Pátek 4. srpna 1848

und dieselbe verlangen, daß auch, ohne den Willen des Präsidenten die Gegenprobe vorgenommen werde, da schon mehrere Fälle sich ereigneten, daß mehrere Stimmen sich für die Gegenprobe aussprachen. Es wäre viel besser, gleich in der Geschäftsordnung der hohen Versammlung dieses Recht einzuräumen.

V i c e P r ä s. Ich ersuche um die schriftliche Formulirung dieses Antrages.

Abg. L ö h n e r. Ich erlaube mir auch ein Amendement; es ist eigentlich nur der Deutlichkeit wegen, daß ich vorschlage, man möchte am Schlusse des Satzes, wo es heißt: "so wird von den Schriftführern die Zählung" eingeschalten die Worte: "der Stimmen für und wider." Es mag vielleicht überflüssig erscheinen, indessen ist nach einem Vorgange, der hier stattgefunden, rathsam, daß es hier ausgesprochen werde; die Zählung hat nur eine Gegenprobe zum Zwecke und zwar die, daß die Stimmen, die dagegen, und dann die Stimmen, die dafür sind, gezählt werden. Übrigens bin ich der Meinung, in Bezug auf das frühere Amendement, daß man es wohl der Diskretion des Präsidenten anheim stellen kann, daß er jedes Mal, wenn ein Theil der Mitglieder anspricht, daß die Abstimmung zweifelhaft ist, von selbst die (Gegenprobe wird vornehmen lassen. Ich glaube, daß das erste Amendement nicht nöthig wäre. Vicepräs. Ich ersuche um den formulierten Antragsberichterst. Mayer. Ich habe ihn bereits formulirt Vicepräs. Wünscht noch Jemand das Wort? Bevor weiter gegangen wird, stelle ich die Frage, ob der Verbesserungsantrag des Abg. Löhner unterstützt wird? (Unterstützt. — Abg. Duniewicz zieht seinen Antrag zurück.) Berichterst. Mayer. Nachdem der erste Verbesserungsantrag zurückgenommen worden ist, erlaube ich mir bloß den Verbesserungsantrag des Abg. Löhner zu meinem persönlichen zu machen, nämlich, daß eingeschaltet werde: "die Zählung der Stimmen für und wider." Wir haben schon gesehen, daß die Zählung für sich allein nicht genüge, weil wir das Rechnungsexempel der Subtraktion nicht ausführen können, indem wir die Anzahl der vorhandenen Mitglieder nicht kennen, und wir aus der einfachen Zählung der dafür und dawider Stimmenden nie die Majorität bestimmen können, sondern es müssen beide gezählt werden. Vicepräs. Wenn Niemand mehr das Wort wünscht, wird vor allem anderen der Verbesserungsantrag des Abg. Löhner, den der Herr Berichterstatter zu seinem eigenen gemacht hat, zur Abstimmung gebracht. Diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, daß nach den Worten: "die Zählung", die Worte:,,der Stimmen für und wider", eingeschaltet werden, mögen dieß durch Aufstehen und geben, (Angenommen.) Ich bitte den ganzen Paragraph zu lesen, Berichterst. Mayer. Der amendiäte §. wurde folgend lauten: "Die Abstimmung findet in der Regel durch Aufstehen und Sitzen bleiben Statt. Ist das Ergebniß nach der Ansicht des Präsidenten zweifelhaft, so wird die Gegenprobe gemacht. Gibt auch diese nach der Ansicht der Mehrzahl des Gesamtvorstandes kein sicheres Ergebniß, so wird von den Schriftführern die Zählung der Stimmen für und wider vorgenommen."

Vicepräs. Falls eine hohe Versammlung für die Annahme des Paragraphes sich ausspricht, so möge sie es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.) Berichterst. Mayer. Der S. 78 nunmehr 79 lautet: "Abstimmung durch Namensausruf mit Ja oder Nein oder Abstimmung durch Kugelung findet nur ohne Motivirung Statt, wenn sie beim Schlüsse der Verhandlung ohne Debatte beantragt und der Antrag im ersten Falle von wenigstens 20, im zweiten von wenigstens 50 Abgeordneten unterstützt wird."

V i c e  p r ä s. ES liegen hier zwei Verbesserungsanträge vor, und zwar der eine vom Abg. Hauschild, welcher dahin geht, daß in dem §. 78 beziehungsweise 79die Eingangsworte: "Abstimmung durch Namensausruf mit Ja oder Nein oder" auszulassen wären.

