das verkehrliche Mitglied zu bitten, nachträglich darüber sein Urtheil auszusprechen, ob dasjenige, was ich gesagt haben werde, zur Sache gehöre oder nicht, was sonst zur Sache gehört, wenn man nicht einmal die Wahrheit sagen darf. (Ruf: zum Gegenstande.) Ich wollte sagen, es ist dieses der zweite Fall, daß in demselben hohen Hause, wo der Gesetzentwurf über die Unverantwortlichkeit der Meinungsäußerung berathen wird, daß in diesem selben Haufe der Namensaufruf benützt werden will zur Censur, in wiefern ein Mitglied nach Belieben oder nach Missbelieben dieser oder jener Partei zu stimmen die Schwache oder den Muth hat. (Eine Stimme: Das ist Verdächtigung!) Helfert. Ich bitte! das verehrte Mitglied für St. Veit hat ausdrücklich gesagt, es solle Namensaufruf stattfinden, damit man die Beschützer der tyrannischen Unterdrückung kennen lerne. (Eine Stimme: Das ist keine Begründung, das ist eine Widerlegung.)
Vicepräs. Der Abg. Helfert hat nur den Verbesserungsantrag zum Antrage des Abg. Kudlich gestellt, der die Aufhebung der Unterthansverhältnisse betrifft, keineswegs aber über die Art der Abstimmung. Ich muß also den Herrn Antragsteller ersuchen, bloß bei Begründung seines gestellten Verbesserungsantrages zu bleiben, keineswegs aber zu einem ändern Gegenstande überzugehen.
Abg. Helfert. Als gehorsames Mitglied werde ich mich demjenigen fügen, was der Herr Präsident bestimmt hat, trotzdem ich nicht weiß, warum denn immer "zur Sache" gerufen wird. Also ich wollte nur das erwähnen, daß ich auf dem Rechtsgrundsatze bestehe. Ich habe in der hohen Versammlung schon sehr viel von Freiheit reden hören, aber etwas, wovon ich noch sehr wenig oder nur nebenbei habe reden hören, das ist — vom Rechte (Zeichen des Mißfallens), und nach meiner Ansicht muß Freiheit und Recht Hand in Hand mit einander gehen. Nur Derjenige handelt im Interesse der Freiheit, welcher nie von dem Pfade des Rechtes abweicht. Unser guter Stern wende es ab, daß wir je den lockenden Tönen der Freiheit folgen, ohne zugleich die ernste Stimme des Rechtes zu hören. Wir müssen das Recht Allen spenden, nach allen Seiten hin; und wenn man von diesem Gesichtspuncte ausgeht, so kann gar sein Zweifel sein, daß wir das Recht der Entschädigung Demjenigen zusprechen müssen, der verliert, daß wir Demjenigen, der gewinnt, eine ebenfalls billige Endschädigung auflegen müssen. Nach meiner Ansicht soll also eine Commission zusammengefetzt werden, zu welcher aus Ihrer Mitte drei Mitglieder aus jedem Gouvernement gewählt werden sollen, mit Berücksichtigung eines Abgeordneten für die Bukowina. Diese Commission soll so schnell als m5glich, soll heute noch zusammengerufen werden. Dieser wird zuerst zugewiesen die Redaction der ersten zwei Puncte des Kudlich'schen Antrages oder meines Verbesserungsantrags. Die Commission bleibt permanent, und kann morgen die Fassung dieser wenigen Paragraphe vollenden und dem Haufe vorlegen. Es kann morgen das erste Mal, Montag das zweite, Mittwoch das dritte Mal zur Verlesung geschritten werden, und so sind wir ganz gesetzlich verfahren. Diese Commission hatte zweitens den Entwurf des feierlichen Aufrufes zu machen. Es könnte dann zugleich, wenn dieses Gesetz zum dritten Male in dem Haufe durchgegangen ist, der Entwurf dieses Aufrufes berathen werden. Endlich hätte diese Commission drittens zur Berathung dessen zu gehen, was ich als die dritte Maßregel hervorgehoben habe.
