Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.
Zwölfte Sitzung des constituirenden Reichstages am 3. August 1848.
Tagesordnung.
I. Ablesung des Sitzungsprotokolls vom 2.August 1848.
II. Ausschußberichte über die Wahlacten.
III. Berathung Aber die Geschäftsordnung.
Vorsitzender: Vicepräs. Strobach.
Anwesende Minister: Doblhoff, Krauß, Latour, Bach, Schwarzer.
Anfang um 10 1/4 Uhr.
Vicepräs. Die zum Beginne der Sitzung erforderliche, Anzahl der Deputirten ist vorhanden, die Sitzung wird daher eröffnet.
Abg. Sirakowski. Ich bitte um die Bestimmung der Stunde.
Vicepräs. Der Herr Schriftführer, der das heutige Protokoll führen wird, wirb sie vormerken. Ich bitte den Herrn Schriftführer das Protokoll der gestrigen Sitzung vorzulesen. (Schriftf. Zwickle liest es.) Die Versammlung ist inzwischen durch den Eintritt mehrerer Mitglieder beschlußfähig geworden; wenn Jemand eine Einwendung gegen die Richtigkeit des Protokolles zu erheben wünscht, so wolle es sofort geschehen.
Schriftf. Streit. Victor Brazdil ist gestern noch der 6. Abtheilung zugelost worden.
Vicepräs. Ich bitte jene Herren, die sich für die Richtigkeit des Protokolls auszusprechen wünschen, es durch Aufstehen kund zu geben. (Angenommen.)
Der Ausschuß, der den Entwurf der Constitution zu liefern hat, hat sich bereits constituirt, und es wurden nachstehende Functionäre gewählt.
Schriftf. Streit (liest sie).
Zum Vorstand würbe gewahrt: Johann Feifalik, als dessen Stellvertreter Mathias K a u t s c h i t sch; zum Schriftführer Joseph Laffer, und zum Schriftführerstellvertreter Goldmark. Der Berichterstatter ist noch nicht gewählt.
Vicepräs. Der Ausschuß, der die beanstandeten Wahlen zu prüfen hat, ist dermalen vollständig gewählt. Falls er sich bisher noch nicht constituirt hat, so ersuche ich die Herren heute Abends um 7 Uhr im Commissionsbureau im 2. Stocke der Stallburg zusammen kommen zu wollen, und da die Wahl der Functionäre vornehmen zu wollen. Um gestrigen Tage wurde auch der Beschluß gefaßt, daß der §. 53 sogleich ins Leben trete, und hingedeutet, daß zu diesem Behufe die Wahlen in den einzelnen Abtheilungen vorzunehmen find. Bisher sind die Wahlen nur aus einzelnen Abtheilungen bekannt. Ich bitte die Herren Seereetaare, nach Maßgabe dieser Anzeige die Herren zusammenstellen zu wollen. Ich bitte, wer ist in der 1. Abtheilung gewählt worden? Ich bitte ihn namhaft machen zu wollen.
Schriftführer liest:
In der 1. Abtheilung Abg. Violand," 2. " " Pawek," " 3.,,, Gredler,"5.,., L. Neumann," " 6. ", Rack,",7,,Pillersdorf," " 8.,,, Horaczek.Die 4. und die 9. Abtheilung haben noch nicht gewählt.
Abg. Haimerl. Wirb sich zu diesem Ende heute Abends um 6 Uhr versammeln, um die Wahl vorzunehmen.
Vicepräs. Herr Abg. Haimerl ersucht die Mitglieder der nannten Section, sich heute um 6 Uhr in lokaler Abtheilung versammeln zu trollen. Ich ersuche den Herrn Abg. Haimerl, es in Zukunft gleich auf der schwarzen Tafel anzuzeigen.
Abg. Haimerl. Ist unter Einem auch geschehen.
