Støeda 26. èervence 1848

welche die stenographischen Berichte zu prüfen haben, sich heute Nachmittags um 6 Uhr zu versammeln, im Einvernehmen mit den Stenographen sich zu besprechen. Und ich ersuche deshalb auch den Vor» stand der Stenographen, sich dazu im Vorstands Bureau einzufinden. An der Tagesordnung steht nun die "Verhandlung über die Geschäftsordnung. Ich ersuche nun den Berichterstatter Mayer seine Stelle einzunehmen. (Berichterstatter Mayer betritt die Rednerbühne.) Der Abgeordnete Goldmark hat noch eine Interpellation vorzubringen.

Abg. Goldmark. Ich erlaube mir, an das Ministerium die Anfrage zu richten, ob und welche Schritte von Seite der Regierung geschehen find, sowohl um die Übergriffe Rußlands in der Moldau hineinzuhalten, als auch die Rechte unserer Staaten zu wahren, und welche genauere Berichte über das Einrücken Rußlands in diese Provinzen vorliegen.

Min. Doblhoff. In Folge der fortlaufenden Berichte, die von andern Seiten her sehr unverläßlich sind, weil über die Stärke des russischen Militärs in der Walachei sehr verschiedene Nachrichten vorhanden sind, je nachdem sie von der Partei der Wallachen oder von jener Partei ausgehen, welche mit der russischen Besetzung der Walachei einverstanden sind, so hat das Ministerium sich verpflichtet gefühlt, in Beziehung auf die Absichten, die hier zu Gründe liegen, sich unmittelbar an den Botschafter von Rußland, welcher sich gegenwärtig in Innsbruck befindet, durch einen Courier zu wenden, und an ihn die Anfrage zu stellen. Hierüber hat das Ministerium noch keine Antwort, und ich bitte daher sich vorläufig mit dieser Antwort zufrieden zu stellen.

Abg. Goldmark. Liegen auch keine Consulats berichte vor?

Min. Doblhoff. Ja, diese liegen vor. Sie kommen täglich nicht bloß aus Bukarest, sondern auch aus Jassy.

Abg. Goldmark. Und welcher Art ist der Inhalt derselben? Bestätigen diese Berichte das was die Zeitungen bisher veröffentlicht haben oder nicht? Werden Maßregeln getroffen, um die Interessen Österreichs in jenen Provinzen zu wahren?

Min. Doblhoff. Über diese Maßregeln können wir wohl früher nichts mittheilen, als bis wir nicht rücksichtlich der Absichten, welche zu Grund liegen, vollkommene Aufklärung geben können. Überhaupt ist es schwer, über einen solchen Gegenstand, bevor man sich im Ministerrathe berathen hat, Aufklärung zu geben. Ich könnte ihnen wohl die historischen faktischen Berichte der Consulate mittheilen welche vorzuenthalten gar kein Grund vorhanden wäre. Indessen kann ich Sie versichern, daß auch diese sehr widersprechend und so wenig zusammen hängend sind, je nach dem sie entweder von Jassy oder Bukarest, wie gesagt, je nachdem sie von eine oder andern Seite einlaufen, sind sie entweder beruhigen oder beängstigend. Jedoch kann ich Sie so viel beruhigen, daß von Seite der türkischen Regierung bereits sehr ernsthafte Schritte geschehen sind, und bedeutende Truppennassen im Anmärsche find.

Abg. M a c h a l s k i. Ich erlaube mir meine gestrige Anfrage an das Ministerium des Innern heute zu wiederholen, in Betreff des Gouverneurs von Galizien.

Min. Doblhoff. Ich muß den Herrn Interpellanten ersuchen, bis morgen mit Geduld zu waren. Ich habe bereits den Auftrag gegeben, mir alle darauf Bezug habenden Acten zusammenzustellen, wo ich dann im Stande sein werde, eine ausführliche Erklärung über die Sache zu geben, die mir nicht ganz klar war, und im Allgemeinen bitte ich zu bedenken, daß ich erst seit einigen Tagen die Geschäfte des Ministeriums des Innern übernommen habe, und zwar zu einer Zelt, wo die Verhältnisse in allen Provinzen äußerst schwierig find, wo so viele Lebensfragen zu verhandeln sind, und daß ich endlich von Morgen bis in die Nacht, ich kann sagen, bis wieder die Sonne aufgeht, jedem Einzelnen Aufklarung zu geben bereit bin, und ich glaube daher, daß der Herr Interpellant Ich bis dahin gedulden möge.

Abg. Machalski. Ich begreife dieses sehr wohl, aber ich glaube, daß das Ministerium des Innern über Thatsachen Aufklärung zu geben im Stande sein wird. Ich erlaube mir an den Gouverneur von Galizien die Frage zu stellen. (Unterbrechung).

