Hohes Haus! Die in Verhandlung stehende Vorlage,
Druck Nr. 1304, bedeutet eine neuerliche Gesetzesverlängerung,
mit welcher der so brennenden, Lösung des Problemes über
die Wohnungsfürsorge wiederum aus dem Wege gegangen wird.
Es wäre wirklich höchste Zeit, daß die Regierung
daran ginge, endlich einmal auf diesem Gebiete Klarheit zu schaffen,
vor allem tatsächlich Maßnahmen zu ergreifen, um dem
ungeheueren Wohnungselende, unter welchem tausende Menschen zu
leiden haben, wirksam entgegenzutreten. Niemand wird, behaupten
können, daß das zu verlängernde Gesetz und daß
die diesbezüglichen Gesetze überhaupt praktisch und
mit Erfolg für die Wohnungsfürsorge in Betracht gekommen,
wären. Seit das Wohnungsbeschlagnahmegesetz durch die Gemeinden
aufgehoben wurde, ist von Fürsorge auf diesem Gebiete nichts
mehr zu verspüren. Die " in Frage kommenden Behörden
kümmern sich um die bestehenden Wohnungsfürsorgemaßnahmen
einen Pfifferling. Das in dem Gesetze bestehende Verbot von Zusammenlegung
und Verschmelzung mehrerer Wohnungen, die Verpflichtung, leerstehende
Wohnungen anzumelden, das Recht der politischen Bezirksverwaltung,
leerstehende Wohnungen zu beschlagnahmen, die Bestimmungen, daß
zwei oder mehrere Wohnungen in einer Gemeinde zu besitzen, unstatthaft
ist und daß Wohnungen für andere Zwecke nicht verwendet
werden dürfen, sind Dinge, die nur auf dem Papier stehen
und in Wirklichkeit nicht durchgeführt werden. So sind die
Wohnungsfürsorgemaßnahmen durch die Handhabung der
Behörden zu einer Farce geworden. Bei der reaktionären
und antisozialen Einstellung der jetzigen Regierung ist das freilich
kein Wunder. Sie weicht einer zweckentsprechenden Regelung dieses
für das Volk so wichtigen Problems konsequent aus "
ergeht sich in Geheimnistuerei und schafft dadurch eine Situation
die von Tag zu Tag unhaltbarer wird. Die Regierung soll doch endlich
sagen, was sie auf diesem Gebiete unternehmen will, sie soll uns
sagen, wie sie sich die zukünftige Regelung der Wohnungsfürsorge,
die Bauförderung und des Mieterschutzes vorstellt. Das jetzige
Bauförderungsgesetz ist nicht nur reaktionär, weil es
den Mieterschutz beseitigt, es hat auch den Beweis der vollkommenen
Unzulänglichkeit erbracht. Der Betrag von 120 Millionen,
der für die Bauförderung zur Verfügung gestellt
wurde, war natürlich viel zu niedrig und konnte an der entsetzlichen
Wohnungsnot nichts ändern. Dazu kommt noch, daß dieses
an und für sich schlechte Gesetz von den Behörden, sabotiert
wird. Wenigstens können wir das bei den deutschen Bewerbern
feststellen. Hunderte eingereichte Ansuchen um Zuerkennung des
Staatsbeitrages sind bis heute unerledigt geblieben. Die Bewerber
werden durch die bürokratischen Maßnahmen der
Behörden schikaniert, so daß viele verzichten, den
Garantiebetrag in Anspruch zu nehmen.