V i c e p r ä s. Es liegen hier zwei Urlaubsgesuche vor, welche die Befugnis überschreiten, die dem Präsidenten in Betreff der Urlaubsertheilung zugestanden wurde; es muß daher darüber ein Versammlungsbeschluss gefaßt werden. (Schriftf. Streit liest da! Urlaubsgesuch des Abg. Kiesmann um einen 14tägigen Urlaub.) Abg. Violand. Ich habe gegen die Urlaubsertheilung gar nichts einzuwenden, nur wurde ich ersuchen, wenn der Herr Schriftführer die Güte haben möchte, in Zukunft jedes Mal anzugeben, wie viele Herren hier in Wien find, und wie viele einen Urlaub schon erhalten haben. Vicepräs. Das läßt sich wohl thun, indem wir eigene Urlaubstabellen führen, und es wird kein Anstand obwalten, diesem Wunsche zu entsprechen. Falls die hohe Kammer sich für die Bewilligung dieses Urlaubes ausspricht, wolle es durch Aufstehen kund gegeben werden. (Die Majorität ist dafür.) (Schriftf. Streit liest das Urlaubsgesuch des Abg. Nicol. Forcher aus Judenburg in Steiermark um einen sechstägigen Urlaub.) Vicepräs. Falls die hohe Versammlung sich für die Bewilligung dieses Urlaubes ausspricht, bitte ich es durch Aufstehen kund zu geben. (Die Majorität ist dafür.) — Für den gestrigen Sag find mir einige Interpellationen angemeldet worden; da gestern auf die Tagesordnung votiert wurde, so kamen sie nicht zur Sprache. Ich frage die Herren, die diese Interpellationen angemeldet haben, und namentlich den Herrn Abg. Kudlich, ob er heute noch die Anfrage an den Minister der öffentlichen Arbeiten zu stellen wünscht.
Abg. Küdlich. Ich bin so frei, diese meine Anfrage an den Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten zu stellen. Da der Mangel an Arbeit und Beschäftigung nicht bloß in Wien, sondern auch in allen Provinzen auf eine schreckenerregende Weise zunimmt, da besonders aus den schlesischen Weber und Tuchmacherstadtchen die bittersten Klagen eingehen, so nehme ich mir die Freiheit, den Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten zu fragen, ob vielleicht schon Anstalten getroffen werden, der Arbeitslosigkeit nicht nur in Wien, sondern auch in den Provinzen auf irgend eine Weise so gut als möglich vorzubeugen.
Minister Schwarzer. Auf diese Anfrage bin ich im Stande zu erwidern, daß ich sogleich bei der Übernahme des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten darauf gedacht habe, ein Organ zu schassen, welches sich nicht nur mit den Arbeiten an und für sich, sondern auch mit dem Schicksale und der Lage der Arbeiter selbst zu beschäftigen hat. Da dem Minister der öffentlichen Arbeiten bis jetzt eine solche Sorge noch nicht obgelegen ist, so habe ich mich mit dem gesamten Ministerium dahin verständigt, daß ein neues Organ geschaffen werde, welches seine Wirksamkeit in wenigen Tagen antritt, welches unter dem Namen: "Provisorisches Centralcomite für Arbeiterangelegenheiten" seine Wirksamkeit ausüben wird, und bereits feit zwei Tagen dieselbe begonnen hat. Seine Aufgabe geht dahin: die Evidenthaltung der sämmtlichen Arbeiten, die verfügbar sind, und die Arbeiterkräfte, die gleichfalls bei den jetzigen schweren Zeiten der daniederliegenden Industrie und Gewerbe sämtlich sich auf eine betrübende Weise betätigen. Zu dem Zwecke sind aus allen Ministerien Organe beigegeben, aus dem Ministerium der Finanzen, des Krieges, vorzüglich wegen der Beschäftigung in der Commission, aus dem Ministerium des Innern, nämlich wegen der Anstalten, die in Bezug auf polizeiliche Maßregeln zu nehmen sind, und vom Ministerium des Krieges, wie ich schon früher erwähnt habe. Von dem Ministerium des Unterrichtes ein Organ beizuziehen, ist bis jetzt noch nicht für dienlich erachtet worden, weil es nicht unseren Absichten dienen kann ein soziales Ministerium oder Abtheilung zu bilden, was in Zukunft zu ähnlichen Fehlern führen kann, wie wir es bereits in Frankreich gesehen haben.
