Støeda 26. listopadu 1930

Zur religiösen Erziehung gehören auch die religiösen Übungen. Uns ist Religion nicht graue Theorie, sondern Leben und Bekenntnis. Wenn es im Erlasse zur Einführung der Bürgerkunde vom 11. April 1923 heißt: "Da aber der Sinn für gutes Bürgertum nicht nur durch Vortragen und durch Belehren geweckt wird, müssen gleichzeitig die Gewohnheiten eines guten Bürgertums entwickelt werden, und das insbesondere durch systematische Übungen" - so muß doch logischer Weise dasselbe auch vom Religionsunterrichte gelten. Religion muß vom Kinde erlebt, religiöse Übungen müssen ihm zum Lebensgute werden. Man wirft der Kirche immer die Riesenmenge von angeblichen Matrikenkatholiken vor und bemüht sich, aus deren Zahl bei der Volkzählung möglichst viele zum Abfall von der Kirche, zur Konfessionslosigkeit zu kapern, hindert aber die Kirche schon bei Erziehung des Kindes durch alle nur möglichen Chikanen. Katholische Kinder brauchen aber auch Lehrer, die nicht als religiöse Heuchler sich gebärden, sondern denen Religion heiligste Überzeugung ist. Man darf den Satz "Religion ist Privatsache" nicht als Aushängeschild weiter bestehen lassen, um desto leichter an der Zersstörung der religiösen Werte in den Herzen der Kinder und Proleten arbeiten und die materialistische Weltanschauung den Arbeitermassen einimpfen zu können. Man gibt dem Volke nicht Brot, wenn man ihm den Herrgott nimmt und mit Religionsspott und Priesterknochen füttert man auch einen hungrigen Arbeitermagen nicht satt. Um den Tempel von Ephesus aufzubauen, sagt Carlyle, war die Arbeit einesganzen Lebens, vieler kluger Köpfe und starker Arme nötig und dieser Tempel ist in einer Stunde durch einen Unvernünftigen zerstört worden.

Ersparen Sie mir, ähnlich über unser Schulwesen zu urteilen, Zerstörungsarbeit ist bisher genug geleistet worden, nun gilt es wieder: Aufbauarbeit zu verrichten. Für die Lösung von Schulfragen darf es nur einen Weg geben, den Weg friedlicher Verständigung, bei der alle berechtigten Faktoren berücksichtigt werden und das historisch Gewordene auch gerechtes Verständnis findet. Losgelöst von allen Parteischlagworten muß die Schulfrage in ihrer Bedeutung für das Volkswohl gewertet und vertreten werden. Was nützen all die schönen Worte des Herrn Präsidenten in seiner Botschaft, des Herrn Dr. Èerný in seinen Ausführungen, des Berner Manifestes der èechoslovakischen sozialistischen Parteien über Völkerversöhnung und Gewinnung der Minderheiten, wenn all dies nur auf dem Papiere bleibt und nie als spruchreif endlich erklärt wird. Der Seelenfang deutscher Kinder für èechische Minderheitsschulen schreitet weiter und die Luxusbauten èechischer Minderheitsschulen im deutschen Gebiete werden 280 Millionen Kronen verschlingen. Es ist doch eine Ungeheuerlichkeit, daß im Bezirke Hultschin infolge einer Ausnahmsverordnung aus dem Jahre 1920 1.200 deutsche Kinder noch heute gezwungen sind, entweder teueren deutschen Privatunterricht zu genießen oder unter großen Opfern und Strapazen Schulen in fernen Orten zu besuchen. Laßt doch, Ihr Herren, endlich einmal Hod¿as Wort von der nationalen Schulautonomie zur Wahrheit werden! Laßt den schönen platonischen Worten wirklich einmal eine Tat folgen, denn das Tempo unserer nationalen Befriedigung ist bis auf den Nullpunkt gesunken.