V i c e p r ä s. Wird dieser Antrag unterstützt?) (Wird unterstützt.) Es liegt ein weiterer Verbesserungsantrag vor, der des Abg. Polaczek; er lautet:
"Die hohe Reichsversammlung wolle beschließen:
1. Daß die Einschränkung der persönlichen Freiheit eines jeden einzelnen Staatsbürgers als auch der Freiheit ganzer Gemeinden durch das Band der Untertänigkeit aufzuhören hat.
2. Daß Robot, sowie alle andern die Freiheit des bäuerlichen und bürgerlichen Grundbesitzes beschränkenden, nicht kontraktmäßigen, sondern aus dem Begriffe der Untertänigkeit entspringenden, aus Urbaren hervorgehenden Leistungen von nun an aufgehoben sind.
3. Daß eine aus den Vertreter aller Provinzen gewählte Commission mit aller Beschleunigung Gesetzentwürfe, betreffs der Behebung aller ändern die Freiheit des bürgerlichen und bäuerlichen Grundbesitzes einschränkenden nicht privatrechtlichen, sondern aus dem Verhältnisse der Grundherrlichkeit, Schutz und Dorfobrigkeit und des Lehenstandes entspringenden Lasten und über die Frage, welche Entschädigung und auf welche Art und Wege solche zu leisten sei, auszuarbeiten und vorzulegen habe.
4. Die Anforderung an das Ministerium zur schleunigen Vorlegung von Gesetzentwürfen zur Einführung landesfürstlicher Gerichte mit Bezirksgerichten und öffentlichem und mündlichem Verfahren, dann zur Regelung der Gemeindeverhältnisse durch Gemeindeordnungen.
5. Daß diese Beschlüsse des Reichstages dem Landvolke ältlich kund zu machen seien."
Abg. Polaczek. Ich bin mit dem Antrage des Abg. Kudlich in seinem ausgesprochenen Principe, daß der Unterethansverband in allen seinen Konsequenzen aufzuhören habe, vollkommen einverstanden; denn wir sind alle von der Überzeugung durchdrungen, daß in einem freien constitutionellen Staate, welcher auf Volksfreiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit basirt sein soll, ein solcher Unterschied, eine solche Beschränkung sowohl der persönlichen Freiheit, als auch des Besitzes nicht stattfinden kann.
Allein, wie bereits der Herr Vorredner bemerkt hat, in der Art und Weise, wie dieser Unterethansverband aufgehoben werden soll, ergeben sich vielfache Unterschiede.
Der Ausspruch des bloßen Principes, daß der Unterethansverband aufgehoben sei, kann nicht genügen; denn sobald die Folgen desselben, die Lasten, mit welchen der Grundbesitz belastet ist, die Beschränkung der persönlichen Freiheit bleiben, dann hat das Unterthänigkeitsverhältniß noch nicht aufgehört: wir müssen diese Verhältnisse faktisch aufheben, und zwar alle, welche dm Grund und Boden belasten, die aus dem Begriffe der Untertänigkeit hervorgehen.
Es handelt sich nur um die Art und Weise: wie, und um die Zeit: wann diese Aufhebung zu geschehen habe.
Der vorige Herr Redner hat richtig bemerkt, daß wir bei den verschiedenen Belastungen unterscheiden müssen diejenigen, welche aus dem Begriffe der Untertänigkeit als solche hervorgehen, und jene, welche aus Contrachen, aus Übereinkommen entstanden sind.
Was die aus dem Begriffe der Untertänigkeit gefolgerten Belastungen anbelangt, so stimme ich ganz mit dem Abg. Kudlich überein, daß diese auf der Stelle behoben Werten müssen, Es sind dieß die Robot, dann jährliche Leistungen, welche an den Urbaren vorhanden sind, und nur einen historischen Grund haben, für welche aber kein Recht grund nachgewiesen werden kann, die aus dem Leibeigenschaftssystem übertragen worden sind, und zu Kaiser Joseph Zeiten nur modificirt wurden, keineswegs aber aus einem Vertrage folgen.