Die Aufgabe dieses Comités soll die sein, sich sobalb als möglich überflüssig zu machen, daher ist bereits mit dem Ministerium der Industrie und des Handels das Einvernehmen gepflogen worden, damit von der übermäßig großen Anzahl der Arbeiter, die bereits gegenwärtig auf den Plätzen Wiens auf 20.000 angewachsen ist, derjenige Theil, der der Industrie entzogen wurde, wieder zurückgeführt werden kann. In wenigen Tagen wird eine specielle Statistik erscheinen in den öffentlichen Blattern, welche Rechenschaft legen wird über die Anzahl der Arbeiter, deren Beschäftigung, Gewerbe, Alter und überhaupt deren Stand, und es wird sich herausstellen, daß das Proletariat allerdings auf eine sehr Besorgniß erregende Art gewachsen ist. Diese sehr Besorgnis erregende Anzahl wurde hervorgerufen durch falsche Maßregeln, ergriffen in früheren Tagen, indem man immer glaubte, die Leute beschäftigen zu müssen, ohne darauf zu dringen, daß wirklich gearbeitet werde. Es ist daher bisher für all das viele Gelb, was dafür ausgelegt wurde, fast Nichts geleistet worden, und es wird die Sorge des Comités sein, daß die Arbeit im Verhältnisse stehe zu dem Aufwande, den es auf sich genommen hat. Es hat zugleich die Aufgäbe, nicht bloß für Wien zu sorgen, sondern auch alle aus den Provinzen eingehenden Klagen und Anfragen möglichst befriedigend zu lösen. Es wird vielleicht dahin kommen müssen, wenn das Comités nicht im Stande wäre, allen Anforderungen zu genügen, daß durch das Finanzministerium ein Vorschlag gemacht werden müsse, daß durch irgend eine freiwillige oder sonst nöthige Austage Sorge getragen werde, um wenigstens für den Winter hinaus die Bedürfnisse dieser notleidenden Classe zu decken. Was Wien speciell betrifft, so wird die nächste Maßregel dahin gerichtet sein, die Ausweisungen aller Nichtzuständigen durchzuführen; bereits ist der Grundsatz ausgesprochen worden, daß der Taglohn aufhört, so viel als es möglich ist, weil sehr viel darunter find, die wohl niemals scharf gearbeitet haben, vorzüglich Seidenarbeiter, Fabrikarbeiterinnen und junge Leute, die nicht im Stande sind, auf Accordarbeit das Ihrige zu verdienen. Nach und nach wird der Taglohn in Accordarbeit übergeführt werden. Es ist schon so weit gekommen, daß eine Kubikklafter auf 60—80 ft die Erdenarbeit gekommen ist, wahrend sie in Accord mit 2 bis 3 fl. bezahlt werden kann. Es ist dieß wirklich eine traurige Erscheinung, und man muß allerdings bekennen, daß das Proletariat jetzt schon vorhanden ist. Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat sich nicht gescheut, die Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen, obgleich dieß streng genommen nicht im Ressort des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, sondern in dem des Ministeriums des Innern liegt, und ich glaube, daß diese Verantwortlichkeit von der hohen Versammlung die gehörige Billigung verdienen wird, wenn heute oder morgen der Fall ein treten dürfte, daß die Interpellationen nicht so genügend beantwortet werden konnten, als es zu wünschen Ware, und zwar in Rücksicht auf die schwierige Aufgabe, die doch irgend ein Glied des Ministerium auf sich nehmen muß (Beifall).
Vicepräs. Es liegt noch eine weitere Anmeldung einer Interpellation an das Ministerium der Finanzen vor, diese durfte sich vielleicht beheben, weil der Herr Minister nicht da ist.
Bevor wir zum zweiten Punct der heutigen Tagesordnung übergehen, erlaube ich mir eine Heine Bemerkung zu machen. Es ist mir mitgetheilt worden, daß in den Abteilungen die Mitglieder nicht in der erforderlichen Anzahl zur bestimmten Stunde erscheinen, und es daher schwer ist, daß diese ihre Arbeiten in der bestimmten Zeit vollführen, weil die dazu nöthige Anzahl von Mitgliedern nicht vorhanden ist. Es würde daher der Wunsch ausgesprochen, eine Aufforderung an die Mitglieder der Kammer ergehen zu lassen, damit die Herren vollzählig und zur bestimmten Stunde in den Abtheilungen erscheinen wollen. Nun durften wir zum zweiten Puncte der Tagesordnung übergehen Es sind dießfalls angezeigt, die Ausschußberichte über die Wahlacte. Ich bitte daher den Berichterstatter der ersten Abtheilung den Bericht vorzutragen.
Abg. Violand (liest den Bericht der ersten Abtheilung von der Rednerbuhne aus).