Abg. Löhner. Ich bitte den Herrn Präsidenten, den Artikel der Geschäftsordnung Betreff der Interpellationen zu lesen.

Präs. "Jedem Abgeordneten steht das Recht zu, durch Fragen an den Präsidenten der Reichsversamrnlung, an die Vorstände der Abtheilungen und der Ausschüsse oder an den Minister auch einen Gegenstand zur Sprache zu bringen, der nicht auf der Tagesordnung steht."

Abg. Pinersdorff. Ich glaube, daß ich im Stande bin, über diesen Gegenstand in Kürze zu antworten. (Ruf: Zur Tagesordnung). So lange Jemand seines Amtes nicht enthoben ist, bekleidet er sein Amt. Der bisherige Gouverneur von Galizien ist, soviel mir bekannt ist, noch nicht seines Amtes enthoben, er ist noch Gouverneur von Galizien, ich glaube, diese Antwort dürfte den Antragsteller befriedigen.

Abg. M a c h a l s k i. Er hat aber gestern erklärt, daß er seines Amtes enthoben ist.

Abg. Stadion. Ich wiederhole das Wort das ich gestern gesprochen habe, daß ich nämlich vor etwa drei Wochen meine Demission in die Hände des Ministeriums niedergelegt habe, und sehe mich daher nicht mehr als faktischer Gouverneur von Galizien an, seitdem ich meine Demission in die Hände des Ministeriums niedergelegt habe. (Ruf nach Tagesordnung).

Präs. Es liegt noch eine Interpellation vor.

Abg. Claudi. In Verbindung mit meiner gestrigen Anfrage an das Ministerium des Innern und der Justiz, da ich nicht die Ehre hatte, den Herrn Kriegsminister zu sehen, stelle ich nun die Anfrage an das Kriegsministerium, was es veranlaßt habe, um das strafwürdige Benehmen des Militärs in Prag in den Pfingsttagen zu untersuchen, und insbesondere jenes durch die an das Ministerium von Seite der nach Prag gesandten Hofcommission gelangten Berichte über das Verbrechen der Meuterei unter dem Militär, indem dasselbe einem ändern General, nämlich dem Grafen Mensdorf den Gehorsam verweigerte und erklärte, daß es nur unter dem F. M. L. Windischgräte dienen wolle. Dieser Umstand begründet ohnehin, nach den Kriegsstrafgesetzen, die Meuterei, und ich sehe mich genöthigt, das Ministerium zu fragen, was in dieser Beziehung veranlaßt wurde, da dieser Umstand zu seiner Kenntniß gelangt sein muß.

Min. Latour. Der Behauptung des verehrten Abgeordneten, daß eine Meuterei Statt gefunden habe, bin ich im Stande, vollkommen zu widersprechen; denn aus den Berichten, welche das Ministerium sowohl durch die Hofcommission als auch später erhalten hat, ergibt sich nur, daß der Hofcommissär Graf Mensdorf, als er gesehen, daß sein Abtreten von dem Commanbo auf die Beruhigung der Stadt Prag günstig einwirken würde, freiwillig das Commando niederlegte; er wurde durchaus dazu nicht aufgefordert, sondern er hat selbst die Ansicht gefaßt, daß es zur allgemeinen Beruhigung dienen werde, wenn er das Commando, das er nur momentan übernommen hat, zurücklege. Übrigens wissen Sie, daß die Untersuchungskommission noch fortbesteht, und wie das Justizministerium bereits angezeigt hat, so werden jetzt an die ordentlichen Gerichte alle Acten und die Fortsetzung der Untersuchung übergeben werben, welche Sie wohl abzuwarten so gefällig sein werden.

Abg. Claudi. Ich habe gestern erklärt, daß ich im Namen der Nation (Unterbrechung: Sprechen Sie nicht im Namen der Nation!) also im Namen der böhmischen Nation, der czechischen (Ruf: Nein, Nein!) dieses dankbar anerkenne, jedoch mit einer theilweisen Erledigung seiner Angelegenheiten nicht zufrieden sein kann, um so mehr, da ich allen Deputationen beiwohnte, und gegenwärtig die Ehre habe, hier in der Kammer zu sitzen, so halte ich es für meine heiligste Pflicht, Alles, was in bieder Angelegenheit zu meiner Kenntniß kam, hier in meiner Amtobliegenheit vorzubringen. Ich habe mich überzeugt, aus der Meldung des Generals K h e v e n h ü l l e r, daß das Militär wirklich den Gehorsam verweigert hat, indem die Meldung lautet, daß es nicht möglich wäre, das Militär zu halten, wenn der Fürst Windischgrätz abtrete, und daß man die Folgen sich selbst zuzuschreiben habe.

