Ètvrtek 10. srpna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Achtzehnte Sitzung des constituirenden Reichstages, am 10. August 1848.

Tagesordnung. 

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 9. August.

II. Berichterstattung über die geprüften Wahlen.

III. Fortsetzung der Verhandlung über den Kudlich'schen Antrag.

IV. Letzte Lesung der Geschäftsordnung.

V. Berathung über den Antrag des Abg. Selinger.

Vorsitzender: Vicepräs. Strobach.

Anwesende Minister: Doblhoff, Bach, Schwarzer, Latour, Krauß.

Anfang um 10  1/2 Uhr Morgens.

Vicepräs. Nach Bestätigung der Herren Schriftführer ist die erforderliche Anzahl von Deputirten anwesend, ich erkläre daher die Sitzung für eröffnet.—Ich bitte den Herrn Schriftführer Zwickte das gestrige Protokoll vorzulesen.

(Dieß geschieht.)

Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?

Die zur Schlußfassung erforderliche Anzahl der Mitglieder ist vorhanden, ich ersuche diejenigen Herren, welche sich für Genehmigung des so eben gelesenen Protokolls aussprechen, es durch Ausstehen bekannt geben zu wollen. (Angenommen.)

Ich bitte, daß die Herren, die in den Finanzausschuss gewählt sind, die Functionäre angeben.

(Abg. Pillerasdorf, Vorsitzer; Hagenauer, Vorsitzesstellvertreter; Stark, Schriftführer.)

Ich ersuche den Herrn Schriftführer die Eingaben anzukündigen.

(Secretär Streit liest dieselben.)

Vicepräs. Der Urlaub, den der Abg. Hawliczeck angefügt hat, ist vom Präsidium genehmigt worden, ich theile dieß der hohen Kammer in Folge der Geschäftsordnung mit.

Es liegen mehrere Interpellationsanmeldungen vor, doch dürften sie vor der Hand nicht zur Sprache kommen, da die betreffenden Herren Minister nicht zugegen sind.

Den zweiten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet die Berichterstattung über die geprüften Wahlacten.

Ich fordere die Herren Berichterstatter auf, zum Vortrage zu schreiten.

(Die erste, zweite, dritte und vierte Abtheilung hat keine Wahlakten geprüft. Von der fünften Abtheilung bringt Abg. Rieger als Berichterstatter die Wahl des Abg. Franz Hasche aus dem Budweiser Wahlbezirke, und die des Abg. Wenzel Schopf aus dem Wahlbezirke Luditz in Böhmen, zum Vortrage, und die hohe Kammer nimmt den einstimmigen Antrag der Abtheilung auf die Giftigkeitserklärung dieser Wahlen an. — Die sechste und siebente Abtheilung hat keine Wahlacten. — Abg. Lasser, als Berichterstatter der achten Abtheilung, beantragt die Wahl des Abg. Ladislaus Sierakowski für den Wahlbezirk Sokolowka im Zloczower Kreise in Galizien, dann die Wahl des Abg. Duniewicz im Wahlbezirke Narajow in Galizien, nach dem Antrage der Abtheilung, diese Wahlen als gültig zu erklären, und werden von der hohen Reichsversammlung als gültig angenommen.)

Vicepräs. Ich fordere den Herrn Berichterstatter der nennten Abtheilung auf, seinen Bericht zu erstatten.

Abg. Demel, Berichterstatter der neunten Abtheilung (liest den Bericht über die Wahl des Abg. Schufelka für Berchtholdsdorf in Niederösterreich).

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort?

Ein Abg. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß, so viel mir bekannt, Schuselka Abgeordneter für das Frankfurter Parlament ist. Es entsteht nun die Frage, ob man Mitglied zweier Parlamente sein kann. Ich glaube nein.

Abg. Schuselka. Zur Beruhigung des Herrn Abg. muß ich erklären, daß ich in Frankfurt bereits meine Entlassung eingereicht habe.

Vicepräs. Ist der Herr Abgeordnete damit zufrieden oder wünscht er eine Abstimmung?

Ein Abg. Nein! Ich nehme meine Bemerkung zurück.

Vicepräs. Wenn Niemand mehr das Wort ergreift, so bitte ich diejenigen Herren sich zu erheben, welche sich für den Antrag der Abtheilung aussprechen wollen. (Angenommen.)

Ich ersuche nun den Herrn Berichterstatter des Ausschusses zur Prüfung der beanstandeten Wahlen zum Vortrage zu schreiten.