Vicepräs Falls sich die hohe Versammlung dafür auszusprechen wutscht, daß diese Wahlen als gültig erkannt werden sollen, so bitte ich es durch Aufstehen kund geben zu wollen (Es werden von der Versammlung folgende Wahlen als gültig erkannt):
1. Die des Johann Presl, Wahlbezirk Neuknin im Berauner Kreise Böhmens
2. Die des Ferdinand Staudenheim für den Wahlbezirk Neunkirchen in Niederösterreich
Vicepräs. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter der zweiten Abtheilung.
Berichterst. der zweiten Abtheilung (liest den Bericht über die in dieser Abtheilung geprüften Wahlen).
Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?
Abg Jonak. Wenn ich nicht irre, hat Herr Abg. Goldmark schon neulich zur Sprache gebracht, daß bei den Anträgen über die Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Wahl irgend eine Begründung Statt haben soll Es wird hier von Protesten gesprochen und wissen nicht was das für Proteste sind. Ich glaube, es wäre die geringste Forderung, daß wenigstens das Materielle eines solchen Protestes angeführt werde.
Berichterstatter der zweiten Abtheilung: Eigentlich waren die Proteste gründlich geprüft und die Commission hat sich einhellig erklärt, daß die Angaben nicht nachgewiesen sind, weshalb man sich dafür auszusprechen befunden hat, die Proteste nicht vor die Reichsversammlung zu bringen Abg Ionak Aber in ähnlichen Fallen hat man darauf Rucksicht genommen und den Protest der Versammlung bekannt gemacht, und es der Versammlung ahneungestellt, darüber zu entscheiden, es durfte also consequent sein, dieses Verfahren beizubehalten.
Vicepräs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß dazumal der Antrag des Abgeordneten Goldmark meines Wissens abgelehnt wurde Abg. Cavalcabó Ich unterstütze den Antrag des Abgeordneten Ionak. Der Antrag des Abgeordneten Goldmark, der abgelehnt werden ist, hat sich darauf bezogen, daß auch bei den ganz anstandslos befundenen Wahlen die Anzahl dir Wahlmänner und die Stimmenzahl genau angegeben werden sollen, er ward abgelehnt, weil die Commission im Protokolle angegeben hat, daß die Förmlichkeiten beobachtet worden sind. Wenn aber ein Protest vorliegt, so glaube ich muß die Versammlung, wenn sie entscheiden soll, die factischen Daten unumgänglich wissen, und wir wurden es gegenüber den Committenten nicht verantworten können, wenn wir so leicht darüber hinausgingen, (Mehrfachenzustimmung.)
Berichterstatter der zweiten Abtheilung. Diese Protestesbeziehen sich eigentlich nur aus die Wahl der Wahlmänner, weil hier über aber hauptsächlich die Wahlcommission competent ist und zu entscheu den hat, so hat die Abtheilung für gut befunden, diese Proteste nicht zu beulsichtigen, denn was die Wahl des Abgeordneten anbelangt, so ist kein Grund vorhanden, dagegen zu protestiren.
Abg. Jonak Ich erlaube mir —
Vicepräs. Sie haben schon zweimal gesprochen. — dießfalls erlaube ich mir die Bemerkung, daß der Antrag des Abg Ionak mir ein neuer selbstständiger zu sein scheint, der den Bestimmun gen, die die Geschäftsordnung vorschreibt, zu unter ziehen wäre. Ich glaube diesen Antrag, weil er diesen Bestimmungen nicht entspricht, auch heute nicht zu Abstimmung zu bringen.
Ein Abg. Ich muß bemerken, daß, so weit mir die bisherigen Verhandlungen erinnerlich sind, die Proteste wenigstens an Auszuge noch fortwahrend der Versammlung vorgelesen und mit den Bemerkungen der Commission vorgelegt würden, und der Entscheidung der Versammlung unterzogen worden sind. Ich glaube, daß es ganz angemessen wäre, daß auch jetzt in dieser Art vorgegangen wurde.
B e r i c h t e r s t der z w e i t e n Abtheilung: Die Proteste sind deßhalb nicht vorgelegt worden, weil sie nicht die Wahl des Abgeordneten, sondern die Wahlen der Wahlmänner betreffen Da aber in dieser Hinsicht die Wahlcommission competent ist und entscheiden soll, und nicht der Reichstag,, so hat die Abtheilung es für gut befunden, diese Proteste nicht zu berücksichtigen.