Was sich der heilige Bürokratius in dieser
Beziehung erlaubt, beweist eine Zuschrift der Abteilung für
Baubewegung bei der politischen Landesverwaltung, die, ein Bewerber
um die Staatsgarantie zugestellt erhielt. Es heißt darin:
"Die Familienverhältnisse eines jeden Hausanwärters
sind, anzuführen und ist anzugeben, was denselben veranlaßt,
ein eigenes Haus zu bauen. Es ist hiezu die amtliche Bestätigung
beizubringen, daß der Neubau des Hauses im Sinne des §
10 der zitierten Verordnung notwendig ist." Das ist sicherlich
die Höhe bürokratischer Weisheit. Der Hausanwärter,
der ein Arbeiter ist, baut, sich natürlich das Haus aus reinem
Übermut und luxuriösen, Absichten, nicht aber, um mit
seiner Familie ein Dach über den Kopf zu bekommen. Im Bezirke
Falkenau haben cca 30 Personen um den Garantiebetrag angesucht,
die bis heute noch keine Erledigung erhalten haben. Ja es besteht
die Gefahr, daß diese Ansuchen überhaupt abgewiesen,
werden, weil das Ministerium auf dem Standpunkt steht, daß
die Zinsen für das unverbürgte Darlehen nur 7% und für
das verbürgte nur 6% betragen dürfen. Woher diese Darlehen
unter diesen Bedingungen zu haben sind, sagt das Ministerium allerdings
nicht. Diese Maßnahme widerspricht ganz deutlich dem §
23 der Durchführungsverordnung, der besagt, daß der
Zinsfuß in der Regel den, zur Zeit üblichen Hypothekarzinsfuß
der Sparkassen, die dem Wohnsitze oder Sitze des Gläubigers
zunächst liegen, nicht übersteigen darf. Trotz dieser
klaren Bestimmung wird die Garantie verweigert, wohl nur zu dem
Zwecke, um das Ansuchen überhaupt abweisen zu können.
So werden diejenigen Bewerber, die den Bau bereits vollendet haben
und mit dem Garantiebetrag rechneten, zur Verzweiflung getrieben.
Es ist direkt skandalös, was sich das Ministerium in dieser
Beziehung erlaubt. Unter diesen Verhältnissen kann man, von
einer Bauförderung überhaupt nicht reden. Was die Regierung
bisher zur Bauförderung getan hat " war herzlich wenig
und beträgt nach einer Feststellung des Sektionschefs Kubišta
für Kleinwohnungen nur 200 Mill. Kronen. Das ist eine Schande!
Der Herr Finanzminister hat ganz einfach verfügt,
daß von den Sozialversicherungsgeldern ein Betrag von einer
Milliarde für den Straßenfond zur Verfügung zu
stellen ist. Ich will nicht sagen, daß die Herstellung unserer
Straßen nicht notwendig ist, aber noch bedeutend dringender
ist doch die Linderung des Wohnungselends. Warum hat der Finanzminister
nicht verfügt, daß auch ein Wohnbaufond geschaffen
wird? Unsere Regierung könnte sich an der großzügigen
Wohnungsfürsorge des dem Bürgertum so verhaßtem
roten Wien ein Beispiel nehmen,. 30.000 Wohnungen hat bisher Wien
geschaffen, die in jeder Beziehung entsprechen und deren Mietzins
für die Mieter auch erschwinglich sind. Die Mietzinse sind
in Wien bedeutend niedriger als bei uns. In den neuen Gemeindehäusern
in Wien stellt sich der Mietzins für eine Wohnung
im Ausmaß von 35 m2 auf 17,50 Kè, eine Wohnung von
45 m2 auf 22,50 Kè und eine Wohnung von 60 m2 auf 30 Kè.
Wenn wir da im Verhältnis unsere Mietzinse
vergleichen, wird uns erst klar, wie segensreich und wohltuend,
sich die Wiener Wohnbaupolitik für die Bevölkerung auswirkt.