Berichterstatter. Die Beanständigung betrifft die Wahlen der beiden für die Stadt Gratz gewählten Deputirten. Die Wahlen der beiden Deputirten für die Stadt Gratz sind bereits in der hohen Versammlung als unbeanstandet durchgegangen. Es hat aber der demokratische Verein in Gratz eine Wahlanfechtung eingereicht, welche sich auf das Wahlverfahren bezieht. Da Wahlanfechtungen, welche das Wahlverfahren betreffen, allerdings angenommen werden können, wenn sie innerhalb 4 Wochen nach erfolgter Anerkennung der Wahl beim Reichstage eingegangen sind, und da dieses hier der Fall ist, indem sie am 27. Juli eingereicht würde, und der Reichstag überhaupt erst Anfangs Juli, eigentlich den 22. Juli eröffnet worden ist, so kann die Wahlanfechtung aus diesem Grunde nicht zurückgewiesen werden. — Ich stelle zuerst die Frage, ob die h. Versammlung wünscht, daß ich den Protest verlesen soll, wobei ich nur die Bemerkung mache, daß er so bündig abgefaßt ist, daß ich es kaum kürzer machen könnte.

Vicepräs. Wünscht die h. Versammlung die Vorlesung des Protestes? (Ruf: Ja ja.)

Verzichterstatter (liest denselben und bemerkt dann:) Da nun, wie aus dem Inhalt dieses Protestes hervorgeht, die Anfechtung nicht nur wie im §. 7 der Geschäftsordnung vorgeschrieben ist, nicht genügend bescheinigt ist, sondern gar nicht bescheinigt ist, da sie nichts weiter enthält als eine nackte Behauptung, eine bloße Anführung einer Thatsache ohne den geringsten Beweis oder nur die geringste Hinweisung auf einen solchen, so trägt der Ausschuß zur Prüfung beanstandeter Wahlen mit Stimmeneinwenigkeit darauf an: daß dieser Protest aus dem angeführten Gründe zurückzuweisen sei.

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?

Abg. Miklositsch. Ich muß bemerken, daß auch die Angaben ganz ungegründet sind, denn ich weiß es ganz gewiß, daß in mehreren Bezucken auch Arbeiter mitgewählt haben. Ob man sie speciell eingeladen hat, kann ich nicht sagen, aber ausgeschlossen hat sie Niemand. Übrigens ist die zweite Verordnung nur für Wien erflossen. Ich spreche nicht in meinem Interesse, denn ich bin nicht in Gratz gewählt worden, aber ich war Wahlmann in Gratz. Die anwesenden Deputirten werden dieß bestätigen.

Berichterstatter. Der Ausschuß hat gemeint, daß eben wegen der formellen Gebrechen die Wahlanfechtung nicht mehr berücksichtigt werden kann, und in das Einzelne gar nicht einzugehen sei.

Vicepräs. Wenn Niemand mehr das Wort ergreift, so bitte ich diejenigen Herren, welche sich für den Antrag der Commission auszusprechen wünschen, es durch Aufstehen kund zu geben.

(Angenommen.)

Bevor wir zu den weitern Gegenständen, nämlich zu den Anmeldungen der Interpellationen und den ferneren Gegenständen der heuligen Tagesordnung schreiten, erlaube ich mir einen kleinen Antrag zu stellen.

Es ist unsere Deputation, die die Einladungsadresse an Seine Majestät zu überreichen berufen war, bereits von ihrer Reise zurückgekehrt, und der Abg. Borrosch als Schriftführer hat im Namen der Deputation einen Reisebericht, überhaupt einen Bericht über den Vorgang verfaßt und wünscht ihn der h. Reichsversammlung vorzulesen, Falls die hohe Reichsversammlung diese Vorlesung entgegen nehmen will — (ja, ja) — so würde ich den Herrn Borrosch ersuchen, den Bericht vorzulesen und dazu die Rednerbühne zu besteigen.

Abg. B o r r o s c h (liest den Reisebericht und bemerkt dann): Es wurden noch nachträglich einige Reden aus dem Gedächtnisse ausgenommen, ich will aber nicht die h. Versammlung länger damit hinhalten, (Lesen! lesen! Er liest weiter. Beifall).

Vicepräs. Mit herzlichen Willen nehmen wir diese Rede entgegen, welche den sehnlichst gewünschten Beschluß überbracht hat.