Allein der Abg. Kudlich hat sich nicht damit zufrieden gestellt, sondern sein modificirten Antrag lautet: "Daß Robot und Zehent, so wie alle ändern, die Freiheit des bäuerlichen Grundbesitzes beschrankenden, nicht privatrechtlichen — soll wohl heißen: "streng privatrechtlichen" — sondern aus dem Verhältnisse der Grundherrlichkeit, Bergherrlichkeit, Vogteiherrlichkeit, Schutzobrigkeit, Dorfobrigkeit und des Lehenstandes entspringenden Lasten nicht mehr zu leisten sind."
Der Meinung bin ich nicht; ich glaube, daß die aus Urbaren hervorgehenden Frohnen u. s w. auf der Stelle aufgehoben werden müssen; und sie sind auch bereits aufgehoben, in Galizien durch die Regierung, in Mähren, Schlesien durch die hochherzigen Beschlüsse der Stände, und in Böhmen sind sie bereits factisch, wenn auch nicht gesetzlich aufgehoben. Wir müssen aber das factische Aufheben zu einem gesetzlichen Zustande emporbringen.
Was die ändern kontraktmäßigen Verbindlichkeiten anbelangt, Erbzins u. s. w., so halte ich nicht dafür, daß wir diese mit einem Federstriche wegstreichen; wir müssen bedenken, daß wir einen rechtlichen Bestand von Verträgen in Frage stellen, daß einmal die Sache weiter kommen, daß mit der Zeit alle Verträge in Frage gestellt, oder annullirt werden können. Ich glaube, wir müssen zuerst berathen, die Art und Weise, wie, unter welchen Modalitäten, und welche Entschädigung geleistet werden müsse.
Wir haben untertänige Stadtgemeinden, die untertänigen Stadtgemeinden müssen ein Schutzgeld bezahlen, und sie stehen hinsichtlich der Einkünfte unter der Bevormundung der Obrigkeit; daß sie nicht von den Lasten befreit sind, beweist der Bestand des Gemeinderechtes; wir müssen also auch daran denken, diese Gemeinden von den Lasten des Untertänigkeitsverbandes und von der Bevormundung loszureißen und sie freizustellen, damit, wenn sie eine Selbstständigkeit erlangt haben, sie sich freier bewegen werden, und dann etwas Vortreffliches leisten können. Deshalb habe ich mein Amendement in nachstehender Weise gestellt. (Er liest den 1. §. seines Abänderungsantrages.) Bei dem Grundsatze, daß alle Lasten aufgehoben werden sollen, habe ich den zweiten Punct in folgender Art gestellt. (Er liest den zweiten Punct vor.) Im dritten Puncte soll es heißen statt "Nichtprivatrechtliche" "privatrechtliche." (Er liest den vierten Punct vor.) Es handelt sich auch hier um die Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit, denn auch dieß ist ein Ausfluss der obrigkeitlichen Rechte, und es geht nicht an, daß wir die Patrimonialgerichtsbarkeit durch eine landesfürstliche aufheben und dadurch dem Staate noch Lasten aufbürden. Daher bin ich der Meinung, daß, da das Ministerium einen Entwurf bearbeitet und nachdem bereits die Rede davon war, nachdem endlich zur Feststellung der Gemeinde auch eine Regulirung des Gemeindewesens nothwendig ist, so bin ich dafür, daß diese Beschlüsse des Reichstages dem Landvolke ältlich kund gemacht werden.
