Pondìlí 24. èervence 1848

Offizielle stenographische Berichte

über die

Verhandlungen des österr. Reichstages.

Erste Sitzung des constituirenden Reichstages,

 am 24. Juli 1848.

Tages  Ordnung.

I. Ablesung der Sitzungsprotokolle vom 21, und 

22. Juli.

II. Ankündigung

a) der Eingaben, 

b) folgender Anträge

l Das Herrn Arg Alois Strasser, Betrehs send ein neues Military Conseriptionsgesetz,

2. des Herrn Abg. Andreas G r e d l e r, wie gen Nichtverantwortlichkeit der Abgeordneten,

3. des Herrn Abg. Wladislaw Sierakowski, der Reichstag habe den Zustand der Provinz zehn in Erwägung zu ziehen;

4. desselben Wegen Verantwortlichkeit der Minister;

 5.desselben wegen Aufhebung aller erblichen Titulaturen und Privilegien;

6.des Herrn Abg. S e l i n g e r, wegen An erkennjung der Verdienstlichkeit der Armee;

7. des Herrn Arg Alois Fischer, betreffend die vollständige Mitteilung der Tabellen über den Staatshaushalt von Seite des Fi Nanzministeriums,

III. Altsschussbericht über Prüfung der Wahl achte;

IV. Verhandlung über die Geschäftsordnung des constituirenden Reichstages Hofloge leer.

Vorsitzender: Präsident Schmitt.

 Auf der Ministerbank D o b l h o f f, Bach.,

 K r a u ß, L a t o u r, H o r n b o s t e l.

Anfang: 10 1/4 Uhr.

P r ä s. Nach der Mitteilung der Herren Secretäre ist die Zahl sowohl für den Beginn der Sitzung als auch für die Schlußfassung vorhanden, mitbin ist die Sitzung eröffnet. Bevor ich auf die Tagesordnung eingehe, habe ich mich einer Pflicht zu entledigen und zwar: der Hr. Alterspräsident hat mich ersucht, seinen Dank der hohen Versammlung auszusprechen für jene Teilnahme und Nach sicht, die ihm nur seine Funktionen von der hohen Versammlung zu Theil geworden ist. Ich erlaube mir dießfalls jene Stelle des an mich gerichteten Schreibens vorzulesen, welche diesen Dank aus spricht (Diese wird vorgelesen) Ich bemerke mit Vergnügen, daß der  Alterspräsident Kudler bereits von seiner Reconvalesten, hergestellt und in unserer Mitte ist.

Abg. Kudler. Bei der Ungewißheit, ob es mir vergönnt sein wild, meinen Dank mündlich darzubringen, habe ich mir erlaubt, den Hrn. Präsidenten zu ersuchen, meine schriftliche Danksagung der hohen Versammlung mitzutheilen. Ich erlaube mir daher nochmals für die Nachsicht zu danken, welche die hohe Versammlung mir in der Zeit, als ich das Alterspräsidium führte angedeihen ließ.

(Beifall)

 Der Hr. Sekretaar  D e m e l wird das Protokoll der Sitzung vorlesen (Abg. D e m e l  liest das Protokoll vor) — Bevor ich die Anfrage stelle, ob alle Erinnerungen gegen die Fassung des  Protokolls erhoben werden, muß ich bemerken, daß die von dem vormaligen Hrn. Beer D e m e l bemerkte Irrung bei der Stimmzahlung eist jetzt von der Eröffnung der Sitzung bekannt gegeben winde Die Stimmen wurden mir von dein Her Sec. Demel in der letzten Sitzung angegeben; ich habe bei den Herren Scrutinatoren die Anfrage gemacht, ob die Angabe recht sei, und es wurde mir bestätigt Es ist daher der Abg. Kobuzowsky bereits in die Functionen des Secretärs eingetreten Es unterliegt wohl keinem Zweifel, das der mit einer Mehrheit von zwei Stimmen gewählte Abg. Cavalcabó im Rechte sei, die Stelle als Schriftführer anzusprechen. Ich erlaube mir daher an ihn die Anfrage zu stellen, ob er sich dazu bereit erklärt. Abg. Cavalcabó. Herr Präsident, ich glaube, von einem Rechte kann hier keine Rede sein. Wenn das Vertrauen der hohen Versammlung mir mehr Stimmen gegeben hat, bin ich verpflichtet, ich bin es schuldig, diese Stelle zu übernehmen.