Präsident Schmitt. Ich erlaube mir der hohen Versammlung zu bemerken, daß ich ihr eine Aufklärung schuldig bin, den Präsidentenstuhl erst dann einzunehmen, wenn ich von den während meiner Abwesenheit stattgefundenen Verhandlungen die erforderliche Einsicht genommen habe. Ich ersuche daher die hohe Versammlung die Richtlenniniß der während meiner Abwesenheit geschehenen Vorfänge der Geschäfte als jenen Entschuldigungsgrund gelten zu lassen, der mich berechtiget, den Herrn Vizepräsidenten so lange an meinet Stelle zu belassen, bis ich die nöthige Einsicht genommen habe, wo dann ich denselben pflichtgemäß einnehmen werde, Vicepräs. Es liegen hier vier Interpellations- Anmeldungen vor, und zwar eine an den Herrn Kriegsminister, und 3 an den Herrn Minister des Innern. Zuerst ist jene des Herrn Abg. Neumann überreicht worden, ich title Sie daher von Ihrem Rechte Gebrauch zu machen.

Abg. Neumann. Ich belauere, daß in einem Augenblicke, wo Fragen der äußern Politik von der größten Wichtigkeit sich drängen, der Herr Minister des Äußern noch immer nicht in Wien anwesend ist. In seiner Abwesenheit bin ich so frei, eine Anfrage an den Herrn Minister Präsidenten zu stellen; ich erlaube mir, zu dessen Verständigung. Belege von tatsächlichen Verhältnissen anzuführen. Es betrifft diese Anfrage die politische Stellung der Donaufürstenthürner Moldau und Wallache! zu Österreich. Es bedarf durchaus keiner nähern Beweise, wie wichtig diese Fürstentümer in Commercielle und politischer Beziehung für Österreich find, sie sind durch ihre Lage und Stellung als Hüterinnen der Donau, und wegen des wichtigen Umstandes, daß 2 Millionen ihrer Brüter in Österreich wohnen, und daher natürlich auf Österreich angewiesen. Sie find ihm leider nur zu lange durch das gestürzte System entfremdet worden, welches mehr im rufst schen als im österreichischen Sinne hier handelte.

Die Märztage waren es, welche den Umschwung der Dinge daselbst erzeugten, in Folge dessen, wie es der hohen Versammlung bekannt sein wird, die Russen in der Moldau eingerückt sind. Ich erlaube mir nur zu bemerken, daß dieser Einmarsch der Russen nicht nur dem Vertrage von Ackermann im Jahre 1826, so wie dem Veitrage von Adrianopel im Jahre 1845 entgegenlauft, welcher Vertrag von den Russen doch gewiß nicht zu ihrem eigenen Nachtheile entworfen wurde. Dabei haben mehrere Agenten, namentlich der französische und preußische, gegen den Einmarsch der Russen protestirt, es ist mir aber nicht bekannt, daß eine solche Protestaktion von Seite Osterteichs, durch seine daselbst axteditierten Agenten erfolgt wäre. Überhaupt bin ich so frei, zu bemerken, daß ganz abgesehen von dem ehrenwerten Charakter dieser Herren, sie aus dem alten Systeme hervorgegangen seien, und das jetzige System nicht begreifen können, oder nicht begreifen wollen.

Die Türken, welche im Einmärsche in die Fürstentümer Walachei und Moldau begriffen sind, sind wohl mehr stensibl als mitwirkend erschienen. Die genannten Furstenthümer verlangen aber im Grunde nichts mehr als die Unterstützung und den Schutz Österreichs, und anderer Länder, deren Interesse dabei betheiligt ist, zunächst aber den Schutz von Österreich. Ich erlaube mir an den Herrn Ministerpräsidenten die Anfrage zu stellen: 1. ob es wahr ist, daß unsere Agenten in Jassi und Bukarest nicht protestirt haben, und ob eine solche Unterlassung auf Grundlage der Instructionen erfolgt ist, und 2. ob das h. Ministerium gesonnen sei, Österreich auf eine seinem Interesse entsprechende Art in jenem wichtigen Lande gehörig vertreten zu lassen, endlich 3. ob es auch gesonnen sei, jenen Ernst, jene der Würde Österreichs entsprechende Sprache in Petersburg, so wie die unterstützende und aufmunternde in Konstantinopel zu führen, um nicht nur die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Fürstentümer, sondern auch die unmittelbare Unabhängigkeit Österreichs für die Folge zu sichern.