Abg. Rieger. Ich kann die Aussage des Herrn Abgeordneten Claudi bestätigen, da ich aus dem Munde des Grafen Mensdorf, der alle Achtung verdient, selbst gehört habe, daß er nicht im Stande fei, das Commando zu übernehmen, weil das Militär nicht den Gehorsam leisten will. Eine gleiche Äußerung vernahm ich auch von Wallmoden und Thun, Abg. Kudlich. Ich glaube allerdings, daß dieß Dinge von Wichtigkeit sind (Bewegung und nicht vernehmbar), daß dieß aber nicht ein Gegenstand der Discussion sein kann. (Ruf zur Tagesordnung.)

Präs. Der Abgeordnete Borrosch hat noch das Recht der Interpellation.

Abg. Borrosch. Ich glaube, es ist aus der Interpellation zu entnehmen, und es dürfte so gültig sein.

Abg. Mayer als Berichterstatter, linst den §. 22 der Geschäftsordnung. "Die Ordner, vier an der Zahl, werden vom Reichstage mit relativer Stimmenmehrheit aus den Abgeordneten für dessen ganze Dauer gewählt, doch steht es jedem derselben frei, nach zwei Monaten seine Ersetzung zu verlangen."

Ein Abg. Ich glaube, wegen Gleichstellung der Amtsführung sollte man die zwei Monate auf vier Wochen abkürzen, weil die Herren Ordner ohnehin mit vielen Arbeiten überhäuft sind, und es ihnen zugestanden ist, nach vier Wochen ihre Ersetzung zu verlangen. Wir haben es den ändern Personen auch zugestanden.

P r ä s. Wünscht noch Jemand das Wort? (Es meldet sich Niemand.)

Abg. Mayer. Die Herren Ordner, welche dieses lästige Geschäft übernommen haben, haben denselben Wunsch nicht ausgesprochen. Ich erlaube mir zu bemerken, daß die Obliegenheiten der Herren Ordner der Art sind, daß sie erst durch eine längere Amtsdauer in die Lage kommen, ihre Pflicht mit der Umpicht wahrzunehmen, wie sie das  fordert. Ich glaube daher die Stilisierung des Paragraphen bevorwarten zu müssen: daß es den Herren Ordnern frei steht, nach zwei Monaten ihre Ersetzung zu verlangen.

Ein Abg. Es tauchen einzelne Einwendungen gegen einzelne Paragraphen der Geschäftsordnung auf, die ohne Unterstützung beantwortet werden. Diese Vorgehungsweise beraubt uns einer Menge Zeit, und bringt oft Anträge zur Abstimmung, die gar nicht unterstützt worden sind. Ich bitte, solche Antrage, bevor sie zur Abstimmung gebracht werden, zu untersuchen, ob sie unterstützt worden sind, damit wir nicht die Zeit auf eine solche Art verlieren.

Abg. Strobach. So weit mir die Geschäftsordnung bekannt ist, bedürfen bloße Abänderungsantrage keiner Unterstützung. Ich stelle sohin über das Amendement des Herrn Sprechers die Frage: ob der im §. 22 festgesetzte Zeitraum von zwei Monaten, nach welchen die Herren Ordner berechtigt sind, ihre Ersetzung zu verlangen, auf vier Wochen herabzusetzen sei. In diesem Fall bitte ich die hohe Reichsversammlung es durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Außer dem Antragsteller steht Niemand auf; wird also verworfen.)

P r ä s. Ich bitte die hohe Versammlung, sich über den Paragraph zu äußern, im Falle er in seiner Fassung angenommen wird, es durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Dieser §. 22, so wie der nächstfolgende §. 23 werden ohne Abänderung angenommen.