Präs. Ich lade Sie bei mit ein, Ihren Sitz als Schriftführer einzunehmen. (Dies geschieht.) Wenn gegen die Fassung des so eben verlesenen Protokolls eine Erinnerung zu machen ist, so bitte ich die Herren Abgeordneten welche dies zu thun gesonnen sind, aufzustehen.

Abg. Borrosch. Ich werde mir nur erlauben, die Zahl der votiert Habenden beizufügen; es ist dies üblich und gewährt auch ein gewisses historisches Interesse.

Secr. Demel. Es sind 288.

Abg. Borrosch. Das steht nicht dabei. Ferner kam die hohe Versammlung nicht deßhalb um 6 Uhr zusammen, um das Resultat der Wahl zu erfahren, sondern für den Fall, daß etwa ein zweiter Wahlact als nötig sich foulte herausstellen. So war es beantragt, so wurde es beschlossen und so wünschte ich es auch im Protokolle, denn um bloß das Resultat der Wahl zu erfahren, hätten wir uns nicht nochmals um 6 Uhr einzufinden gebraucht. Secr. Demel Ich glaube das versteht sich von selbst: denn, wenn die Wahl nicht auf die Secretäre mit der nötigen Stimmenzahl gefallen wäre, wäre ohnehin die neue Wahl vorgenommen worden.

Abg. Borrosch Das schließt es nicht ein, weil nicht darin steht, daß die Stimmenmehrheit von wenigstens einem Viertel erforderlich ist, und der Leser die historischen Antecedenzen nicht wissen kann; aber das Protokoll für ihn so nicht historisch klar sein kann.

Präs. Wenn die hohe Versammlung mit dein Antrage des Abg. Borrosch einverstanden ist, daß in der Fassung des Protokolls, wo vom Zwecke der Wiederversammlung der Herren Abgeordneten die Rede ist, angegeben werde: "Die hohe Versammlung trat um 6 Uhr zusammen, um das Resultat der Abstimmung zu vernehmen, damit im Falle die vorgeschriebene relative Stimmenmehrheit nicht vorhanden sei, sie zu einer neuen Wahl schreiten können, so bitte ich dieß durch Aufstehen zu erkennen zu geben, (Wird angenommen).

Abg. Borrosch. Ich habe dann noch zu bemerken: Es ist in diesem Protokolle der Name eines Herrn Antragstellers oder eigentlichen Redners namhaft gemacht und da das bei den bisherigen Protokollen nie stattgefunden, so glaube ich, soll es in diesem einzigen Falle auch nicht stattfinden. Es ist dieß der Antrag des Herrn Abg. Trojan, und dann bitte ich bei Berichtigungen; — letzthin ist der Ausdruck "angeworfen" berichtigt worden und dieser Ausdruck findet sich hier gedruckt wieder.

Abg. Neumann. Wenn man sich schon in Berichtigungen einlassen darf, so bitte ich zu bemerken, daß nach dem § 12 der Geschäftsordnung der gewählte Schriftführer nach vierwöchentlicher Amtsführung seine Ersetzung verlangen kann; hieraus geht hervor, daß er nicht in der Lage ist, seine Stelle zurückzuweisen, und daß daher der Herr Präsident ihm auch nicht die Alternative stellen kann, die erste Stelle anzunehmen oder zurückzuweisen. Ich erlaube mir, dem Herrn Präsidenten für die Zukunft bei solchen Vorgängen dies ans Herz zu legen.

Abg. Cavalcabó. Ich war auch dieser Meinung, indem ich sagte, es fei hier von keinem Rechte, sondern nur von meiner Pflicht die Rede.

Abg. Neumann. Ich bitte, im Gegentheil, Sie haben beigefügt, ohne es zu motivieren, wenn die hohe Versammlung Ihnen mehr Vertrauen schenkt, Sie es nicht zurückweisen können. Das ist sehr schön, das ist eine moralische Verpflichtung, aber der §.12 spricht bloß von einer juridischen.

P r ä s. Ich habe mir diesen Ausdruck erlaubt, weil hier die Besetzung einer solchen Stelle bereits vorlag, und weil ich glaubte, aus dieser Ursache das Recht des mit einer Stimmenmehrheit von 122 Stimmen gewählten Schriftführers Cavalcabó erwähnen zu müssen, denn, wenn es in seiner Pflicht liegt, liegt es auch in seinem Rechte. Es liegt noch einenderer Antrag des Abg. Borrosch, wegen einer Berichtigung der Verfassung eines Protokolls vor, nämlich daß die Namen derjenigen, welche im Protokolle als Sprecher aufgeführt sind, weggelassen werden möchten, was namentlich bei Herrn Abgeordneten Trojan der Fall ist; dann ein zweiter Antrag wegen der Stylisirung (wird unterbrochen.)