Minister des Inn. Doblhoff. Das Ministerium bedauert nicht minder, als der Herr Interpellant. daß der Minister des Äußern durch Unpässlichkeit von seiner Reife abgehalten wird. Indessen kann ich es zur Beruhigung anführen, daß sich derselbe fortwährend mit den Verhältnissen zu den auswärtigen Staaten eifrigst beschäftigt. Davon erhält er täglich Beweise, indem er in fortwährender Korrespondenz mit den Ministerien anderer Staaten steht und besonders jene Angelegenheiten, welche unsere wichtigsten Interessen berühren, mit der größten Thätigkeit beireibt.

Eine kurze Bemerkung muß ich mir erlauben, nämlich, daß mich der Herr Interpellant "Ministerpräsident" nannte. Ich bin bloß Minister des Innern, und bitte daher meine Stellung und den Umstand zu berücksichtigen, daß ich eine solche Frage, wie die gegenwärtige, nicht so vollständig und mit jenem Umfange beantworten kann, wie es der Fall wäre, wenn ich mich mit den äußern Angelegenheiten ausschließlich befassen möchte.

Bezüglich der ersten Frage kann ich im Allgemeinen die Versicherung geben, daß wir fortwährend in Kenntniß aller Vorfälle gesetzt sind, die sich in den Donaufürstenhümern ereignen, ganz besonders aber, daß wir von allen Seiten und zumal von Seite der Pforte die Versicherung haben, daß der Einmarsch der russischen Truppen in die Moldau von Seite der Pforte vollkommen gebilligt ist. Es scheint daher, daß über die Eingriffe, welche den bestehenden Traktaten, oder welche den Souverainitätsrechten der Pforte nahe treten könnten, doch gewiß Einwendungen gemacht werden würden.

Ich kann mich in diesem Moment in diese Frage nicht näher einlassen, denn sie ist von so großen Schwierigkeiten in ihrer Lösung, greift in alle einzelnen Bestimmungen eines sehr ausführlichen Vertrages ein, und ich müßte mir daher vorbehalten, zu einer Zeit, wo sich das Ministerium darüber aussprechen könnte, dießfalls eine bestimmte Ansicht auseinander zu setzen.

Die Stellung erscheint als dieselbe, wie sie früher war, und in dieser Beziehung glaube ich, ist auch von den österreichischen Agenten dort eine Maßregel mit Vorsicht nicht durchgeführt worden, wie sie von Seite des preußischen und französischen Agenten stattgefunden hat Denn ich muß mir die Bemerkung erlauben, daß das preußische Kabinett diesen Protest seines Agenten desavouiert und ihn als übereilt erklärt hat.

Rücksichtlich des Protestes des französischen Agenten ist mir noch nichts bekannt, von Seite des englischen Agenten haben wir von einem solchen Proteste keine Kenntniß.

Über die Vertretung, die wahrscheinlich von Seite des Interpellanten mit der Besorgnis betrachtet wird, daß sie keine hinreichende, keine vollständige, keine solche ist, die vollkommene Beruhigung gewährt, so müßte ich nähere Details darüber erhalten, denn eben in der gegenwärtigen Frage können wir nur den Eifer dieser Agenten vollkommen anerkennen, da wir durch sie fortwährend in Kenntnis der Ereignisse erhalten werden. Rücksichtlich der letzten Anfrage: was für eine Sprache gegen Rußland geführt werden soll, «laute ich mir bloß zu bemerken, daß vorausgesetzt werden muß, daß eine würdige Sprache geführt werde, und eine solche, welche mit den Rechten und Ansprüchen, welche von Seite Österreichs gemacht werden können, im Einklage stehen.

Übrigens muß ich zum Schlüsse bemerken, daß alle diese Fragen sowohl als diese Verhältnisse gewiß von großer Empfindlichkeit find, und daß in unserer Lage wenigstens das Ministerium sich verpflichtet fühlt, Alles zu vermeiden, was uns in die Schwierigkeit versetzen könnte, in der Entwicklung und Befestigung unserer Zustände und Institutionen gestört zu werden.

(Beifall.)

Abg. N e ü m a n n. Diese Erklärung des Herrn Ministers ist im vollsten Maße zu beruhigen im Stande.

Vicepräs. Es liegt hier eine Interpellation des Abg. Klaudian den Kriegsminister vor.