Was die Behandlung anderer Kulturangelegenheiten betrifft, stehen wir auf dem Standpunkte, daß nicht in gegenseitiger Bekämpfung zwischen Staat und Kirche das Heil liegt, sondern in gegenseitiger Förderung. Der Staat gebe jeder der anerkannten Religionsgesellschaften was ihr gebührt und schütze die religiöse Freiheit. In strittigen Fragen mag es zu einem friedlichen Ausgleiche kommen. Ganz besonders urgiere ich da die recht baldige Regelung des Patronatsrechtes. Das öffentliche Leben muß wieder vom Geiste der Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit getragen sein, da leistet der Klerus gar viel staatserhaltende Arbeit. Wenn die Autorität des Staates im Gewissen der Bürger verankert ist, ruht sie sicherer als auf den Bajonetten der Genda rmen. Es war skandalös, wielange sich die Anweisung der Kongruabeträge hinzog, wielange der Klerus oft auf die Wegentschädigung warten muß. Die größte Chikane aber bildeten zweifellos die verlangten Matrikenauszüge für die Sozialversicherung. Am 27. Feber 1930 wird der Erlaß fabriziert, Ende Oktober bekommen die Pfarrämter die Vorschrift, und zwar statt von der politischen Behörde zuerst von den Krankenkassen; 8 Dokumente werden aufgezählt, die als Beleg hätten dienen können. Nein, man kapriziert sich justament nur auf Matrikenauszüge und schickt leere Blankette an die Pfarrämter. Welche unnötige Riesenarbeit da dem Klerus aufgehalst wurde, weiß nur der zu beurteilen, welcher den Andrang in den Industriestädten gesehen hat. Da gab es keine Amtsstunden, Schule und Seelsorge mußten vernachlässigt werden, Hilfskräfte mit eigenem Gelde angeworben, Tag und Nacht gearbeitet werden und alles ohne einen Heller Entgelt. Das ist wahrhaft eine soziale Fürsorge, die zum Himmel schreit. Diese Himalajalast wird trotz alledem ein Ehrenblatt für den Klerus bleiben, sie bezeugt rühmlich die Unentbehrlichkeit und Verläßlichkeit seiner Matrikenführung. (Výkøiky.) Daß der Klerus auch bei der Weihnachtszulage leer ausgehen wird, möchte ich noch dazu bemerken.

Einiges über das Gesundheitswesen: Ich reklamiere trotz angeblicher Undurchführbarkeit aus prinzipiellen Gründen dennoch die sinngemäße Anwendung der Dienst- und Besoldungsregulierung auch für die geistlichen Pflegeschwestern in den staatlichen Anstalten. Es darf nicht zweierlei Maß geben. Der Dienst dieser geistlichen Schwestern ist aufreibend und stellt an die Spannkraft der einzelnen Schwestern die schwersten Anforderungen. Das Mutterhaus darf da wohl verlangen, daß das Leben der einzelnen Schwestern gesetzlich geschützt sei auch für die Tage der Krankheit, der Dienstunfähigkeit und des Alters, was ja jeder Arbeitgeber für seine Angestellten tun muß. Es kann ganz gut mit dem Mutterhause vereinbart werden, welchen Gehalt jede Schwester bekommt, wieviel Urlaubtage sie nach bestimmten Dienstjahren beanspruchen darf, auf wieviel Erholungs- und Nachruhestunden sie Anspruch hat. Der Staat schuldet dies dem geistlichen Pflegepersonal nicht weniger als dem weltlichen. Ein Kapitel möchte ich noch ganz besonders erwähnen. Es ist die Turn- und Sportbewegung. Sie ist als vorbeugende Gesundheitsfürsorge zu betrachten. Unsere Turn- und Sportvereine und deren Spitzenkörperschaften nehmen heute einen großen Teil der Arbeit auf sich, die sonst vom Staate oder den Gemeinden geleistet werden müßte. Viele freiwillige unbezahlte Kräfte arbeiten in den Vereinen und Verbänden mit viel Liebe zur Sache und oft unter erheblichen Opfern an Zeit und Geld und stellen ihre Übungsstätten und Einrichtungen in den Dienst der Volksgesundheit. Es ist eine Binsenwahrheit, daß es billiger kommt, Gesunde gesund zu erhalten, als Erkrankte wieder zu heilen. Ich befürworte wärmstens die Forderungen, welche der deutsche Hauptausschuß für Leibesübungen aufgestellt hat, darunter besonders die Erhöhung der Subvention für die Zentrale, Einführung des Turnunterrichtes an Fachschulen und landwirtschaftlichen Schulen, Erweiterung desselben an Mittelschulen, Förderung der Jugendherbergebewegung, Wanderbewegung, Wintersportbewegung, Errichtung einer deutschen Hochschule für Leibesübungen, damit auch die nationale Eigenart der Körpererziehung Berücksichtigung findet. Ich reklamiere die endliche Erledigung der Subventionsansuchen noch für die Jahre 1929 und 1930 und spreche die berechtigte Erwartung aus, daß unsere deutschen Turnvereine, zumal auch unsere christlichdeutschen, nicht wieder, noch dazu unter einem deutschen Minister, als Stiefkinder werden behandelt werden. Auch befürworte ich, daß dem Reichsverbande der deutschen Ärztevereine in Angelegenheit des neuen Krankenversicherungsgesetzes der Privatangestellten Gelegenheit gegeben werde zu einer gegenständlichen Äußerung. Eine vormilitärische Jugenderziehung lehnen wir ab, ebenso wie hohe èechische Militärs die Soldatenspielerei in der Schule abgelehnt hab en.