Abg. Hauschild. Die Abstimmung durch Namensaufruf hat keinen die Sache fördernden Zweck, nicht den der Bestimmtheit, da dieser nach dem vorhergehenden Paragraph durch die Abzählung erreicht wird; auch nicht jenen der Wahrung der Meinungsfreiheit, denn hier bietet die Kugelung die nöthige Garantie, im Gegentheil wäre die Abstimmung durch Namensausruf eine Censur, eine Perhorescirung der Mehrheit durch die Minderheit. Wenn wir auch auf die Ehrenhaftigkeit der hohen Versammlung hoffen, daß sie sich durch keinen äußeren Einfluß bestimmen lassen wird, so muß der hohen Besammlung daran gelegen sein, daß sie selbst jeden Vorschuss eines äußeren Einflusses mit Entschiedenheit zurückwerfet. Derlei Censuren würden durch die ihnen einwohnende Tendenz die Leidenschaften hervorrufen und uns immer mehr von dem Wege entfernen, auf dem ganz allein eine vollständige Lösung unseres Mandates möglich ist, nämlich von dem Wege des freundschaftlichen Zusammenwirkens und der vollständigen Einigung.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstützt) Es liegt noch ein zweiter Verbesserungsantrag vor, vom Abg. Zimmer; er lautet: "Die Abstimmung durch Kugelung findet nur ohne Motivirung Statt, wenn sie bei dem Schlusse der Verhandlung ohne Debatte beantragt und der Antrag von wenigstens dreißig Abgeordneten unterstützt wird. Der Abstimmung durch Namensausruf mit Ja oder Nein wird vor jeder anderen der Vorzug gegeben, wenn sie von wenigstens 50 Mitgliedern am Schlüsse der Verhandlung beantragt wird."

Abg. Zimmer. Offenbar ist die Abstimmung durch Ja oder Nein die wichtigste; denn sie involvirt im Begriffe eine Appellation an das Land, eine Protestgalion der Minorität gegen die Majorität. Eben weil diese Abstimmung so wichtig ist und diese Begriffe in sich involvirt, so dachte ich, man müsse sie nicht missbrauchen und sie soll nicht stattfinden, wenn sie bloß von 20 Mitgliedern, sondern wenn sie von 50 Mitgliedern unterstützt wird. Aber ich wünsche auch, daß diese Abstimmung unbedingt durch die Kugelung stattfinde, um jeden Zweifel vorzubeugen und daß dieß zu geschehen habe, wenn 20 Mitglieder für die Kugelung und 50 für die Abstimmung durch Namensaufruf wären, wie die Commission es beantragt hat.

Abg. Löhner. Ich habe beinahe dasselbe Amendement stellen wollen, aber anders motivirt. Ich werde es dem Herrn Berichterstatter anheim stellen, in wiefern er sich dem einen oder dem andern anschließt, es ist eine reine Formsache. Ich erlaube mir zur Begründung meines Antrages Folgendes beizufügen. Mein Antrag ist folgender: "Die Ab. stimmjung durch Kugelung findet Statt, wenn sie ohne Motivirung am Schlusse der Debatte beantragt, und von wenigstens 20 Mitgliedern unterstützt wird. Verlangen aber wenigstens 50 Mitglieder die Abstimmung durch Namensaufruf, so muß sie jedenfalls stattfinden." Die Gründe sind theilweise schon von dem Herrn Vorredner erwähnt worden, aber ich muß mich auf das nachdrücklichste dafür aussprechen, daß man den Namensaufruf, wenn auch nur für wichtige und besondere Gelegenheiten, aber jedenfalls aufrecht erhalte. Es ist ganz richtig bemerkt worden, daß sie eine Appellation an das Land sei; aber ich sage noch mehr, sie ist eine Appellation an die Nachwelt, und mache die hohe Versammlung darauf aufmerksam, daß alle gesetzgebenden Versammlungen diesen Namensruf in ihre Geschäftsordnung aufgenommen haben. Ich glaube, daß man in der Regel dafür sorgen soll, daß die Abstimmung nicht unnutzer Weise viele kostbare Zeit in Anspruch nehme, aber ich bin der Meinung, daß wir es uns, unseren Committenten, daß wir es der Geschichte schuldig sind, daß da, wo große und wichtige Prinzipienfragen auftreten, daß vielleicht die in der Minorität bleibende Partei ihr Andenken bewahrt wisse, damit das Land in Zukunft erfahre, wie ein Mann seine Pflicht an diesem erhabenen Orte ausgesprochen habe, wie er ihr nachgekommen sei. Ich glaube durchaus nicht, daß die Abstimmung durch Kugelung als eine Censur betrachtet werde, sonst müßte ich consequent fortfahrend erklären, daß die unbeglänzte Öffentlichkeit die größte Censur sei. Daß, wie ein Alter bemerkt hat, daß wir ein Haus von Glas seien, ist in meinen Augen nicht eine Censur, wie man sie sonst verstanden hat. Ich glaube, das muß Jeder von uns wünschen, dieses Recht hat Jeder, zu verlangen, daß eine solche Censur, die Verständigung der Deputirten ausgeübt und unser Princip aufrecht erhalten werde; darum stelle ich den Antrag, daß diese Abstimmung durch Namensaufruf, sobald 50 Mitglieder, d. h. ein Sechstel der Versammlung sie verlangen, wirklich stattfinde. (Bravo.)