In Prag zahlt man für eine Wohnung im Ausmaß von 35
m2 statt 17,50 Kè einen Zins von 50 bis 150 Kè,
in einem alten Haus, bei gesetzlich erhöhtem Zins, 40 bis
70 Kè. Da die Zinse aber meist ungesetzlich erhöht
werden, stellen sich die Wohnungen noch höher. In einem privaten
Neubau zahlt man etwa 200 bis 600 Kè monatlich,
ja es wurde sogar festgestellt, daß von Wohnungen
in Neubauten Beträge von 8.000 bis 15.000 Kè jährlich
verlangt werden. Das ist so in Prag, in der
Provinz ist es nicht besser. Dazu kommt, daß die Bauförderung
durch die Gemeinden durch das neue Finanzgesetz vollkommen unmöglich
gemacht wird. Sehr viele Gemeinden haben früher, nur um dem
drückendsten Wohnungselend einigermaßen abzuhelfen,
Wohnhäuser aus Gemeindemitteln erbaut. Damit ist es jetzt
vorbei, denn die meisten Gemeinden werden nicht mehr imstande
sein, auch nur die Löhne und Gehalte ihrer Arbeiter und Angestellten
zu zahlen, so daß für andere Zwecke nichts übrig
bleibt. So sorgt also die Regierung in jeder Beziehung dafür,
daß sich die Verhältnisse in unserer Wohnungsfürsorge
statt zu bessern, verschlechtern. Die Zustände, die auf dem
Gebiete der Wohnungsnot herrschen, sind himmelschreiend. Dafür
nur einige Beispiele: Die Bezirke Falkenau, Ellbogen, Karlsbad,
Eger, Graslitz und Marienbad haben durch die Bezirksverwaltungskommissionen
Wohnungsreferate errichtet, deren Erhebungen furchtbares Material
zutage brachten. In Kellern, auf Dachböden, in Holzschupfen
und in Feld- und Felsenhöhlen hat dort die Wohnungsnot die
Menschen getrieben, die dabei sittlich und moralisch und gesundheitlich
zugrunde gehen. In der Stadt Falkenau sind rund 200 Parteien ohne
Wohnung, bei der Stadt Eger meldeten sich 270 Wohnungssuchende.
In 237 Fällen wurden die Wohnungen als gesundheitlich schlecht
befunden, von diesen wieder 128 als feucht mit nassen Fußböden,
ohne genügende Lüftungsmöglichkeit und ohne genügendes
Licht. In Wohnräumen von 10 m2 hausen Parteien mit 7 bis
10 Personen. Im Durchschnitt entfällt in Eger auf einen Bewohner
eine Wohnfläche von 31/2 m2. Im Bezirke Karlsbad wohnen in
1935 Räumen rund 10.000 Personen. 13% der Gesamtbevölkerung
bewohnt einräumige Wohnungen. In Prag selbst sind rund 20.000
Wohnungssuchende, deren Ansprüche nicht befriedigt werden
können. Sogar bis zum Selbstmord werden die verzweifelnden
Menschen getrieben. Die Berichte der Ärzte über die
Erkrankungen infolge schlechter Wohnungsverhältnisse sind
einfach erschütternd. Bilder grauenhaften Elends, die alle
Grundlagen menschlicher Gesittung zerstören, kommen in diesen
Berichten zum Vorschein. Die Tuberkulose und die Geschlechtskrankheiten
finden in diesem Wohnungselend einen guten Nährboden, wo
der Tod reichliche Ernte hält. So verdirbt, so stirbt das,
Volk, ohne daß die in der Regierung sitzenden frommen Christen,
die von Nationalismus triefenden Agrarier, und die famosen Gewerberetter
daran Anstoß nehmen und versuchen, Abhilfe zu schaffen.
Die einzige Sorge der Regierung ist, eine Sanierung der Hausbesitzer
einzuleiten und darüber hinaus ihnen die Möglichkeit
zu geben, sich auf Kosten der "Mieter hemmungslos zu bereichern.
So arbeitet man im Ministerium für soziale Fürsorge,
das eher den Namen Ministerium für soziale Verelendung verdienen
würde, an, einem Gesetzentwurf, der das jetzt in Geltung
befindliche Mieterschutzgesetz am 31. Juni 1928 ablösen soll.