Ich habe anfangs meiner Rede die Wichtigkeit der Religion betont. Wir wollen Religion in den Schulen haben, weil wir ihre Bedeutung für das wirtschaftliche und öffentliche Leben zu würdigen wissen. Alle die sozialen Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten haben ihre Wurzel in der Religionslosigkeit der heutigen menschlichen Gesellschaft. Wer die Religion untergräbt, wird auch zum Totengräber der sozialen Gerechtigkeit und des Arbeiterrechtes. (Výkøiky posl. Grünznera a dr Luschky.) Das Abirren der Menschen von den Lehren und Grundsätzen des Christentums hat erst den ausbeuterischen Kapitalismus möglich gemacht und nur die Rückkehr zum Christentum und seinen Lehren kann die Welt wieder von dieser Geisel befreien. Die Neuordnung der Wirtschaft und Gesellschaft muß durch eine Sanierung der Seelen kommen. Heute ist Profit und Geld das Um- und Auf der ganzen Wirtschaft geworden. Profit ist die Weltanschauung und die Prozente die alleinige Religion. Diese materialistische Religion der Prozente betrügt die arbeitenden Wert schaffenden Stände um die Früchte ihrer Tätigkeit und stürzt das Volk in immer größere Verarmung. Der moderne kapitalistische Gewinngeist ruiniert den Bauernstand und schmälert durch Verarmung des Bauernstandes den ländlichen Handwerker in seinem Einkommen und die Verdienstmöglichkeit er wird zum Wegmacher der Revolution ins Dorf hinein. Er ruiniert den Industriearbeiter, drückt die Löhne möglichst nieder, steigert das Arbeitstempo bis zur Auspressung der Arbeitskraft, rationalisiert die Arbeiter aus den Betrieben hinaus, verschuldet die ungeheure Arbeitslosigkeit, klagt über soziale Lasten, wo er doch nur Pflichten sehen sollte und wird so zum Totengräber des Volkes. Es muß statt der falschen Religion der Prozente wieder die Religion der Gerechtigkeit und des Gewissens hinein in das öffentliche Leben. Die Arbeit auf der Scholle, die Arbeit mit dem Werkzeug, die Arbeit an der Maschine muß wieder richtig gewertet, ehrlich entlohnt und ihrer Früchte teilhaftig gemacht werden. Der Arbeiterpapst Leo hat diesem kapitalistischen System das Todesurteil gesprochen - "was diese Geldmacht vollzieht, ist himmelschreiende Sünde, verübt in vielfacher Form an Tausenden und Abertausenden" heißt es im Hirtenbriefe der österreichischen Bischöfe und jüngst hat auch unser Prager Erzbischof Dr. Kordaè mannhaft dem Kapitalismus die Stirn geboten. (Posl. Grünzner: Er verwirft ihn aber nicht!) Er verwirft ihn total, viel besser als Sie ihn bekämpfen.