Vicepräs. Wünscht der Antragsteller, daß ich die Unterstützungsfrage stelle? Es sind dieselben Grundsätze, die im Antrage des Abg. Zimmer enthalten sind, nur ist die Fassung anders. Der Antrag des Abg. Löhner unterscheidet sich im Grundsatze selbst von dem des Abg. Zimmer nur darin, daß der Abg. Zimmer die Zahl von 30 Mitgliedern wünscht, um die Kugelung vorzunehmen, während der Abg. Löhner bei der Unterstützung von 20 Mitgliedern stehen bleibt. Ich frage, ob der Antrag des Abg. Löhner unterstützt wird? (Hinreichend unterstützt.)

Vicepräs. Wünscht noch Jemand das Wort?

Abg. Haßlwanter. Hier ist der Zeitpunct, an welchem das Verlangen gestellt werden soll, daß die namentliche Abstimmung, die durch Kugelung mit dem Ausdrucke: "beim Schlusse der Verhandlung" zu wenig genau angegeben ist. Wir haben nach den bisher angenommenen Paragraphen dreimal Beschlüsse gefaßt. Nach dem §. 64 erklärt der Reichstag die Verhandlung für geschlossen, und nach dieser Beschließung der Verhandlung hat nur noch der Antragsteller und der Berichterstatter das Wort. Wenn auch der Antragsteller und der Berichterstatter gesprochen haben, so ist wieder ein Schluß nach §. 72. Nach beschlossener Berathung haben wir nach dem neu angenommenen §. 76 wieder einen Schluß der Verhandlung über die Fragenstellung. Aber welcher soll mit dem Ausdrucke: "nach dem Schlusse der Verhandlungen" gemeint sein, der erste, zweite oder dritte? Ich glaube, wenn man strenge beim Wortlaut bleiben würde, würde es am leichtesten mit §. 64 übereinstimmen, weil dort dieselben Ausdrücke vorkommen. (Liest denselben.) Allein das glaube ich nicht, daß man bei einem solchen Momente abschneiden soll, daß da die besondere Abstimmung verlangt werden soll. Zweitens: nach der besondern Beurtheilung, da kann es sein; aber zweckmäßiger würde es mir Vorkommen, wenn erst dann, sobald auch die Fragestellung erfolgt ist, also bevor der Präsident zur Abstimmung aufruft, daß man in diesem Momente bis zum Aufruf auch die Art der Abstimmung bestimmen kann. Ich würde also bloß statt: "Schluß der Verhandlung," "bis zum Aufruf zur Abstimmung" beantragen. Es ist dieß aber nicht bloß theoretisch, denn wir haben bereits diesen Fall in Frankfurt gehabt, und es ist wirklich vorgekommen, man hat sich lange gezankt, wahrend es vorausgesetzt leicht zu bestimmen ist. (.Liest den Paragraph vor.)

Berichterst. M a y e r. Einige vorgebrachte Zweifel wird nach meinem Ermessen die Geschäftsordnung selbst lösen. Wir haben nur zwei Stadien, auf welche dieser Ausdruck bezogen werben könnte: das erste (Stadium ist da, wo die Versammlung beschließt, die Verhandlung sei zu schließen, das hat nur die Folge, daß kein Redner sich mehr anmelden darf und nur die bereits vorgemerkten noch sprechen dürfen, wo die Debatte über die Wesenheit der Sache geschlossen ist; das zweite Stadium tritt ein, wo die mögliche Verhandlung über die Ordnung der Fragen und über die Stellung oder Fassung der Fragen selbst beginnt. Nachdem aber der Paragraph an jenem Puncte eingeschaltet ist, wo wir zunächst vorausgesetzt haben, daß noch Fragen gestellt werden können, und daß noch eine Debatte über die Stellung und über die Ordnung der Fragen stattfinden wird, bis der Präsident die Fragen in eine solche Ordnung und Fassung gebracht hat, gegen welche die Versammlung nichts mehr einwendet, so glaube ich, sind die möglichsten Zweifel schon durch die logische Aneinanderreihung beseitigt. Sollte aber von Jemanden ein Amendement beliebt werben, so bin ich bereit —