Abg. Borrosch. Ich erlaube mir zu bemerken, es ist der Name eines einzigen Antragstellers angeführt; dieser muß wegfallen, oder es müssen, um Consequent zu bleiben, Alle genannt werden. Was meinen zweiten Antrag betrifft, so enthält er eine Bitte an die Schriftführer, auf so kleine Berichtigungen gefälligst Rücksicht zu nehmen; namentlich wegen des undeutschen Ausdruckes "angeworfen." Er findet sich ärgerlicher Weiße sogar im Drucke wieder.

Präs. Wenn die hohe Versammlung damit einverstanden ist, daß der Name des Herrn Abg. Trojan in dem Protokolle hinweggelassen werde, so bitte ich es durch Aufstehen erkennen zu geben. (Die Versammlung wünscht nicht die Hinweglassung der Namen).

Abg. Fischhof. Ich finde übrigens, daß auch die Namen der Herren Sprecher in den andern Protokollen genannt worden sind; so heißt es hier im Protokolle vom 19. Juli "über die am 18. d. M. stattgefundene Beleidigung des Abg. Rieger, berichtet der Abg. G o l d m a r k  u s w;" dann ferner "auf die Interpellation des Abg. Goldmark, das Ministerium möge. "

Abg. B o r r o s c h So mochten wir, daß alle Namen genannt werden, nicht bloß zwei oder drei.

Abg. Fischhof. Übrigens sehe ich seinen Grund ein, warum die Namen der Deputierten nicht im Protokolle genannt werden sollen. Es gehört sich immer, daß die Namen im Protokolle genannt werden.

Abg. Borrosch. Ja wohl, damit bin ich einverstanden, und es hat auch historisches Interesse.

Präs. Wünscht noch Jemand das Wort?

Ein Abg. Bevor wir über den Antrag abstimmen, ob der Name des Herrn Abg. Trojan genannt werden solle oder nicht, müssen wir uns erst über das Princip verständigen, ob überhaupt ein Name aufgenommen werden solle oder nicht.

Präs. Es ist in den früheren Protokollen geschehen, und es ist zeitweise wahrscheinlich aus der früheren Geschäftsordnung, wo die Formulierung der Anträge geführt worden ist, wie es jetzt die Geschäftsordnung vorschreibt, welche keine Bestimmung enthält, ob sämmtliche Namen aufzuführen sind. Ich stelle die Anfrage an die hohe Versammlung, ob sie damit einverstanden ist, daß in den sämmtlichen Protokollen die Namen der Herren Sprecher angeführt werden. (Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß auch die Namen der Herren Antragsteller, nicht aber der Herrn Sprecher angeführt werden).

Präs. Ich stelle somit die Anfrage, ob die Namen der Herren Antragsteller in den Protokollen anzuführen seien. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, mögen dieß durch Aufstehe zu erkennen geben. (D.h. Versammlung einverstanden).

Abg. Umlauft. Ich glaube die Bemerkung gemacht zu haben, daß eine Reinschrift des Protokolls noch nicht vorliegt, woraus folgt, daß die kleinen Unregelmäßigkeiten, welche hinterher in den Protokollen wahrgenommen Werden, beseitiget wurden, ich bitte daher, daß künftighin die Verlesung der Protokolle aus einer Reinschrift erfolge, damit dann alle Correctionen gemacht werden, und im Drucke erscheinen können.