Es würde in vielen Antragen nach dem Antrage des Abg. Kudlich von einer feierlichen Proclamation gesprochen, ich finde in der Geschäftsordnung keine Maßgabe, ich kann auch keinen Anlaß dazu finden, auch ist es in allen anderen Ländern nicht üblich. Die Bauern sind lang ruhig, wenn auch hie und da Exzesse vorfallen, die sind aber nur vereinzelte; und ich finde nicht den Anlaß, daß der Reichstag eine feierliche Proclamation erlasse, und sich dießfalls in einen Ausnahmefall versetze. Eine Ankündigung ist allerdings nöthig, weil ein Gesetz gegeben werden soll, daß die Robot aufgehoben werde, und weil das Landvolk denn doch auch in Kenntniß sein soll, daß wir uns mit seinen Interessen, mit der Erleichterung seiner Bürden beschäftigen.
Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Er wird unterstützt.)
Es liegt ferner ein Antrag des Abg. B e r g e r vor, er bezieht sich auf den den zweiten Punct im verbesserten Antrage des Abg. Kudlich, und lautet: "Zum zweiten Punct. Nach den Worten: "nicht mehr zu leisten find" wäre zu setzen: "die von den Obrigkeiten hinsichtlich dieser aufgehobenen Gerechtsame bisher bezahlten Steuern haben aufzuhören."
Ich ersuche den Herrn Antragsteller, sein Amendement zu begründen.
Abg. Berger. Ich verzichte auf das Recht meiner Begründung, indem ich glaube, daß dieses Amendement auch ohne Begründung Anerkennung finden wird.
Vicepräs Wird dieser Antrag unterstützt? (Er wird unterstützt.)
Es liegt ein weiterer Antrag des Abg. Sadil vor. (Der Antragsteller nimmt seinen Antrag zurück.)
Es liegt ferner ein Antrag des Abg. Popiel vor, er lautet:
"Die hohe Reichsversammlung beschließt:
I. Alle Inwohner verschiedener Provinzen, welche den österreichischen Kaiserstaat bilden, sind persönlich frei und gleichberechtigt — jedweder Untertänigkeitsverband soll von heute an auf hören.
II. Hieraus folgt: daß Robot, Zehent, Zinse und alle anderen Untertänigkeitslasten und Giebligkeiten vom Rustikalgrund einerseits, sowie Dienstbarkeiten und Verpflichtungen vom Dominicalgrundbesitz andererseits, von heute an nicht mehr gefordert und nicht mehr geleistet werden sollen, und zwar ohne alle Ablösung. Kein Bürger kennt andere Lasten und Pflichten, als gemeinschaftliche Staatslasten.
III. Ein feierlicher Erlaß wird den Völkern diesen Reichstagsbeschluß kundgeben.
IV, Nur auf der Basis der Reichskonstitution, welche auch die Grundrisse der Provinzialverfassung enthalten wird, können die Abgeordneten jeder Provinz für sich die neue Organisirung der Jurisdiktion und des Gemeindewesens abgesondert vornehmen. Bis zu dieser Zeit hat es bei der gegenwärtigen Patrimonialgerichtsbarkeit gegen eine für diese Zeit zu erfolgende Entschädigung zu verbleiben."
Ich bitte den Herrn Antragsteller zur Motivirung seines Antrages zu schreiten.
Abg. Popiel. Ich finde es für gut, heute meinen Antrag nicht zu begründen, und die Begründung desselben werde ich mir für die Zeit der Debatte vorbehalten, weil die Versammlung in diesem Augenblicke etwas aufgeregt ist, so möchte ich auch gleich zur Ordnung — soll heißen zur Sache— gerufen werden. (Heiterkeit.)
Vicepräs. Wird der Antrag des Abg. Popiel unterstützt? (Unterstützt.)
Nun folgt der Antrag des Abg. Pillersdorff.
Abg. Pillersdorff Nicht aus dem Grunde des verehrten Vorsprechers, sondern da mir eine hohe Versammlung schon hinreichend aufgeklärt scheint, und noch eine große Masse von Abänderungsanträgen vorliegt, enthalte ich mich des Wortes, und ziehe meinen Antrag zurück. (Beifall.)