Ein Abg. Wenn ihm diese Auslegung gegeben wird, so bin ich damit einverstanden. Vicepräs. Wünscht noch Jemand das Wort? Abg. Hauschild, Ich habe nicht gegen die Öffentlichkeit der Verhandlungen gesprochen, sondern gegen die Censur der Majorität durch die Minorität. Daß eine solche Censur doch beabsichtigt worden zu sein scheint, dürfte daraus hervorgehen, daß ausgesprochen wurde, es sei eine solche Abstimmung durch Aufruf bei besonderer Wichtigkeit des Gegenstandes zu wählen. Wer kann aber die Grenze ziehen zwischen der mehreren oder minderen Wichtigkeit des Gegenstandes? Es ist von der Appellation an das Volk gesprochen worden. Meines Wissens gibt es nur eine Appellation an das Volk, und diese liegt in dem Gefühle des Volkes und in der Auswahl seiner künftigen Vertreter. Eine andere Appellation gibt es nicht, denn sonst müßte man auch den Wähler das Recht zustehen, ihren Deputirten das Mandat zurückzuziehen. Eine solche Consequenz ist aber gefährlich; sie würde die Meinung des Deputirten von der Meinung seiner Wähler abhängig machen. Es ist eine solche Abstimmung durch Namensaufruf auch gar nicht nöthig, damit die Nachwelt erfahre, wie die einzelnen Deputirten in gewissen wichtigen Fragen gestimmt haben; denn wenn die Minderheit durch einen Beschluß der Mehrheit sich für compromitirt hält (obwohl ich dieß immer et was sonderbar fände), so steht es der Minorität frei, einen Protest in das Protokoll einrücken zu lassen, daß sie nicht mit der Mehrheit einverstanden war. Dadurch bleibt die Freiheit der Abstimmung ausrecht erhalten, und (s bleibt doch auch der Minderheit das volle Recht, sich für das Gegentheil zu erklären, und daß sie nicht mit der Mehrheit einverstanden war.

Abg. Brestel. Ich glaube, der Redner vor mir hat gesagt, eine Appellation an das Volk bestehe einzig und allein darin, daß das Volk bei der künftigen Wahl in dieser Wahl gleichsam ein Urtheil über ihre früheren Deputirten aussprechen werde. Wenn aber eine solche Appellation an das Volk möglich sein soll, so ist es nothwendig, daß das Volk weiß, wie seine Vertreter in gewissen entscheidenden Momenten wirklich gestimmt haben. Damit das Volk dieß auf eine bestimmte authentische Weise wisse, muß in gewissen Fällen eine öffentliche Abstimmung gestattet sein. Es ist das kein Meinungszwang. Nach meiner Ansicht muß jeder Volksvertreter seine Meinung offen und frei auszusprechen jederzeit bereit sein. Derjenige, welcher sich durch die öffentliche Meinung auf sein Votum influenzirren läßt, von dem muß ich sagen, daß er entweder nicht diejenigen Eigenschaften hat, die zu einem Volksvertreter erforderlich sind, nämlich den nöthigen Muth und die Entschiedenheit, oder daß er seiner Pflicht nicht nachkommt und oft nicht nachkommen will. Man hat zu gleicher Zeit gefragt, der Minorität stehe es ja immer frei, wenn sie an das Volk appellieren will, einen Protest zu Protokoll zu geben, daß sie nicht mit der Majorität gestimmt hat. Da mache ich Sie auf einige geschichtliche Erfahrungen aufmerksam, die in Frankreich gemacht worden sind, bevor die öffentliche Abstimmung eingeführt war. Wenn in entscheidenden Momenten eine Abstimmung durch Kugelung vorgenommen wurde, so publizierten die Journale die Namen derjenigen, die gegen eine gewisse Maßregel getrimmt haben, und da fand es sich immer, daß sie mehr Namen anführten, als wirklich in der Minorität gestimmt hatten, es fanden sich immer mehr Namen in den Journalen publiziert, von denen diese sagten, sie hätten dagegen gestimmt, während die weißen und schwarzen Kugeln den Irrtum nachreifen konnten. Ich glaube daher, daß wir uns die öffentliche Abstimmung in gewissen entscheidenden Momenten vorbehalten müssen, daß wir das uns selbst, daß wir das dein Vertrauen des Volkes schuldig sind, und daß dadurch nicht im mindesten die Meinungsfreiheit eines einzelnen Deputirten influenzirt wird, Zu gleicher Zeit aber bin ich der Ansicht, daß sie auf wenige entscheidende Momente beschränkt werden soll, daher halte ich es für weise, daß wenigstens 50 Mitglieder dieselbe verlangen sollen.