Bei § 24 ergreift Herr Gobbi das Wort.) Meine Herren! Nachdem das Princip, nach welchem die Eintrittskarten zu den Galerien bis jetzt ertheilt worden sind, von der hohen Versammlung als provisorisch angenommen wurde, so wird heute wohl bestimmt werden müssen, welches Gesetz stabil für die Zukunft zu gelten habe. Herr Trost hat vor kurzer Zeit der Versammlung einen Vorschlag zur Verteilung der Karten gemacht, es ist mir Pflicht, Ihnen denselben vorzustellen, damit die hohe Versammlung selbst über die Zweck und Unzweckmäßigkeit dieses Vorschlages entscheiden möge (Er liest ihn.) Sie sehen, meine Herren, daß der Antragsteller durch diesen Vorschlag dem Übelstande eines zu großen Andranges von Menschen bei der Vertheilung von Karten begegnen, und den Handel verhindern will, den man jetzt mit den Karten treiben soll Ich glaube, meine Herren, daß man durch diese Vorinerkungsmethode dem Übelstande eines zu großen Andranges von Menschen während der Vertheilung von Karten durchaus nicht begegnet, sondern nur das erzwecken würde, daß der zu große Andrang von Menschen nicht mehr bei der Vertheilung, sondern bei der Pränumeration stattfinden dürfte. Ebenso glaube ich, meine Herren, daß man durch diese Vormerkungsmethode den Handel nicht beseitigt, den man mit diesen Karten treiben soll; denn jeder, der eine Karte zu haben wünscht, muß sich vormerken lassen, und bekommt einen Vormerkschein, und würde mit diesem Vormerkschein den nämlichen Handel treiben, den er jetzt mit den Eintrittskarten selbst treibt. Bedingt diese Vormerkungsmethode die Einführung eigener Listen des Vormerken sämtlicher Namen, die Vertheilung eigener Vormerkungsscheine mit fortlaufenden Nummern, die tägliche Veröffentlichung dieser Vormerkungsscheine in den öffentlichen Blättern. Der Austausch dieser Vormerkungsscheine gegen Eintrittskarten zur Galerie, die Controle, daß nicht ein und dasselbe Individuum sich 10 oder 20 Mal vormerkt, sind lauter Bedingungen, die dieses Geschäft erschweren, dem Publikum beschwerlich sind, und ein sehr zahlreiches Dienstpersonale erst denn. Endlich bemerke ich, daß eine solche Vormerkungsmethode den Eintritt auf die Galerien zu einer rein illusorischen macht; denn sobald die Karten auf 14 und mehr Tage vergriffen sein können, und während dieser Zeit Niemanden mehr eine Karte verabfolgt werden darf, ist es gewiß, daß während dieser Zeit der Eintritt kein freier sein würde. Aus diesen Gründen glaube ich diesen Vorschlag für einen unzweckmäßigen und unpraktischen erklären zu müssen, und der hohen Versammlung den Vorschlag zu machen, bei der bis jetzt befolgten Methode zu bleiben, die wirklich die freieste und einfachste ist. Wir theilen täglich 600 Karten aus, 150 für die Herren Deputirten und 450 für das Publikum. Jeder Herr Deputirte, der eine Karte zu haben wünscht, meldet sich den Tag vor der Sitzung in der dazu bestimmten Localität, je nachdem er eine oder zwei Karten wünscht, werden sie ihm gleich verabfolgt, so lange nämlich die 150 nicht vergriffen sind. Sollten sie aber schon vergriffen sein, so wird der Herr Deputirte auf den folgenden Tag vorgemerkt. Wenn aber nur ein bestimmter Theil vergriffen ist, wird der Rest den folgenden Tag für das Publikum bestimmt. Punct 7 Uhr öffnen wir das Thor, und Jeden, der kommt, ohne Unterschied des Ranges, ohne Unterschied des Standes und der Stellung wird eine Karte verabfolgt. Wir haben auch bereits die Anstalt getroffen, daß Jeder, der eine Karte erhält, von derselben den ganzen Tag Gebrauch machen kann und zwar derart, daß sie der zweite dem dritten, der dritte dem vierten abtreten kann, wodurch nicht nur 600, sondern der zwei oder dreimal so großen Anzahl von Menschen täglich der Eintritt verschafft werden kann. Sie sehen, meine Herren, daß diese Vertheilungsmethode einfach ist; daß sie aber auch zweckmäßig ist, lehrt die Erfahrung. Sie sehen, daß wir auf den Gallerien fortwährend die größte Ordnung haben, daß die Gänge dahin immer leer sind, daß große Menschenmassen sich nie vor dem Hauptchore des Hauses versammeln, daß nicht nur 12, sondern 16—1800, bis 2000 Menschen freien Eintritt haben, und daß Niemand Über Ungerechtigkeit oder Bevorzugung zu klagen Recht hat, das Princip der Ordnung, Gleichheit, Öffentlichkeit und Gerechtigkeit ist aufrechthalten; folglich glaube ich, haben wir Alles erzweckt, was wir durch eine gleichmäßige Vertheilung der Eintrittskarten erzwecken können. Übrigens muß ich Sie, meine Herren, auf den Umstand aufmerksam machen, daß am Tage vor der feierlichen Eröffnung des Reichstages viele Herren Deputirte keine Eintrittskarte zu den Gallerien haben bekommen können, und zwar aus dem Grunde, will ich auch an jenem Tage mich an den Grundsatz halten müßte, der von der hohen Versammlung provisorisch aufgestellt wurde: daß jeder Deputirte nicht nur eine, sondern nach Belieben auch zwei Karten bekommen sollte, so daß natürlich Alle, die nach dem 75zigsten kamen, keine Karte mehr bekommen konnten. Es wäre vielleicht möglich, daß einige Herren aus der hohen Versammlung mit dieser Art der Verkeilung nicht zufrieden waren, folglich bitte ich die hohe Versammlung, sich gleich bestimmt zu erklären, ob es bei der bis jetzt befolgenden Methode zu bleiben hat, oder ob sie es vorzieht, einen sogenannten Turnus einzuführen. Der Übelstand bei der bis jetzt befolgten Methode ist einfach der, daß viele Herren Deputirten bei außerordentlichen Gelegenheiten keine Karten bekommen konnten. Der Übelstand beim Turnus ist aber ein viel größerer; denn da die Herren Deputaten bei einem solchen Turnus nur alle fünf Sage zwei Karten bekommen können, so werden sie an allen ändern Tagen keine Karten bekommen, und selbst in dem Falle nicht, wenn Fremde aus den Provinzen kommen, oder wenn Verbandlungen gepflogen werden, die für ihre Verwandten und Freunde von Interesse sind, so daß der eigentliche Zweck für die Deputirten gänzlich vereitelt wird. Ich wiederhole es: es scheint mir am zweckmäßigsten, bei der bis jetzt befolgten Methode der Vertheilung der Eintrittskarten zu den Gallerien zu bleiben, um so mehr, als alle Herren, die sich heute melden und keine Karten mehr bekommen können, für den folgenden Tag vorgemerkt werden. Was endlich, meine Herren, die Anfrage betrifft, die von Seite des Gemeinde  Ausschusses der Stadt Wien, des Studenten  Ausschusses und von ändern Corporationen auch gemacht sind, um Karten oder abgesonderten Raum auf den Zuhörergallerten oder überhaupt um Karten zu den Gallerien zu haben, so sehe ich mich zu meinem größten Leidwesen in die unangenehme Lage versetzt, mich auf das Entschiedenste dagegen erklären zu müssen. (Beifall.) Wir würden, meine Herren, mit uns selbst in Widersprach gerathen, wenn wir diesen Corporationen ihre Wünsche erfüllen würden, und zwar aus dem Grunde, weil wir vor Kurzem das Princip selbst ausgesprochen haben, daß der freie Eintritt Jedermann in gleichem Grade freigehalten werden soll. Der Reichstag, meine Herren, darf in dieser Beziehung keinen Unterschied machen zwischen dem Gemeindeausschuss der Stadt Wien und den der übrigen Städte der Provinzen, zwischen dem Gemeindeausschuss, Studenten  Ausschuss oder irgend einer anderen Corporation dieser und der ändern Städte. Wollen wir also consequent sein — und das müssen wir sein, wenn wir gerecht sein wollen — so dürfen wir keine Ausnahme weder für eine, noch für die andere Corporation dieser Stadt machen. Denn würden wir dieß thun, so wären wir gezwungen, um consequent zu bleiben, die nämliche Ausnahme für alle ändern Corporationen dieser und aller andern Städte zu machen. Thaten wir das, so versichere ich Sie, meine Herren, daß wir binnen Kurzem in die unangenehme Lage versetzt sein würden, eine bedeutend geringe Anzahl für das Publikum zu bestimmen und wir würden dadurch am meisten das Volk beeinträchtigen, meine Herren, und zwar in seinem heiligsten Vorrechte, in jenem nämlich, den Verhandlungen seines eigenen Parlaments beiwohnen zu dürfen.