Nach diesem Entwurfe soll zwar der Mieterschutz formell bestehen
bleiben, jedoch sollen die Mietzinse um das Siebenfache erhöht
werden. Man muß sich da wirklich an den Kopf greifen und
fragen, ob denn die Regierungsparteien auf dem Monde leben. Kennen
Sie die Verhältnisse der arbeitenden Bevölkerung denn
wirklich nicht? Gehen Sie doch hinaus unter das Volk, meine Herren,
damit Sie sehen und erkennen, unter welch entsetzlichen Verhältnissen
es zu leben gezwungen ist. Glauben Sie denn wirklich, daß
die arbeitenden Menschen eine neuerliche finanzielle Belastung
ertragen können? Durch die verbrecherische Politik, die die
jetzige Bürgerblockregierung treibt, würde die Arbeiterschaft
zum Weißbluten gebracht. Wir sind glücklich soweit,
daß wir anderen Staaten gegenüber die niedrigsten Löhne
besitzen. Es genügt den Regierungshyänen nicht, daß
sie durch die Zölle, durch die Steuerreform, durch die weiteren
reaktionären Gesetze das Volk rücksichtslos ausplündern
können, es soll auch noch der Bereicherungsfeldzug für
die Hausherren in Szene gesetzt werden. Die wirtschaftliche Lage
der Arbeiter ist den Regierungsparteien einfach Hekuba. Um die
Hausherren und der Erhöhung ihrer Profite ist die Regierung
sehr besorgt, für das wirtschaftliche Elend der Arbeiter
bringt sie nicht einen Funken Verständnis auf. Das sehen
wir jetzt wieder sehr deutlich bei den Forderungen der Bergarbeiter.
Die Bergherren, deren Profite sich von Jahr
zu Jahr vergrößern und die Millionen Überschüsse
erzielten, haben das Begehren der Bergarbeiter um Zuerkennung
einer einmaligen Teuerungsaushilfe brüsk abgelehnt. Was schert
sie die Not ihrer Grubensklaven, die mit ihren Familien hungern!
Die Regierung steht dieser unerhörten Haltung der Grubenprotzen
tatenlos gegenüber sie fühlt sich nicht verpflichtet
einzugreifen und zu veranlassen, daß den mehr als bescheidenen
Forderungen der Bergarbeiter Rechnung getragen wird. Freilich,
als es sich um die Erhöhung der Gehälter der Geistlichen
handelte, war die Regierung gleich bei der Hand und Millionen
von Steuergeldern werden durch die Kongrua für diesen Zweck
verwendet. Für die Bergarbeiter hat man von Seite der Regierung
kein Verständnis, obwohl dieselben unter den elendsten Lohnverhältnissen
furchtbar zu leiden haben. Im Falkenauer Bergrevier gibt es Bergarbeiter,
die schon Jahre hindurch drei und vier Schichten in der Woche
arbeiten. Der Verdienst dieser Arbeiter beträgt wöchentlich
90 bis 150 Kè. Glauben Sie, meine Herren, daß diese
Bergarbeiter imstande sein werden, eine neuerliche
Erhöhung der Mietzinse zu ertragen? Man hat sich nicht geniert,
den Arbeitern durch die Agrarzölle die Lebensmittel zu verteuern,
die Zuckerpreise durch die Zuckersteuer zu erhöhen und den
Rest an Leistungen durch das unverschämte Anziehen der Steuerschraube
heraus zu pressen. Jetzt sollen diese Arbeiter auch noch höhere
Mietzinse zahlen. Doch das alles scheint der bürgerlichen
Regierung immer noch zu wenig zu sein. Ein neuer Anschlag auf
die Taschen des arbeitenden Volkes, ist in Vorbereitung. Durch
die geplante Einführung der neuen Gemeindeabgaben soll ein
neuerlicher Aderlaß an dem arbeitenden Volke verübt
werden. Neben dem erhöhten Mietzins soll noch eine Mietzinsabgabe
für die Gemeinden eingeführt werden, die für
jeden Wohnraum einschließlich der Küche mit 50 Kè
jährlich bemessen wird. Dazu kommen die beabsichtigten Zuschläge
für den Wasserzins, für die Kehrichtabfuhr und für
die Kanalisationsgebühr, die ebenfalls 50 Kè monatlich
betragen werden und die bis 45% des Mietzinses
gesteigert werden können. Dann die weiteren indirekten Abgaben
für Fleisch, Bier usw. Wir sind neugierig, wie es unsere
unentwegten regierungstreuen Gewerbeparteiler den kleinen Kaufleuten
und Gewerbetreibenden gegenüber verantworten werden, wenn
die gewerblichen Räume und Geschäftslokale die Abgabe
von 100, mit den Zuschlägen 190 Kè im Monat für
jeden Raum tragen sollen. Hunderte dieser kleinen
Geschäftsleute werden diese Abgabe nicht aufbringen. Es ist
ganz einfach Wahnsinn, den man hier zur Methode macht. Das sind
also die Perspektiven, die sich bei Betrachtung der in diesem
Staate herrschenden Wohnungsfürsorge eröffnen: nichts
für das arbeitende Volk, aber alles für die unersättliche,
unstillbare Profitsucht der kapitalistischen Bürgerklasse.