Abg. Klaudi. Ich frage den Kriegsminister, welche Maßregeln er eingeleitet hat, oder einzuleiten gedenkt, um wie in ändern constitutionellen Staaten durch die feierliche Ablegung eines entsprechenden Ei» des, der jedoch von dem gewöhnlichen Fahneneide ganz verschieden sein muß, von Sexte der Armee die Anerkennung der Volksrechte an den Tag zu legen, um dadurch zugleich die Versicherung zu ertheilen, daß sie als der zweite Theil der executiven Gewalt im Staate gemeinschaftlich mit der Nationalgarde, und nur mit dieser Hand in Hand die Rechte des Volkes und Thrones zu schützen bereit ist?

Ich stelle weiter die Anfrage an den Herrn Minister, welche Maßregeln er eingeleitet hat, oder einzuleiten gedenkt, um bei den fort mährenden Rachrichten von Siegen aus Italien und der günstigen Stellung Österreichs in Italien, eine Verminderung der Truppenkörper in den Provinzen eintreten zu lassen, damit durch die Truppenveränderung, durch die Herabsetzung der Armee auf den normalen Stand und nicht auf einen Überkompleten Kriegstand, eine Ersparung in den Finanzen, und dadurch eine Erleichterung der Steuerpflichtigen eintreten könne? Ich frage endlich den Kriegsminister, welche Maßregeln er eingeleitet hat, oder einzuleiten gedenkt, um sich von allen militärischen Kommandanten in allen Provinzen den unbedingtesten Gehorsam in der Ausführung der Ministerialbefehle und jedes Meck In an dies ahnmöglich zu machen?

Kriegsminister Latoür. Ich glaube, daß der verehrte Abgeordnete, der mich interpellirt hat, einen Beweis von Voraussicht gegeben hat, indem er Fragen an mich stellt, die ich zum Theile wenigstens nicht in der Lage bin zu beantworten. Die hohe Versammlung glaube ich beschäftigt sich noch mit der Berathang und Feststellung unserer künftigen Verfassung, aus diese Verfassung wirb das Heer allerdings einen Eid zu leisten haben. Ich würde es für voreilig halten, wenn ich jetzt schon einen Vorschlag eines Eides auf die Verfassung vorlegen wollige, die jetzt noch gar nicht besteht. (Beifall.)

Der Herr Interpellant hat mich gefragt, was für Matzregeln ich getroffen habe hinsichtlich der Veränderung unserer Streitkräfte, unserer Truppen in den Provinzen. Ich glaube, daß Sie überzeugt sind, daß wir nur nach geschlissenem Frieden von solchen Maßregeln abgehen könnet, die für die Vertheidigung unseres Vaterlandes, für die Ehrt unserer Waffen nothwendig sind. (Beifall.)

Die Siege der Armee verdanken wir vor Allem ihrer Tapferkeit, ihrer Ergebung für das Vaterland und die constitutionelle Monarchie. Sie hätte diese Siege nicht erfochten, trenn nicht Anstrengungen gemacht worden wären, die den Feldmarschall in die Lage setzten, die Offensive zu ergreifen. So lange nicht die Gefahr neuerlicher Angriffe von Saite unserer Feinde völlig beseitiget und geschlossen ist, könnte ich es auch nicht verantworten, diese Streitkräfte zu vermindern.

Von der Beantwortung der dritten Frage werden Sie mich wohl entheben. Unsere Armee, die bei allen Gelegene Beweibe aller militärischen Tugenden gibt, hat bei keiner Gelegenheit den schuldigen Gehorsam verweigert, wenn ihr von ihrer gesetzmäßigen Behörde Befehle ertheilt wo den sind; wir haben noch kein Beispiel vom Gegentheil, und es bedarf keiner weitern Anordnung, diesen Gehorsam zu fordern. Die commandirende Generäle und du Truppen werden ihre Pflichten wie bisher strenge erfüllen.

Abg. Klaudi. Ich erlaube mir die weitere Anfrage, ob hinsichtlich des Belagerungszustandes in Prag die gemessensten Befehle, wie es biet in der Kammer versprochen würbe, um Aufhebung des Belagerungszustanber, ertheilt worden seien, und wie es kommt, das zufolge einem von einem Committenten mir zugekommenen Schreiben am 17. August in Prag die Truppen auf den Straßen bivouacquiren, die Stadt cedirt wurde, und auf allen Höhen statt 6pfünbigen 12pfündige Kanonen aus epflanzt worden sind.