Abg. Violand. Meine Herren, ich habe mich schon letzthin für die gänzliche Freigebung der Gallerien ausgesprochen, mit Ausnahme von 150 Karten für die Deputirten, und zwar aus dem Grunde, dass, wenn Herren aus den Provinzen ankommen, sie nicht erst eine oder anderthalb Stunden vor dem Thore warten müssen, sondern einen zugesicherten Platz auf den Gallerien besitzen. Die Gründe, warum ich mich für die vollkommene Freigebung der Gallerien ausgesprochen, sind, weil wir gesehen haben, daß bei der derartigen Austheilung der Karten in der Stallburg, also unmittelbar in der Nähe des Reichssaales, nicht das geringste Gedränge, nicht die geringste Unrube herbeigeführt wurde, daß aber vielmehr hierdurch ein Handel durch den Kartenverkauf zu ungeheuren Preisen erzweckt wurde. Auch ziehen wir dadurch das Recht des Vorwurfes der Parteilichkeit auf uns, indem alle Herren, welche nicht Zeit haben, Abends von 9 oder 10 Uhr sich hinzustellen, oder welche kein Vermögen haben, von der Sitzung ausgeschlossen sind; denn es ist ein solches Gedränge, daß man schon Abends um 9 oder 10 Uhr durch die Menge, welche sich dorthin stellt, sich unmöglich durchdrängen kann. Der einzige Grund, warum ich mich der freien Austheilung der Karten entgegenstelle, dürfte sein, daß dadurch auf den Gallertegängen ein Gedränge entstehen konnte, dem aber dadurch leicht abgeholfen werden kann, wenn bei jedem Thore, und ich glaube wir haben deren drei, ein Ordner oder sonst Jemand stehen würde, und an die Ankommenden die Karten oder Marken austeilen würde; treten sie wieder aus dem Saale, so geben sie bei der Galerie die Karten aus, bei dem Thore die Marken wieder zurück, und es wird kein Gedränge entstehen, indem nicht mehr hineinkommen, als Platz haben. Jedes Gedränge wird dadurch vermieden, daß, wenn die Galerie schon gefüllt ist, kein Mensch mehr in dieselbe hineingelassen wird. Außer dem Verkaufe haben auch noch andere Übelstände stattgefunden; es sind mir nämlich schon mehrere Anzeigen zugekommen, daß Einigen der Herren, welche sich auf der Gallerte befanden, die Karten wieder abgenommen und Andern unten wieder gegeben wurden. Ferner, wenn zwei, drei oder mehrere bekannte Personen anwesend sind, so geben sie dieselben Jenen, sie selbst aber bleiben zurück. So kommt es, daß, wenn auch nur anfangs 600 Personen anwesend sind, 900 oder 1000 in der Folge dort sein können, wodurch ein großes Gedränge entsteht. Der Verkauf der Plätze ist es, warum ich diesen Antrag gemacht habe. Ein Verkauf der Plätze kann bei dieser Manipulation durchaus nicht stattfinden, indem die Karten, die wir in diesem Augenblick weggeben, an Andere vertheilt werden.