Präs. Ich muß bemerken, daß alle diese Unregelmäßigkeiten ans der früheren Geschäftsordnung herrühren, und daß der jetzige Vorstand auf die frühere Gebarung und Führung der Protokolle keinen Einfluß hatte Es ist auch bereits Anstalt getroffen, daß die Protokolle dem Vorstande zur Vorberathung kommen und dann erst zur Berathung an die hohe Versammlung gelangen werden, ich ersuche den Schriftführer Streit, das Protokoll der Sitzung um 22. Juli vorzulesen. (S c r. S t r e i t  liest das Protokoll vor). Sind über die Fassungen dieses Protokolls Erinnerungen zu machen, so ersuche ich diejenigen Herren Abgeordneten, welche dieses beabsichtigen, aufzustehen. (Niemand steht auf) Es kann also dieses Protokoll für genehm gehalten werben, und ich ersuche daher diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, dieses durch Sitzen bleiben zu erkennen zu geben. Nach dem §. 56 der Statuten hat also die Ankündigung der Eingaben zu erfolgen (Werden vorgelesen) Über Nr. 1. Ich glaube, daß diese den Herren Ordnern zur Berichterstattung zuzuweisen sei. Gestern hat der Her Justizminister folgendes Schreiben an mich gerichtet. (Wird vorgelesen). Ich stelle daher den Antrag, daß der entsprechende Entwurf vorgelesen werde, der den Schutz der Reichsversammlung und jenen der Abgeordneten betrifft. Ich vermisse aber den Hrn. Justizminister in der Reichsversammlung und habe auch noch nicht die Eingaben bekommen, welche sohin nach der Geschäftsordnung in Druck zu legen und unter die Mitglieder der hohen Reichs Versammlung vor der Sitzung zu verheilen sind.

Min. Doblhoff Ich glaube, daß er sehr bald kommen wird.

Präs. Ich glaube nun zur Ankündigung der Antrage schreiten zu müssen, bevor ich jedoch zu jenen Antragen übergehe, welche in dir Tagesordnung vorkommen, muß ich noch bemerken, daß der Abgeordnete Lohner bereits am 19. Juli die erst heute hier unter verschiedenen Schriften vorgefundenen Antrage dem Hrn Alterspräsidenten Werß übergeben hat, dun somit hier das Vorrecht gebührt Es sind 6 abgesonderte Antrage andrer Zähl, welche vor der Drucklegung nicht kund zu machen waren, es handelt sich bloß darum, daß dem Hrn Abg. Lohner Vorrecht benähst werde Diese An trage sind mit der Handschrift und dem Präsentatum des Hrn Alters Vicepresidenten versehen. Ich glaube somit das Recht des Vorranges bewahren zu sollen und stelle somit die Frage, ob das Vorsucht des Hrn. Abg. Lohner zu bewahren sei, um diese dann in Druck legen zu fassen und morgen an die Herren Abg. zur Vertheilung zu bringen Wenn die ho he Versammlung einverstanden ist, daß dieses Vorrecht bewahrt werde, so beliebe sie es durch Ausstehen zu erkennen zu g den (Alle stehen aus) Die übrigen Anträge sind:

a) Ein Antrag des Hrn. Abg. Alois Strasser, betreffend ein neues Militär Conscriptions Gesetz Wünscht die hohe Versammlung die Verlesung desselben, so bitte ich. (Wird verlesen) Nach dem § 47 der Geschäftsordnung steht dem Antragsteller das Recht einer möglichst furzen Begründung seines Antrages zu Ich fordere daher den Abgeordneten Straffer auf, ob er von di sein Rechte Gebrauch machen will?