Kriegs ministier Latour. Die derzeitigen Dispositiotien des Generals sind mir nicht bekannt, und ich bin nicht in der Lage hierüber eine Aufklärung geben zu können. Der Belagerungszustand ist aufgehoben, und die Ausübung aller constitutionellen Freiheiten gesichert; der commandirende General hat dermalen noch eine größere Truppenzahl als gewöhnlich, weil er nicht überzeugt ist, daß die Gährung, welche die bedauerlichen Juniereignisse hervorgerufen, völlig aufgehört hat. Es ist dieß bloß eine Vorsichtsmaßregel ohne irgend eine Störung der allgemeinen öffentlichen Freiheit.

(Es läßt sich auf der linken Seite Zischen vernehmen.)

Vicepräs. (zu den Gallerien:) Wenn hier gezischt wird, so muß ich dieß untersagen, weil es ein Zeichen des Mißfallens ist, und ich müßte sonst die Galerie räumen lassen.

Abg. Katinelli. Ich habe von meinen Committenten in der Provinz einen Brief erhalten, folgenden kurzen Inhalts: "Zwei große Gefühle beseelten in diesem Augenblicke alle unsere Herzen, nämlich das Gefühl der Bewunderung und das Gefühl der Verwunderung. Das Gefühl der Bewunderung geht unsere Armee an, über deren Wundertaten nicht wir allein, nicht Europa allein, sondern die ganze bekannte Welt erstaunt (Heiterkeit) und dieselbe bis zu den Wolken lobpreisend erhebt. Das Gefühl der Verwunderung geht die Herren Volksvertreter an (Ruf zur Ordnung), welche im Reichstage versammelt sind, um die Wunsche zu erfüllen und die Gefühle auszudrucken, welche uns alle beseelen, und nicht mit Spitzfindigkeiten und zahllosen Verbesserungsantigen—"

(Die Lesung des Briefes wird durch eine allgemeine Bewegung der Kammer und durch den allgemeinen Ruf "zur Ordnung, zur Sache" unterbrochen )

Vicepräs Ich erlaube mir die Frage an den ehrenwerten Deputirten: Zu welchem Behufe, wird der Brief gellen? Ist es eine Interpellation, dann ist sie mündlich und nicht schriftlich vorzutragen; ist es ein Antrag, dann muß er sich nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung richten; ist es keines von beiden, so muß ich bitten, die Lesung des Briefes zu unterlassen. (Zustimmung der Kammer, Zeichen mit der Glocke.) Es liegt hier eine weiter angemeldete Interpellation und zwar vom Herrn Abg. Umlauft.

Abg. Umlauft. Meine Interpellation geht an den Herrn Minister des Innern. Zur Begründung derselben seien mir einige Worte vergönnt.

An jenem verhängnisvollen 18. Mai, der als Gedächtnisstag fluchwürdig ewig fortleben wird in den Annalen Ostereichs, an jenem 18. Mai wurde von Graf Thun in Prag der böhmische Landtag für den 7 Juni ausgeschrieben, und zwar ausgeschrieben eigenmächtig, ohne Vorwissen und Zustimmung des verantwortlichen Ministeriums. Wenige Tage darauf erfolgte He Errichtung der provisorischen Regierung in Prag. Niemand, der Augen hat zu sein, wird den Zusammenhang dieser Vorfälle (ich unterlasse geflissentlich die Bezeichnung, in welcher die öffentliche Meinung hier bereits ihr brandmarkendes Urtheil ausgesprochen hat), ich sage Niemand wird den ganzen Zusammenhang dieser Vorfälle, dieser höchst antikonstitutionellen Vorfälle verkennen. Auf dieses basirt, wurden nunmehr die Wahlen zum improvisierten Landtage auf eine würdige Art betrieben, es wurden Wahlcommissärs aus dem Nationalcomité in alle Distrikte abgeordnet, die sich alle möglichen Umtriebe erlaubten. Es wurde ein Wahlmodus angenommen, der im vorhinein die gerechte und gleichmäßige Wahl beider Nationalitäten unmöglich machte, und aus dem erklärt sich, warum ein großer Theil der Bevölkerung Böhmens —

Vice  Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, wird der Vortrag gelesen, dann müßte ich bitten, dasselbe zu unterlassen.

Abg. Umlauft. Das habe ich auch nicht gethan.