Abg. Gobbi. Was dieses betrifft, dass nämlich Mehrere die Karten auf die Gallerien abfordern, und mit denselben Andere heraufführen, wodurch viel mehr heraufkommen, muß ich bemerken, daß der Übelstand, der wirklich bestand, schon dadurch abgeholfen ist, indem Alle, die heraufkommen, ihre Karten wieder abtreten müssen. Ferner haben wir festgestellt, daß sie für die Karten, die sie bei den Gallerien abtreten, eine andere Retourkarte bekommen, und dann erst ihnen die Eintrittskarte wieder zurückgegeben wird, wenn sie die Retourkarte vorgezeigt. Diese Karten haben deshalb so viele Farben als Thore da sind, und es kann somit kein Miss brauch stattfinden.

Abg. Füster. Ich finde in Bezug auf die Vertheilung der Eintrittskarten die Sitte der Studentenschaft zu unterstützen. Ich erlaube mir dieses Gesuch zu unterstützen; sie sind unser künftiger Nachwachs, sie sehnen sich darnach, hier eine provisorische Vorschule zu haben, und ich glaube, daß sie dadurch eben eine vorzügliche Berücksichtigung verdienen. Ich bitte mir diese Bemerkung nicht übel zu nehmen, ich glaube, daß die Studenten, welche in den Märztagen ihr Leben einsetzten, und es für ihre Pflicht anfahren, dem Absolutismus ihren Gehorsam zu verweigern, auch vor der hohen Reichsversammlung die Berücksichtigung verdienen, dass sie in die Reichstagssitzungen zugelassen werden. (Beifall.)

Abg. Scherzer. Ich erlaube mir den Antrag, welchen mein Herr Vorgänger gestellt hat, zu unterstützen, und an die hohe Versammlung den Vorschlag zu richten, daß von den 150 Karten, welche die Deputirten erhalten, ein Theil der studierenden Jugend zugelassen werde. (Allgemeiner Beifall.)

Abg. Goldmark. Alle die Zweckmäßigkeiten der bisherigen Vertheilung der Karten zugegeben, so ist doch von dem Herrn Ordner der Einwurf nicht widerlegt worden, welcher in der Zuschrift des Hrn. Prof. Füster angegeben ist, nämlich, daß nur zwei Classen zu den Reichstags  Gallerten Zutritt haben, nämlich Fäuste und gespickte Börsen. Wer nicht glaubt, daß dem so ist, der kann sich überzeugen, wenn er vor das Haus geht. Ich sehe nicht ein, warum man die Anzahl der Karten für die Sitzungen auf 150 beschränkt hat, denn sie sind ja ebenfalls für das Publikum. Man gebe den Abgeordneten noch mehr Karten, so werden sie auf diese Weise unter das Publikum kommen, ohne daß dem Verkaufe Vorschub geleistet werde. Ich stelle daher den Antrag, man möge die Zahl der Karten für die Deputirten vergrößern, weil dadurch nur das Publikum am besten fahren wird, und die Abgeordneten in den Stand gesetzt werden, der Studentenschaft, mit der sie in Verbindung sind, welche zukommen zu lassen.

Abg. Fischhof. Ich muß mich diesem Antrag entgegenstellen, denn das hieße ein Publikum auf die Gallerien bringen, das wir uns selbst gebildet haben, und dieß würde Mißtrauen erregen. Wir sind gegen 300 Abgeordnete; geben wir jedem Abgeordneten täglich zwei Karten, so wäre dieß eine zu große Beschränkung für das Publikum auf den Gallerien. (Nein; nein! Jeder Abgeordnete soll nur Eine Karte täglich bekommen.)