Abg. Strasser. Von dem Rechte Ge brauch machend, welches mir der Herr Präsident zugetheilt hat, im Einklange mit der Geschäftsordnung, erlaube ich mir der hohen Versammlung in Kürze auseinander zusetzen, was mich zur Stellung dieses Antrages veranlaßt hat. Es ist eine notorische Thatsache, und wer daran zweifelt, möge sich (der Redner wird unterbrochen durch den Ruf: "Auf die Tribune.") Ich bitte mir die Bemerkung zu erlauben, daß ich in der Geschäftsordnung keinen Paragraph gefunden habe, welcher mich verpflichtet, von der Tribune zu sprechen; wenn mich Jemand vom Gegentheil überzeugt, werde ich mich gerne bescheiden. Ich sage, es ist eine notorische Thatsache, und wer daran zweifelt, der möge aus den im Amtsblatte der Wiener Zeitung enthaltenen vielfältigen Vorladungen von Recrutirungspflichtigen sich überzeugen, daß im gegenwärtigen Augenblicke eine neue Conscription zur Ergänzung der Armee ausgeschrieben ist. Nach andern verläßlichen Angaben soll diese Ergänzung sich auf ein Contingent von 62.000 Mann erstrecken. Diese neue Conscription soll in allen österreichischen conscribirten Erblanden, Tirol ausgenommen, stattfinden, und zwar nach dem bisher in Wirksamkeit stehenden Gesetze. Ich glaube, es ist dringend nothwendig, an diesem Gesetze jene Abänderungen zu treffen, und war sogleich zu treffen, welche begründeten Anlaß zu Beschwerden des Volkes geben. Es ist principiell anerkannt, das; wir vor dem Gesetze Alle gleich sind, und daher muß ich das bisher bestehende Conseriptionsgesetz als ein in seinem Principe ungerechtes bezeichnen; denn es läßt nicht bloß die durch höhere Rücksichten gebotenen, und so viel mir bekannt ist, auch in andern constitutionellen Staaten anerkannten Ausnahmen von der Militärpflicht zu, sondern es spricht das Princip aus, daß der Adel von der Conscription befreit sei. Wenn wir Alle gleich sind, so folgt daraus, daß die Festhaltung dieses Gesetzes im gegenwärtigen Zeitpunkte um so weniger stattfinden kann, als die hohe Versammlung in der Alt, wie sie zusammengesetzt ist, den klarsten evidentesten Beweis liefert, daß kein Unterschied, kein solches Privilegium mehr bestehen kann. (Beifall.) Ich glaube, mich nicht in weitere Erörterungen einlassen zu dürfen, um zu zeigen, welche Ungerechtigkeiten und Willkürlichkeiten bei der Conscription stattgefunden haben. Es ist genüg, daß auch bei der jüngsten Conscription Fälle vorgekommen sind, welche bereits einen ernsten Zusammenstoß zwischen zwei Parteien befürchten lassen. Es hat der Abgeordnete Wagner aus Schönberg den ich leider heute in der Versammlung vermisse, mir Notizen mitgetheilt, nach welchen es in Johannisberg zu Unordnungen und zu einem Zusammenstoß zwischen der Land und Stadtbevölkerung gekommen ist. Gleiche Unruhen und Aufregungen sind dem Vernehmen nach in Steiermark, und selbst in Osterreich erfolgt. Auch hier in Wien besteht eine Aufregung, welche der vereinigte Ausschuß dadurch möglichst zu beseitigen gesucht hat, daß man die Conscription durch eine freie Werbung erfetzte. Ich setze voraus, daß diejenigen, welche die Rechte des Volkes in der Wahrheit, und nicht bloß durch schöne Worte und Phrasen vertreten, einverstanden sein werden, daß hier eine dringende Abhilfe nöthig sei. Ich glaube es jedoch nicht an der Zeit, sich mit einer gänzlichen Umänderung der Conscriptionsvorschriften zu befassen, sondern es dürfte genügen, wenn von der hohen Versammlung irgend ein kleiner, modificierender Antrag ausgearbeitet würde, gemäß welchem die gleiche Wehrverpflichtung aller Stände zur Vertheidigung des Vaterlandes praktisch ausgeführt, und in Wirksamkeit gesetzt werde. Und diese Verpflichtung, zur Vertheidigung des Vaterlandes beizutragen, soll nicht wie bisher nach Willkürlichkeiten, oder nach den freien unbeschränkten Interpretationen der betreffenden Behörden und Beamten stattfinden, sondern ich glaube, der einzige gerechte Auskunftsweg sei die Losung, wie sie in allen andern freisinnigen Staaten besteht, und wie wir sie in Tirol schon seit dem Jahre 1816 besitzen.

P r ä s. Ich ersuche jene Herren, welche den Antrag unterstützen wollen, dieses bekannt zu geben.

Abg. Palacky. Ich bitte um das Wort. (Viele Stimmen: Es darf keine Debatte stattfinden.) Ich will in keine Debatte eingehen. Was den Antrag betrifft, darüber will ich keine weitere Bemerkung, sondern nur darauf aufmerksam machen, ob die hohe Versammlung geneigt ist, die provisorisch angenommene Geschäftsordnung zu befolgen oder nicht, und da scheint mir nun in dem, was eben vorgegangen ist, ein Irthum obzuwalten. Der §. 47 sagt:

"Jeder selbstständige Antrag eines Abgeordneten ist bei dein Vorstande schriftlich einzugeben, wird auf dessen Veranlassung so schleunig als möglich gedruckt und unter die Mitglieder der Versammlung vertheilt. Der Antrag wird vom Präsidenten in nächster Sitzung verkündet, dem Antragsteller eine möglichst kurze Begründung gestattet und hierauf ohne Zulassung einer Debatte die Unterstützungsfrage gestellt. Ein Antrag, der nicht wenigstens von 10 Mitgliedern unterstützt ist, wird hinterlegt." Das ist nun noch nicht geschehen — meines Wissens nicht. (Ja. Ja.) Dann hat die Vertheilung nicht in der Art stattgefunden, wie sie hätte stattfinden sollen, denn ich habe bis heute nichts gewußt davon, daher muß ich den Antrag stellen, daß die Mitglieder der hohen Versammlung davon in Kenntnis gesetzt werden.