(Fährt in seiner Rede fort:) warum ein großer Theil der Bevölkerung Böhmens gegen diesen auf inconstitutionelle Weise berufenen Landtag sich zu verwahren im Falle war, warum einzelne Wahlen in einzelnen Distrikten einfach nicht vorgenommen, in anderen entschieden zurück gewiesen wurden, warum endlich zahlreiche Proteste gegen die Abhaltung des Landtages im hiesigen Ministerium einlangten. Trotz diesen Umhängen hatte Graf Leo Thun noch am 24. Juli dieses Jahres die unbeschreibliche Anmaßung, diesen improvisierten und auf inconstitutionellem Wege berufenen Landtag davon abhängig zu machen, wenn das hiesige Ministerium und zu welcher Zeit es ihn einberufen wolle. Nicht genug! im Augenblicke, jetzt noch finden in Böhmen gerichtliche Verfolgungen solcher Individuen Statt, welche sich gegen die Vornahme einzelner Wahlen in den Distrikten verwahrten und dieselben hinderten. Ich erlaube mir nunmehr an das hohe Ministerium folgende Anfrage zu stellen:

1. Gedenkt dasselbe den Zusammentritt dieses, ohne seine Zustimmung, mithin auf inconstitutionellem Wege berufenen Landtages zu gestatten, namentlich in so lange nicht der hier tagende constituirende Reichstag über den Bestand und die Befugnis der künftigen Provinziallandtage entschieden haben wird?

2. Ist das Ministerium gesonnen, die in Folge dieser ungesetzlichen Landtagsberufung und unter den von mir angedeuteten schädlichen Einflüssen vorgenommene Wahlen als gültig anzuerkennen? — und wenn nicht, welche Vorkehrungen werden getroffen, um jene Personen, welche in Festhaltung der constitutionellen Grundsätze die Vornahme der Wahlen zu einem als widerrechtlich erkannten berufenen Landtage zu hindern suchten, zu schützen, zu schützen gegen das Verfahren gerichtlicher Verfolgungen?

Minister des Inn. Doblhoff. Ich glaube über die Begründung dieser Anfragen aus dem Gründe hinaus gehen zu müssen, weil ich genöthigt wäre, eine Masse von Thatsachen und von ministeriellen Beschlüssen, sowie von Vorgängen, welche das Gubernium zu Prag zu vertreten hat, darstellen zu müssen. Dazu müßte ich natürlich wenigstens einen kleinen Zeitraum mir vorbehalten, weil ich das nicht in jener chronologischen.

Ordnung und mit jener vollen Verläßlichkeit thun könnte ohne früher sämmtliche Acten durchgegangen zu haben, obschon der Gegenstand mir ziemlich bekannt ist. Ich Sehe daher unmittelbar auf die Fragen über, welche mir gestellt wurden, wo ich bedauern muß, daß ich aus einem anderen Grunde als den der Schwierigkeiten der Darstellung nicht befriedigen kann, nämlich aus dem Grunde, weil das Ministerium zu einer Aufklarung aufgefordert wurde, die es nicht abgeben kann, indem es sich um Maßregeln desselben handelt, die es in der Zukunft zu fassen haben soll, ohne daß es die Verhältnisse und Umstände kennt, nach welchen es diese Maßregeln treffen muß. Es ist nämlich die Frage gestellt worden, ob das Ministerium den Zusammentritt eines Landtages in Böhmen gestatten werde? Ich glaube gleichfalls mit dem Herrn Interpellanten, daß dieser im gegenwärtigen Moment überflüssig ist, ich erlaube mir aber aufmerksam zu machen, daß in mehreren Orten solche Landtage gegenwärtig wirklich bestehen, daß die Provinzialstände in Tirol, in Oberösterreich, Steiermark und Mähren tagen, also daß allerdings die factische Möglichkeit vorhanden ist, und darüber ein Ausspruch von der hohen Kammer selbst erst ausgehen müßte, ehe das untersagt werden könnte.