Die Lösung der sozialen Frage ist eine Existenzfrage für Staat und Kirche, auch mit den nationalsten Phrasen läßt sich das soziale Gespenst nicht bannen, aber Sozialpolitik darf nicht nur ein Kampf um Futterkrippen bleiben. Ein Staat, der die soziale Frage nicht oder nur ungenügend löst, erzieht sich selber Revolutionäre. Je größer die Nöte umso ausgiebiger muß soziale Fürsorge sein. Wir brauchen nicht erst russisch zu lernen, um auch dem Arbeiter zu geben, was ihm gebührt. Unser soziales Ziel muß sein, an die Stelle ausbeuterischer Gewinnwirtschaft planmäßige geregelte Bedarfswirtschaft zu setzen, den Arbeiter wollen wir aus der Not mechanisierter entseelter und entsittlichter Arbeit herausheben und zum pflichtbewußten verantwortlichen Glied und Träger im Produktionsprozeß machen. Unsere sozialen Forderungen: Ich heische dringend Hilfe. (Výkøiky posl. Grünznera, Heegera a dr Luschky.)

Místopøedseda Špatný (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Fritscher (pokraèuje): für unsere sterbende deutsche Textilindustrie, warne eindringlichst vor Nichterneuerung des Handelsvertrages mit Ungarn, fordere Staatsaufträge auch für deutsche Fabriken, Notstandsarbeiten auch für deutsches Gebiet, eine obligatorische Arbeitslosenversicherung. Durch das Genter System ist der Arbeitslosenfond zumal der deutschen Berufsverbände erschöpft, das Genter System hat eine ungeheure Last dem Staate abgenommen. Während er im Jahre 1923 z. B. noch 395 Millionen Arbeitslosenunterstützung zahlte, ist jetzt die Staatssumme auf kaum 25 Millionen gesunken. Aber die Arbeiterverbände haben sich verblutet, es muß ihnen durch Darlehen wieder geholfen werden. Wir verlangen die Einführung von Einigungs- und Schlichtungsämtern nach deutschem Muster, endliche Novellierung des skandalösen § 82 h) der Gewerbeordnung, Besserstellung der Überalten und der letzthin nicht berücksichtigten Kriegsinvaliden, eine energische Preissenkungspolitik, ein großzügiges Arbeitsprogramm produktiver Arbeitslosenfürsorge, ein möglichst günstiges definitives Bauförderungsgesetz, damit die große soziale Sünde der Gegenwart, die Wohnungsnot, möglichst beseitigt werde. Es hat jeder Mensch ein Anrecht auf ein menschenwürdiges Dasein, einen ausreichenden Lohn, eine gesunde Wohnung und genügende Erholung.

Wenn ich mich noch zum Dolmetscl der Tabakarbeiterschaft machen darf, so fordere ich endlich einmal die Änderung des so verhängnisvollen § 7 der Lohnordnung, über welche schon so lange verhandelt wird. Eine Arbeiterin, die infolge Pflege ihrer schwerkranken Mutter 58 Halbtage versäumte, wird sogar ihrer Weihnachtszulage verlustig und noch empfindlich geschädigt in ihrer Pensionsvorrückung. Es galt bisher immer der Grundsatz, daß bei jeder Aufbesserung niemand geschädigt werden darf, diesmal hat man bei der Zuerkennung der Weihnachtszulage die bisher alle Arbeiterinnen unterschiedlos bekommen hatten, eine sehr unrühmliche Ausnahme gemacht, und viele verheiratete Arbeiterinnen, deren Männer auch im Staatsdienste stehen, werden der bisherigen sozialen Errungenschaft im Sinne des Gesetzes wieder verlustig erklärt.