Abg. Rieger. Das ist ein Fehler, der rück sichtlich aller Vertheilungen der Acten stattfindet.— Wir bekommen sie nur, wenn wir zu den Dienern des Reichstages hingehen. Ich glaube, es wäre in der Ordnung, daß die Diener des Reichstages herumgingen und die zu vertheilenden Acten den Mitgliedern auf ihre Plätze legten.

Ein Abg. Ich mache darauf aufmerksam, daß diese Anträge in den Sectionen vertheilt worden sind, und zwar in so großer Anzahl, daß jeder Einzelne sie sehr leicht hätte nehmen können. 

Daher nur Diejenigen, welche in keiner Section waren, sie nicht haben.

Ein Abg. Die 5. Sektion ist gar nicht zusammenberufen worden.

Ein anderer Abg Die 9. Section auch nicht.

Min. Doblhoff. Ich muß auch um diese Rucksicht für die Ministerien bitten, daß ihnen von den Anträgen eine Mitteilung gemacht werde. Ich habe auch keine Mittheilung bekommen, daher mir auch dieser Antrag ganz neu ist. Es ist daher schwer Auskünfte zu geben über einen Gegenstand, von dem man keine Kenntnis hat.

Präs. Es ist bereits die Veranstaltung getroffen, daß die Ausheilung von der Dienerschaft geschehe, und zwar in der Art, daß sie die Mitheilungen auf die Platze legen.

Schriftführer. Der Fehler ist nicht am Bureau, indem diese Verkeilung heute angeordnet worden ist.

Abg   F i f  c h h o f. Ich glaube, daß dieser Aus druck so zu verstehen ist: es wird betrachtet, als ob die Mitheilung während der Sitzung geschehe, und ich glaube, daß der Abgeordnete Palacky

Recht hat, daß das Vorlesen erst morgen stattfinden und der Antrag definitiv zu stellen wäre.

Abg. Neumann Ich glaube, das ist offenbar in der Autonomie der hohen Versammlung, den Tag für die Discussion des gemachten und gehört unterstutzten Antrages zu bestimmen, und ich wurde um so mehr für die Feststellung dieses Tages sprechen, als die Sache von großer Dringlichkeit ist. Es ist unerläßlich nothwendig, dem Volke, das wir vertreten, ein Lebenszeichen zu geben, es ist nothwendig, unsere tapfere Armee in Italien zu beleben, und je schneller dieses geschieht, desto mehr Vertrauen weiden wir dem Volke einfloßen. Es wird dieß ein Vorgang von der günstigsten. Vorbedeutung für die Wirksamkeit des Reichstages sein, ich bitte daher, den Tag der Discussion bestimmt festzusetzen. (Beifall).

Abg. F i s c h h o f. Ich erkenne auch die Autonomie des Reichstages, aber nur verstehe ich sie nicht so, daß er heute etwas umstoßt, was er gestern beschlossen hat Nun hat die Versammlung für zwei Tagen die Geschäftsordnung provisorisch angenommen, es kann daher kein Antrag früher als nach drei Tagen vorgelegt werden, nur wo periculum in mora ist, wäre eine Ausnahme davon zu gestatten.

Abg. N e u m a n n. Ich muß bemerken, das wirklich periculum in mora vorhanden ist nach allen Bemerkungen des Abg. Strasser. Die Vertheilung des Antrages unter die Mitglieder der hohen Versammlung hat stattgefunden, wenn auch nicht auf die gewöhnliche Weise, und ich sehe keine Veranlassung, daß wir nicht bald den Tag zur Discussion feststellen sollten.

Abg. Strasser. Ich erlaube mir noch zu bemerken, daß ich den Antrag schon am 19. Juli abgegeben habe, und daß dazumal die Versammlung beschlossen hat, nachdem wir noch nicht constituirt sind, es bis nach Constituirung der Reichsversammlung zu verschieben. Nun ist der Reichstag nicht nur constituirt, sondern selbst eröffnet und daher sollte keine weitere Verzögerung mehr stattfinden. Sä ist dringlich, ein Lebenszeichen muß gegeben werden, und es ist dieß eine höchst wichtige Sache.

(Beifall)

Ein Abg. Wir müssen das Princip aussprechen (wild unterbrochen durch den Ruf von vielen Stimmen: Ich unterstutze den Antrag. Dieser Antrag wurde von Vielen unterstutzt).