Ein Abg. Ich spreche mich vor Allem gegen den Grundsatz aus, daß der Reichstag in die Prüfung der Wahlen der Wahlmänner nicht einzugehen habe, das ist im Wahlgesetze begründet.
Ein anderer Abg. Nur über die Anstände, welche sich über das Wahlrecht, über das Entziehen des Wahlrechtes bei einzelnen Urwühlern ergeben, hat die Wahlcommission zu entscheiden. Wenn aber der Reichstag competent sein soll, über die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten zu entscheiden, die aus zwei nach einander folgenden Acten hervorgegangen sind, so kann ich nicht einsehen und unmöglich glatten, daß durch den zweiten Theil diese Acten geprüft und entschieden werden sollen, ohne daß in den ersten eingegangen wird Wir haben erst neulich in der Reichversammlung den Fall gehabt bei der Wahl eines Abgeordneten aus Oberosterreich, wo gegen die Wahlen der Wahlmänner Proteste eingelangt waren, und doch hat die Reichsversammlung diese Wahlen als Recht erkannt.
Vicepräs Um diesen Gegenstand auf das eigentliche Feld zurückzufahren, handelt es sich darum, ob der Protest abzulehnen wäre oder nicht, und ich erlaube mir, an die hohe Versammlung ausdrücklich die Anfrage zu stellen, ob sie die Ablesung dieser Aktenstucke wünscht Diejenigen Herren, welche sich dafür aufsprechen, wollen aufstehen Die Abstimmung scheint mir zweifelhaft Ich bitte, die Abstimmung durch Aufstehen noch einmal vorzunehmen (Majorität.) Der Protest ist nicht da, wir konnten es füglich auf den morgigen Tag verlegen, damit kein Zeitverlust eintritt. Ich bitte daher den Herrn Be richtersatter der zweiten Abtheilung, die Wahlakten vorzulesen.
(Die Wahlen der zweiten Abtheilung werden als anstandslos angenommen )
Vicepräs. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter der dritten Abtheilung (nicht gegenwärtig).
Die Wahlen der vierten Abtheilung (anstandslos befunden).
Abg. Hamerl. Ich kann darüber eine Aufklärung geben. Bei der ersten vorgenommenen Wahlbein ich gewählt worden mit 57 Stimmen; es sollen aber 58 Stimmen bei der absoluten Majorität vorhanden sein. Der Wahlkommissar hat das übersehen, und die Wählacten an das böhmische Landesguberniums eingesendet, aus diesen Wahlacten wurde aber ersichtlich, daß die Majorität nicht vorhanden war, daher diese Wahl von Graf Thun annullirt, und eine neue Wahl ausgeschrieben wurde.
Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort? — Ich bitte diejenigen Herren, welche sich für die Anerkennung dieser Wahl ansprechen, aufzustehen. (Angenommen) Ich bitte daher, die fünfte Abthetlung über die Wahlen zu referieren. (Ebenfalls anstandslos angenommen.)
Vicepräs. Der Protest ist hierher gebracht worden. Es durfte derselbe hier vorgelesen werden, daß wir auch diesen Wahlact erledigen (Der Protest wird verlesen, jedoch nicht berücksichtigt, und demnach die Wahl angenommen )
Abg. Neuwall. Ich erlaube mir die Frage zu stellen, wie viele Wahlmänner gewählt wurden B e r i c h t e r s t, der f u n f t e n Abtheilung: Es sind 40 Wahlmänner gewählt worden. Halpern erhielt 28 Stimmen, und 12 Stimmen Ianwal, der Erste würde daher mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt.
Vicepräs. Wünscht Jemand in dieser Angelegenheit das Wort zu ergreifen.
Abg Winaricky Ich bin auch in der Abtheilung, in welcher diese Wahl geprüft wurde, und ich glaube, daß alle die vorgebrachten Beschwerden nicht stichhaltig sind, indem die Bestimmung des Wahlbezirkes auf jeden Fall dem Kreisamte als der gesetzmäßigen Behörde zusteht, wenn auch ein Mitlied des Magistrates nicht zügigen war. Wenn ich nicht irre, so ist auch das Local nicht genannt worden, sobald aber alle Wahlmänner erschienen sind, o ist es keinem Zweifel unterworfen daß alle Wahlmänner von der Vornahme dieses Wahlactes vollkommene Kenntniß gehabt haben. Was den Punkt betrifft, daß die Juden als Makler nicht berechtigt sind, als Wahlgarnier aufzutreten, so ist dieser durchaus aus der Lust gegriffen, indem auch das Geschäft eines Maklers ein selbstständiges ist, und ein solcher eben so gut seine Steuer zahlt, überhaupt sage ich, daß alle die vorgebrachten Beschwerden licht stichhaltig sind, worüber sich auch die Abtheilung einstimmig erklärt hat.