Das hätte ein Unternehmen, das über 1.300 Millionen Reingewinn abwirft, nicht tun sollen. Auch sind Gnadenpensionen von monatlich kaum 96 Kronen eine Schande für so ein lukratives Staatsunternehmen. Nach wie vor plaidieren wir für eine Wirtschaftsprämie vom alljährlichen Reinertrage nach dem Muster Deutschösterreichs. Einen sehr typischen Fall von Fürsorge für Altpensionisten möchte ich noch besonders erwähnen: 16 Zwitauer Tabakarbeiterinnen, die sich bei ihrer Pensionierung mit Recht für benachteiligt glaubten, hatten eine Eingabe an die Kanzlei des Herrn Präsidenten gemacht. Sie erhielten prompt die Antwort, das Schriftstück sei dem Finanzministerium abgetreten worden. Und richtig, nach einem Jahre, erhält jede derselben statt der ersehnten Aufbesserung einen Zahlungsauftrag von sage und schreibe 160 Kronen, weil das Gesuch ungestempelt war, 16 Unterschriften mal 5 Kronen = 80 Kronen Stempelstrafe. Das hat wohl der Präsident nicht beabsichtigt. Das Finanzministerium schmeichelt sich vielleicht mit der Hoffnung, gründlich jedes Verlangen nach Besserstellung ausgetrieben zu haben. Daß die Altpensionisten auch in der Tabakregie ihre aufgebesserten Bezüge noch immer nicht erhalten haben, zeigt, wie langsam der Amtsschimmel trottet. Bei der geplanten Neueinstellung von Arbeiterinnen stellen wir das berechtigte Verlangen, daß in erster Linie einheimische Arbeitskräfte nach dem nationalen Ortsschlüssel berücksichtigt werden. Bezüglich Unterbringung von Tabakarbeiterkindern in Ferienheimen verlangen wir, daß dieselbe vollkommen unparteiisch geschehe, am besten im Einvernehmen mit der Landeskommission für Kinderschutz- und Jugendfürsorge. Die skandalöse Unterbringung im heurigen Jahre möge eine Warnung bleiben.

Vielleicht darf ich noch einige spezielle Wünsche des eigenen Wahlkreises beifügen. Die Gemeinde Greifendorf, Bezirk Mähr. Trübau, hat ein Ansuchen um Bewilligung einer Subvention zum Zweck der Elektrifizierung dem Arbeitenministerium unterbreitet. Sie sucht Anschluß an das städtische Elektrizitätswerk von Zwittau, da dieser Anschluß um 300.000 Kè billiger kommt, da Zwittau bedeutend größere Vorteile bietet, viel billigere Strompreise berechnet und eine zukünftige Übernahme durch eine Überlandzentrale durchaus nicht verhindert. Obwohl also der Anschluß an Zwittau nicht dem Geiste der systematischen Elektrifizierung widerspricht, hat das Arbeitsministerium die Subvention nur unter der Bedingung bewilligt, daß sich Greifendorf der Westmährischen Elektrizitätsaktiengesellschaft anschließe. Gegen eine derartige parteiische Bevorzugung eines fremden, angeblich gemeinnützigen Unternehmens und Benachteiligung eines einheimischen gemeinnützigen Unternehmens - das Elektrizitätswerk von Zwittau trägt der Gemeinde mehr als die gesamten Umlagen - muß ich als Stadtvertreter und Abgeordneter schärfstens protestieren. Das nennt man ein Unternehmen monopolisieren und einer Gemeinde die beste Einnahmsquelle verstopfen. Ich appelliere noch einmal an den Gerechtigkeitssinn des Ministers für öffentliche Arbeiten. Zwittau hat gehofft, durch den Bau wieder einige Arbeitslose beschäftigen zu können und sieht sich in dieser Hoffnung betrogen. Ich erwähne nur noch, daß die halbe Gemeinde Greifendorf bereits seit Jahren von Zwittau mit Strom versorgt wird.

Die Tabakregie hat in Zwittau drei Wohnhäuser gebaut. Mit Hintansetzung der einheimischen Baumeister wurde der Bau einer auswärtigen èechischen Baufirma übertragen, welche zumeist auch nur auswärtige èechische Arbeitskräfte beschäftigte. In Zwittau wurde jüngst ein neues Bahnpostamt eröffnet, angestellt wurden nur èechische Beamte. Wegen mangelhafter Sprachkenntnis der Angestellten klappt der Postdienst auch nicht. Ich würde den Postminister ersuchen, speziell an einem Montag einen Telephonanschluß zu versuchen. Er würde seine blauen Wunder erleben. Der Leiter des Postamtes ist gegenüber allen Beschwerden leider machtlos. Seit Jahren bemüht sich der Stadtrat von Zwittau vergeblich, ein Halten der Fernschnellzüge in der Station Zwittau durchzusetzen. Auch die Nachbarstädte Mähr. Trübau, Polièka und Litomyšl, also Industriestädte, welche mit Bahn oder Auto nach Zwittau Verbindung haben, sind daran mitinteressiert. Lieber läßt man die Schnellzüge leer fahren, als eine Minute Aufenthalt zu riskieren und zwingt Fabrikanten und Reisende, Autos zu benützen. Das Bahnhofgebäude entspricht durchaus nicht mehr dem gesteigerten Verkehre, ist äußerst primitiv eingerichtet, es ist noch nicht einmal die elektrische Beleuchtung durchgeführt, die seitens der Stadt längst vorbereitet ist. Auch bilden die Bahnschranken über die Reichsstraße ein großes Verkehrshindernis. Ich beanstände noch, daß man den Direktor unserer Oberrealschule, welcher eines Sittlichkeitsdeliktes, begangen an einer Schülerin, bezichtigt wurde, ein ganzes Jahr mit vollen Bezügen gemütlich spazieren gehen ließ, während man anderseits mit den Geldern für deutsche Schulzwecke kargt. Die Gemeinde Gundrum bei Wischau bemüht sich, ihre einklassige Volksschule mit 59 Kindern zu teilen. Das Lokal wäre vorhanden, doch die Lehrkraft würde angeblich zuviel kosten; und nebenan unterrichten Lehrer in Minderheitsschulen drei bis zehn Kinder. Es ist bezeichnend, daß die Národní jednota jetzt auf einmal Kinder reklamiert, die schon über zwei Jahre die deutsche Schule besucht haben.