Keine oder nur unzulängliche Beträge zur Erbauung neuer
Wohnungen, aber ungezählte Millionen für neue Kriegstanks,
Flammenwerfer, Kriegsflugzeuge, Giftgasbomben, Kasernen und Exerzierplätze.
Statt Wohnungskultur wird Mordkultur getrieben. Das ist das bisherige
Ergebnis der Politik des christlich-agrarischen Bürgerblocks.
Wenn die Pläne der gegenwärtigen Regierung im Bezug
auf Bauförderung und Mieterschutz Wirklichkeit werden, wird
dadurch die bis jetzt verfolgte Verelendungspolitik auf die Spitze
getrieben. Zu der Aushungerung, zu der politischen, wirtschaftlichen
und sozialen Entrechtung des Volkes kommen dann als Massenerscheinung
noch Delogierungen und vergrößerte Obdachlosigkeit
dazu. Dadurch werden auch den letzten und rückständigsten
Arbeitern die Augen geöffnet werden, sie werden mithelfen,
den Sturz dieses reaktionären, kapitalistischen, deutsch-èechischen
Bürgerblocks zu beschleunigen. Wir erheben bei dieser Gelegenheit,
neuerlich unsere Forderungen, die darin gipfeln,
daß wir beantragen, mit der größten Beschleunigung
den Entwurf eines Wohnungsgesetzes vorzulegen, durch welches der
Schutz der Mieter ungeschmälert weiter aufrecht erhalten
bleibt und die staatliche Unterstützung der Bauförderung
wenigsten dem Umfange des Gesetzes Nr. 45/1922 nach wieder hergestellt
wird. Zur Ermöglichung einer sorgfältigen und nicht
überstürzten Beratung dieses Entwurfes ist die Wirksamkeit
dieses Gesetzes über den Schutz der Mieter und des vierten
Hauptstückes des Gesetzes über die Baubewegung bis zum
Ende des Jahres 1928 zu verlängern. (Potlesk poslancù
nìm. strany soc. demokratické.)
2. Øeè posl. Horpynky
(víz str. 24 tìsnopisecké
zprávy):
Meine Damen und Herren! Der in Beratung stehende
Regierungsantrag, Druck 1304, hat den Zweck, die Gültigkeit
der mit Gesetz Nr. 225/1922 verfügten außerordentlichen
Maßnahmen der Wohnungsfürsorge hinsichtlich des zulässigen
Umfanges und der Änderung von Wohnungen, hinsichtlich der
Verfügungen der Gemeinden bezüglich der Zwangsvermietung,
hinsichtlich der Sicherstellung von Wohnungen für Staats-
und Eisenbahnbedienstete - später auch auf Wohnungen für
Volks- und Bürgerschullehrer ausgedehnt - ferner hinsichtlich
der Anforderung von Wohnungen und Räumlichkeiten rechtskräftig
bis 30. Juni 1928 zu verlängern.
Es lieb wohl der Regierung nichts, anderes
übrig als diese Gesetzesnovelle dem Abgeordnetenhause vorzulegen.