Vicepräs. Es folgt min das Amendement des Abg. Ingram, es lautet:
1. "Der Untertänigkeitsverband und die aus demselben herrührenden Rechte und Pflichten haben aufzuhören.
2. Eben so haben die nicht aus dem Unterthänigkeitsverbande herrührenden Grundzüge und Zehent und andere ähnliche Giebligkeiten, sowie auch der Lehenverband und die aus demselben entspringenden Rechte und Pflichten aufzuhören.
3. Das Aufhören der im ersten Absatze bezeichneten Rechte und Pflichten hat sogleich stattzufinden, und es wird dem späteren Ausspruche des Reichstages vorbehalten, ob und welche Entschädigung von Seite der bisher Verpflichteten zu leisten sei; jedoch hat die Gerichtsbarkeit und politische Geschäftsführung bis zur Einführung der neuen Gerichtsverfassung von den Patrimonialgerichten inzwischen noch ausgeübt zu werden. Der Staat vergütet die dießfalls erlaufenden Kosten.
4. Das Aufhören der im zweiten Absatze bezeichneten Leistungen und Giebligkeiten hat erst dann wirklich stattzufinden, sobald die hiefür von Verpflichtungen zu leistende Entschädigung ausgemittelt sein wird.
5. Damit dieser Zeitpunct nicht zu sehr hinausgeschoben werde, wird festgesetzt, daß, nachdem die Grundsätze, gemäß welcher die Entschädigung zu erfolgen hat, vom Reichstage bestimmt, und in den Provinzen bekannt gegeben sein werden, den Berechtigten und Verpflichteten noch ein Zeitraum von sechs Wochen gelassen wirb, binnen welchem sie sich über das Quantum der zu leistenden Entschädigung im gütlichen Wege verständigen können; nach fruchtlosem Verlaufe dieses Zeitraumes wird zur Ausmittlung der Entschädigung im ältlichen Wege geschritten, welche Ausmittlung nach Maßgabe der vom Reichstage vorgezeichneten Normen zu erfolgen hat, und längstens binnen sechs Wochen vollendet sein muß.
6. Ehe vor der Reichstag zur Festsetzung der Grundsätze, nach welchen die Entschädigung für die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Lasten und Giebligkeiten erfolgen soll, schreitet, wird er sich die dießfälligen von den Provinziallandtagen gemachten Vorarbeiten vorlegen lassen, und dieselben einer nach Gouvernementbezirken gewählten Commission zur Vorberathung zuweisen, damit dieselben bei ihren Anträgen auch die provinziellen Verhältnisse berücksichtigen können"
Ich bitte zur Begründung desselben zu schreiten.
Ich erlaube mir noch zu bemerken, daß hier nachträglich noch ein geschriebener Unterantrag von demselben Abgeordneten überreicht wurde, er lautet: "Die Verkündigung des Beschlusses über Abschaffung der Robot und Zehent hat nicht vom Reichstage im Wege einer Proclamation, sondern im gewöhnlichen, in ändern Staaten üblichen Wege, durch die Exekutivgewalt zu geschehen." Ich bitte zur Begründung zu schreiten.