Es ist das ein kleines Mosaik für die Regelung unserer Minderheitsangelegenheiten, die Dr. Kramáø "unter uns" ausgetragen wissen will.

Die Hauptprobe auf das Exempel für die Minderheiten dieses Staates wird die bevorstehende Volkszählung sein. Wir haben leider das Schlimmste zu befürchten. Gründe hiefür sind die Nichtbeachtung des nationalen Schlüssels bei der Ernennung der Kommissäre und Revisoren, die scheinbare Sabotage eines Ministerialerlasses, der die größten Härten abschleifen sollte, seitens der Landesämter, die Ernennung von Minderschullehrern und Amtspersonen, Obersteigern und sonstigen Einflußgewaltigen, welche bewußt Befangen heit erzeugen, was wirklich einer indirekten Beeinflussung gleichkomm t. Ich bin mit meinen Beschwerden und Forderungen zu Ende, ich erwarte, daß sie auch hohenorts zur Kenntnis genommen werden. (Potlesk.)

7. Øeè posl. Müllera (viz str. 103 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Unsere Partei steht im Gegensatz zu den Ausführungen des Herrn Vorredners auf dem Standpunkte der Trennung der Kirche von der Schule. Wir sind der Auffassung, daß nicht die Religion in der Schule das nötige Erziehungsmittel ist, um Menschen zu erziehen, die gegenüber der Öffentlichkeit und der ganzen Welt verantwortlich und verantwortungsbewußt sind. Wir stehen nicht auf dem Standpunkte, daß die 10 Gebote der Kirche für die Schulerziehung maßgebend sein sollen, sondern ein Gebot: Achte und ehre den Mitmenschen, sei ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft. (Výkøiky: Und wie wird man das?) Durch die religiöse Erziehung ganz bestimmt nicht, denn die Erfahrungen der religiösen Erziehung lehren uns, daß man durch sie zur Heuchelei, zur Vertröstung auf das Übersinnliche, aber nicht dazu erzogen wird, mit beiden Füßen auf der Erde zu stehen und hier auf der Erde seinem Mitmenschen Bruder und Mitstreiter zu sein.

Wenn wir uns die Voranschlagsgruppen über Kultur- und Gesundheitswesen anschauen, müssen wir sagen, daß dieselben in ihrer Höhe keineswegs den Ansprüchen entsprechen, die eine klaglose Arbeit auf diesem Gebiete möglich machen würden, und die in den Exposées des Schulministers und des Gesundheitsministers angedeuteten Arbeiten auch wirklich zur Ausführung bringen könnten. Eine besondere Feststellung wäre zu machen, das ist die Diskrepanz zwischen den Mitteln, die dem Nationalverteidigungsministerium bewilligt wurden, und den Mitteln, die den drei Ministerien, dem Schul-, dem Gesundheits- und dem Fürsorgeministerium zur Verfügung stehen. Diese drei Ministerien haben 1.064 Mill. zur Verfügung, das Nationalverteidigungsministerium 1400 Mill., abgesehen vom Rüstungsfond, welchen der alte Bürgerblock gleich für 10 Jahre bewilligt hat; und wenn wir den Herren das vorwerfen, werden sie sehr nervös und machen es so wie gestern der Prinzenerzieher Krumpe, der uns gleich als Trottel bezeichnet hat. Von einem Prinzenerzieher vom Schlage des Herrn Krumpe kann man allerdings nicht mehr verlangen und wir sind darüber gar nicht beleidigt. Wir raten nur Herrn Krumpe, daß er sich beim erstbesten Arbeiter über die allernotwendigsten Anstands- und Höflichkeitsregeln eine Belehrung hole.