Die Verlegenheit, in der sich die Regierung dabei befindet, spiegelt
sich sehr deutlich in dem Motivenbericht, der dem Regierungsantrag
beigefügt ist. Wer zwischen den Zeilen und aus den dürftigen
Angaben des Motivenberichtes zu lesen gewöhnt ist, der bekommt
ein erschreckendes Bild von der jämmerlichen Art, wie in
diesem Staate die großen Fragen der Wohnungsfürsorge,
des Mieterschutzes und, der Bauförderung von der Regierung
und der jeweiligen Parlamentsmehrheit behandelt wurden.
Seit dem Jahre 1922, jetzt also durch fünf
Jahre hindurch, wird die Gültigkeit der außerordentlichen
Maßnahmen der Wohnungsfürsorge von einem Silvesterabend
zum anderen verlängert, weil sich diese Maßnahmen nach
Angabe des Motivenberichtes im Großen und Ganzen bei der
Gesamtregelung der Wohnungsfrage bisher bewährt haben.
Man muß sich wirklich zuerst fragen,
woher die Regierung die, Überzeugung nimmt, daß sich
ihre Maßnahmen auf dem Gebiete der Wohnungsfürsorge
bisher bewährt haben. Die Worte der Kritik, die in beiden
gesetzgebenden Kammern zu allen diesbezüglichen Gesetzesanträgen
gesprochen wurden, die Ablehnung, welche die von der Regierung
verfügten Maßnahmen in den Kreisen der Hausbesitzer
und der Mieter gefunden haben, die unendliche Kette von Rechtsstreitigkeiten,
die aus den Verfügungen der Regierung erwachsen sind, geben
doch ein klares Zeugnis, wie wenig sich die Maßnahmen der
Regierung seit dem Jahre 1922 bewährt haben.
Worin besteht eigentlich das Verdienst der
Regierung und des Parlamentes? Den durch den Einfluß und
die Nachwirkungen des Krieges bedingten abnormalen Verhältnissen
auf dem Gebiete des Wohnungswesens begegnete die Regierung durch
ständige Eingriffe der öffentlichen Gewalt, die nicht
nur zu weitgehenden Einschränkungen des freien Eigentums
und der Unverletzlichkeit der Wohnung geführt, sondern nach
und nach die gesamte Wohnungsproduktion in Abhängigkeit von
der staatlichen Fürsorge gebracht haben. Und so ist durch
die Maßnahmen der Regierung die freie Wirtschaft, vorläufig
auf dem Gebiete des Wohnungswesens völlig ausgeschaltet zu
Gunsten einer weitausgebauten, gesetzlich geregelten Zwangswirtschaft.
Und mit diesen Verfügungen, die anfangs
sicherlich begründet und notwendig waren hat sich die Regierung
bis zum heutigen Tage in ein er unverständlichen Bescheidenheit
vollkommen begnügt. Sie hat in der Folgezeit, nur die staatlichen
Maßnahmen zur Förderung der Bautätigkeit systematisch
restringiert und abgebaut, so daß in diesem Staate jetzt
glücklich drei Bausaisonen ungenützt verstrichen sind.
Sonst ist in puncto Zwangswirtschaft alles beim alten geblieben.
Wo ist die im Motivenbericht erwähnte Gesamtregelung der
Wohnungsfrage?
Auch darauf versucht der Motivenbericht eine
Antwort zu geben. Die Regierung hat nämlich im Jahre 1926
glücklich sich zu der Erkenntnis durchgerungen, daß
das Gesetz über die außerordentlichen Maßnahmen
in der Wohnungsfürsorge sachlich mit dem Mieterschutzgesetz
zusammenhängt und hat deshalb den Regierungsantrag Druck
460 dem Parlament vorgelegt, der den Mieterschutz im Zusammenhange
mit der staatlichen Bauförderung neu regeln sollte.
Doch - so steht es im Motivenbericht dieser
Regierungsantrag wurde zurückgezogen "byl odvolán".