Präs. Nach dem §. 48 der provisorischen Geschäftsordnung wird über jeden Antrag, der unterstutzt ist (wirb unterbrochen vom Abg Fischhof mit der Anfrage: Um welchen Antrag handelt es sich? woraus ihm geantwortet wird: die Unterstutzung dieses Antrages). — Die Herren, welche diesen Antrag unterstutzen, mögen dieses durch Aufstehen zu erkennen geben, aber ich halte es für nothwendig, daß die Principienfrage des Abgeordneten Fischhof vorher gelost werde, da diese sehr wichtig zur Entscheidung, wenn auch nicht für die andern Falle ist. Herr Abg Fischhof bemerkt nämlich, daß die Stelle des §. 47, wo es heißt: daß der Antrag vom Präsidenten in der nächsten Sitzung verkündigt wird, dahin zu verstehen sei, daß jene nächste Sitzung, welche dem Tage der Vertheilung der gedruckten Anträge nachfolgt, als der Tag der Verkündigung zu gelten habe. Eine hohe Versammlung möge also darüber entscheiden, ob der § 47 dahin zu verstehen sei, daß die Verkündigung der Antrage erst in der folgenden Sitzung, nachdem in der vorhergehenden Sitzung die Herren Abgeordneten mit den in Druck gelegten schriftlichen Anträgen bekannt gemacht worden sind, zu geschehen habe.

Abg. Goldmark Diese Entscheidung gehört zur folgenden Berathung, die ohnehin über die Geschäftsordnung gepflogen werden wird, mithin auch über die Erklärung, was unter dem Ausdrucke: die nächste Sitzung zu verstehen sei Gegenwärtig glaube ich, da nach dem §. 48 dieser Antrag unterstützt ist, du weitere Frage dahin geht, ob eine Commission niederzusetzen, oder ob er nach drei Tagen zur Vollberathung gelangen könne.

Abg. B o r r o s c h. Ich glaube, den Herrn Präsidenten dahin richtig verstanden zu haben, daß es sich für künftige Fälle handelt, und da wird es offenbar sehr nothwendig sein, daß man wenigstens den Tag, an welchem man den Antrag gedruckt liest, mit sich selber darüber zu Rathe gehe, folglich die nächste Sitzung ein für alle Mal hier als verstanden interpretiert werde.

Präs. Ich glaube, daß wir diesen Antrag zuerst darum vernehmen sollen, weil er sich auf mehrere nachfolgende Anträge bezieht. Wird nun dieser Grundsatz aufrecht erhalten, so werden die nachfolgenden Anträge, die noch heute vorliegen, zur Verkündigung für morgen bestimmt werden.

Abg. Herzig. Ausgenommen diesen bereits gestellten Antrag des Abgeordneten Strasser, erlaube ich mir zu bemerken, daß die übrigen Anträge erst morgen zur Motivierung kommen möchten.

Abg. P a l a c k y. Ich will nur eine Bemerkung machen, daß, nachdem dieser Antrag des Abgeordneten Strasser bereits in einer frühern Sitzung vom 19. Juli gestellt worden ist, so fällt für ihn die im §. 47 enthaltene Bestimmung ohnehin weg, indem es da heißt, daß der Antrag so schleunigst als möglich gedrückt und unter die Mitglieder vertheilt werde, und die Verkündigung in der nächsten Sitzung stattfinde. Dieser Antrag aber ist nicht neu, daher kann auf ihn der §. 49 also gleich angewendet werden, daß nämlich dessen Vollberathung nach Verlauf von drei Tagen stattfinden könne. Die Kammer hat nun darüber zu entscheiden, und jetzt zu verfügen.

P r ä s. Ich stelle die Anfrage, ob der Antrag des Abgeordneten Straffer, nachdem derselbe bereits in einer frühern Sitzung vorgebracht, und für die nächste Sitzung durch damaligen Beschluß bestimmt wurde, für heute als angekündigt zu betrachten fei. Die hohe Versammlung möge durch Ausstehen entscheiden, ob sie hiermit einverstanden sei. (Von der Majorität angenommen) — Der §. 48 der provisorischen Geschäftsordnung enthält, daß, wenn ein Antrag gehörig unterstützt wurde, der Reichstag beschließt, ob er an die Abtheilung zur Vorberathung zuzuweisen, oder ohne eine solche zur Vollberathung kommen könne. In diesem Falle erlaube ich mir zu bemerken, daß die Bildung jener Ausschußkörper, an welche die Zuweisung geschehe, noch nicht erfolgt ist, und daß dieß ein Gegenstand sein wird, der heute noch zur Sprache kommen muß, weil es zum gehörigen Geschäftsgange erforderlich ist, daß so schnell als möglich die Bildung der Abtheilungen.