Wir glauben, daß die Diskrepanz zwischen diesen Summen auf die Dauer nicht tragbar ist und daß es Aufgabe der sozialdemokratischen Parteien sein muß, hier einen gewissen Ausgleich zu schaffen.

Im allgemeinen können wir sagen, daß in dem letzten Jahre in das Schulministerium ein moderner Geist eingezogen ist und daß wir zumindest die Versuche zu einer Reform des Schulwesens vor uns haben, die auch bestimmt auf einigen Gebieten Erfolg bringen werden.

Zum Schulwesen müssen wir als deutsche Sozialdemokraten an die Spitze der Betrachtungen unsere alte Forderung nach Schulautonomie stellen, eine Forderung, für die wir immer und immer wieder eintreten werden, eine Forderung, die auch von èechischen Schulmännern, von èechischen Schulpolitikern als durchaus möglich zugegeben wurde. Wir werden wie bisher auf dies em Gebiet unseren Mann in Kampfe stellen. Wir hoffen nur, daß die Andeutung des Schulministers Dérer in seinem Exposée nicht nur Gedankenausdruck bleibe, sondern endlich greifbare Formen annehme. Wir sehen es auch als Fortschritt an, daß dem sinnlosen Bau von Minderheitsschulen nur aus nationalen Prestigegründen durch den IOJahreplan doch eine gewisse Grenze gesetzt ist und wir hoffen, daß bei den Minderheitsschulen auch das deutsche Volk Berücksichtigung findet. Es ist der Ausspruch eines èechischen Schulmannes, daß jedes Kind die Schule seines Volkes müsse besuchen können.

Wenn wir feststellen, daß in das Schulministerium ein moderner Geist eingezogen ist, können wir das gleiche nicht von den unterstellten Schulbehörden sagen. Insbesondere im Landesschulrat herrscht der alte Geist der Bürokratie, im Landesschulrat herrscht kein eswegs eine moderne Auffassung von Schulwesen, dort wird in echt bürokratischer Weise jede Schulfrage beh andelt, ob es nun um die Systemisierung von Lehrstellen, Errichtung von Paralellklassen, Schulbauten geht, der Gang der Akten ist so schleppend, daß die Abgeordneten oft und oft intervenieren müssen, um überhaupt die Erledigung zu erreichen. Selbst in solchen Fällen, wo der Staat finanziell nicht belastet wird, wie bei Schulbauten, welche die Gemeinden zur Gänze tragen, wie die Lehrerbildungsanstalt in Aussig und die Burgerschule Schreckenstein, läßt die Erledigung Monate auf sich warten. Welches die Einsteellung dieser Landesschulbehörden ist, hat sich gezeigt, als die Landesvertretung den Antrag annahm, die Schüleranzahl in den Klassen zu verringern. Die Landesschulbehorde hat es verstanden, Monate lang die Erledigung, das Inkrafttreten dieses Beschlusses ninauszuziehen. Wir erheben auch hier neuerdings die Forderung, daß die Schülerzanl in den Klassen ganz gewaltig beschränkt werde, weil nach dem Urteil großer Pädagogen ein erfolgreicher Unterricht in diesen stark besetzten Klassen nicht möglich ist.

Um überall die modernen Grundsätze des Schulministeriums zum Durchbruch zu bringen, fordern wir den demokratischen Umbau der Landes- und Bezirksschulräte und der Schulleitungen. Wir wünschen insbesondere, daß in das Gebäude in der Letenská einmal ein kröftiger Wind blase und daß die Demokratisierung der Landes- und Bezirksschulräte durch Wahlen offen Ausdruck findet.