Was die zweite Frage betrifft, nämlich ob die Wahlen als gültig anerkannt werden, so ist das Ministerium wirklich nicht in die Lage gekommen, darüber irgend ein Urtheil zu fassen, denn es sind, nachdem es die Ausschreibung des Landtages verweigert, oder seine Zustimmung nicht gegeben hat, nachdem also die Ausschreibung nicht erfolgt ist, so ist man in die Frage der Gültigkeit oder Ungültigkeit dieser Wahlen gar nicht eingegangen. Es wird also dem Momente vorbehalten bleiben, in welchem es zu einer wirklichen Ausschreibung des Landtages kommen sollte. Über die dritte Frage: ob jene Personen, welche sich den Wahlen entgegenstellt, und theilweise ist mir dieß nur von einigen wenigen Orten bekannt, die Wahlen gehindert haben, fernerhin verfolgt werden sollen, würde ich wirklich um nähere Daten bitten, weil mir kein einziger dieser Fälle bekannt ist  dann glaube ich, daß das ein Gegenstand der Untersuchung ist. Ein Abg. Darüber könnte ich — Vicepräs. Das kann ich nicht zulassen. Abg. Umlauft. Ich will mich recht gerne mit dem Bescheide des Herrn Ministers in dem Augenblicke zufrieden stellen, in der Voraussetzung, daß er die Güte haben wird, jene Aufklärungen, welche über diesen Gegenstand uns höchst wichtig erscheinen, auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Ich muß jedoch die Bemerkung hier einflechten, daß ich infoferne mißverstanden zu sein glaube, als ich überhaupt nicht über den Bestand und die Zulässigkeit eines Landtages in Böhmen interpellirt habe, fanden über die Zulässigkeit und Ausführung des auf so inconstitutioneller Weise zusammenberufenen Landtages, und vorausgesetzt habe, daß in den Worten des Hrn. Ministers die Anerkennung des Grundsatzes liege, daß ein solcher Landtag nicht zulässig sei, sogleich auch daß die Gültigkeitserklärung der zu diesem Landtage vorgenommenen Wahlen nicht stattfinden könne. Damit kann ich mich allerdings begnügen, nur will ich mir vorbehalten, die speciellen Fälle, welche mir bekannt sind, und die namentlich in dem von mir vertretenen Bezirke vorgefallen sind, dem Herrn Minister bekannt zu geben.

Minister des Inn. Doblhoff. Ich werde diese Andeutungen meiner vollen Aufmerksamkeit unterziehen, übrigens auf die Voraussetzung, die Sie dießfalls vorausgeschickt haben, muß ich bemerken, daß ich mich nicht mit jener Bestimmtheit ausgedruckt habe, welche Sie in diesem Moment angenommen haben.

Vicepräs. Es liegt eine Interpellationsanmeldung des Abg. Nadler vor.

Abg. Nadler. Ich werde mir nur wenige Worte an den Hr. Minister des Innern zu richten erlauben. Wir sehen oder lasen es ans den öffentlichen Blättern, daß die Cholera epidemisch aufgetreten ist, in Rußland, den Donaufürstenthümern, in der Türkei. Ja, sie soll auch schon nach den öffentlichen Nachrichten in den österreichischen Landen sich gezeigt haben, namentlich sagt man: in Galizien, in der Bukowina und in Siebenbürgen. Heber das Wesen dieses Übels, über seine Contagiosität und die Art seiner Verbreitung scheint man in Europa nicht ganz einig zu sein, auch nicht Über die Maßregeln, die man gegen Verbreitung dieses Übels auszuführen gedenkt. So soll man im Norden und Süden Europas Contumazmaßregeln brachsichtigen. Wir in Österreich haben in dieser Beziehung in den 30er Jahren gute und teure Erfahrungen gemacht, die uns sehr viel Gelb gekostet, große Angst in die Gemüther gebracht, den Verkehr theilweise oder gänzlich gesperrt und dennoch den Zweck dieser Maßregeln, die Weiterverbreitung dieser Krankheit zu finden, nicht erfüllt haben.

Ich erlaube mir die Frage an den Minister: Bestätigt sich das Auftreten der asiatischen Cholera in den österreichischen Landen, und im Falle ihrer Weiterverbreitung, welche Maßregeln gedenkt das Ministerium zu ergreifen?

Minister des Inn. Doblhoff. Über das Auftreten der Cholera in Galizien, Sielenburgen und Bukowina ist uns nichts bekannt. Rücksichtlich ihrer Verheerungen in den Donaufürstenthümern erhalten wir Berichte in Beziehung sowohl auf den Umfang als in Beziehung der Intensität der Epidemie. Besondere Contumazmaßregeln sind nicht ergriffen worden gegen diese Glänze hin, wo sie uns am nächsten bairohen wurde. Ich glaube, daß die Erfahrungen, die wir dießfalls gemacht haben, uns wohl den Leitfaden in die Hände geben, daß solche Maßregeln


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