Abg. Dylewski. Ich will mich nur kurz fassen, und stimme der Ansicht des Abg. Brestel, voll welcher ich ganz durchdrungen bin, vollkommen bei, in welcher Berücksichtigung jedoch der Abg. Klaudi einen Protest eingelegt hat. Ich aber frage, wozu ist ein Protest nöthig? Denn wenn man offen stimmt, so glaube ich ist der Protest ganz überflüssig und unnütz. Der Herr Abg. Klaudi geht von der Behauptung aus: wenn ein Abgeordneter spricht, und nicht stimmt, so möge man dieses zu Protokoll bringen. Aber so viel ist richtig, wenn Diejenigen, die den Abgeordneten wählen, darüber urtheilen wie er stimmt, so müssen sie auch wissen, wie er spricht. Wenn aber ein Abgeordneter spricht, wie er stimmt, dann glaube ich, würde es eine Demütigung für uns sein, wenn wir uns erst in den Urnen verstecken sollten. Auf diese Weise müßte man annehmen, daß der Abgeordnete nicht Muth genug habe, seine Ansichten offen auszusprechen.

Abg. Thinnfeld. Ich stimme dem Antrage des Herrn Abg. Löhner vollkommen bei, daß, wenn 50 Mitglieder die öffentliche Abstimmung verlangen, man seine Meinung jederzeit frei und offen aussprechen müsse. Was aber den Antrag allbelangt, wenn 20 Mitglieder die Abstimmung durch Kugelung verlangen, so kann ich demselben nicht beistimmen; denn es kann sich finden, daß 20 lange Zeit unnötiger Weise die Verhandlung hintanhalten, und dadurch die ganze Verhandlung hinausschieben. Ich mache daher den Vorschlag, daß diese Abstimmung durch Namensaufruf bloß mit Ja oder Nein vorgenommen werden soll, wenn im ersten Falle eine Stimmen mehrheit von wenigstens 50 Mitgliedern, im zweiten Falle das Resultat von der Majorität verlangt wird. Sie haben längst schon gesehen, daß die Kugelung stets eine zeitraubende ist, und ich glaube, diese Erfahrung soll uns hinweisen, für die Zukunft eine solche Maßregel zu hintertreiben.

Vicepräs. Der Herr Abg. Hauschild hat seinen Verbesserungsantrag zurückgenommen.

Abg. Klaudi. Ich will den Antrag des Hrn. Abg. Hauschild zu dem meinigen machen. So sehr es auch befremden muß, daß gerade ich diese Ansicht theile, so finde ich mich gerade dadurch bereit, dieselbe zu meiner eigenen zu machen; denn, meine Herren, wir sind ja im ersten Reichstage Österreichs, — wenn wir auch keine Capacitäten unter uns haben (Gezische.)

Vicepräs. Ich bitte sich dieses Ausdruckes nicht zu bedienen.

Abg. K l a u d i (fortfahrend:) kann ich mich doch nur dahin aussprechen, daß der Blick auf die Bänke dieser Versammlung zeigt, daß nicht alle im gleichen Maß die Offenheit der Fragen, Meinungsäußerungen, die Uneingeschränktheit, das vollste politische Selbstbewusstsein haben, welche die eigentlichen Volksvertreter haben müssen. Ein Beispiel hievon gibt uns Frankreich. (Gezisch. Ruf zur Ordnung und Sache.) Das Beispiel Frankreichs beweist, daß es in allen Kammern möglich ist, daß man sich scheut, aus was immer für einem Grunde seine Stimme abzugeben daß man sich durch einen Augenblick bestimmen läßt eine Meinung abzugeben, die man sonst nicht abgeben würde. Ich gehöre gewiß am allerwenigsten zu Jenen, welche sich scheuen, ihre Worte frei und offen auszusprechen; die Verschiedenheit der Zusammensetzung unserer Kammer, das Factum, daß Viele der Sprache nicht mächtig sind, dieses Alles zusammengenommen würde uns dahin führen, daß die ausgesprochenen Ansichten nicht vollkommen gewürdigt werden, denn sie sind nötiger Weise an den Rath Einzelner gebunden. Dieses Factum bestimmt nicht den Antrag des Herrn Abg. Hauschild zu unterstützen. Wenn bei der Abstimmung eines politisch gereiften Volkes durch die Abstimmung mit der Kugelung kein anderes Resultat herauskommt, als die Unterschriften des Protestes der Minorität zeigen, so macht mich dieses nur für eine im parlamentarischen Leben noch so junge Versammlung um so besorgter. Wenn wir auch Alle einiges Gewissen, redlichen Willen und Offenheit der Meinungsäußerungen mitgebracht haben, so müssen wir uns doch eingestehen, daß wir alle im parlamentarischen Leben lehr jung sind, daher ein Urtheil nur zu leicht durch Umstände bestimmt abgeben können. Am freiesten wird die Meinungsäußerung durch Kugelung gehalten, wir dürfen uns durch keinen Einfluß einschüchtern lassen, denn die freie Meinungsäußerung ist am meisten nur durch die Vornahme der Kugelung gesichert. Abg. Goldmark. Ich glaube hier nicht viele Worte zu verlieren, und nur ein Sprichwort zur Sprache zu führen: Nee llercules contra duos. Es sind die Gründe derart genügend erörtert worden, und ich glaube, daß es dann seiner weiteren Beweisführung bedürfe, und daß es die größte Pflicht und Schuldigkeit wäre, einen solchen Paragraph hinzunehmen, indem es die Pflicht eines jeden Abgeordneten ist, für den Namensaufruf zu stimmen. Es ist eine Verletzung des constitutionellen Rechtes für das constitutionelle Volk, wenn wir eine Geheimniskrämerei pflegen. Ich bin durchaus nicht der Meinung, daß man von dem Antrage des Hrn. Abg. Löhner abweiche, indem darin genau angetragen ist, wann man die Abstimmung durch Namensaufruf und wann durch Kugelung vornehmen soll. Es heißt nämlich darin, daß der Namensaufruf vor der Kugelung den Vorzug hat, wenn 50 Mitglieder stimmen. Dieser Unterschied ist aber nur dann nöthig, wenn 20 bis 30 Mitglied« für die Kugelung und 50 für den Namensaufruf stimmen; denn sonst kann man nicht wissen, wem man das Recht geben soll, und deshalb unterstütze ich diesen Antrag.