Statt sende und dieselben mit der Geschäftsführung beauftragt werden. Ich frage daher nun, ob eine hohe Versammlung damit einverstanden ist, daß der Antrag des Abgeordneten Strasser an jenen Ausschuß, welcher zu Folge der weiteren Bestimmung der heutigen Versammlung hiezu bestimmt werden wird, zu verweisen sei?

Ein Abg. Ich glaube, daß die Gesetzvorschläge an alle Abtheilungen zugewiesen werden, vorausgesetzt, daß der Reichstag nicht einen eigenen Ausschuß dazu bestimmen sollte.

Abg. Rieger. Jeder Gesetzvorschlag muß an alle Abtheilungen gelangen, damit alle einzelnen Mitglieder, wie man sagt, an seit sind, denn das ist ja der Zweck der Abtheilung.

Präs. Ich ersuche die hohe Versammlung, durch Aufstehen zu erklären, ob sie damit einverstanden fei, daß der Antrag des Abg. Strasser an die Abtheilungen zur Vorberathung zu verweisen sei.

Abg. Umlauft. Ich muß bemerken, daß zu Folge §. 33 der provisorischen Geschäftsordnung, gleich nach der Constituirung des Reichstages unmittelbar die neue Bildung der Abtheilung beantragt ist, ich würde den Antrag stellen, vor allem Andern die definitive Annahme der Geschäftsordnung zu berathen, damit auf diese Bestimmung, welche so wichtig ist, die neue Formierung der Abtheilung beschlossen werde. Bevor wir an irgend ein anderes Geschäft gehen, so wird es nothwendig sein, daß wir uns über die vollkommene Gültigkeit und Zweckmäßigkeit der in dieser Geschäftsordnung enthaltenen Bestimmungen aussprechen, und die neue Bildung der Abtheilungen ist für uns so wichtig, daß wir namentlich über diesen Punkt früher werden abstimmen müssen, ehe wir an ihre Bildung gehen.

Abg. Gschnitzer. Der §. 48 sagt: "Wird der Antrag hinreichend unterstützt, so beschließt der Reichstag, ob er an die Abheilung zur Vorberathung zu verweisen sei, oder ohne eine solche zur Vollberathung kommen könne." Nachdem der Antrag des Herrn Abg. Strasser von sehr großer Dringlichkeit und Wichtigkeit ist, glaube ich, sollten wir, ohne ihn einer besonderen Commission zuzuweisen, sogleich zur Vollberathung schreiten. (Häufiges: Nein, Nein! Eine Stimme: Ich unterstütze diesen Antrag). 

Abg. Borrosch. Ich wollte nun eben auch sagen: Wir haben so eben beschlossen, diesen Antrag sofort in Angriff zu nehmen. Folglich kann wieder ein späterer Antrag diesen Beschluß nicht umstoßen; aber ein früherer Antrag, worüber der Herr Präsident aufforderte, abzustimmen, ist gar nicht zur Abstimmung gekommen, und auf ihn zurückweisend, muß ich bitten, daß es geschehe, nämlich, was unter der nächsten Sitzung zu verstehen sei, ob nämlich nach meinem Antrag, daß unter dem Tage, wo der Antrag gedruckt ausgetheilt wird, folgender Tag zu verstehen sei, wo die Ankündigung desselben durch den Herrn Präsidenten Statt zu sieden hat? Er war eher, so ziemlich glaube ich beifällig aufgenommen, aber es ist nun wegen des Protokolls.

Abg. Rieger. Die Geschäftsordnung spricht von zwei Tagen: der eine, wo der Antragsteller seinen Antrag schriftlich beim Präsidenten anmelden soll, der zweite, wo der gedruckte Antrag unter die Herren Mitglieder vertheilt wird, und über seine Unterstützung gesprochen wird, d. h. wo die Frage an die hohe Versammlung gestellt wird, ob sich Jemand findet, der diesen Antrag unterstützt. Es heißt ausdrücklich, in der nächsten Sitzung muß das geschehen. Ich glaube, daß die Ansicht des Abg. Fischhof die ein zig richtige ist, da die nächste Sitzung nicht die heutige sein kann, das ist, glaub' ich klar, und daß es über diesen Punkt einer weiteren Debatte nicht bedarf.


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