Und deshalb muß heute das Gesetz Nr. 225 /1922 bis längstens
30. Juni 1928 rechtswirksam bleiben, weil für eine Änderung
dieses Gesetzes die Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Warum wird im Motivenberichte kein Wort über
die Beweggründe gesprochen, welche die Zurückziehung
des Regierungsantrages Druck 460 bewirkt haben? Ich gebe gerne
zu, daß dieser Gesetzesantrag keineswegs eine ideal gute
Lösung der ganzen Wohnungsfrage dargestellt hat, muß
aber objektiv feststellen, daß es der erste Versuch der
Regierung war, die Frage des notwendig gewordenen Abbaues des
Mieterschutzes im Zusammenhange mit der Frage der Bauförderung
in großzügiger Weise auf längere Sicht hinaus
zu lösen.
Ich finde es auch begreiflich, daß der
Regierungsantrag Druck Nr. 460 anfangs die einmütige Ablehnung
der interessierten Kreise, sowohl der Mieter als auch der Hausbesitzer,
erfahren hat. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß diese
Ablehnung gerade die Ursache der Zurückziehung des Gesetzesantrages
gewesen sein kann, zumal wir doch bisher in diesem Staate es immer
erlebt haben, daß die Regierung ein Gesetz, welches von
den Fachorganisationen abgelehnt wird, ganz einfach durch die
Stimmen der zum blinden Gehorsam dressierten Regierungsparteien
den Bürgern dieses Staates aufzwingt. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda
dr Buday.)
Ich kann mir auch nicht denken, daß die
Regierung befürchtet hat, bei den Beratungen ihres Antrages
Druck Nr. 460 vor unüberwindlichen Schwerigkeiten zu stehen.
Gerade die Kritiken dieses Gesetzesantrages in Artikeln und Vorträgen
haben nicht nur die Mängel der Vorlage hell beleuchtet, sondern
haben deutlich gezeigt, in welcher Richtung sich die Wünsche
der Mieter und Hausbesitzer bewegen und welche Vorschläge
zur Abänderung die besten Fachleute auf diesem Gebiete zu
machen wissen. Bei ernstem Wollen zu ehrlicher Arbeit war also
dieser Regierungsantrag als taugliche Verhandlungsgrundlage zur
Genüge charakterisiert. Warum also überhaupt die Zurückziehung
dieser Vorlage Druck Nr. 460 im Jahre des Heils 1926? So unglaublich
auch die Antwort auf diese Frage allen denkenden Menschen erscheinen
mag, so ist es doch Tatsache, daß die großzügige
Lösung des Problems des Mieterschutzes und der Bauförderung
aus parteipolitischen und wahltechnischen Gründen zum Schaden
der gesamten Öffentlichkeit um beinahe 2 Jahre hinausgeschoben
wurde.
Die politischen Partien der jungen gemischtnationalen
bürgerlich - konservativen Regierungsmehrheit befürchten,
daß sie nicht die Fähigkeit besitzen werden, die Regierungsvorlage
Druck Nr. 460 gegen den Willen der Regierung derartig abzuändern,
daß das daraus entstandene Gesetz alle Kreise der Bevölkerung
wenigstens halbwegs befriedigen werde. Sie sahen mit Besorgnis
in die Zukunft, daß durch einige notwendige Maßnahmen
einerseits die Hausbesitzer und anderseits die Mieter unbefriedigt
in ihren extremen Wünschen bleiben werden. Als Folge davon
fürchteten diese Parteien, daß bei den Gemeindewahlen
im Jahre 1927 der Stimmzettel entweder zu Gunsten der Oppositionsparteien
entscheiden oder die Bildung neuer Hausbesitzer- und Mieterparteien
das Wahlergebnis für die Regierungsparteien beeinträchtigen
könnte. Und die an und für sich etwas schwache Regierungsmehrheit
des jetzigen Kabinettes glaubte, sich einer solchen Gefahr nicht
auszusetzen zu dürfen. Und weil Parteiinteresse bei der Regierungskoalition
über Volksinteresse steht, so zog man die Hände schnell
von der schweren, aber ehrlichen Arbeit zurück und vertröstete
alle unter der Wohnungsnot Leidenden auf das Jahr 1928. So sieht
der Ernst aus, mit welchem die Lösung der wichtigsten Probleme
in diesem Staate von den gesetzgebenden Körperschaften in
Angriff genommen wird.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Dieselbe
Regierungsmehrheit, die sich im Jahre 1926 um die Regelung der
Wohnungsfrage in wenig ehrenvoller Weise herumgedrückt hat,
steht im Festjahre des 10jährigen Bestandes dieser Republik
vor dem gleichen Problem und kann sich sagen, daß die Bevölkerung
ein abermaliges Auskneifen nicht so ruhig hinnehmen wird, wie
im Jahre 1926. Wir sind heute schon gespannt, in welcher Form
der Regierungsantrag Druck Nr 460 im nächsten Kalenderjahr
vor dem Parlamente erscheinen wird. Nach einigen Nachrichten,
die jetzt schon in der Tagespresse erschienen sind, ist für
weite Schichten der Bevölkerung nichts Gutes zu erwarten.