Abg. Pokorny. Ich unterstütze diesen Antrag des Abg. Goldmark, und spreche mich führten Vorzug, den die öffentliche Abstimmung vor der Kugelung habe, aus; denn es ist notwendig, daß die Herren Deputirten ihre Meinungsäußerung selbst aussprechen, damit Jedem Gelegenheit gegeben werde, die freie Äußerung seiner Meinung zu vertheidigen; denn es steht ihm frei, Ja oder Nein zu sagen, und für dieses Ja oder Nein ist er verantwortlich. Er gibt dadurch seinen Committenten Gelegenheit, nach seinem Ja oder Nein ihn zu beurtheilen, wie er es wünscht. Vicepräs. Ich erlaube mir noch die Frage ob der Antrag des Abg. Thinnfeld unterstutzt wird. Er wird genügend unterstutzt)

  Abg. D y l e w s k i Ich stimme gegen diesen Antrag, weil wir uns durch die Abstimmung mittelst Namensaufruf eine Art von Appellation an die Majorität vorbehalten Ich verweise auf die Meinung der Geschichte. Wenn die Majorität das Recht hat, diese Abstimmung vorzunehmen, so ist es schabe, davon zu reden Deswegen will ich nicht, daß die Majorität das Recht habe, uns dieses Recht zu nehmen.

Abg. Thinnfeld. Ich sehe, daß der Abg. Dylewski mich falsch verstanden hat. Daß 50 Mitglieder die öffentliche Abstimmung verlangen können, das muß geschehen, nicht aber daß die Art der Abstimmung durch Aufstehen oder Sitzen bleiben bestimmt werde, und daß die Abstimmung durch Kugelung von 20 Mitgliedern verlangt werde. Ich glaube, dies ist eine Unzukömmlichkeit, und deshalb habe ich diesen Antrag gestellt, und dieses Amendement vorgebracht.