Abg. Demel. In dem vorliegenden Protokolle sind so viele Gründe angeführt, weshalb ich glauben wurde, daß man dasselbe einer nochmaligen Prüfung titteerziehen füllte. (Ruf: Abstimmen).
Vicepräs. Ich bringe daher den Antrag des Abg. Demel zur Sprache und zwar (wird unterbrechen durch Rufe: dieser Antrag wird nicht unterstützt!) Wird dieser Antrag unterstützt'? (Nein, nein.) Ich bringe daher den Antrag der Abtheilung zur Sprache und bitte jene Herren, welche sich dafür aufzusprechen wünschen, dieß durch Aufstehen kund zu geben. (Dieser Antrag wird angenommen ).(Der Berichterstatter der sechsten Abtheilung berichtet über die Wahl des Dr. Joseph S t an e k, Zlonser Bezirk, Nakonitzer Kreis in Böhmen. Bei tiefer Wahl waren 94 Wahlmänner zugegen, er selbst erhielt 64 Stimmen, daher tragt die sechste Abtheilung darauf an, daß die Wähl als geling erklärt werde. Dieser Antrag wird auch von der hohen Versammlung genehmigt.) (Bereicherst, der siebenten Abtheilung liest den Bericht über den Wahlact des Franz Reiß, Med. Dr. aus Prag, für den Wahlbezirk Trautgenau in Böhmen, der mit 68 Stimmen gegen 48, also mit absoluter Majorität; dann über den Wahlact des Johann Kaim aus Meiselschlag, für den Wahlbezirk Krumen in Böhmen, der unter 158 119 Stimmen erhielt, ebenfalls mit absoluter Majorität; weiteres über den Wahlact des Joseph Beck aus Wien, für den Wahlbezirk Teltsch in Mähren, welcher ebenfalls mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt wurde, Für alle diese Wahlen wird von der Abtheilung auf die Gültigkeitserklärung angetragen. — Ferner liest der Herr Berichterstatter den Bericht über den Wahlact des Dr. Alois Trojan, für den Bezirk Welwarn in Böhmen, der unter 111 Stimmen 91 Stimmen erhielt, also mit absoluter Majorität; ferner den Bericht über die Wahl des Herrn Ignaz Ho l z k n echt, für den Bezirk Nikolsburg in Mahren, der unter 100 00 Stimmen erhielt, also ebenfalls mit absoluter Majorität gewählt wurde. Da die Abtheilung einhellig auf die Gültigkeitserklärung dieser Wahlen antragt, so werden sie auch von der hohen Versammlung als gültig angenommen ).
Vicepräs. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter der achten Abtheilung.
(Berichterst, Lasser referiert über die Wahlactenprufung des Abg. Ferdinand Forst er, für Eger, des Abg. Joseph Scholl, für Villach, Joh Zapletal, für Weißkirchen, des Carl Uchatzi, für Friedland, und trägt nach einhelligem Beschlusse der Abtheilung aus die Gültigkeitserklärung dieser Wahlen an.)
(Diese Wahlen werben von der Versammlung als gültig anerkannt.)
Vicepräs. Ich bitte den Berichterstatter der neunten Abtheilung.
(Der Berichterst der neunten Abtheilungreferirt über die Prüfung der Wahlacte der folgenden Abgeordneten: Wenzl Tomek, für Opocno in Böhmen, Carl Stiebik, für Plaß in Böhmen, Nic. Horacek, für Pisek in Böhmen, Franz Placzek, für Ehrudim, Jos. Ceika für Neu Bidschov, Joseph Loos für Kaurzim, und trägt im Namen der Abteilung darauf an, daß die sämmtlichen Wahlen für gültig erklärt werden.) (Werden einstimmig als gültig anerkannt.) Vicepräs. Es liegt hier die Anmeldung einer Interpellbaron an den Herrn Minister des Krieges, welche erst vor einigen Minuten übergeben, wurde. Ich erlaube mir auf den §. 83 hinzuweisen, der auch dann eine Interpellation zulasst, wenn sie nicht auf der Tagesordnung steht, wenn dadurch nur nicht eine bereits begonnene Verhandlung unterbrochen wird, ich halte daher die Zulassung dieser Interpellation für möglich, und bitte den Abg. Scherzer das Wort zu ergreifen.