Wenn wir an die Reform der Schulbehörden denken, mussen wir auch auf das Verhalten verschiedener Schulleiter insbesondere auf dem Lane zu sprechen kommen. Dort draußen haben sich viele Schulleiter erhalten, die die Entwicklung der letzten Jahre wahrscn einlich verschlafen haben, die nicht mit der Zeit gegangen sind, die glauben, daß sie noch wie früher nach alter verknöcherter Bürokratenart die Schule leiten können. Sie haben ganz besondere Sorgen und die Hirtenbriefe ausländischer Bischöfe sind ihnen mehr Leitmotiv als die Grundzüge des jetzigen Schulministeriums. So hat z. B. die Schulleitung in Wallern (Böhmerwald) einen Erlaß herausgegeben, worin sie verlangt, daß die Kinder in die Schule mit langen Ärmeln und Kleidern bis zur Wade kommen. Gewiß ein pädagogisch wichtiges Erfordernis. Damit will dieser Herr die Sittlichkeit, von der mein Herr Vorredner gesprochen hat, heben. Wir finden, daß es um die Moral solcher Schulleiter sehr schlecht bestellt ist. Wer nicht einmal nackte Arme oder Waden sehen kann, dessen Moral ist nicht all zu fest gebaut und wir meinen, es ist höchst unsittlich, wenn die Schulleitung einen derartigen Ukas an die Gemeindebürger herausgibt. In diesem Wallern existiert auch noch ein Haslinger, von den Kindern "der schöne Reymund" betitelt, der gelegentlich zur Anwendung kommt. Man sollte dort gehörig nachschauen und Remedur schaffen. Der Anlaß zu diesem Erlaß des Wallerner Schulleiters war die Arbeit des Arbeiterturnvereins, welcher die Kinder zu seinen Abteilungen heranzog, sie im Turnen unterrichtete. Dieser Verein war den Herren ein Dorn im Auge und dieselben Herren, die die Kinder zu Prozessionen, zum Mißbrauch durch die Religionsgemeinschaften kommandieren, sie treten als Werkzeug der klerikalen Reaktion in solch rückständiger Art und Weise auf, sie sind ein Feind alles Neuen. Solche Menschen haben nach unserer Meinung als Schulleiter zu verschwinden, solche Spezies gibt es nicht nur in Wallern, sie sind auch anderswo zu finden. Wir begrüßen daher aufs freudigste, daß durch die Schaffung der Elternvereinigungen eine gewisse Demokratie in der Schule zu erwarten ist, daß durch die Zusammenarbeit von Lehrern und Eltern ein anderer Geist auch in jene Schulen einziehe. Wir wünschen, daß die Eternräte im Verein mit den Lehrern neue Wege neuer Erziehung, frei von allem Übersinnlichen finden. Präsident Masaryk hat einmal gesagt, in der Schule lasse sich die Demokratie am besten durchführen. Auch wir stehen auf diesem Standpunkt, aber vorher müssen jene Hindernisse der Demokratie in Person reaktionärer Schulleiter, reaktionärer Schulgeister verschwinden.

Wenn wir über das Schulministerium sprechen, fordern wir vor allem die Durchführung einer allgemeinen Schulreform mit dem Ziel der Arbeitsschule. Wir wünschen, daß das Erziehungsprodukt Menschen seien, die sich nicht auf das Jenseits verlassen, die sich nach den 10 Geboten des Herrn Vorredners richten, sondern wir wünschen, daß klare Gemeinschaftsmenschen, die fest mit beiden Füßen auf dem Boden stehen, nützliche Glieder der menschlichen Gesellschaft werden. Alle modernen Erfahrungen der Pädagogik müssen Auswertung finden, vor allem muß auch bei uns - wie es in Wien so vorbildlich geschehen ist - die Versuchsschule geschaffen werden. Um eine Modernisierung der Schule durchzuführen, ist es auch notwendig die Lehrerbildung darauf einzustellen. Hier ist ein radikaler Bruch mit den alten Gewohnheiten und Einrichtungen nötig. Wir glauben, daß hier den Forderungen der jungen Lehrerschaft voll und ganz Rechnung getragen werden muß. Wir werden immer mithelfen, daß auch in Bezug auf die Lehrerbildung ein freier Geist herrsche.


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