 Vicepräs. Will Niemand mehr das Wort ergreifen, dann ersuche ich den Herrn Berichterstatter, daß er von seinem Rechte Gebrauch machen wolle. Berichterst. Mayer. Der Antrag der Commission steht mit allen diesen Amendements in so ferne in keinem Widerspruch, als er noch liberaler ist, als alle vorgebrachten Amendements. Die Commission ist von der Ansicht ausgegangen, daß wir hier versammelt sind, um uns wechselseitig kennen zu lernen, nicht nach unserer äußeren Erscheinung, sondern nach der politischen Lebensansicht Wenn wir nicht in einzelnen wichtigen Fragen öffentlich mit Ja und Nein abstimmen, so werden wir uns nicht leicht kennen lernen, und im Leben nicht verständigen Ich glaube, das Prinzip der Öffentlichkeit kann nur durch öffentliche Abstimmung mit Ja oder Nein gewahrt werden, und diese Abstimmung kann nicht auf wenige Falle beschrankt werden Der Ausschuß hat bestimmt, daß durch Aufforderung von 20 Mitgliedern zur Abstimmung durch Namensausruf geschritten werden kann, da aber in unserer Versammlung sich ein größeres Quorum befindet, so durfte auch die festgesetzte Zahl von 20 Mitgliedern zu vermehren sein. Ich bin aber nicht für eine zu große Vermehrung, weil auch der geringsten politischen Fraction das Recht gewahrt werden muß, daß sie ihre oder eine andere Ansicht theile, die Commission hat die Kugelung nur als ein Auskunft mittel angesehen, wie für jene Falle, wo in einer bewegten Kammer nach Probe und Gegenprobe, und selbst nach vorgenommener Zählung das Resultat schwierig ist Sie hat auch vorausgesehen, daß die Kugelung, in der Hand einer Partei, zur weiteren Verschleppung der Debatte mißbraucht werden kann, daher hat sie für die Abstimmung durch Kugelung eine Unterstützung von 50 Mitgliedern gefordert. Wir haben gesehen, daß eine Unterstützung von noch mehr Mitgliedern nöthig wäre. Die Commission ist nicht der Meinung, daß die Abstimmung durch Kugelung den Vorzug vor der Abstimmung durch Namensausruf habe Die Abstimmung durch Namensaufruf muß den Vorzug vor allen andern haben, sonst würde das Prinzip der Öffentlichkeit in eine Geheimniskramären verwandelt werden, und es konnte geschehen, daß Jemand einen Grundsatz in der Kammer ausspricht, und einen ändern bei der Abstimmung beobachtet. Aber ich glaube, ein solches Janusgesicht dürfen wir nicht annehmen, und wer den Muth hat zu sprechen, muß auch den Muth haben, öffentlich anzuerkennen, daß das, was er gesagt, seine innerste Überzeugung war. Ich beantrage daher, daß der Paragraph der Commission infofern beibehalten, und der andere Paragraph klarer gefaßt werde, daß der Namensaufruf den Vorrang und Vorzug vor allen anderen Abstimmungsarten habe, muß es wohl Bedenken geben. Das der Verbesserungsvorschlag des Abg Thinnfeld die Abstimmung durch Kugelung nur dann vornehmen zu lassen, wenn einzelne wichtige Beweggründe vor handeln sind, sehr viel für sich habe, indem wir dadurch nicht in die Lage kommen, mit einer mechanischen Arbeit nicht nur Zeit zu verlieren, sondern auch uns ermatten zu lassen.

 V i c e  p r ä s. Es liegen mehrere Verbesserungsantrage vor, und zwar erstens: der des Abg. Hauschild, welchen der Abg Klaudi zu seinem eigenen gemacht, und welcher Unterstutzung gefunden hat. Ich glaube, daß derselbe vor allen anderen zur Abstimmung komme, weil er sich ton der ursprünglichen Textirung der Geschäftsordnung am meisten entfernt.

Abg. Klaudi. Ich ziehe meinen Antrag zu rück, ich bitte aber, den Grund davon ins Protokoll aufzunehmen, nämlich daß ich den Antrag deßwegen zurückziehe, um nicht einer Partei den Schein zuzuziehen, als scheue sie sich, ihre Meinung öffentlich auszusprechen Schriftf Stritt. Ich erlaube mir zu bemerken Meinungen können nicht in s Protokoll genommen werden, sondern nur ein Antrag, das können nur die Stenographen anmerken.

Vicepräs Der zweite Antrag ist der des Abg Zimmer dieser durfte nun zur Abstimmung kommen, weil er sich von dem Antrage der Commission in doppelter Beziehung entfernt: einerseits in Betreff der Anzahl Mitglieder zur Unterstutzung des Antrages auf Kugelung, und zweitens in Betreff des Verhältnisses der Abstimmung durch Namens auf zur Abstimmung durch Kugelung, daß nämlich die erste Abstimmungsart den Vorzug haben solle, wenn 50 Mitgliedes sich dafür aussprechen Der Antrag lautet "Abstimmung durch Kugelung findet nur ohne Motivirung Statt, wenn sie beim Schlusse der Verhandlung ohne Debatte beantragt, und der Antrag von wenigstens 30 Abgeordneten unterstützt wird. Der Abstimmung durch Namensaufruf mit "Ja" oder "Nein" wird vor jeder anderen, der Vorzug gegeben, wenn sie von wenigstens 50 Mitgliedern am Schlüsse der Verhandlung beantragt wird."

Abg. Zimmer. Ich verbessere meinen Antrag dahin, daß die Abstimmung durch Kugelung nur dann stattfinden solle, wenn sich 100 Mitglieder dafür aussprechen.