Und so beginnt das Jahr 1928 besonders für das große
Heer wirtschaftlich schwacher Mieter mit einer schweren Sorge.
Bei der Frage des Wohnungswesens handelt es
sich wohl um eines der wichtigsten sozialen und wirtschaftlichen
Probleme der Nachkriegszeit. Die jetzigen Regierungsparteien,
die sich so gerne als Wirtschaftsparteien bezeichnen, haben in
dieser Frage bisher merkwürdig versagt. Trotzdem aber hat
der Obmann des Bundes der Landwirte Abg. Windirsch in seiner
berüchtigten Rede vom 28. November d. J. in der Budgetdebatte
der Opposition den Vorwurf gemacht, daß es ihr ferne liegt,
wirtschaftliche Probleme zu behandeln, weil sich ihr Geist auch
an reale Grundlagen halten müßte, mit denen aber ihr
Phrasentum nichts zu tun haben will. Und dann sagte Herr Windirsch
wörtlich: "Die wirtschaftliche Betätigung dieser
Menschen erschöpft sich nur im Jammern über ungenügende
Einkünfte und in zeitweiligen Forderungen erhöhter Gehälter."
Aus dem Wortlaute dieses Satzes läßt
sich wohl mit Sicherheit schließen, daß Herr Windirsch
damit die Staats- und öffentlichen Festbesoldeten und
die ganze Lehrerschaft gemeint hat. So wurden auch seine Worte
in diesen Kreisen aufgefaßt und deshalb auch überall
mit Entrüstung zurückgewiesen. Dem Herrn Windirsch
kann doch unmöglich der schwere Existenzkampf entgangen sein,
den die deutschen Staatsangestellten und Lehrer in diesem Staate
einmal um ihre materielle Besoldung, dann aber auch um ihren Arbeitsplatz
führen mußten, da er doch dieses Ringen als Parlamentarier
seit dem Jahre 1920 mit eigenen Augen mitangesehen hat. Bleibt
also nur die Folgerung übrig, daß er dieses Ringen
der deutschen Staatsangestellten und Lehrer um die wirtschaftliche
Existenz ebenso lächerlich machen und schmähen wollte,
wie den Freiheitskampf des sudetendeutschen Volkes in den Revolutionstagen.
Nun haben wenigstens die deutschen Staatsangestellten und Lehrer
aus berufenem Munde gehört, wie ihre Standesforderungen bei
den deutschen Regierungsparteien aufgefaßt und gewertet
werden und wiessen, was sie von diesen Parteien zu erwarten haben.
Wenn Herr Windirsch mit solchen Phrasen
seine Befähigung zum Wirtschaftspolitiker nachweisen wollte,
dann muß ich im Namen aller Staatsangestellten und Lehrer
dagegen protestieren, daß er gerade deren Standesforderungen
und materielle Interessen in dieser unqualifizierbaren Art und
Weise vor der gesamten Öffentlichkeit diskreditiert hat.
Zum Schluß habe ich noch die Erklärung
abzugeben, daß meine Partei der gegenwärtigen Regierungsmehrheit
nicht das Vertrauen entgegenbringt, das Wohnungsproblem in einer
für alle Stände des Volkes günstigen Form zu lösen;
sie wird gegen den vorgelegten Regierungsentwurf stimmen. (Potlesk
poslancù nìm. strany národní.)