Abg. Scherzer. Ich erlaube mir, an den Herrn Kriegsminister die Frage: ob bereits veranlaßt wurde, daß die in den deutschen Erblanden conscribirten Regimenter der österreichischen Armee nebst der österreichischen Cocarde auch die deutsche zu tragen haben werden?
Kriegsminister Latour. Meine Herren! diese Frage ist im Ministerrathe noch nicht berathen worden, wir sind aber im Begriffe, sie in Berathung zu ziehen Darum kann ich mir um so mehr ertauben, meine persönliche Überzeugung auszusprechen, daß sie von der größten Wichtigkeit ist, und genaue Überlegung erfordert Die österreichische Armee hat zu allen Zeiten bewiesen, daß sie für die Interessen Deutschlands, für die Verteidigung seiner Granzen und für seine Integrität mit größter Hingebung zu kämpfen bereit war. Alle Feldzüge gegen Frankreich beweisen es. In der Volkerschlacht bei Leipzig ist der Sieg davongetragen worden ohne Abzeigen. Wir haben Alle für Deutschland gekämpft und werden es wieder, ob wir Abzeichen haben oder nicht. Die Anlegung der Abzeichen könnte, ich sage könnte die Einheit der Armee, die so wesentlich ist für ihren Bestand, stören. Der Gegenstand wird der Berathung unterzogen werden, (Vielseitiger Beifall.)
Abg. H u b i c k i Ich erlaube mir eine Frage an den Herrn Finanzminister zu stellen. Wir erhalten nämlich die Nachricht von mehreren Judengemeinden in Galizien, daß die jüdische Religionssteuer auf eine Art daselbst eingehoben wird, und nebst dem mehrere Gemeinden die neue Limitation der Religionssteuer auf das letzte Triennium ausgeschrieben haben. Wir sind aber der Ansicht, daß die jüdische Religionsneuer mit der gleichen Steuerverpflichtung nicht vereinigt werden könne, und daß die jüdische Religionssteuer, wenn sie leider bis jetzt eigentlich nicht schon aufgehoben ist, wahrscheinlich in kürzester Zeit aufgehoben wird; deßwegen nehme ich mir die Freiheit, den Herrn Finanzminister zu fragen, ob er es weiß, und warum diese Limitation auf das künftige und nächste Triennium ausgeschrieben wird? Minister Krauß. Von der Ausschreibung der Limitation habe ich erst gestern in dieser hohen Versammlung Kenntniß erhalten. Die Ausschreibung der Limitationen ist nicht nur von dem Finanzministerium nicht angeordnet worden, sondern das Ministerium hat sich im Gegentheil darauf beschränkt, diejenigen Maßregeln anzuordnen, welche nothwendig waren, um die allgemeine Verzehrungssteuer sicher zu stellen. Diese konnte nothwendig sogleich nicht ausgehoben werden, weil die Abfindungen Zeit erheischen. Was die Judensteuer betrifft, so ist es nicht einmal nothwendig, daß jetzt schon diese Limitationen ausgeschrieben wurden. Die Fragt, ob die Judensteuer noch auszuschreiben sei, wird in sehr kurzer Zeit entschieden und der hohen Versammlung zur Berathung unterzogen werden.
Abg. Hubicki. Ich nehme mir noch die Freiheit an den Herrn Minister des Innern eine Frage zu stellen, um jene schonungslosen Maßregeln bei der Pfändung und Einhebung der Steuern, so wie uns die Leute berichten und worüber wir Nachrichten erhalten, zu beseitigen; denn wir wollen es eigentlich der Öffentlichkeit übergeben und zugleich dein Herrn Minister des Innern in dieser Hinsicht jene Nachrichten mittheilen, aus welchen er sich überzeugen könne, wie sich die Sache verhält; deswegen bin ich so frei den Herrn Minister des Innern in dieser Hinsicht zu interpellieren, damit doch mehr Schonung obwalte.