Abg. Thiemann. Ich erlaube mir zu bemerken, es dürfte am besten sein, diese beiden Fragen so zu stellen: 1. Wie viel Mitglieder sind nöthig zur Abstimmung durch Namensaufruf, und 2. wie viel Mitglieder sind nöthig zur Abstimmung durch Kugelung Vicepräs. Ich glaube, daß diese Fragen sich im Interesse der Kammer trennen lassen. Ich frage, ob der gegenwärtige, im ersten Absatz geänderte Antrag des Abg. Zimmer unterstützt wird, da hier eine Umänderung der Zahl von30 auf 100 für Kugelung gestellt wird. (Der Antrag wird unterstützt.) Ich werde daher den ersten Theil des Antrages vorlesen; er lautet: "Abstimmung durch Kugelung findet nur ohne Motivirung Statt, wenn sie bei dem Schlusse der Verhandlung ohne Debatte beantragt, und der Antrag von wenigstens 100 Abgeordneten unterstützt wird." Diejenigen, welche sich für diesen Antrag aussprechen, wollen aufstehen. (Majorität.) Der zweite Theil des Antrages lautet:,,Der Abstimmung durch Namensaufruf mit "Ja" oder "Nein" wird vor jeder anderen der Vorzug gegeben, wenn sie von wenigstens 50 Mitgliedern am Schlusse der Verhandlung beantragt wird. "Abg. Brestl. Ich glaube, nach den Worten: "der Abstimmung durch Namensaufruf mit "Ja" oder "Nein" — wäre nöthig beizusetzen: "ohne irgend eine Motivirung. "Vicepräs. Wünscht die Versammlung, daß über die Gründsätze und die Gründlage abgestimmt werde, ohne Rücksicht auf die Textirung, so dürfte sich der Gegenstand besser stellen.

Berichterst. Mayer. Alle Anträge vereinigen sich, wie ich glaube, in folgenden Puncten, wenn wir ohne Rücksicht auf die Textirung über die Hauptprinzipe uns einigen:1. Daß die Abstimmung durch Namensaufruf vor jeder anderen den Vorzug habe. 2. Daß sowohl die Abstimmung durch Namensaufruf, wie auch die durch Kugelung, nur dann stattfinde, wenn sie ohne Motivirung und ohne Debatte bei dem Schlusse der Verhandlung gefordert wird. 3. Wie viel Mitglieder sind nöthig, damit die Abstimmung durch Namensaufruf geschehe? 4. Wie viel Mitglieder sind nöthig, damit die Abstimmung durch Kugelung gefordert werden kann? — Ich glaube in diesen 4 Puncten faßt sich Alles zusammen. Vicepräs. Ich fordere die Herren Abgeordneten, welche die Verbesserungsanträge gestellt haben, auf, zu erklären, ob sie mit dieser Abstimmungsart, wie sie vom Herrn Berichterstatter beantragt wurde, einverstanden sind. (Ruf: Einverstanden.) Abg. Goldmark. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß durch diese Abstimmung eine frühere nicht umgestoßen werden kann, wir haben schon über einen Theil abgestimmt. Berichterst. Mayer. Es wird auch so angenommen, wir werden nicht zurückgehen; es ist ja ohnehin die erste Frage beantwortet, daß die Abstimmung durch Namensaufruf vor jeder anderen den Vorzug habe. Vicepräs. Diejenigen Herren wollen aufstehen, die wünschen, daß die Abstimmungsart durch Namensaufruf vor jener der Kugelung den Vorzug habe. (Angenommen.) Eine weitere Frage ist die, ob nämlich die Abstimmungsart durch Kugelung und Namensaufruf auch ohne Motivirung und ohne Debatte am Schlusse der Verhandlung gefordert werden könne? Berichterst. Mayer. Ich erlaube mir zu bemerken, mein Antrag geht dahin, daß der erste Satz zu §.78 so lautet: "Abstimmung durch Namensaufruf mit Ja oder Nein, oder Abstimmung durch Kugelung findet nur ohne Motivirung Statt, wenn sie beim Schlusse der Verhandlung ohne Debatte beantragt wird."

Wird über diese Frage abgestimmt?

Vicepräs. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß über die Abstimmung durch Kugelung schon der Beschluß gefaßt worden ist; jetzt handelt es sich nur um die Frage, ob die Momente, die sie berührt haben, auch bei der Abstimmung durch Namensaufruf stattfinden. Wir kommen nun zu demselben zurück, ohne mit dem ersten in Collision zu gerathen. Diejenigen Herren, welche wünschen, daß die Abstimmung durch Namensaufruf ohne Motivirung und ohne Debatte am Schlusse der Verhandlung verlangt werden könne, wollen dieß durch Aufstehen kund geben. (Wird angenommen.)

Abg. Brestel. Ich bitte, es ist noch Eines nicht erledigt; es ist erledigt, daß die namentliche Abstimmung selbst ohne Motivirung stattfinden soll, es muß aber ausdrücklich ausgesprochen werden, daß bei der namentlichen Abstimmung Niemand anders sage als Ja oder Nein.

Berichterst. Mayer. Dieses ist bereits in einem früheren Paragraphe ausgesprochen worden, nämlich im §. 75; ich bitte ihn gefälligst zu lesen.

Vicepräs. Ich glaube, diese Frage ist erledigt. Nun kommen wir zur dritten prinzipiellen Frage, und zwar zur Anzahl derjenigen Mitglieder, welche den Antrag auf die eine oder die andere Weise zu unterstützen haben. In dieser Beziehung liegen mehrere Antrage vor. Für die Annahme auf die


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