Abg. Ingram. Um die Zeit der hohen Kammer nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, erlaube ich mir nur ein Paar Worte. Die Herren Abg. Helfert und Polaczek haben bereits in anderer Beziehung gezeigt, wie gut es sei, wenn die Lasten, welche aus dem Unterthanenverbandes entspringen, von jenen, die aus einem ändern Titel herrühren, getrennt würden; ich mache aber vorzüglich zur Begründung meiner Stilisierung, nämlich der Abtheilung dieser Lasten in zwei Paragraphe, die besonderen Verhältnisse der Provinz Tirol geltend, in welcher kein Unterethansverband, keine Patrimonialgerichtsbarkeit, keine Robot besteht. Es ist also der Titel, aus welchem diese Lasten und Giebligkeiten herrühren, sehr verschieben von jenen, die aus dem Unterthansverbande herrühren, und ich glaube daher, daß solche heterogene Gegenstände nicht in einen Paragraph zusammengeschmiedet werden sollen. Bei uns kann man nicht sagen, daß die Bedrückung irgend einer Classe durch Zins und Zehent in dem Sinne, wie in andern Provinzen, durch den Untertänigkeitsverband entstanden ist; denn jede Classe besitzt Grund und Boden, und selbst Grundbesitzer haben von einigen Realitäten in vielen Fällen Zinsen und Giebligkeiten zu beziehen, sowie sie wieder von einigen andern Realitäten solche an Andere abgeben müssen; es ist also an eine förmliche Bedrückung irgend einer Classe nicht zu denken, und es entfällt deßhalb das Hauptmotiv, "weßhalb so dringlich auf die Aufhebung angetragen wird." Zu dem sind die Giebligkeiten, welche in Tirol verabreicht werden, mehr privatrechtlicher Natur. Man hat hier in der hohen Kammer bemerkt, daß Robot, oder aus dem Untertänigkeitsverband fließende Lasten ein Stück des alten Staatsrechtes seien; ich weiß nicht, ob diese Behauptung gegründet ist, indem ich überhaupt nicht gehörig über die Unterthansverhältnisse informiert bin; bei uns aber ist dieß nicht der Fall, bei uns sind sie gewiß rein privatrechtlicher Natur. Man kann nachweisen, daß in einem Zeitraume von 20 — 30 Jahren die meisten dieser Zehentrechte und Giebligkeiten von einer Hand in die andere übergegangen sind, es läßt sich auch factisch nachweisen, daß Kaufcontraakte hierüber vorhanden sind, und daher ist dieß sehr verschieden von den Lasten, welche aus dem Untertänigkeitsverbände fließen. Zudem ist bei uns die Aufhebung dieser Giebligkeiten nicht so dringlicher Natur, wie in den übrigen Provinzen, deren Lasten ans dem Untertänigkeitsverbände fließen. Aus diesem Grunde kann eine verschiedene Behandlung derselben eintreten, denn nachdem in der hohen Kammer so vielfach zur Sprache gekommen ist, daß die Aufhebung der Untertanenlasten von äußerster Dringlichkeit ist, so daß man keine weitere Berathung über die Entschädigung vornehmen kann, so muß ich mich wohl diesem Ausspruche fügen, und den Grund anerkennen, aber keineswegs ist dieß in der Provinz Tirol der Fall, hier wünscht man nicht so außerordentlich lebhaft die Aufhebung dieser Giebligkeiten. Ich will allerdings zugeben, daß eine intelligentere Majorität für die Ablösung dieser Grundlasten auch dort ist, aber sicher ist es, daß auch eine bedeutende Minorität sich dagegen aussprach.
Ich habe öfters Leute Raisonnieren hören, die sagen: Ja! wenn diese Giebligkeiten ohne Entgelt oder mit einem geringen Entgelt aufgehoben werden, so sind wir einverstanden und werben es dankbar annehmen; wenn wir aber bedeutenden Entgelt zahlen müssen, so liegt uns nicht viel daran, denn von dem aas jährlich wächst, können wir auch den zehnten Theil als Gründzins geben, hingegen Geld ist bei uns rar, und wir werden oft in Verlegenheit kommen, das nöthige Geld zusammenzubringen, und es schaut daher kein großer Gewinn von der Ablösung hiermit heraus. Darum besteht allerdings eine bedeutende Minorität gegen die Ablösung des Zehentes. Darum besteht, wie gesagt, eine Minorität, die gegen die Ablösung der Zehente ist. Die intelligentere Majorität ist allerdings dafür, aber jenes beweist doch, daß keine solche Dringlichkeit vorhanden ist, und allerdings noch ein kurzer Zeitraum zur