Abg. Borrosch. Ich erlaube mir den Antrag zu stellen: Nachdem wir jetzt Erfahrungen in der einen Art erworben haben, so können wir uns auch Erfahrungen über die andere Art sammeln und den Antrag des Hrn. Abg. Violand auf die Probe stellen und provisorisch auf einige Tage in Vollziehung fetzen. Nur Erfahrung allein kann Sicherheit geben, welche von beiden Modalitäten vorzüglicher ist.

Abg. Fischhof. Ich kann diesen Antrag um so mehr unterstützen, als im Sicherheits-  Ausschuss, der seine Sitzungen im Musikvereinssaale hält, wo die Gallerien eine viel geringere Anzahl Zuhörer fassen, der Eintritt unbeschränkt ist und die Ordnung nicht im Mindesten gestört wird.

Abg. Borrosch. Ich würde auch gegen eine Vermehrung der Karten der Abgeordneten sein, weil es eine Art von Protektion wäre, und dieselben Personen zu oft treffen würde; dagegen bin ich dafür, daß ein zweckmäßiger Mittelweg eingeführt wer« den möge, denn ich halte es nicht für gerathen, gleich wieder eine andere Ordnung zu treffen. Dieser Mittelweg ginge dahin, daß ich beantrage, der Universität 100 Karten zuzustellen (o! o!), oder 50, und der gesamten Bürgerschaft ebenfalls 50, die täglich verlost werden mögen.

Abg. Füster. Die akademische Legion würde sich glücklich schätzen, wenn ihr nur 30 Billeten zugestellt würden.

Abg. Neumann. Dann müßten wir aber auch der Nationalgarde, dem Gemeindeausschuss, dem Sicherheitsansschuß und allen Ausschüssen und Corporationen, die sich in wenigen Tagen melden würden, Karten geben. Wir können darüber nicht Schiedsrichter sein, welchen wir gerade Karten geben sollen; entweder allen Corporationen Karten geben oder keinen.

Abg. Borrosch. Das sind keine Corporationen, sondern nur natürliche Glieder des gesellschaftlichen Verbandes.

Abg. Mußil. Ich erlaube mir, aufmerksam zu machen, daß die Herren, welche die Gallerien im Interesse der Armen ohne Karten zugänglich wünschen, und den Verkauf der Karten für einen großen Übelstand erklären, sich im Widerspruche befinden. Es ist ja der Armen freie Wahl, die Karten zu verkaufen oder nicht. Wenn sie die Karten verkaufen, so geben sie nur zu erkennen, daß ihnen die paar Zwanziger lieber sind, als uns hier zuzuhören, man kann ihnen diesen Erwerb gönnen. Was der Abg. Goldmark (diese Bemerkung war eigentlich vom Abg. Fischhof) bemerkte: daß der Eintritt in den Sicherheit  Ausschuss frei gestellt war, kann ich nicht unterlassen zu bemerken, daß dieß nur deshalb eingeführt worden ist, weil, so viel ich mich aus den in der Wiener Zeitung erscheinenden Protokollsauszügen erinnere, dort die Gallerien eine Zeit lang leer waren, und diesem dadurch abgeholfen werden wollte, daß der Zutritt frei gegeben werde, während wir hier Vorsorge gegen einen allzu großen Andrang und gegen mögliche Umordnung treffen wollen. (Heiterkeit.) Übrigens muß ich noch auf das Bemerken des Herrn Abg. V i o l a n d, daß bei Bewerbung um Karten ein zu großer Andrang bei diesem Hause stattfindet, erwidern, das dem leicht abgeholfen werden könnte, wenn die Verkeilung der Karten an mehreren Orten und in einer ändern Gegend als hier im Haufe geschieht. Ich verwahre mich übrigens gegen die Zumuthung, als wenn ich kein Herz für die Armen hätte; ich wünsche es von Herzen, daß sie diesen kleinen Verdienst behalten. Ich glaube, daß es nicht gefehlt wäre, wenn man sogar den Verkauf der Billets ton Seite der Armen zu ihrem Besten und zur Bequemlichkeit des vermöglichen Publikums durch Anweisung eines bestimmten Verkaufsllocales regeln möchte.

Abg. Goldmark. Ich erlaube mir, den verehrten Sprecher zu ersuchen, mir die Quelle anzugeben, aus welcher er entnommen, daß der Sicherheitsausschuss oder vereinigte Ausschüsse Karten hatten. Es waren keine einzige Karten in allen diesen Verhandlungen. (Geräusch.) Meine Herren, erlauben Sie mir, daß, wenn ich angegriffen werde, ich mich vertheidige. Ich habe nichts weiter zu erwidern. (Ruf zur Ordnung).