Minister Doblhoff. In sofern es lediglich die öffentliche Sicherheit betrifft, ist es ein Gegenstand, der in meinen Wirkungskreis gehört; in sofern es aber die Eintreibung der Steuer und das Maß der Strenge, mit welcher sie eingetrieben wird, betrifft, so ist dieß ein Gegenstand des Ministers der Finanzen, und ich bitte daher den Herrn Finanzminister, darüber Auskunft zu geben.
Minister Krauß. Die directen Steuern, zu denen man auch die Judensteuer gerechnet hat, waren früher der vereinigten Hofkanzlei zugewiesen; mit der neuen Ordnung der Dinge aber sind diese Gegenstände dahin, wohin sie gehören, nämlich an das Finanzministerium gewiesen worden. Von Beschwerden über die Art der Eintreibung ist dem Ministerium keine Anzeige zugekommen, jedoch muß ich daraus aufmerksam machen, daß diese Steuer ausschließlich im Wege der Verpachtung eingehoben wird. Daß die Pächter strenge ihre Rechte zu handhaben suchen, ist natürlich; wenn aber Übergriffe stattfinden, so würde dadurch der guten Sache ein Dienst erwiesen werden, wenn das Finanzministerium darauf aufmerksam gemacht wird. Ich kann nur versichern, daß mit aller Strenge dahin gewirkt werden wird, daß mit der gehörigen Mäßigung und nach dem Gesetze vorgegangen werben wird, darum bitte ich den Herrn Interpellanten mir die nöthigen Mitteilungen zu machen und ich verspreche, daß die nöthigen Vorkehrungen werden getroffen werden.
Abg. Sierakowski. Ich möchte auch an den Herrn Minister des Innern eine Frage stellen. Gestern ist mir aus der Provinz aus der Provinzialhauptstadt Lemberg ein Placat zugeschickt worden, in Betreff des Verbotes einer Todtenfeier, aus welchem ich ersehen habe, daß der General Hammerstein Gouverneurstellvertreter und zugleich Generalkommandant von Galizien ist. Daß der General Hammerstein diese Civil und Militär Gewalten in einer Person vereinigt, fetzt eine specielle Lage des Landes voraus. Ich frage, seit wann Galizien in dieser speciellen Lage sich befindet? ob diese beiden Gewalten in Einer Person vereinigt sind, und wer dem General Hammerstein diese Stelle anvertraut hat? Zugleich möchte ich bitten, alle diese Angelegenheiten betreffenden Papiere auf den Tisch des Hauses niederzulegen.
Minister Doblhoff. Ich habe über diesen Gegenstand schon eine ausführliche Aufklärung gegeben, und wiederhole nur in Kürze, daß Graf Stadion, als er Leinberg verließ, die Verfügung traf, daß die Leitung des Gubernium dem Vice — Präsidenten Graf Goluchowski übergeben, und zu gleicher Zeit der Baron Hammer eingeladen wurde, im Einverständnisse mit dem Vice — Präsidenten Goluchowski seine Stelle als Gouverneur vertreten zu wollen. Gegen diese Verfügung ist eine von mehreren Personen gefertigte Petition überreicht und dieselbe damit erledigt worden, daß ihnen erinnert würde, es sei dieß nur eine für die Abwesenheit des Grasen Stadion beabsichtigte provisorische Verfügung, sonst liegt in den Acten Nichts vor. Es sind eigentlich zwei kurze Actenstücke, und ich habe kein Bedenken solche vorzulegen, sobald es die hohe Versammlung verlangen wird. (Mehrere Stimmen: Nein!)
Abg. Sierakowski. Ich stelle die weitere Frage, ob der Graf Stadion dem vorigen Ministerium von obiger Verfügung die Anzeige gemacht habe?
Minister Doblhoff. Ja wohl, diese Anzeige ist erstattet und zur Kenntniß genommen worden, wie ich es schon das letzte Mal erwähnte.
Abg. Sierakowski. Zum Beweise werde ich dieses Placat im Originale dem Herrn Minister übergeben.
Vicepräs. Den weitern Gegenstand der Tagesordnung bildet die Berathung über die Geschäftsordnung; ich fordere den Herrn Berichterstatter auf, im Vortrage fortzufahren.
Abg. Mayer. (Liest den §. 57.)
Vicepräs. Ich bitte, wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?
Abg. Jonak. Ich bemerke den Herrn Berichterstatter, ob die Angabe, daß man für oder gegen den Gegenstand sprechen wolle, sei keine absolute Notwendigkeit; ich kann mir sehr gut vorstellen,