Abg. Bauer, Ich würde mich dafür aussprechen, daß an eine solche Corporation, deren Verhandlungen so ins Leben eingreift, auch einige Karten vertheilt würden, wenn auch nur wenige. (Ruf: Abstimmen.)

Abg. Gobbi. Meine Herren! das Princip kennen Sie, welches von den Ordnern befolgt sein soll. Ich bitte die hohe Versammlung, autonomisch zu bestimmen, was geschehen soll: ja oder nicht? soll die Zahl der Eintrittskarten für die Deputaten bestimmt werben, ja oder nicht?

Berichterst. Mayer. Meine Herren, der §. 24 lautet: "Die Ordner sotten für die unparteiische Verteilung der Eintrittskarten zu den Gallerien des Reichstagssaales nach besonderen vom Reichstage zu erlassenden Bestimmungen sorgen." Wir haben im Laufe der Debatte so viele Vorschläge gehört, daß es nicht möglich ist, dieselben zur Abstimmung zu bringen; sie haben uns von dem eigentlichen Zwecke, die Geschäftsordnung zu berathen, sehr weit abgeführt, und es wäre angemessen, daß der Nachsatz zur Wahrheit mürbe: "nach besonderen vom Reichstage zu erlassenden Bestimmungen," und es wäre sehr gut, wenn die dies fälligen Anträge der Ordner Paragraph für Paragraph durchdebattiert würden. Ich erlaube mir eine Bemerkung: Ich wäre dafür, daß die Kar» ten für die Deputirten eher vermindert als vermehrt werden; denn nach den nationalökonomischen Grundsätzen des Marktes erhellt es, daß die ändern Eintrittskarten um so teurer am Platze sind, daher wäre die Zahl der Eintrittskarten für die Deputirien eher zu beschränken, so daß die Möglichkeit vorhanden ist, die Karten in freien Verkehr zu bringen. Die Herren Ordner mögen den Modus der Kartenverheilungen in Bestimmung fassen und der hohen Versammlung zur Debatte vorlegen.

Abg. Borrosch. Es ist aber jetzt schon darüber debattiert worden; wir könnten abstimmen, und so wäre die Sache abgethan.

Abg. Umlauft, Vorläufig, glaube ich, ist der Grundsatz noch gar nicht dafür ausgesprochen, daß die Zulassung auf die Gallerien durch Karten geschehe, provisorisch wohl, aber nicht definitiv; dieser Grundsatz muß zuerst ausgesprochen werden, daß das Princip der unbedingtesten Öffentlichkeit anerkannt wird, und ich glaube, daß uns der Vorschlag des Abg. Neuwall die Erfahrung geben kann, ob es praktisch möglich ist, diesen Grundsatz der unbedingten Öffentlichkeit festzusetzen, und unterstütze den Antrag des Abgeordneten Neuwall: das man vorher die Erfahrung sammle, ob es mit Schwierigkeiten verbunden sei, diesen Grundsatz der unbedingten Öffentlichkeit in das Leben zu setzen. Ich glaube, daß nach dem Antrage des Abgeordneten Neu wall mit dem Vorschlage des Abg. Violand die hohe Versammlung beschließen möge: durch einige Tage zu versuchen, Jeden der kömmt auf die Galerie einzulassen, wodurch jedem Unterschleif und jeder Bevorzugung vorgebeugt wird Ein Abg. Ich bin für die unbedingte. Öffentlichkeit; jedoch entsteht darüber noch die Frage, ob durch die gänzliche Freilassung der Gallerien auch die unbedingte Öffentlichkeit erreicht wird; wo solche Individuen, die sich nicht zu den Gallerien drängen können, die an Schwäche des Körpers und Mangel an Zeit verhindert sind, sich stundenlang vor den Thoren auszuhalten, erleidet die Öffentlichkeit dadurch einen wesentlichen Eingriff, da Personen, die für die Versammlung zu Folge ihrer Stellung als Intelligenzen von Wichtigkeit sein dürften, von der Öffentlichkeit durch dieses nicht ausgebildete Princip ausgeschlossen werden. Die unbedingteste Öffentlichkeit wird schon dadurch gewahrt, daß die Karten ohne Unterschied des Ranges und der Stellung vertheilt werden. Liegt es Jemanden daran, an den Verhandlungen Theil zu nehmen, so wird er die Karten nicht verkaufen. Ich glaube auch, daß es nicht nöthig sei, den Verkauf der Karten zu beschränken; denn wenn Jemand darauf verzichtet, an den Verhandlungen Theil zu nehmen, so wird erste verkaufen, und ermöglicht so auch Anderen, an den Verhandlungen Theil nehmen zu können,


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